Aktualisiert 22/10/2024
In Kraft

Fassung vom: 09/01/2024
Änderungen (1)
Suche im Rechtsakt

Artikel 4 - Anforderungen mit Blick auf die Unternehmensführung und Interessenkonflikte

Artikel 4

Anforderungen mit Blick auf die Unternehmensführung und Interessenkonflikte

(1)  
Ein Administrator muss über solide Regelungen für die Unternehmensführung verfügen, die eine klare Organisationsstruktur mit genau abgegrenzten, transparenten und kohärenten Aufgaben und Verantwortungsbereichen für alle an der Bereitstellung eines Referenzwerts Beteiligten vorsehen.

Der Administrator unternimmt angemessene Schritte, um Interessenkonflikte zwischen ihm selbst, einschließlich seiner Führungskräfte, Mitarbeiter und anderer Personen, die direkt oder indirekt mit ihm durch Kontrolle verbunden sind, und den Kontributoren oder Nutzern zu erkennen und zu vermeiden oder zu regeln, und sorgt dafür, dass eine etwaige im Prozess der Bestimmung des Referenzwerts erforderlich werdende Ausübung von Beurteilungs- oder Ermessensspielräumen unabhängig und redlich erfolgt.

(2)  
Die Bereitstellung eines Referenzwerts erfolgt organisatorisch getrennt von jeglichem Geschäftsbereich eines Administrators, der Anlass zu einem tatsächlichen oder potenziellen Interessenkonflikt geben könnte.
(3)  
Wenn es beim Administrator aufgrund von dessen Eigentümerstruktur, aufgrund der Mehrheitsbeteiligungen oder anderer Tätigkeiten, die von einem Unternehmen durchgeführt werden, das Eigentümer des Administrators ist oder diesen kontrolliert oder das im Eigentum oder unter der Kontrolle des Administrators oder eines verbundenen Unternehmens des Administrators steht, zu einem Interessenkonflikt kommt, der nicht angemessen geregelt werden kann, kann die jeweils zuständige Behörde verlangen, dass der Administrator eine unabhängige Aufsichtsfunktion einrichtet, die eine ausgewogene Vertretung von Interessenträgern, einschließlich Nutzern und Kontributoren, umfasst.
(4)  
Ist eine angemessene Regelung eines derartigen Interessenkonflikts nicht möglich, kann die jeweils zuständige Behörde verlangen, dass der Administrator entweder die Tätigkeiten oder Beziehungen, die den Interessenkonflikt bewirken, beendet oder die Bereitstellung des Referenzwerts einstellt.
(5)  
Ein Administrator veröffentlicht alle bestehenden oder potenziellen Interessenkonflikte oder legt sie Referenzwert-Nutzern, der jeweils zuständigen Behörde sowie bei Bedarf den Kontributoren offen, einschließlich Interessenkonflikten aufgrund der Eigentums- oder Kontrollverhältnisse beim Administrator.
(6)  

Ein Administrator legt geeignete Strategien und Verfahren sowie wirksame organisatorische Regelungen für die Ermittlung, Offenlegung, Verhinderung, Regelung, und Minderung von Interessenkonflikten fest und wendet sie an, um die Integrität und Unabhängigkeit der Bestimmung des Referenzwerts zu schützen. Diese Strategien und Verfahren sind regelmäßig zu überprüfen und zu aktualisieren. Die Strategien und Verfahren müssen Interessenkonflikte angehen und ihnen Rechnung tragen, dem Ermessensspielraum beim Prozess der Bestimmung des Referenzwerts und den Risiken im Zusammenhang mit dem Referenzwert Rechnung tragen und

a) 

die Vertraulichkeit der dem Administrator zur Verfügung gestellten oder von ihm erzeugten Informationen unter Berücksichtigung der Offenlegungs- und Transparenzpflichten aufgrund dieser Verordnung sicherstellen und

b) 

insbesondere Interessenkonflikte aufgrund der Eigentums- oder Kontrollverhältnisse beim Administrator oder infolge anderer Interessen an seiner Gruppe oder infolge der möglichen Einflussnahme oder Kontrolle anderer Personen auf bzw. über den Administrator in Bezug auf die Bestimmung von Referenzwerten mindern.

(7)  

Der Administrator sorgt dafür, dass Mitarbeiter und andere natürliche Personen, deren Leistungen von ihm in Anspruch genommen werden können oder von ihm kontrolliert werden und die direkt an der Bereitstellung eines Referenzwerts beteiligt sind,

a) 

über die zur Wahrnehmung der ihnen zugewiesenen Aufgaben erforderlichen Kompetenzen, Kenntnisse und Erfahrungen verfügen und einem wirksamen Management und einer wirksamen Beaufsichtigung unterliegen,

b) 

keiner ungebührlichen Einflussnahme und keinen Interessenkonflikten unterliegen und sich nicht aufgrund der Vergütung und Bewertung der Leistung dieser Personen in einem Interessenkonflikt oder einer anderen Situation befinden, die sich auf die Integrität des Prozesses der Bestimmung des Referenzwerts auswirkt,

c) 

keine Interessen oder Geschäftsbeziehungen haben, durch die die Tätigkeiten des betreffenden Administrators gefährdet werden,

d) 

nicht die Erlaubnis besitzen, durch Gebote, Offerten und Handel auf eigene Rechnung oder im Namen von Marktteilnehmern einen Beitrag zur Bestimmung des Referenzwerts zu leisten, es sei denn, eine solche Art des Beitrags ist als Teil der Referenzwert-Methodik ausdrücklich erforderlich und unterliegt speziellen darin festgelegten Vorschriften, und

e) 

wirksamen Kontrollverfahren unterliegen hinsichtlich des Austauschs von Informationen mit anderen Mitarbeitern, wenn aufgrund von deren Tätigkeiten das Risiko von Interessenkonflikten besteht, oder mit Dritten, wenn diese Informationen sich auf den Referenzwert auswirken können.

(8)  
Ein Administrator legt zur Sicherstellung der Integrität und Zuverlässigkeit der Mitarbeiter oder Personen, die den Referenzwert bestimmen, spezifische Verfahren der internen Kontrolle fest und verlangt vor Verbreitung des Referenzwerts zumindest eine interne Abzeichnung durch die Geschäftsleitung.
(9)  
Die ESMA erarbeitet Entwürfe technischer Regulierungsstandards zur Festlegung von Anforderungen, die gewährleisten, dass die in Absatz 1 genannten Regelungen für die Unternehmensführung ausreichend robust sind.

Die ESMA übermittelt der Kommission diese Entwürfe technischer Regulierungsstandards bis zum 1. Oktober 2020.

Der Kommission wird die Befugnis übertragen, die vorliegende Verordnung durch Erlass der technischen Regulierungsstandards nach Unterabsatz 1 gemäß den Artikeln 10 bis 14 der Verordnung (EU) Nr. 1095/2010 zu ergänzen.