Aktualisiert 13/11/2024
In Kraft

Fassung vom: 13/05/2024
Änderungen (8)
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Artikel 20 - Bewertung für Abwicklungszwecke

Artikel 20

Bewertung für Abwicklungszwecke

(1)  
Bevor Abwicklungsmaßnahmen getroffen werden oder die Befugnis zur Herabschreibung oder Umwandlung von relevanten  Kapitalinstrumente und berücksichtigungsfähige Verbindlichkeiten im Einklang mit Artikel 21n ausgeübt wird, stellt der Ausschuss sicher, dass eine faire, vorsichtige und realistische Bewertung der Vermögenswerte und Verbindlichkeiten eines Unternehmens im Sinne des Artikels 2 durch eine von staatlichen Stellen — einschließlich des Ausschusses und der nationalen Abwicklungsbehörde -und dem betroffenen Unternehmen unabhängige Person vorgenommen wird.
(2)  
Vorbehaltlich des Absatzes 15 gilt die Bewertung als endgültig, wenn alle in den Absätzen 1 und 4 bis 9 festgelegten Anforderungen erfüllt sind.
(3)  
Ist eine unabhängige Bewertung gemäß Absatz 1 nicht möglich, kann der Ausschuss eine vorläufige Bewertung der Vermögenswerte und Verbindlichkeiten des Unternehmens im Sinne des Artikels 2 nach Maßgabe von Absatz 10 dieses Artikels vornehmen.
(4)  
Das Ziel der Bewertung ist, den Wert der Vermögenswerte und Verbindlichkeiten eines Unternehmens im Sinne des Artikels 2 zu ermitteln, das die Voraussetzungen für eine Abwicklung gemäß den Artikeln 16 und 18 erfüllt.
(5)  

Die Bewertung dient folgenden Zwecken:

a) 

der fundierten Feststellung, ob die Voraussetzungen für eine Abwicklung oder die Voraussetzungen für die Herabschreibung oder Umwandlung von  Kapitalinstrumente und berücksichtigungsfähige Verbindlichkeiten im Einklang mit Artikel 21 erfüllt sind;

b) 

falls die Voraussetzungen für eine Abwicklung erfüllt sind, der fundiertenEntscheidung über die in Bezug auf ein Unternehmen im Sinne des Artikels 2 zu treffenden angemessenen Abwicklungsmaßnahmen;

c) 

wenn die Befugnis nach Artikel 21 Absatz 7, relevante Kapitalinstrumente und berücksichtigungsfähige Verbindlichkeiten herabzuschreiben oder umzuwandeln, ausgeübt wird, der fundierten Entscheidung über den Umfang der Löschung oder der Verwässerung von Eigentumstiteln und über den Umfang der Herabschreibung oder Umwandlung der relevanten Kapitalinstrumente und berücksichtigungsfähigen Verbindlichkeiten;

d) 

wenn das Bail-in-Instrument angewandt wird, der fundierten Entscheidung über den Umfang der Herabschreibung oder Umwandlung von bail-in-fähige Verbindlichkeiten;

e) 

wenn das Instrument des Brückeninstituts oder das Instrument der Ausgliederung von Vermögenswerten angewandt wird, der fundierten Entscheidung über die zu übertragenden Vermögenswerte, Rechte, Verbindlichkeiten oder Eigentumstitel und der fundierten Entscheidung über den Wert von Gegenleistungen, die an das in Abwicklung befindliche Institut oder gegebenenfalls an die Inhaber der Eigentumstitel zu entrichten sind;

f) 

wenn das Instrument der Unternehmensveräußerung angewandt wird, der fundierten Entscheidung über die zu übertragenden Vermögenswerte, Rechte, Verbindlichkeiten oder Eigentumstitel und dem Verständnis der Abwicklungsbehörde dafür, was unter kommerziellen Bedingungen für die Zwecke des Artikels 24 Absatz 2 Buchstabe b zu verstehen ist;

g) 

in jedem Fall der Sicherstellung, dass jegliche Verluste in Bezug auf Vermögenswerte eines Unternehmens im Sinne des Artikels 2 zum Zeitpunkt der Anwendung der Abwicklungsinstrumente oder der Ausübung der Befugnis zur Herabschreibung oder Umwandlung von relevanten  Kapitalinstrumente und berücksichtigungsfähige Verbindlichkeiten im Einklang mit Artikel 21 vollständig erfasst werden.

(6)  

Unbeschadet des Rechtsrahmens der Union für staatliche Beihilfen beruht die Bewertung gegebenenfalls auf vorsichtigen Annahmen, unter anderem für die Ausfallquoten und den Umfang der Verluste. Bei der Bewertung darf ab dem Zeitpunkt, an dem eine Abwicklungsmaßnahme ergriffen oder die Befugnis zur Herabschreibung oder Umwandlung von relevanten  Kapitalinstrumenten und berücksichtigungsfähigen Verbindlichkeiten im Einklang mit Artikel 21 ausgeübt wird, nicht von einer potenziellen künftigen Gewährung einer außerordentlichen finanziellen Unterstützung aus öffentlichen Mitteln, einer Notfallliquiditätshilfe oder sonstigen Liquiditätshilfe der Zentralbank auf Grundlage nicht standardisierter Bedingungen in Bezug auf Besicherung, Laufzeit und Zinssätze für ein Unternehmen im Sinne des Artikels 2 ausgegangen werden. Außerdem muss bei der Bewertung berücksichtigt werden, dass im Fall der Anwendung eines Abwicklungsinstruments

a) 

der Ausschuss sich gemäß Artikel 22 Absatz 6 alle angemessenen Ausgaben, die ordnungsgemäß getätigt wurden, von dem in Abwicklung befindlichen Institut erstatten lassen kann,

b) 

der Fonds Zinsen und Gebühren für die Garantien und Darlehen, die dem in Abwicklung befindlichen Institut nach Artikel 76 gewährt werden, erheben kann.

(7)  

Die Bewertung wird durch folgende in den Büchern und Aufzeichnungen eines Unternehmens im Sinne des Artikels 2 enthaltenen Unterlagen ergänzt:

a) 

eine aktualisierte Bilanz und einen Bericht über die Finanzlage eines Unternehmens im Sinne des Artikels 2;

b) 

eine Analyse und eine Schätzung des Buchwerts der Vermögenswerte;

c) 

eine Aufstellung der in den Büchern und Aufzeichnungen eines Unternehmens im Sinne des Artikels 2 ausgewiesenen bilanziellen und außerbilanziellen offenen Verbindlichkeiten mit Angaben zu den jeweiligen Krediten und zu ihrem Rang nach Artikel 17.

(8)  
Soweit zweckmäßig, können die Unterlagen nach Absatz 7 Buchstabe b dieses Artikels durch eine Analyse und eine Schätzung des Werts der Vermögenswerte und Verbindlichkeiten eines Unternehmens im Sinne des Artikels 2 auf der Grundlage des Marktwerts ergänzt werden, damit fundierte Entscheidungen nach Absatz 5 Buchstaben e und f dieses Artikels getroffen werden können.
(9)  
Die Bewertung enthältAngaben zur Unterteilung der Gläubiger in Klassen entsprechend ihrem Rang nach Artikel 17 sowie eine Einschätzung der Behandlung jeder Klasse von Anteilseignern und Gläubigern, die zu erwarten wäre, wenn ein Unternehmen im Sinne des Artikels 2 im Wege eines regulären Insolvenzverfahrens liquidiert würde. Die Anwendung des in Artikel 15 Absatz 1 Buchstabe g genannten Grundsatzes „keine Schlechterstellung von Gläubigern“ wird von dieser Einschätzung nicht berührt.
(10)  
Ist es aufgrund der gebotenen Dringlichkeit entweder nicht möglich, die Anforderungen der Absätze 7 und 9 zu erfüllen, oder gilt Absatz 3, wird eine vorläufige Bewertung vorgenommen. Bei der vorläufigen Bewertung müssen die Anforderungen von Absatz 4 und — insoweit dies unter den gegebenen Umständen angemessen und durchführbar ist — die Anforderungen der Absätze 1, 7 und 9 erfüllt werden.

Die vorläufige Bewertung gemäß Unterabsatz 1 umfasst einen Puffer für zusätzliche Verluste mit einer angemessenen Begründung.

(11)  
Eine Bewertung, die nicht sämtliche in den Absätzen 1 und 4 bis 9 festgelegten Anforderungen erfüllt, ist als vorläufig zu betrachten, bis eine unabhängige Person nach Absatz 1 eine Bewertung vornimmt, die sämtlichen in diesen Absätzen festgelegten Anforderungen uneingeschränkt genügt. Diese endgültige Ex-post-Bewertung wird so bald wie möglich vorgenommen. Sie wird entweder unabhängig von der Bewertung nach den Absätzen 16, 17 und 18 oder gleichzeitig mit ihr und von derselben unabhängigen Person wie diese Bewertung durchgeführt, muss aber davon getrennt werden.

Die endgültige Ex-post-Bewertung dient folgenden Zwecken:

a) 

der Sicherstellung, dass jegliche Verluste in Bezug auf Vermögenswerte eines Unternehmens im Sinne des Artikels 2 in den Büchern dieses Unternehmens vollständig erfasst werden;

b) 

der fundierten Entscheidung über die Wiederheraufschreibung von Forderungen der Gläubiger oder die Erhöhung des Werts der zu entrichtenden Gegenleistung nach Absatz 12 dieses Artikels.

(12)  

Fällt die im Rahmen der endgültigen Ex-post-Bewertung durchgeführte Schätzung des Nettovermögenswerts eines Unternehmens im Sinne des Artikels 2 höher aus als die im Rahmen der vorläufigen Bewertung durchgeführte Schätzung des Nettovermögenswerts dieses Unternehmens, kann der Ausschuss die Abwicklungsbehörde ersuchen,

a) 

ihre Befugnis zur Erhöhung des Werts der Forderungen von Gläubigern oder Eigentümern relevanter Kapitalinstrumente, die im Rahmen des Bail-in-Instruments herabgeschrieben wurden;

b) 

ein Brückeninstitut oder eine für die Vermögensverwaltung gegründete Zweckgesellschaft anzuweisen, eine weitere Gegenleistung in Bezug auf die Vermögenswerte, Rechte oder Verbindlichkeiten an ein in Abwicklung befindliches Unternehmen oder gegebenenfalls in Bezug auf Eigentumstitel an die Eigner dieser Eigentumstitel zu entrichten.

(13)  
Unbeschadet des Absatzes 1 stellt eine gemäß den Absätzen 10 und 11 durchgeführte vorläufige Bewertung eine zulässige Grundlage für den Ausschuss dar, um Abwicklungsmaßnahmen zu ergreifen- unter anderem, indem er die nationalen Abwicklungsbehörden anweist, die Kontrolle über ein ausfallendes Institut zu übernehmen — oder über die Ausübung der Befugnis zur Herabschreibung oder Umwandlung von relevanten  Kapitalinstrumenten und berücksichtigungsfähigen Verbindlichkeiten im Einklang mit Artikel 21 zu beschließen.
(14)  
Der Ausschuss legt Regelungen fest und behält sie bei, um dafür zu sorgen, dass die Angaben über die Vermögenswerte und Verbindlichkeiten des in Abwicklung befindlichen Instituts, auf die sich die Beurteilung der Anwendung des Bail-in-Instruments im Sinne des Artikels 27 und die Bewertung gemäß Artikel 27 Absätze 1 bis 15 stützen, so aktuell und vollständig wie vernünftigerweise möglich sind.
(15)  
Die Bewertung ist integraler Bestandteil der Entscheidung über die Anwendung eines Abwicklungsinstruments oder die Ausübung einer Abwicklungsbefugnis bzw. die Entscheidung über die Ausübung der Befugnis zur Abschreibung oder Umwandlung von  Kapitalinstrumenten und berücksichtigungsfähigen Verbindlichkeiten im Einklang mit Artikel 21. Gegen die Bewertung selbst kann kein gesondertes Rechtsmittel eingelegt werden, aber gegen sie kann zusammen mit dem Beschluss des Ausschusses ein Rechtsmittel eingelegt werden.
(16)  
Der Ausschuss stellt zur Bewertung der Frage, ob die Anteilseigner und Gläubiger besser behandelt worden wären, wenn für das in Abwicklung befindliche Unternehmen ein reguläres Insolvenzverfahren eingeleitet worden wäre, sicher, dass möglichst bald nach Durchführung der Abwicklungsmaßnahme oder -maßnahmen eine Bewertung durch eine unabhängige Person nach Absatz 1 vorgenommen wird. Diese Bewertung erfolgt getrennt von der Bewertung nach den Absätzen 1 bis 15.
(17)  

Bei der Bewertung nach Absatz 16 wird festgestellt,

a) 

wie Anteilseigner und Gläubiger, oder die einschlägigen Einlagensicherungssysteme, behandelt worden wären, wenn für ein in Abwicklung befindliches Institut, für das die Abwicklungsmaßnahme oder die Abwicklungsmaßnahmen durchgeführt wurden, zu dem Zeitpunkt, als der Beschluss über die Abwicklungsmaßnahme gefasst wurde, das reguläre Insolvenzverfahren eingeleitet worden wäre;

b) 

wie Anteilseigner und Gläubiger im Rahmen der Abwicklung eines in Abwicklung befindlichen Instituts behandelt wurden und

c) 

ob Unterschiede zwischen der Behandlung gemäß Buchstabe a dieses Absatzes und der Behandlung gemäß Buchstabe b dieses Absatzes bestehen.

(18)  

Die Bewertung nach Absatz 16 erfolgt

a) 

unter der Annahme, dass für ein in Abwicklung befindliches Institut, für das die Abwicklungsmaßnahme oder die Abwicklungsmaßnahmen durchgeführt wurden, zu dem Zeitpunkt, als der Beschluss über die Abwicklungsmaßnahme gefasst wurde, das reguläre Insolvenzverfahren eingeleitet worden wäre;

b) 

unter der Annahme, dass die Abwicklungsmaßnahme oder die Abwicklungsmaßnahmen nicht durchgeführt worden wären;

c) 

ohne Berücksichtigung jeglicher außerordentlichen finanziellen Unterstützung eines in Abwicklung befindlichen Instituts aus öffentlichen Mitteln.