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Ursprungsrechtsakt
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Erwägungsgründe

DELEGIERTE VERORDNUNG (EU) 2016/1450 DER KOMMISSION

vom 23. Mai 2016

zur Ergänzung der Richtlinie 2014/59/EU des Europäischen Parlaments und des Rates durch technische Regulierungsstandards zur Präzisierung der Kriterien im Zusammenhang mit der Methode zur Festlegung der Mindestanforderung an Eigenmittel und berücksichtigungsfähige Verbindlichkeiten

(Text von Bedeutung für den EWR)

DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Richtlinie 2014/59/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 zur Festlegung eines Rahmens für die Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen (1), insbesondere Artikel 45 Absatz 2,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Eine wirksame Abwicklung ist nur dann durchführbar und glaubwürdig, wenn ein Institut über angemessene interne finanzielle Ressourcen zur Absorption von Verlusten und zu Rekapitalisierungszwecken verfügt, wobei bestimmte Verbindlichkeiten, insbesondere solche, die vom Bail-in ausgeschlossen sind, nicht berücksichtigt werden. In der Richtlinie 2014/59/EU ist vorgesehen, dass Institute eine Mindestanforderung an Eigenmittel und berücksichtigungsfähige Verbindlichkeiten (im Folgenden „MREL“) erfüllen sollten, um zu vermeiden, dass die Institute sich allzu sehr auf Refinanzierungsformen stützen, die vom Bail-in ausgeschlossen sind, da eine Nichterfüllung der MREL die Verlustabsorptions- und Rekapitalisierungskapazität der Institute und schließlich die Gesamtwirkung der Abwicklung beeinträchtigen würde.

(2)

Bei der Bestimmung der MREL im Einklang mit Artikel 45 Absatz 6 Buchstaben a und b der Richtlinie 2014/59/EU sollte die Abwicklungsbehörde im Falle der Anwendung des Bail-in-Instruments prüfen, ob sichergestellt werden muss, dass das Institut über eine angemessene Verlustabsorptionskapazität verfügt und ausreichend rekapitalisiert werden kann, um seine Quote für das harte Kernkapital wieder auf ein Niveau anzuheben, das ausreicht, um den Eigenmittelanforderungen für die Zulassung zu genügen und gleichzeitig ein ausreichendes Marktvertrauen zu erhalten. Aufgrund der engen Verknüpfung mit Aufsichtsbeschlüssen muss die Abwicklungsbehörde diese Bewertungen im Benehmen mit der zuständigen Behörde und gemäß den Anforderungen nach Artikel 45 Absatz 6 der Richtlinie 2014/59/EU vornehmen und sollte für die Zwecke der Festlegung von Aufsichtsanforderungen im Rahmen ihrer Verpflichtung zur Anhörung der zuständigen Behörde gemäß Artikel 45 Absatz 6 der Richtlinie 2014/59/EU folglich die Bewertungen der zuständigen Behörde bezüglich Geschäftsmodell, Refinanzierungsmodell und Risikoprofil des Instituts berücksichtigen.

(3)

Insbesondere sollte bei der Bewertung der zur Verlustabsorption erforderlichen Kapazitäten den bestehenden Kapitalanforderungen an das Institut und bei der Bewertung der zur Wiederherstellung der Kapitalbasis erforderlichen Kapazitäten den Kapitalanforderungen eingehend Rechnung getragen werden, die nach Anwendung der Abwicklungsstrategie gelten dürften, es sei denn, es gibt konkrete Gründe, weshalb Verluste bei der Abwicklung anders bewertet werden sollten als im Normalfall. Eine ähnliche Bewertung ist erforderlich, um sicherzustellen, dass die MREL ausreicht, um die Abwicklungsfähigkeit eines Instituts sicherzustellen, wenn andere Abwicklungsinstrumente als ein Bail-in angewandt werden müssen.

(4)

Nach Artikel 45 Absatz 6 Buchstabe c der Richtlinie 2014/59/EU müssen die Abwicklungsbehörden außerdem prüfen, ob die Möglichkeit besteht, dass bestimmte im Abwicklungsplan und im Rahmen der Bewertung der Abwicklungsfähigkeit ermittelte Kategorien berücksichtigungsfähiger Verbindlichkeiten vom Bail-in ausgeschlossen sein könnten. Derartige Verbindlichkeiten sollten nicht herangezogen werden, um die MREL zu erfüllen. Darüber hinaus sollten die Abwicklungsbehörden sicherstellen, dass ein zwingender oder auf Ermessensbasis beruhender Ausschluss signifikanter Beträge einer insolvenzrechtlich relevanten Verbindlichkeitenkategorie vom Bail-in nicht dazu führt, dass Verbindlichkeiten derselben oder einer vorrangigen Kategorie höhere Verluste als im Falle einer Insolvenz tragen, da dies die Abwicklungsfähigkeit einschränken würde.

(5)

Um Hindernisse, die der Abwicklung im Wege stehen, zu beseitigen, können die Abwicklungsbehörden verlangen, dass ein Anteil der MREL gemäß Artikel 45 Absatz 1 der Richtlinie 2014/59/EU durch nachrangige vertragliche Bail-in-Instrumente erfüllt wird, eine höhere Mindestanforderung festlegen oder alternative Maßnahmen anwenden. Ist die Gefahr eines Verstoßes gegen den Grundsatz der Vermeidung einer Schlechterstellung von Gläubigern hinreichend niedrig, so ist keine Anpassung der MREL erforderlich.

(6)

Bestimmte Institute, die unter die Richtlinie 2014/59/EU fallen, insbesondere Finanzmarktinfrastrukturen, die auch als Kreditinstitute zugelassen sind, haben hoch spezialisierte Geschäftsmodelle und unterliegen zusätzlichen Vorschriften, was bei der Festlegung der MREL berücksichtigt werden sollte.

(7)

Im Interesse der Kohärenz mit der Beaufsichtigung sollten bei der von der Abwicklungsbehörde vorgenommenen Bewertung der Größe, des Geschäftsmodells, des Refinanzierungsmodells und des Risikoprofils des Instituts die Ergebnisse des aufsichtlichen Überprüfungs- und Bewertungsprozesses der zuständigen Behörde nach Artikel 97 der Richtlinie 2013/36/EU des Europäischen Parlaments und des Rates (2) berücksichtigt werden, es sei denn, es gibt konkrete Gründe, weshalb Verluste bei der Abwicklung anders bewertet werden sollten als im Normalfall. Bei der Durchführung der aufsichtlichen Überprüfung und Bewertung und vorbehaltlich des Artikels 16 der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates (3) sollte die zuständige Behörde den Leitlinien für das gemeinsame Verfahren und die gemeinsame Methode für die aufsichtliche Überprüfung und Bewertung (EBA/GL/2014/13) Rechnung tragen, die die EBA gemäß Artikel 107 Absatz 3 der genannten Richtlinie veröffentlicht hat, indem sie alle erforderlichen Anstrengungen unternimmt, um diese Leitlinien im Einklang mit Artikel 16 Absatz 3 der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 einzuhalten.

(8)

Abwicklungspläne können Mechanismen für den Verlustausgleich und die Rekapitalisierung innerhalb von Gruppenstrukturen vorsehen, unter anderem durch Kapitalinstrumente oder berücksichtigungsfähige Verbindlichkeiten, die von Instituten oder Unternehmen innerhalb derselben Gruppe emittiert werden. Die Abwicklungsbehörden sollten derartige Mechanismen bei der Festlegung der MREL beachten, sofern diese für die vom Institut oder der Gruppe bevorzugte Abwicklungsstrategie wesentlich sind.

(9)

Um sicherzustellen, dass die Abwicklungsfähigkeit nicht von der Gewährung einer finanziellen Unterstützung aus öffentlichen Mitteln abhängig ist und das europäische System der Abwicklungsfinanzierungsmechanismen seinen Zweck erfüllt und dazu beiträgt, die Finanzstabilität zu gewährleisten, sollten die Abwicklungsbehörden bei der Festlegung der MREL die in Artikel 101 Absatz 2 der Richtlinie 2014/59/EU genannten Bedingungen für die Anwendung der Abwicklungsfinanzierungsmechanismen berücksichtigen, die indirekt dazu führt, dass Teile der Verluste eines Instituts oder eines Unternehmens auf den Abwicklungsfinanzierungsmechanismus abgewälzt werden.

(10)

Im Einklang mit Artikel 45 Absatz 6 Buchstabe f der Richtlinie 2014/59/EU sollten die Abwicklungsbehörden auch den möglichen negativen Auswirkungen Rechnung tragen, die der Ausfall eines Instituts auf die Finanzstabilität hätte. Die Abwicklungsbehörden sollten insbesondere darauf achten, dass die wirksame Abwicklung eines systemisch wichtigen Instituts nicht dadurch verhindert wird, dass der wirksame Beitrag zum Verlustausgleich und zur Rekapitalisierung gemäß Artikel 44 der Richtlinie 2014/59/EU ausgeschöpft ist. Dies sollte jedoch nicht dazu führen, dass die notwendige Gewährleistung ausreichender Kapazitäten für den Verlustausgleich und die Rekapitalisierung durch die Herabschreibung und Umwandlung berücksichtigungsfähiger Verbindlichkeiten geschmälert oder ersetzt wird, und bedeutet auch nicht, dass der Abwicklungsfinanzierungsmechanismus für diese Zwecke auf eine Weise, die nicht im Einklang mit den Grundsätzen für die Nutzung des Abwicklungsfinanzierungsmechanismus gemäß Artikel 44 der Richtlinie 2014/59/EU steht, angewandt werden sollte, da der Mechanismus ausschließlich in dem unbedingt erforderlichen Maß einzusetzen ist.

(11)

Im Einklang mit Artikel 45 Absatz 6 Buchstabe e der Richtlinie 2014/59/EU sollten die Abwicklungsbehörden prüfen, in welchem Umfang das Einlagensicherungssystem zu den Abwicklungskosten beitragen könnte, indem sie den Betrag schätzen, den das Einlagensicherungssystem durchführbar und glaubwürdig anstelle gedeckter Einlagen — würden diese in den Anwendungsbereich des Bail-in fallen — leisten könnte. Bei dieser Prüfung sollten die Abwicklungsbehörden sicherstellen, dass sie und das Institut alle angemessenen und notwendigen Maßnahmen, die mit dem Refinanzierungsmodell des Instituts vereinbar sind, ergriffen haben, um die Forderung nach einem Beitrag des Einlagensicherungssystems so gering wie möglich zu halten. Sollte sich aus dieser Prüfung ergeben, dass ein solcher Beitrag wahrscheinlich geleistet werden muss, können die Abwicklungsbehörden entscheiden, eine niedrigere MREL festzulegen. Ein solcher angenommener Beitrag sollte die in der Richtlinie 2014/59/EU diesbezüglich festgelegten Grenzen nicht überschreiten und dürfte daher am relevantesten für Institute sein, die sich hauptsächlich über gedeckte Einlagen refinanzieren.

(12)

Um Instituten oder Unternehmen, auf die Abwicklungsinstrumente angewandt wurden, ausreichend Zeit für die Erfüllung der MREL zu gewähren, empfiehlt es sich, eine Übergangszeit vorzusehen.

(13)

Diese Verordnung stützt sich auf den Entwurf technischer Regulierungsstandards, der der Kommission von der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde vorgelegt wurde.

(14)

Die Europäische Bankenaufsichtsbehörde hat zu dem Entwurf technischer Regulierungsstandards, auf den sich diese Verordnung stützt, offene öffentliche Konsultationen durchgeführt, die damit verbundenen potenziellen Kosten- und Nutzeneffekte analysiert und die Stellungnahme der nach Artikel 37 der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 eingesetzten Interessengruppe Bankensektor eingeholt —

HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:


(1)  ABl. L 173 vom 12.6.2014, S. 190.

(2)  Richtlinie 2013/36/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über den Zugang zur Tätigkeit von Kreditinstituten und die Beaufsichtigung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen, zur Änderung der Richtlinie 2002/87/EG und zur Aufhebung der Richtlinien 2006/48/EG und 2006/49/EG (ABl. L 176 vom 27.6.2013, S. 338).

(3)  Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 zur Errichtung einer Europäischen Aufsichtsbehörde (Europäische Bankenaufsichtsbehörde), zur Änderung des Beschlusses Nr. 716/2009/EG und zur Aufhebung des Beschlusses 2009/78/EG der Kommission (ABl. L 331 vom 15.12.2010, S. 12).