Aktualisiert 21/12/2024
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Ursprungsrechtsakt
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Erwägungsgründe

DELEGIERTE VERORDNUNG (EU) 2023/2175 DER KOMMISSION

vom 7. Juli 2023

zur Ergänzung der Verordnung (EU) 2017/2402 des Europäischen Parlaments und des Rates durch technische Regulierungsstandards zur näheren Präzisierung der Anforderungen an Originatoren, Sponsoren, ursprüngliche Kreditgeber und Forderungsverwalter in Bezug auf den Risikoselbstbehalt

(Text von Bedeutung für den EWR)

DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Verordnung (EU) 2017/2402 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2017 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für Verbriefungen und zur Schaffung eines spezifischen Rahmens für einfache, transparente und standardisierte Verbriefung und zur Änderung der Richtlinien 2009/65/EG, 2009/138/EG, 2011/61/EU und der Verordnungen (EG) Nr. 1060/2009 und (EU) Nr. 648/2012 (1), insbesondere auf Artikel 6 Absatz 7 Unterabsatz 3,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Um zu gewährleisten, dass Anleger und Aufseher nachvollziehen können, inwieweit eine synthetische oder Eventual-Halteform einer der in Artikel 6 Absatz 3 der Verordnung (EU) 2017/2402 dargelegten Halteoptionen entspricht, sollten die Nutzung einer solchen Halteform und die einschlägigen Einzelheiten in der endgültigen Angebotsunterlage, dem Prospekt, der Zusammenfassung der Transaktion oder dem Überblick über die wichtigsten Merkmale der Verbriefung offengelegt werden.

(2)

In Artikel 6 Absatz 3 Buchstaben a bis e der Verordnung (EU) 2017/2402 werden mehrere Modalitäten zur Erfüllung der in Artikel 6 Absatz 1 der genannten Verordnung festgelegten Anforderung in Bezug auf den Risikoselbstbehalt dargelegt. Um die Anwendung der Anforderung in Bezug auf den Risikoselbstbehalt zu harmonisieren und ein entsprechendes Halten eines materiellen Nettoanteils an einer Verbriefung zu erreichen, müssen diese Modalitäten näher präzisiert werden, einschließlich hinsichtlich der Erfüllung anhand einer synthetischen oder einer Eventual-Halteform. Im Rahmen eines ABCP-Programms ist eine Liquiditätsfazilität, die 100 % des Kreditrisikos der einzelnen verbrieften Risikopositionen deckt oder die bei der Verbriefung eine Erstverlust-Position darstellt, dem Halten eines Nettoanteils an der Verbriefung gleichgestellt. Daher sollte die Anforderung in Bezug auf den Risikoselbstbehalt im Einklang mit Artikel 6 Absatz 3 Buchstaben a und d der Verordnung (EU) 2017/2402 bei solchen ABCP-Programmen als erfüllt gelten.

(3)

Der synthetische Zinsüberschuss ist in Artikel 2 Nummer 29 der Verordnung (EU) 2017/2402 als ein vom Originator zur Deckung von Verlusten vertraglich bestimmter Betrag definiert. Folglich begründet der synthetische Zinsüberschuss einen Risikopositionswert, der bei der Messung des materiellen Nettoanteils bei der Originierung berücksichtigt werden sollte. Daher sollte der synthetische Zinsüberschuss als eine mögliche Form der Erfüllung der Anforderungen in Bezug auf den Risikoselbstbehalt durch den Originator einer synthetischen Verbriefung anerkannt werden, wenn dieser synthetische Zinsüberschuss die in Artikel 6 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2017/2402 festgelegten Voraussetzungen erfüllt und einer Eigenmittelanforderung gemäß den geltenden Aufsichtsvorschriften unterliegt.

(4)

Synthetische Zinsüberschüsse können auf zweierlei Weise bestimmt werden. Eine Möglichkeit besteht darin, eine Bonitätsverbesserung für die Senior- oder die Mezzanine-Tranche vorzusehen. Eine andere Möglichkeit besteht darin, eine Bonitätsverbesserung für alle Tranchen, einschließlich der Erstverlust-Tranche, vorzusehen. Wenn der synthetische Zinsüberschuss eine Bonitätsverbesserung nur für die Senior- oder die Mezzanine-Tranche darstellt, kann er nicht als Erstverlust-Tranche behandelt werden. Der Träger sollte daher in allen Tranchen zumindest einen Mindestbetrag halten, um Artikel 6 Absatz 3 Buchstabe a der Verordnung (EU) 2017/2402 nachzukommen. Wenn der synthetische Zinsüberschuss eine Bonitätsverbesserung für alle Tranchen darstellt, sollte er einer Erstverlust-Tranche der synthetischen Verbriefung gleichgestellt und somit als mit Artikel 6 Absatz 3 Buchstabe d der Verordnung (EU) 2017/2402 vereinbar angesehen werden.

(5)

Es bedarf der Spezifizierung des Anteils, der gehalten werden muss, wenn die einer Verbriefung zugrunde liegenden Risikopositionen gezogene oder nicht gezogene Beträge von Kreditfazilitäten umfassen. Da das Kreditrisiko auf der Grundlage der gezogenen Beträge bestimmt wird, sollte der Nettoanteil unter Berücksichtigung nur dieser Beträge gemessen werden.

(6)

Um die laufende Erfüllung der Pflicht zum Selbstbehalt zu gewährleisten, wenn der Nettoanteil von der konsolidierten Gruppe gehalten wird und der dieser Gruppe angehörende Träger nicht mehr in die Beaufsichtigung auf konsolidierter Basis einbezogen ist, muss festgelegt werden, dass eines oder mehrere der übrigen Unternehmen, die in die Beaufsichtigung auf konsolidierter Basis einbezogen sind, die Risikoposition der Verbriefung übernehmen sollte bzw. sollten.

(7)

Artikel 6 Absatz 1 Unterabsatz 1 der Verordnung (EU) 2017/2402 verbietet die Veräußerung oder Absicherung des gehaltenen Anteils, weil der Träger hierdurch des Kreditrisikos der gehaltenen Verbriefungspositionen oder Risikopositionen enthoben würde. Daher sollte die Absicherung nur zulässig sein, wenn sie dazu dient, den Träger gegen andere Risiken als das Kreditrisiko der gehaltenen Verbriefungspositionen oder Risikopositionen abzusichern. Die Absicherung sollte allerdings auch dann zulässig sein, wenn sie als legitimes und umsichtiges Element der Kreditvergabe oder des Risikomanagements vor der Verbriefung vorgenommen wird und nicht zu einer Differenzierung zugunsten des Trägers zwischen dem Kreditrisiko der gehaltenen Verbriefungspositionen oder Risikopositionen und dem Kreditrisiko der an Anleger übertragenen Verbriefungspositionen oder Risikopositionen führt. Im Falle von Verbriefungen, bei denen sich der Träger verpflichtet, mehr als den materiellen Mindestnettoanteil von 5 % zu halten, sollte ferner die Absicherung des über diesen Prozentsatz hinausgehenden gehaltenen Anteils nicht verboten sein, sofern dieser Umstand in der endgültigen Angebotsunterlage, dem Prospekt, der Zusammenfassung der Transaktion oder dem Überblick über die wichtigsten Merkmale der Verbriefung offengelegt wird.

(8)

Um das kontinuierliche Halten des materiellen Nettoanteils zu gewährleisten, sollten die Träger sicherstellen, dass die Verbriefungsstruktur keinen integrierten Mechanismus aufweist, durch den der bei der Originierung gemessene gehaltene materielle Nettoanteil rascher abnimmt als der übertragene Anteil. Aus demselben Grund sollte dem gehaltenen materiellen Nettoanteil keine Priorität in Bezug auf Zahlungsströme eingeräumt werden, um bevorrechtigt von einer Rückzahlung oder Amortisierung dahin gehend zu profitieren, dass dieser gehaltene materielle Nettoanteil unter 5 % des laufenden Nominalwerts der an Anleger veräußerten oder übertragenen Tranchen oder der verbrieften Risikopositionen bzw., im Falle von notleidenden Risikopositionen von traditionellen NPE-Verbriefungen, unter den Nettowert von 5 % sinkt. Darüber hinaus sollte die dem Anleger infolge des eingegangenen Risikos einer Verbriefungsposition zur Verfügung gestellte Bonitätsverbesserung nicht unverhältnismäßig gegenüber der Rückzahlungsquote der zugrunde liegenden Risikopositionen abnehmen. Diese Anforderung sollte nicht verhindern, dass der Träger vorrangig für Dienstleistungen vergütet wird, die er für die Verbriefungszweckgesellschaft erbracht hat, sofern die Höhe der Vergütung fremdvergleichskonform festgelegt wird und die Struktur dieser Vergütung die Pflicht zum Selbstbehalt nicht unterläuft.

(9)

Wenn eine vollständige Gleichlage der Interessen des Hauptschuldners und des Anlegers vorliegt, Fälle eingeschlossen, in denen die Verbriefung ausschließlich gedeckte Schuldverschreibungen in Eigenemission oder andere Schuldtitel in Eigenemission umfasst, sollte das Unternehmen, das diese Titel verbrieft, nicht verpflichtet sein, weitere Maßnahmen zur Erfüllung der Anforderungen in Bezug auf den Risikoselbstbehalt zu ergreifen.

(10)

Artikel 8 der Verordnung (EU) 2017/2402 enthält Vorschriften für bestimmte Ausnahmen vom Verbot der Wiederverbriefung. Da die Pflicht zum Selbstbehalt für die zwei Ebenen der in eine Wiederverbriefung involvierten Transaktionen gelten, muss spezifiziert werden, inwieweit diese Transaktionen mit dieser Pflicht im Einklang stehen müssen. Als allgemeine Regel sollten die erstmalige Verbriefung von Risikopositionen und die zweite neuerliche Verbriefung für die Zwecke der Erfüllung der Anforderungen in Bezug auf den Risikoselbstbehalt separat behandelt werden. Es sollte daher eine Verpflichtung bestehen, auf jeder dieser Ebenen einen materiellen Nettoanteil zu halten. Gleiches sollte für Transaktionen mit mehr als einer zugrunde liegenden Verbriefung gelten, wie etwa andere als die in Artikel 8 Absatz 4 der Verordnung (EU) 2017/2402 genannten ABCP-Programme. Es ist jedoch möglich, dass der als Träger handelnde Originator der Verbriefung Positionen verbrieft, die er über die Anforderung in Bezug auf den Mindestselbstbehalt hinaus auf der ersten Ebene einer Verbriefung gehalten hat. In diesem Fall sollte dieser Originator nicht verpflichtet sein, einen zusätzlichen Anteil auf der Ebene der Wiederverbriefung zu halten, sofern dem der Wiederverbriefung zugrunde liegenden Pool keine weiteren Risikopositionen oder Positionen hinzugefügt werden. In diesen Fällen sollte die Wiederverbriefung lediglich als der zweite Teil derselben Transaktion angesehen werden, der die wirtschaftliche Grundlage der Verbriefung nicht wesentlich verändern würde. Der ursprüngliche Selbstbehalt auf Ebene der Verbriefung sollte daher ausreichen, um den Zweck der Anforderung in Bezug auf den Risikoselbstbehalt zu erfüllen. Schließlich sollte die bloße Neutranchierung in benachbarte Tranchen einer Verbriefungsposition durch den Originator der Verbriefung nicht als Wiederverbriefung für die Zwecke der Pflicht zum Selbstbehalt betrachtet werden.

(11)

Die in Artikel 6 Absatz 2 der Verordnung (EU) 2017/2402 festgelegten Anforderungen in Bezug auf die Auswahl der Vermögenswerte sind fester Bestandteil des Rahmens für den Risikoselbstbehalt. Wenn Originatoren zur Verbriefung von Portfolios mit schlechterer Kreditqualität nur die für sie günstigsten Vermögenswerte auswählen könnten, und dies insbesondere, ohne die Anleger oder potenziellen Anleger darüber in Kenntnis zu setzen, würden der Zweck und die Wirksamkeit des Risikoselbstbehalts im Hinblick auf die Abstimmung der Interessen der Originatoren und der Anleger ernsthaft untergraben. In diesem Szenario würde der Originator auf der einen Seite die Verbriefung nutzen, um riskante Vermögenswerte abzustoßen, doch würden die Anleger auf der anderen Seite irrtümlich dazu verleitet, darauf zu vertrauen, dass die Tatsache, dass der Originator einen Teil der Risiken hält, ein Beleg für die angemessene Abstimmung der Interessen ist. Um ein solches Szenario zu vermeiden und für Rechtssicherheit zu sorgen, müssen Kriterien festgelegt werden, auf die sich Originatoren stützen können, um die Einhaltung von Artikel 6 Absatz 2 der Verordnung (EU) 2017/2402 sicherzustellen. Darüber hinaus sollten Kriterien für die Bestimmung „vergleichbarer Vermögenswerte“ vorgesehen werden. Bei Verbriefungen, bei denen der in Artikel 6 Absatz 2 der Verordnung (EU) 2017/2402 genannte Vergleich nicht möglich ist, weil alle vergleichbaren Vermögenswerte auf die Verbriefungszweckgesellschaft übertragen wurden, sollte davon ausgegangen werden, dass sie die Anforderungen dieses Absatzes erfüllen, sofern die Tatsache, dass ein solcher Vergleich nicht möglich ist, in der endgültigen Angebotsunterlage, dem Prospekt, der Zusammenfassung der Transaktion oder dem Überblick über die wichtigsten Merkmale der Verbriefung offengelegt wird.

(12)

Wenn gegen den Träger ein Insolvenzverfahren eröffnet wurde oder der Träger aus Gründen, die sich seiner Kontrolle oder der Kontrolle seiner Anteilseigner entziehen, nicht in der Lage ist, seine Tätigkeit in dieser Eigenschaft fortzusetzen, sollte es möglich sein, dass der verbleibende zu haltende materielle Nettoanteil von einer anderen juristischen Person gehalten wird, die Artikel 6 der Verordnung (EU) 2017/2402 nachkommt, sodass weiterhin eine Gleichlage der Interessen gegeben ist.

(13)

Gemäß Artikel 6 Absatz 1 Unterabsatz 4 der Verordnung (EU) 2017/2402 dürfen bei traditionellen NPE-Verbriefungen nur Forderungsverwalter als Träger handeln, die nachweisen können, dass sie über Erfahrung mit der Verwaltung von Risikopositionen verfügen, die den verbrieften Risikopositionen ähneln. Es ist daher angebracht, die Kriterien festzulegen, die Forderungsverwalter erfüllen sollten, um nachweisen zu können, dass sie über die erforderliche Erfahrung mit der Verwaltung von Risikopositionen verfügen, die den verbrieften Risikopositionen ähneln.

(14)

Die Delegierte Verordnung (EU) Nr. 625/2014 der Kommission (2) ergänzt die in Artikel 405 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (3) festgelegten Bestimmungen zum Risikoselbstbehalt für Kreditinstitute und Wertpapierfirmen. Die Verordnung (EU) Nr. 575/2013 wurde durch die Verordnung (EU) 2017/2401 des Europäischen Parlaments und des Rates (4) dahin gehend geändert, dass Teil 5 und somit Artikel 405 dieser Verordnung gestrichen wurden. Die ehemals in Artikel 405 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 festgelegten Anforderungen in Bezug auf den Risikoselbstbehalt sind nun in Artikel 6 der Verordnung (EU) 2017/2402 festgelegt. Daher sollte die Delegierte Verordnung (EU) Nr. 625/2014 unbeschadet des Artikels 43 Absatz 6 der Verordnung (EU) 2017/2402 aufgehoben werden.

(15)

Diese Verordnung basiert auf den Entwürfen technischer Regulierungsstandards, die in enger Zusammenarbeit mit der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde und der Europäischen Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung ausgearbeitet und der Kommission von der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde übermittelt wurden.

(16)

Die Europäische Bankenaufsichtsbehörde hat zu diesen Entwürfen technischer Regulierungsstandards, auf denen diese Verordnung basiert, öffentliche Konsultationen durchgeführt, die damit verbundenen potenziellen Kosten- und Nutzeneffekte analysiert und die Stellungnahme der nach Artikel 37 der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates (5) eingesetzten Interessengruppe Bankensektor eingeholt —

HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:


(1)   ABl. L 347 vom 28.12.2017, S. 35.

(2)  Delegierte Verordnung (EU) Nr. 625/2014 der Kommission vom 13. März 2014 zur Ergänzung der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates durch technische Regulierungsstandards zur Präzisierung der Anforderungen, denen Anleger, Sponsoren, ursprüngliche Kreditgeber und Originatoren in Bezug auf Risikopositionen aus übertragenen Kreditrisiken unterliegen (ABl. L 174 vom 13.6.2014, S. 16).

(3)  Verordnung (EU) Nr. 575/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über Aufsichtsanforderungen an Kreditinstitute und Wertpapierfirmen und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 (ABl. L 176 vom 27.6.2013, S. 1).

(4)  Verordnung (EU) 2017/2401 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2017 zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 über Aufsichtsanforderungen an Kreditinstitute und Wertpapierfirmen (ABl. L 347 vom 28.12.2017, S. 1).

(5)  Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 zur Errichtung einer Europäischen Aufsichtsbehörde (Europäische Bankenaufsichtsbehörde), zur Änderung des Beschlusses Nr. 716/2009/EG und zur Aufhebung des Beschlusses 2009/78/EG der Kommission (ABl. L 331 vom 15.12.2010, S. 12).