Aktualisiert 22/10/2024
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Ursprungsrechtsakt
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Erwägungsgründe

DELEGIERTE VERORDNUNG (EU) 2017/590 DER KOMMISSION

vom 28. Juli 2016

zur Ergänzung der Verordnung (EU) Nr. 600/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates durch technische Regulierungsstandards für die Meldung von Geschäften an die zuständigen Behörden

(Text von Bedeutung für den EWR)

DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Verordnung (EU) Nr. 600/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 über Märkte für Finanzinstrumente und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 (1), insbesondere auf Artikel 26 Absatz 9 Unterabsatz 3;

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Um eine wirkungsvolle Datenanalyse durch die zuständigen Behörden zu gewährleisten, sollte die Meldung von Geschäften unter Verwendung einheitlicher Standards und Formate erfolgen.

(2)

Angesichts der Marktpraktiken, der aufsichtlichen Erfahrungen und der Marktentwicklungen sollte die Bedeutung eines Geschäfts für Meldezwecke breit gefasst werden. Sie sollte den Kauf und den Verkauf meldepflichtiger Instrumente sowie andere Fälle des Erwerbs oder der Veräußerung meldepflichtiger Instrumente abdecken, da diese ebenfalls Bedenken hinsichtlich eines möglichen Marktmissbrauchs aufwerfen können. Auch Änderungen des Nominalbetrags können Bedenken hinsichtlich eines möglichen Marktmissbrauchs aufwerfen, da sie naturgemäß einem zusätzlichen Kauf- oder Verkaufsgeschäft gleichkommen. Damit die zuständigen Behörden diese Änderungen von anderen Käufen oder Verkäufen unterscheiden können, sollten Informationen zu solchen Änderungen in den Geschäftsmeldungen speziell aufgeführt werden.

(3)

Handlungen oder Ereignisse, die den zuständigen Behörden zu Marktüberwachungszwecken nicht gemeldet werden müssen, sollten nicht unter den Begriff Geschäft fallen. Um sicherzustellen, dass Informationen zu solchen Handlungen und Ereignissen nicht in Geschäftsmeldungen aufgenommen werden, sollten sie ausdrücklich von der Bedeutung „Geschäft“ ausgenommen werden.

(4)

Um klarzustellen, welche Wertpapierfirmen Geschäfte melden müssen, sollten die Tätigkeiten oder Dienstleistungen, die zu einem Geschäft führen, präzisiert werden. Entsprechend sollte davon ausgegangen werden, dass eine Wertpapierfirma ein Geschäft ausführt, wenn sie eine in Abschnitt A Nummern 1, 2 und 3 von Anhang I der Richtlinie 2014/65/EU des Europäischen Parlaments und des Rates (2) genannte Dienstleistung oder Tätigkeit erbringt, die Anlageentscheidung im Einklang mit einem von einem Kunden erteilten Vermögensverwaltungsmandat trifft oder Finanzinstrumente auf oder aus Konten überträgt, vorausgesetzt, diese Dienstleistungen oder Tätigkeiten führten jeweils zu einem Geschäft. Im Einklang mit Artikel 26 Absatz 4 der Verordnung (EU) Nr. 600/2014 sollte bei Wertpapierfirmen, bei denen angenommen wird, dass sie Aufträge, die zu Geschäften führen, übermittelt haben, jedoch nicht davon ausgegangen werden, dass sie diese Geschäfte ausgeführt haben.

(5)

Um eine Nichtmeldung oder Doppelmeldung durch Wertpapierfirmen, die einander Aufträge übermitteln, zu vermeiden, sollte sich die Wertpapierfirma, die die Übermittlung des Auftrags beabsichtigt, mit der Firma, die den Auftrag erhält, abstimmen, ob die den Auftrag erhaltende Firma sämtliche Einzelheiten des daraus resultierenden Geschäfts melden oder den Auftrag wiederum einer anderen Wertpapierfirma übermitteln wird. Erfolgt keine Abstimmung, sollte der Auftrag als nicht übermittelt gelten und jede Wertpapierfirma sollte ihre eigene Geschäftsmeldung mit [sämtlichen] Einzelheiten zu dem Geschäft, das die Wertpapierfirma jeweils meldet, übermitteln. Des Weiteren sollten die Einzelheiten in Bezug auf den zwischen Wertpapierfirmen zu übermittelnden Auftrag spezifiziert werden, damit gewährleistet ist, dass die zuständigen Behörden relevante, richtige und vollständige Informationen erhalten.

(6)

Zur Gewährleistung einer sicheren und effizienten Identifizierung der für die Ausführung von Geschäften verantwortlichen Wertpapierfirmen sollten diese Firmen sicherstellen, dass sie in der gemäß ihrer Geschäftsmeldepflicht übermittelten Geschäftsmeldung mit validierten, ausgestellten und ordnungsgemäß erneuerten Rechtsträgerkennungen (LEI) angegeben werden.

(7)

Zur Gewährleistung einer einheitlichen und zuverlässigen Identifizierung in Geschäftsmeldungen genannter natürlicher Personen sollten diese durch eine Zeichenkette bestehend aus dem Land, dessen Staatsbürgerschaft sie haben, gefolgt von Kennungen, die dieses Land ihnen zugewiesen hat, identifiziert werden. Sind solche Kennungen nicht verfügbar, sollten natürliche Personen über Kennungen identifiziert werden, die aus ihrem Geburtsdatum und Namen erstellt wurden.

(8)

Zur Erleichterung der Marktüberwachung sollte die Kundenidentifizierung einheitlich, eindeutig und zuverlässig sein. Geschäftsmeldungen sollten daher den vollständigen Namen und das Geburtsdatum der Kunden enthalten, die natürliche Personen sind, und Kunden, die juristische Personen sind, durch ihre LEI ausweisen.

(9)

Personen oder Computeralgorithmen, von denen Anlageentscheidungen ausgehen, können für Marktmissbrauch verantwortlich sein. Gehen Anlageentscheidungen von einer Person, die nicht der Kunde ist, oder von einem Computeralgorithmus aus, sollte die Person oder der Algorithmus deshalb zur Gewährleistung einer effektiven Marktüberwachung in der Geschäftsmeldung mit einer eindeutigen, zuverlässigen und einheitlichen Kennung angegeben werden. Geht die Anlageentscheidung in einer Wertpapierfirma von mehr als einer Person aus, sollte die Person, die vorrangig für die Entscheidung verantwortlich ist, in der Meldung angegeben werden.

(10)

Personen oder Computeralgorithmen, die für die Bestimmung des zu wählenden Handelsplatzes, die Bestimmung einer Wertpapierfirma, an die die Aufträge zu übermitteln sind, oder die Bestimmung jeglicher sonstiger Bedingungen in Verbindung mit der Ausführung des Auftrags verantwortlich sind, können dabei für Marktmissbrauch verantwortlich sein. Zur Gewährleistung einer effektiven Marktüberwachung sollte eine in der Wertpapierfirma für diese Tätigkeiten verantwortliche Person bzw. ein hierfür verantwortlicher Computeralgorithmus daher in der Geschäftsmeldung angegeben werden. Sind sowohl eine Person als auch ein Computeralgorithmus bzw. mehre Personen oder Algorithmen beteiligt, sollte die Wertpapierfirma nach vorab definierten Kriterien einheitlich festlegen, welche Person bzw. welcher Algorithmus vorrangig für diese Tätigkeiten verantwortlich ist.

(11)

Im Interesse einer effektiven Marktüberwachung sollten Geschäftsmeldungen genaue Informationen zu etwaigen Änderungen der Position einer Wertpapierfirma oder ihres Kunden beinhalten, die sich aus einem meldepflichtigen Geschäft zum Zeitpunkt des Stattfindens dieses Geschäfts ergeben. Wertpapierfirmen sollten die diesbezüglichen Felder in einer einzelnen Geschäftsmeldung daher übereinstimmend ausfüllen und ein Geschäft oder verschiedene Teile eines Geschäfts auf eine solche Weise melden, dass ihre Meldungen zusammengefasst einen verständlichen Gesamtüberblick bieten, der Positionsveränderungen genau widerspiegelt.

(12)

Leerverkaufsgeschäfte sollten speziell als solche gekennzeichnet werden, unabhängig davon, ob diese Geschäfte ein vollständiges oder teilweises Leerverkaufsgeschäft darstellen.

(13)

Die effektive Marktüberwachung bei einem Geschäft mit einer Kombination aus Finanzinstrumenten stellt eine besondere Herausforderung dar. Die zuständige Behörde benötigt den Gesamtüberblick und muss das Geschäft für jedes Finanzinstrument, das Teil eines Geschäfts mit mehreren Finanzinstrumenten ist, separat sehen können. Wertpapierfirmen, die Geschäfte mit einer Kombination aus Finanzinstrumenten ausführen, sollten ein solches Geschäft daher für jedes Finanzinstrument separat melden und diese Meldungen über eine auf der Ebene der Wertpapierfirma eindeutige Kennung mit der Gruppe von Geschäftsmeldungen verknüpfen, die mit dieser Ausführung in Zusammenhang stehen.

(14)

Zum Schutz der Wirksamkeit der Marktmissbrauchsüberwachung juristischer Personen sollten die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass LEI im Einklang mit international gültigen Grundsätzen entwickelt, zugeteilt und geführt werden, damit juristische Personen einheitlich und eindeutig identifiziert werden können. Vor der Erbringung von Dienstleistungen für Kunden, durch die Meldepflichten für im Namen dieser Kunden ausgeführte Geschäfte entstehen würden, sollten Wertpapierfirmen die LEI ihrer Kunden einholen und diese LEI in ihren Geschäftsmeldungen verwenden.

(15)

Im Interesse einer effizienten und wirksamen Marktüberwachung sollten Geschäftsmeldungen nur einmal und an eine einzige zuständige Behörde übermittelt werden, die diese an andere relevante zuständige Behörden weiterleiten kann. Führt eine Wertpapierfirma ein Geschäft aus, sollte sie die Meldung daher der zuständigen Behörde des Herkunftsmitgliedstaats der Wertpapierfirma übermitteln, unabhängig davon, ob eine Zweigniederlassung beteiligt ist oder ob die Meldung erstattende Firma das Geschäft über eine Zweigniederlassung in einem anderen Mitgliedstaat ausgeführt hat. Wird ein Geschäft vollständig oder teilweise über eine Zweigniederlassung einer Wertpapierfirma in einem anderen Mitgliedstaat ausgeführt, sollte der Bericht nur einmal der zuständigen Behörde des Herkunftsmitgliedstaats der Wertpapierfirma übermittelt werden, es sei denn, die zuständigen Behörden des Herkunfts- und des Aufnahmemitgliedstaats haben eine anderslautende Vereinbarung getroffen. Um sicherzustellen, dass die zuständigen Behörden des Aufnahmemitgliedstaats die von Zweigniederlassungen in ihrem Hoheitsgebiet erbrachten Dienstleistungen überwachen können, müssen sie Geschäftsmeldungen von Zweigniederlassungen erhalten. Aus diesem Grund und damit die Geschäftsmeldungen allen relevanten Behörden, die für die an diesen Geschäften beteiligten Zweigniederlassungen zuständig sind, weitergeleitet werden können, müssen genaue Daten zur Zweigniederlassungstätigkeit in diese Meldungen aufgenommen werden.

(16)

Für die Zwecke der Marktmissbrauchsüberwachung ist es unerlässlich, dass die Daten einer Geschäftsmeldung vollständig und korrekt sind. Handelsplätze und Wertpapierfirmen sollten daher über entsprechende Verfahren und Vorkehrungen die Übermittlung vollständiger und korrekter Geschäftsmeldungen an die zuständigen Behörden sicherstellen. Genehmigte Meldemechanismen (ARM) sollten nicht unter diese Verordnung fallen, da sie einer eigenen speziellen Regelung nach Maßgabe der Delegierten Verordnung (EU) 2017/571 der Kommission (3) unterliegen und analoge Anforderungen zur Gewährleistung der Vollständigkeit und Korrektheit der Daten gelten.

(17)

Im Interesse einer Nachverfolgbarkeit von Stornierungen oder Korrekturen sollten Wertpapierfirmen die Einzelheiten zu Korrekturen oder Stornierungen, die sie vom ARM erhalten haben, aufbewahren, wenn der ARM entsprechend den Anweisungen der Wertpapierfirma eine im Namen einer Wertpapierfirma übermittelte Geschäftsmeldung storniert oder korrigiert.

(18)

Die Bestimmung des unter Liquiditätsaspekten wichtigsten Marktes schafft die Voraussetzungen für die Weiterleitung von Geschäftsmeldungen an andere zuständige Behörden und ermöglicht den Anlegern die Ermittlung der zuständigen Behörden, denen sie ihre Leerverkaufspositionen gemäß den Artikeln 5, 7 und 8 der Verordnung (EU) Nr. 236/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates (4) melden müssen. Die Vorschriften für die Bestimmung der relevanten zuständigen Behörde nach Richtlinie 2004/39/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (5) haben sich für die meisten Finanzinstrumente bewährt und sollten daher unverändert beibehalten werden. Gleichwohl sollten speziell für diejenigen Finanzinstrumente, die nicht durch die Richtlinie 2004/39/EG abgedeckt sind, neue Vorschriften eingeführt werden; hierbei handelt es sich insbesondere um von Drittlandeinrichtungen begebene Schuldtitel, Emissionszertifikate und Derivate, deren unmittelbarer Basiswert nicht über einen Global Identifier verfügt oder ein Korb oder ein Nicht-EWR-Index ist.

(19)

Aus Gründen der Konsistenz und im Interesse reibungslos funktionierender Finanzmärkte sollten die in der vorliegenden Verordnung und die in der Verordnung (EU) Nr. 600/2014 niedergelegten Bestimmungen vom selben Tag an gelten.

(20)

Diese Verordnung stützt sich auf die Entwürfe technischer Regulierungsstandards, die der Kommission von der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) vorgelegt wurden.

(21)

Die ESMA hat zu diesen Entwürfen öffentliche Konsultationen durchgeführt, die damit verbundenen potenziellen Kosten- und Nutzeffekte analysiert und die Stellungnahme der gemäß Artikel 37 der Verordnung (EU) Nr. 1095/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates (6) eingesetzten Interessengruppe Wertpapiere und Wertpapiermärkte eingeholt —

HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:


(1)  ABl. L 173 vom 12.6.2014, S. 84.

(2)  Richtlinie 2014/65/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 über Märkte für Finanzinstrumente sowie zur Änderung der Richtlinien 2002/92/EG und 2011/61/EU (ABl. L 173 vom 12.6.2014, S. 349).

(3)  Delegierte Verordnung (EU) 2017/571 der Kommission vom 2. Juni 2016 zur Ergänzung der Richtlinie 2014/65/EU des Europäischen Parlaments und des Rates durch technische Regulierungsstandards für die Zulassung, die organisatorischen Anforderungen und die Veröffentlichung von Geschäften für Datenbereitstellungsdienste (siehe Seite 126 dieses Amtsblatts).

(4)  Verordnung (EU) Nr. 236/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. März 2012 über Leerverkäufe und bestimmte Aspekte von Credit Default Swaps (ABl. L 86 vom 24.3.2012, S. 1).

(5)  Richtlinie 2004/39/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 über Märkte für Finanzinstrumente, zur Änderung der Richtlinien 85/611/EWG und 93/6/EWG des Rates und der Richtlinie 2000/12/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 93/22/EWG des Rates (ABl. L 145 vom 30.4.2004, S. 1).

(6)  Verordnung (EU) Nr. 1095/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 zur Errichtung einer Europäischen Aufsichtsbehörde (Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde), zur Änderung des Beschlusses Nr. 716/2009/EG und zur Aufhebung des Beschlusses 2009/77/EG der Kommission (ABl. L 331 vom 15.12.2010, S. 84).