Aktualisiert 18/09/2024
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Ursprungsrechtsakt
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Erwägungsgründe

DURCHFÜHRUNGSVERORDNUNG (EU) 2023/2083 DER KOMMISSION

vom 26. September 2023

zur Festlegung technischer Durchführungsstandards für die Anwendung des Artikels 16 Absatz 1 der Richtlinie (EU) 2021/2167 des Europäischen Parlaments und des Rates im Hinblick auf die Datenvorlagen, die von Kreditinstituten zu verwenden sind, um Käufern Informationen zu ihren Kreditrisiken im Anlagebuch zur Verfügung zu stellen

(Text von Bedeutung für den EWR)

DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Richtlinie (EU) 2021/2167 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2021 über Kreditdienstleister und Kreditkäufer sowie zur Änderung der Richtlinien 2008/48/EG und 2014/17/EU (1), insbesondere auf Artikel 16 Absatz 6,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Vor dem Kauf notleidender Kreditverträge sollten potenzielle Käufer Zugang zu granularen Informationen über die einzelnen notleidenden Kreditverträge, die Gegenpartei, die Sicherheiten, die Garantien, die Rechts- und Vollstreckungsverfahren sowie zu einer Aufstellung der bisherigen Einziehungen und Rückzahlungen erhalten. Die Standardisierung dieser Daten mithilfe von allgemeinen Vorlagen, Datenfeldern, Definitionen und Merkmalen sollte den Verkauf notleidender Kreditverträge auf den Sekundärmärkten erleichtern und die Hindernisse für den Zugang kleiner Kreditinstitute und kleinerer Anleger, die beabsichtigen, Geschäfte mit notleidenden Kreditverträgen abzuschließen, verringern.

(2)

Die Kreditinstitute sollten beim Verkauf oder bei der Übertragung notleidender Kreditverträge, die in einem zum Verkauf oder zur Übertragung stehenden Portfolio enthalten sind, Datenvorlagen für Geschäfte mit notleidenden Kreditverträgen verwenden, um potenziellen Käufern alle erforderlichen Informationen zur Verfügung zu stellen, sodass sie den Wert der Rechte des Gläubigers aus dem notleidenden Kreditvertrag oder den Wert des notleidenden Kreditvertrags selbst sowie die Wahrscheinlichkeit der Einziehung des Werts richtig bewerten können. Die Anwendung solcher Datenvorlagen auf Kreditverträge würde zudem Informationsasymmetrien zwischen potenziellen Käufern und Verkäufern von Kreditverträgen verringern und somit zur Entwicklung eines funktionierenden Sekundärmarkts in der Union beitragen. Die Kreditinstitute sollten die Vorlagen bei Verkäufen oder Übertragungen von Kreditverträgen verwenden, bei denen es zu einem Wechsel des im Rahmen des betreffenden Kreditvertrags eingetragenen Kreditgebers kommt.

(3)

Um potenziellen Käufern alle erforderlichen Informationen zur Verfügung zu stellen, die sie für eine fundierte Entscheidung benötigen, sollten die Kreditinstitute bei der Übertragung notleidender Kreditverträge, einschließlich der Übertragung an andere Kreditinstitute, Transaktionsdatenvorlagen verwenden. Die Datenvorlagen sollten der Art und dem Umfang der Kredite und Kreditportfolios angemessen sein. Aus diesem Grund sollte diese Verpflichtung nur für die Übertragung notleidender Kreditverträge gelten und nicht für komplexe Transaktionen, in denen notleidende Kreditverträge als Bestandteil einer solchen Transaktion enthalten sind. Die Kreditinstitute sollten solche Vorlagen nicht bei komplexen Transaktionen verwenden, beim Verkauf oder der Übertragung von anderen Arten von Verträgen, einschließlich Kreditausfallswaps, Gesamtertragsswaps und anderer Derivatkontrakte, Versicherungsverträgen und Unterbeteiligungsverträgen in Bezug auf notleidende Kreditverträge, oder bei der Übertragung notleidender Kreditverträge im Rahmen solcher Verträge.

(4)

Aus demselben Grund sollten Kreditinstitute die Transaktionsdatenvorlagen für Kreditverträge weder für Verkäufe oder Übertragungen von übertragbaren Wertpapieren, Derivaten oder anderen Finanzinstrumenten, die in den Anwendungsbereich der Richtlinie 2014/65/EU des Europäischen Parlaments und des Rates (2) fallen, verwenden, noch für Wertpapierfinanzierungsgeschäfte, mit Ausnahme von Lombardgeschäften im Sinne des Artikels 3 Nummer 10 der Verordnung (EU) 2015/2365 des Europäischen Parlaments und des Rates (3), und auch nicht für Finanzierungs- oder sonstige Leasinggeschäfte mit beweglichen oder unbeweglichen Vermögenswerten, die nicht unter die Richtlinie 2008/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (4) fallen, sowie nicht für Verkäufe oder Übertragungen von Rechten aus solchen Instrumenten, Geschäften oder Leasingverhältnissen.

(5)

Um die Bearbeitungskosten für Kreditinstitute und Kreditkäufer gemäß Artikel 16 Absatz 4 Buchstabe d der Richtlinie (EU) 2021/2167 zu minimieren, sollten Kreditinstitute die Transaktionsdatenvorlagen nicht für die Veräußerung notleidender Kreditverträge im Wege der Verbriefung verwenden, sofern die Verordnung (EU) 2017/2402 des Europäischen Parlaments und des Rates (5) Anwendung findet und die Bereitstellung der entsprechenden Informationen durch die Delegierte Verordnung (EU) 2020/1224 der Kommission (6) und die Durchführungsverordnung (EU) 2020/1225 der Kommission (7) geregelt wird.

(6)

Aus demselben Grund sollten Kreditinstitute die Datenvorlagen für Geschäfte mit notleidenden Krediten nicht verwenden, wenn sie solche Kredite im Rahmen einer Veräußerung von Zweigstellen, von Geschäftsbereichen oder von Kundenportfolios verkaufen, die nicht auf notleidende Kredite beschränkt sind, und wenn sie solche Kredite als Teil einer laufenden Restrukturierungsmaßnahme des veräußernden Kreditinstituts im Rahmen eines Insolvenz-, Abwicklungs- oder Liquidationsverfahrens übertragen.

(7)

Um dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Rechnung zu tragen, sollten in den Datenvorlagen für Geschäfte mit notleidenden Kreditverträgen je nach Art und Umfang der notleidenden Kreditverträge unterschiedliche Informationen verlangt werden, und es sollte angegeben werden, welche Datenfelder ausgefüllt werden müssen oder unter welchen Umständen das Ausfüllen bestimmter Datenfelder nicht zwingend erforderlich ist. Aus demselben Grund sollten die Kreditinstitute nicht bei allen Transaktionen dazu verpflichtet werden, alle Datenfelder in den Transaktionsdatenvorlagen auszufüllen. Solche Transaktionen sollten den Verkauf oder die Übertragung der folgenden Kreditverträge beinhalten: 1) eines einzigen notleidenden Kreditvertrags, 2) mehrerer notleidender Kreditverträge, die an einen einzigen Kreditnehmer gebunden sind, 3) notleidender Kreditverträge, die Teil von Konsortialkreditverträgen sind, 4) notleidender Kreditverträge, die an einen Kreditnehmer gebunden sind, der außerhalb der Union niedergelassen ist, 5) notleidender Kreditverträge, die von einem Unternehmen erworben wurden, das kein Kreditinstitut ist, da Kreditinstitute in solchen Fällen möglicherweise nicht über alle zum Ausfüllen aller Datenfelder erforderlichen Informationen verfügen, 6) notleidender Kreditverträge an natürliche Personen, wenn es sich um kleine unbesicherte Kreditverträge handelt, die nicht in den Anwendungsbereich der Richtlinie 2008/48/EG fallen. Derselbe Ansatz sollte im Falle eines Verkaufs oder einer Übertragung notleidender Kreditverträge zwischen Kreditinstituten, die derselben Gruppe angehören, gelten.

(8)

Damit potenzielle Käufer notleidender Kreditverträge ihrer finanzwirtschaftlichen Sorgfaltspflicht nachkommen und die notleidenden Kreditverträge bewerten können, bevor sie ein Kauf-/Verkaufsgeschäft abschließen und sich auf einen bestimmten Preis festlegen, sollten die Kreditinstitute diesen potenziellen Käufern rechtzeitig im Verkaufsprozess alle erforderlichen Informationen zur Verfügung stellen. In Anbetracht des Detaillierungsgrads dieser Informationen und der damit verbundenen Auswirkungen auf die Vertraulichkeit sollten die Kreditinstitute diese Informationen jedoch nur den potenziellen Käufern zur Verfügung stellen, die ernsthaft am Kauf der betreffenden notleidenden Kreditverträge interessiert sind. Aus Datenschutzgründen sollten die Kreditinstitute personenbezogene Daten nur übermitteln dürfen, wenn dies zur Identifizierung von Personen erforderlich ist, deren Kreditverträge notleidend sind. Für die Verarbeitung personenbezogener Daten im Rahmen dieser Durchführungsverordnung gilt die Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates (8).

(9)

Die Informationen, die potenzielle Käufer notleidender Kreditverträge zur Erfüllung ihrer finanzwirtschaftlichen Sorgfaltspflicht und zur Bewertung dieser Kreditverträge benötigen, können Elemente enthalten, die die Kreditinstitute aufgrund gesetzlicher Geheimhaltungspflichten oder aus wirtschaftlichen Erwägungen als vertraulich betrachten. Die Kreditinstitute sollten daher festlegen, welche Datenfelder als vertraulich zu betrachten sind, und dafür sorgen, dass alle vertraulichen Informationen über sichere Kanäle und nur dann weitergegeben werden, wenn entsprechende Vertraulichkeitsvereinbarungen zwischen dem Kreditinstitut und dem potenziellen Käufer getroffen wurden. Bei diesen sicheren Kanälen kann es sich um elektronische virtuelle Datenräume handeln, die von den Kreditinstituten eingerichtet werden, um den potenziellen Käufern Zugang zu den erforderlichen Informationen zu gewähren. Die Kreditinstitute sollten sicherstellen, dass diese virtuellen Datenräume den geltenden branchenüblichen Normen für Vertraulichkeit und Datensicherheit entsprechen.

(10)

Um den Informationsaustausch zu erleichtern, sollten die Kreditinstitute die Informationen in elektronischer und maschinenlesbarer Form zur Verfügung stellen, sofern die Kreditinstitute und potenziellen Käufer nichts anderes vereinbaren. Nutzen Kreditinstitute elektronische Auktionsplattformen oder elektronische Transaktionsplattformen, um den Verkauf oder die Übertragung notleidender Kreditverträge durchzuführen, so können diese Plattformen besondere Anforderungen an das elektronische und maschinenlesbare Format stellen.

(11)

Im Rahmen der Verhandlungen über den Verkauf oder die Übertragung können die Kreditinstitute mit den potenziellen Käufern vereinbaren, zusätzliche Informationen über notleidende Kreditverträge bereitzustellen, die über die in den Datenvorlagen verlangten Informationen hinausgehen. Zu diesem Zweck sollte die Gestaltung der Datenvorlagen die Bereitstellung solcher zusätzlicher Datenfelder ermöglichen. Solche zusätzlichen Informationen sollten, im Einklang mit dem Grundsatz der Datenminimierung und des Datenschutzes durch Technikgestaltung und durch datenschutzfreundliche Voreinstellungen, keine zusätzlichen personenbezogenen Daten enthalten.

(12)

Die vorliegende Verordnung beruht auf dem Entwurf technischer Durchführungsstandards, den die Europäische Bankenaufsichtsbehörde der Kommission vorgelegt hat. Die Europäische Bankenaufsichtsbehörde hat zu dem Entwurf technischer Durchführungsstandards, auf den sich diese Verordnung stützt, offene öffentliche Konsultationen durchgeführt, die damit verbundenen potenziellen Kosten- und Nutzeneffekte analysiert und die Stellungnahme der nach Artikel 37 der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates (9) eingesetzten Interessengruppe Bankensektor eingeholt.

(13)

Der Europäische Datenschutzbeauftragte wurde nach Artikel 42 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2018/1725 des Europäischen Parlaments und des Rates (10) zu dieser Durchführungsverordnung konsultiert und hat am 25. Juli 2023 eine Stellungnahme abgegeben —

HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:


(1)   ABl. L 438 vom 8.12.2021, S. 1.

(2)  Richtlinie 2014/65/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 über Märkte für Finanzinstrumente sowie zur Änderung der Richtlinien 2002/92/EG und 2011/61/EU (ABl. L 173 vom 12.6.2014, S. 349).

(3)  Verordnung (EU) 2015/2365 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2015 über die Transparenz von Wertpapierfinanzierungsgeschäften und der Weiterverwendung sowie zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 (ABl. L 337 vom 23.12.2015, S. 1).

(4)  Richtlinie 2008/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2008 über Verbraucherkreditverträge und zur Aufhebung der Richtlinie 87/102/EWG des Rates (ABl. L 133 vom 22.5.2008, S. 66).

(5)  Verordnung (EU) 2017/2402 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2017 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für Verbriefungen und zur Schaffung eines spezifischen Rahmens für einfache, transparente und standardisierte Verbriefung und zur Änderung der Richtlinien 2009/65/EG, 2009/138/EG, 2011/61/EU und der Verordnungen (EG) Nr. 1060/2009 und (EU) Nr. 648/2012 (ABl. L 347 vom 28.12.2017, S. 35).

(6)  Delegierte Verordnung (EU) 2020/1224 der Kommission vom 16. Oktober 2019 zur Ergänzung der Verordnung (EU) 2017/2402 des Europäischen Parlaments und des Rates durch technische Regulierungsstandards zur Festlegung der Informationen, die von Originator, Sponsor und Verbriefungszweckgesellschaft zu den Einzelheiten von Verbriefungen bereitzustellen sind (ABl. L 289 vom 3.9.2020, S. 1).

(7)  Durchführungsverordnung (EU) 2020/1225 der Kommission vom 29. Oktober 2019 zur Festlegung technischer Durchführungsstandards für das Format und die standardisierten Meldebögen, die vom Originator, vom Sponsor und von der Verbriefungszweckgesellschaft zur Bereitstellung der Einzelheiten von Verbriefungen zu verwenden sind (ABl. L 289 vom 3.9.2020, S. 217).

(8)  Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) (ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 1).

(9)  Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 zur Errichtung einer Europäischen Aufsichtsbehörde (Europäische Bankenaufsichtsbehörde), zur Änderung des Beschlusses Nr. 716/2009/EG und zur Aufhebung des Beschlusses 2009/78/EG der Kommission (ABl. L 331 vom 15.12.2010, S. 12).

(10)  Verordnung (EU) 2018/1725 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2018 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 45/2001 und des Beschlusses Nr. 1247/2002/EG (ABl. L 295 vom 21.11.2018, S. 39).