DELEGIERTE VERORDNUNG (EU) 2022/1011 DER KOMMISSION
vom 10. März 2022
zur Ergänzung der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates im Hinblick auf technische Regulierungsstandards zur Festlegung, wie die indirekten Risikopositionen gegenüber einem Kunden aus Derivatkontrakten und aus Kreditderivatkontrakten zu ermitteln sind, wenn der Kontrakt nicht direkt mit dem Kunden abgeschlossen wurde, jedoch der zugrunde liegende Schuldtitel oder das zugrunde liegende Eigenkapitalinstrument von diesem Kunden begeben wurde
(Text von Bedeutung für den EWR)
DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —
gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,
gestützt auf die Verordnung (EU) Nr. 575/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über Aufsichtsanforderungen an Kreditinstitute und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 (1), insbesondere auf Artikel 390 Absatz 9 Unterabsatz 3,
in Erwägung nachstehender Gründe:
(1) |
Die Methode, nach der der Wert indirekter Risikopositionen gegenüber einem Kunden aus Derivat- und Kreditderivatkontrakten für die Zwecke von Großkrediten bestimmt wird, sollte sich von der Methode zur Berechnung des Risikopositionswerts unterscheiden, die für risikobasierte Eigenkapitalanforderungen gemäß der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 verwendet wird, da ein Ausfall des zugrunde liegenden Instruments zu einem Gewinn statt zu einem Verlust führen könnte. Der Wert der indirekten Risikoposition sollte sich daher nach dem Verlust (d. h. positiver Risikopositionswert) oder dem Gewinn (d. h. negativer Risikopositionswert) richten, der sich aus einem potenziellen Ausfall des zugrunde liegenden Instruments ergeben würde. Nach den in Teil 4 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 festgelegten Regelungen für Großkredite dürfen Institute für Risikopositionen im Handelsbuch positive und negative Positionen in denselben Finanzinstrumenten oder unter bestimmten Bedingungen in verschiedenen Finanzinstrumenten, die von einem bestimmten Kunden begeben wurden, gegeneinander aufrechnen. Die Nettogesamtrisikoposition gegenüber einem Einzelkunden wird nur dann berücksichtigt, wenn sie positiv ist. Ebenso sollte die Nettogesamtrisikoposition gegenüber einem bestimmten Kunden nach Einbeziehung der indirekten Risikopositionen gegenüber diesem Kunden aus Derivat- oder Kreditderivatkontrakten, die dem Handelsbuch zugeordnet sind, nur dann berücksichtigt werden, wenn sie positiv ist. Um zu vermeiden, dass indirekte Risikopositionen aus Derivat- oder Kreditderivatkontrakten, die dem Anlagebuch zugeordnet sind, gegeneinander aufgerechnet werden, sollte jeder negative Wert einer indirekten Risikoposition, der sich aus diesen Positionen ergibt, auf null gesetzt werden. |
(2) |
Damit sichergestellt ist, dass das Ausfallrisiko angemessen erfasst wird, sollte der Wert indirekter Risikopositionen von Optionen — unabhängig davon, ob sie dem Handelsbuch oder dem Anlagebuch zugeordnet sind, — daher von den Preisänderungen der Optionen abhängen, die sich aus einem Ausfall des jeweiligen Basisinstruments ergeben würden, z. B. Marktwert der Option für Kaufoptionen und Marktwert der Option abzüglich ihres Ausübungspreises für Verkaufsoptionen. |
(3) |
Der Zweck von Kreditderivaten besteht darin, das Kreditrisiko in Bezug auf Kreditnehmer zu übertragen, ohne dass die Vermögenswerte selbst übertragen werden. Bei der Bestimmung des Werts der indirekten Risikoposition hinsichtlich des Basisinstruments sollten die Rolle, die Institute als Sicherungsgeber oder Sicherungsnehmer spielen, und die Art des Kreditderivatkontrakts, den sie abschließen, berücksichtigt werden. Die indirekte Risikoposition sollte daher dem Marktwert des Kreditderivatkontrakts entsprechen, der um den Betrag angepasst werden sollte, der bei Ausfall des Emittenten des zugrunde liegenden Schuldtitels fällig oder voraussichtlich von der Gegenpartei empfangen wird. |
(4) |
Bei anderen Arten von Derivatkontrakten, die aus einer Kombination von Kauf- und Verkaufspositionen bestehen, sollten die Institute diese Derivatkontrakte in einzelne Transaktionskomponenten aufgliedern, um sicherzustellen, dass das genaue Ausfallrisiko erfasst wird. Für die Berechnung des Werts der indirekten Risikoposition aus diesen Derivatkontrakten sollten lediglich diejenigen mit einem Ausfallrisiko behafteten Komponenten relevant sein, bei denen für die Institute im Falle eines Ausfalls ein Verlustrisiko besteht. Sind die Institute jedoch nicht in der Lage, diese Methode anzuwenden, sollte es ihnen gestattet sein, den Wert der indirekten Risikoposition der zugrunde liegenden Instrumente als den maximalen Verlust festzulegen, der ihnen infolge des Ausfalls des Emittenten des Basiswerts, auf den sich das Derivat bezieht, entstehen könnte. Dadurch wäre eine konservative Behandlung sichergestellt. |
(5) |
Derivatkontrakte können von Instrumenten mit multiplen Basiswert-Referenzadressen abgeleitet werden. Bei solchen Derivaten mit multiplen Basiswerten, bei denen ein Institut den Durchschauansatz auf die Basiswert-Referenzadressen anwenden kann, und um sicherzustellen, dass die genaueste Methode verwendet wird, sollte der Wert der indirekten Risikoposition unter Berücksichtigung der Preisänderung des Derivats im Falle eines Ausfalls jeder einzelnen Referenzadresse des Instruments mit multiplen Basiswerten berechnet werden. Um die Kohärenz mit der Rahmenregelung für Großkredite zu gewährleisten, die für Geschäfte gilt, bei denen eine Risikoposition gegenüber zugrunde liegenden Vermögenswerten besteht, sollte Artikel 6 Absätze 1 und 2 der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 1187/2014 der Kommission (2) Anwendung finden, um die Risikopositionen dem ermittelten Kunden, einem separaten Kunden oder dem unbekannten Kunden zuzuordnen. In Fällen, in denen Institute nicht in der Lage sind, einen Durchschauansatz anzuwenden, oder wenn ein Durchschauansatz für ein Derivat mit multiplen Referenzadressen mit ungebührlich hohem Aufwand für sie verbunden wäre, und um eine konservative Behandlung zu gewährleisten, sollten die Institute den Wert der indirekten Risikoposition berechnen, indem sie die Preisänderung des Derivats im Falle eines Ausfalls all dieser Basiswert-Referenzadressen berücksichtigen. Um die Kohärenz mit der Rahmenregelung für Großkredite zu gewährleisten, die für Geschäfte gilt, bei denen eine Risikoposition gegenüber zugrunde liegenden Vermögenswerten besteht, sollte entsprechend Artikel 6 Absatz 3 der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 1187/2014 Anwendung finden, um die Risikoposition einem separaten Kunden oder dem unbekannten Kunden zuzuordnen. In sämtlichen Fällen, in denen die zugrunde liegenden Instrumente dem unbekannten Kunden zugeordnet werden, sollten die Institute etwaige negative Werte indirekter Risikopositionen auf null setzen, um das Risiko zu vermeiden, dass negative Werte indirekter Risikopositionen mit positiven Werten indirekter Risikopositionen aufgerechnet werden. |
(6) |
Die vorliegende Verordnung beruht auf dem Entwurf technischer Regulierungsstandards, der der Kommission von der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde übermittelt wurde. |
(7) |
Die Europäische Bankenaufsichtsbehörde hat zu diesem Entwurf öffentliche Konsultationen durchgeführt, die damit verbundenen potenziellen Kosten- und Nutzeneffekte analysiert und die Stellungnahme der nach Artikel 37 der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 des Europäischen Parlament und des Rates (3) eingesetzten Interessengruppe Bankensektor eingeholt — |
HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:
(1) ABl. L 176 vom 27.6.2013, S. 1.
(2) Delegierte Verordnung (EU) Nr. 1187/2014 der Kommission vom 2. Oktober 2014 zur Ergänzung der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates durch technische Regulierungsstandards zur Bestimmung der Gesamtrisikoposition gegenüber einem Kunden oder einer Gruppe verbundener Kunden bei Geschäften mit zugrunde liegenden Vermögenswerten (ABl. L 324 vom 7.11.2014, S. 1).
(3) Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 zur Errichtung einer Europäischen Aufsichtsbehörde (Europäische Bankenaufsichtsbehörde), zur Änderung des Beschlusses Nr. 716/2009/EG und zur Aufhebung des Beschlusses 2009/78/EG der Kommission (ABl. L 331 vom 15.12.2010, S. 12).