DELEGIERTE VERORDNUNG (EU) 2022/2060 DER KOMMISSION
vom 14. Juni 2022
zur Ergänzung der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates durch technische Regulierungsstandards zur Festlegung der Kriterien für die Bewertung der Modellierbarkeit von Risikofaktoren im Rahmen des auf einem internen Modell basierenden Ansatzes (IMA) und zur Festlegung der Häufigkeit dieser Bewertung gemäß Artikel 325be Absatz 3 der Verordnung
(Text von Bedeutung für den EWR)
DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —
gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,
gestützt auf die Verordnung (EU) Nr. 575/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über Aufsichtsanforderungen an Kreditinstitute und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 (1), insbesondere auf Artikel 325be Absatz 3,
in Erwägung nachstehender Gründe:
(1) |
Bei der Bewertung der Modellierbarkeit von Risikofaktoren nach Artikel 325be Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 sollte das geeignete Risikomaß ermittelt werden, das die Institute zur Berechnung der Eigenmittelanforderungen für das Marktrisiko eines jeden Risikofaktors verwenden müssen, der in den in Teil 3 Titel IV Kapitel 1b der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 dargelegten Ansatz für ein alternatives internes Modell des Instituts einbezogen ist oder einbezogen werden soll. Modellierbare Risikofaktoren sollten dem nach Artikel 325bb der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 berechneten Risikomaß Expected Shortfall unterliegen, während nicht modellierbare Risikofaktoren dem nach Artikel 325bk der genannten Verordnung berechneten Stressszenario-Risikomaß unterliegen sollten. |
(2) |
Das Risikomaß Expected Shortfall sollte die Wahrscheinlichkeitsverteilung der Risikofaktoren über einen hinreichend langen historischen Zeitraum erfassen, während dessen die relevanten Marktdaten für diese Risikofaktoren beobachtbar sind. Daher sollte ein Risikofaktor als modellierbar gelten, wenn eine hinreichende Anzahl beobachtbarer nachprüfbarer Preise verfügbar ist, die für diesen Risikofaktor repräsentativ sind. Für diese Bewertung sollte ein zwölfmonatiger Beobachtungszeitraum, der am vorangegangenen Meldestichtag endet, angemessen sein. Um etwaigen Verzögerungen bei der Datenverfügbarkeit Rechnung zu tragen, sollte es den Instituten jedoch gestattet sein, diesen zwölfmonatigen Beobachtungszeitraum zu einem späteren Zeitpunkt anzusetzen. Damit die Vergleichbarkeit der Praktiken in der gesamten Union gewährleistet ist, sollte eine solche Verschiebung auf einen Monat begrenzt werden. Aus demselben Grund sollten die Institute solche später angesetzten Zeiträume durchgängig auf alle Risikofaktoren derselben Art anwenden und ihrer zuständigen Behörde detaillierte Unterlagen über die Anwendung solcher Zeiträume vorlegen. |
(3) |
Es wird erwartet, dass den Instituten aus ihrer eigenen Handelstätigkeit möglicherweise nicht alle für die Bewertung der Modellierbarkeit erforderlichen Preisinformationen zur Verfügung stehen. Daher sollte es den Instituten bei der Bewertung der Modellierbarkeit von Risikofaktoren auch gestattet sein, Preisinformationen von Drittanbietern zu verwenden, sofern diese Preise nachprüfbar sind und die Drittanbieter einer unabhängigen Prüfung der Gültigkeit ihrer Preisinformationen unterliegen. |
(4) |
Ein wichtiger Schritt bei der Bewertung der Modellierbarkeit von Risikofaktoren ist die Bewertung, ob die ermittelten nachprüfbaren Preise für diese Risikofaktoren repräsentativ sind. Ein nachprüfbarer Preis sollte als repräsentativ für einen Risikofaktor eines Instituts gelten, wenn das Institut in der Lage ist, den Wert des Risikofaktors nach gängigen quantitativen Methoden aus dem Wert des nachprüfbaren Preises herauszufiltern. Für einige dieser Methoden sind zusätzliche Eingabedaten notwendig, damit die Institute den Wert eines Risikofaktors herausfiltern können, was es erschwert, die Repräsentativität der nachprüfbaren Preise nachzuweisen. Infolgedessen sollten diese Methoden sowie erforderlichenfalls die zusätzlichen Eingabedaten auf objektiven und ordnungsgemäß dokumentierten Informationen beruhen, sodass die Institute nicht auf unsolide Annahmen zurückgreifen. Im Einklang mit den internationalen Standards sollten Abgleiche oder Bewertungen von Sicherheiten aufgrund ihrer mangelnden Nachprüfbarkeit und Repräsentativität nicht als zulässige Quellen für nachprüfbare Preise gelten. |
(5) |
Handelt es sich bei Risikofaktoren um Punkte einer Kurve, einer Oberfläche oder eines Würfels, sollte die Modellierbarkeit dieser Risikofaktoren — angesichts der gemeinsamen Merkmale der Risikofaktoren einer bestimmten Unterklasse — entsprechend der Modellierbarkeit der einzelnen Unterklassen dieser Kurve, dieser Oberfläche oder dieses Würfels bewertet werden. Die Modellierbarkeit einer solchen Unterklasse sollte daher anhand aller nachprüfbaren Preise bewertet werden, die dieser Unterklasse zugeordnet werden, während die nachprüfbaren Preise, die für einen Risikofaktor einer Unterklasse repräsentativ sind, als repräsentativ für alle Risikofaktoren derselben Unterklasse angesehen werden sollten. Darüber hinaus sollten die Institute die Möglichkeit haben, Standardunterklassen oder, wenn dies für eine bestimmte Kurve, eine bestimmte Oberfläche oder einen bestimmten Würfel als besser geeignet erachtet wird, selbst entwickelte Unterklassen zu wählen. |
(6) |
Zudem sollten die Kriterien für die Modellierbarkeit von Risikofaktoren auch Fälle abdecken, in denen ein Institut eine Parameterfunktion zur Darstellung einer Kurve, einer Oberfläche oder eines Würfels verwendet und die Funktionsparameter in seinem Risikomessmodell als Risikofaktoren festlegt. In diesen Fällen sollte in den Kriterien festgelegt werden, wie die Bewertung der Modellierbarkeit durchzuführen ist, wobei die Besonderheiten solcher Parameterfunktionen und der Funktionsparameter zu berücksichtigen sind. |
(7) |
Um die zuständigen Behörden bei der Bewertung der Einhaltung dieser Verordnung zu unterstützen, muss präzisiert werden, wie die Institute die allgemeine Dokumentationsanforderung gemäß Artikel 325bi Absatz 1 Buchstabe e der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 anzuwenden haben, wenn sie bewerten, ob ein Risikofaktor modellierbar ist. |
(8) |
Die vorliegende Verordnung beruht auf dem Entwurf technischer Regulierungsstandards, der der Kommission von der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde übermittelt wurde. |
(9) |
Die Europäische Bankenaufsichtsbehörde hat öffentliche Konsultationen zu dem Entwurf technischer Regulierungsstandards, auf den sich diese Verordnung stützt, durchgeführt, die damit verbundenen potenziellen Kosten- und Nutzeneffekte analysiert und die Stellungnahme der nach Artikel 37 der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates (2) eingesetzten Interessengruppe Bankensektor eingeholt — |
HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:
(1) ABl. L 176 vom 27.6.2013, S. 1.
(2) Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 zur Errichtung einer Europäischen Aufsichtsbehörde (Europäische Bankenaufsichtsbehörde), zur Änderung des Beschlusses Nr. 716/2009/EG und zur Aufhebung des Beschlusses 2009/78/EG der Kommission (ABl. L 331 vom 15.12.2010, S. 12).