Aktualisiert 21/12/2024
In Kraft

Fassung vom: 09/07/2024
Änderungen (6)
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Artikel 105 - Anforderungen für eine vorsichtige Bewertung

Artikel 105

Anforderungen für eine vorsichtige Bewertung

(1)  
Alle zeitwertbilanzierten Handelsbuchpositionen und Anlagebuchpositionen unterliegen den in diesem Artikel festgelegten Standards für eine vorsichtige Bewertung. Die Institute stellen insbesondere sicher, dass mit der vorsichtigen Bewertung ihrer Handelsbuchpositionen ein angemessener Grad an Sicherheit erzielt wird, der dem dynamischen Charakter der zeitwertbilanzierten Handelsbuchpositionen und Anlagebuchpositionen, den Anforderungen der aufsichtlichen Solidität sowie der Funktionsweise und dem Zweck der Eigenmittelanforderungen im Hinblick auf die zeitwertbilanzierten Handelsbuchpositionen und Anlagebuchpositionen Rechnung trägt.
(2)  

Die Institute führen angemessene Systeme und Kontrollen ein und erhalten diese aufrecht, um vorsichtige und zuverlässige Schätzwerte zu liefern. Diese Systeme und Kontrollen beinhalten zumindest die folgenden Elemente:

a) 

schriftlich niedergelegte Regeln und Verfahren für den Bewertungsprozess, einschließlich klar definierter Zuständigkeiten für die verschiedenen an der Bewertung beteiligten Bereiche, der Quellen für die Marktinformationen und die Überprüfung von deren Eignung, von Leitlinien für die Verwendung von nicht beobachtbaren Parametern, die die Annahmen des Instituts über die von den Marktteilnehmern für die Preisbildung verwendeten Größen widerspiegeln, der Häufigkeit der unabhängigen Bewertung, des Zeitpunkts für die Erhebung der Tagesschlusspreise, des Vorgehens bei Bewertungsanpassungen sowie Monatsend- und Ad-hoc-Verifikationsverfahren,

b) 

Berichtswege für die Bewertungsabteilung, die klar und unabhängig von denen der Handelsabteilung sind und in letzter Instanz beim Leitungsorgan enden.

(3)  
Die Institute bewerten die zeitwertbilanzierten Handelsbuchpositionen mindestens einmal täglich neu. Wertänderungen dieser Positionen werden in der Gewinn- und Verlustrechnung des Instituts ausgewiesen.
(4)  
Die Institute bewerten ihre zeitwertbilanzierten Handelsbuchpositionen und Anlagebuchpositionen wann immer möglich zu Marktpreisen, auch bei der Anwendung der einschlägigen Eigenmittelvorschriften auf diese Positionen.
(5)  
Bei der Bewertung zu Marktpreisen verwendet das Institut die vorsichtigere Seite der Geld- und Briefkurse, es sei denn, das Institut kann zu Mittelkursen („mid market“) glattstellen. Machen Institute von dieser Ausnahme Gebrauch, melden sie ihren zuständigen Behörden alle sechs Monate die betroffenen Positionen und weisen nach, dass sie zu Mittelkursen glattstellen können.
(6)  
Wenn eine Bewertung zu Marktpreisen nicht möglich ist, nehmen die Institute eine vorsichtige Bewertung ihrer Positionen und Portfolios zu Modellpreisen vor, auch bei der Berechnung der Eigenmittelanforderungen für Positionen im Handelsbuch und für zeitwertbilanzierte Anlagebuchpositionen.
(7)  

Die Institute erfüllen bei der Bewertung zu Modellpreisen die folgenden Anforderungen:

a) 

Der Geschäftsleitung ist bekannt, welche Elemente des Handelsbuchs oder andere zum Zeitwert bewertete Positionen zu Modellpreisen bewertet werden, und ihm ist die Bedeutung des Unsicherheitsfaktors bewusst, der dadurch in die Berichterstattung über die Risiken/Erfolgsbeiträge des Geschäftsfelds einfließt;

b) 

die Institute beziehen die Marktdaten, soweit möglich, im Einklang mit den Marktpreisen und überprüfen häufig die Eignung der Marktdaten für die Bewertung der Position sowie die Parameter des Modells;

c) 

soweit verfügbar, verwenden die Institute für bestimmte Finanzinstrumente oder Waren der marktüblichen Praxis entsprechende Bewertungsmethoden;

d) 

wenn das Modell vom Institut selbst entwickelt wurde, basiert es auf geeigneten Annahmen, die von angemessen qualifizierten Dritten, die nicht in den Entwicklungsprozess eingebunden waren, beurteilt und kritisch geprüft worden sind;

e) 

die Institute verfügen über formale Verfahren für die Kontrolle von Änderungen, bewahren eine Sicherheitskopie des Modells auf und verwenden diese regelmäßig, um die Bewertungen zu prüfen,

f) 

das Risikomanagement kennt die Schwächen des verwendeten Modells und weiß, wie diese am besten in den Bewertungsergebnissen zu berücksichtigen sind und

g) 

die Modelle der Institute werden regelmäßig überprüft, um die Genauigkeit ihrer Ergebnisse festzustellen, einschließlich einer Beurteilung, ob die Annahmen weiterhin angemessen sind, einer Analyse der Gewinne und Verluste gegenüber den Risikofaktoren und einem Vergleich der tatsächlichen Glattstellungspreise mit den Modellergebnissen.

Für die Zwecke von Unterabsatz 1 Buchstabe d wird das Modell unabhängig von den Handelstischen entwickelt bzw. abgenommen und einer unabhängigen Prüfung unterzogen, einschließlich einer Bewertung der mathematischen Grundlagen, der Annahmen und der Softwareimplementierung.

(8)  
Die Institute nehmen eine unabhängige Preisüberprüfung vor, zusätzlich zur täglichen Marktbewertung oder Modellbewertung. Die Überprüfung der Marktpreise und Modellparameter wird von einer Person bzw. Einheit, die unabhängig von den Personen bzw. Einheiten ist, denen das Handelsbuch zugute kommt, mindestens einmal pro Monat durchgeführt (oder häufiger, je nach Art des Markt- oder Handelsgeschäfts). Falls keine unabhängigen Quellen für die Preisbildung verfügbar sind oder diese eher subjektiv sind, sind unter Umständen vorsichtige Schätzungen wie Bewertungsanpassungen angemessen.
(9)  
Die Institute führen Verfahren für die Berücksichtigung von Bewertungsanpassungen ein und erhalten diese aufrecht.
(10)  
Die Institute berücksichtigen ausdrücklich die folgenden Bewertungsanpassungen: noch nicht eingenommene Kreditrisikoprämien (Kreditspreads), Glattstellungskosten, operationelle Risiken, Marktpreisunsicherheit, vorzeitige Vertragsbeendigung, Geldanlage- und Finanzierungskosten sowie künftige Verwaltungskosten und gegebenenfalls Modellrisiken.
(11)  

Die Institute führen Verfahren für die Berechnung einer Anpassung der aktuellen Bewertung von weniger liquiden Positionen ein und erhalten diese aufrecht, wobei diese weniger liquiden Positionen insbesondere von Marktereignissen oder institutsbedingten Situationen herrühren können, wie konzentrierten Positionen und/oder Positionen, deren ursprünglich beabsichtigte Haltedauer überschritten wurde. Die Institute nehmen solche Anpassungen gegebenenfalls zusätzlich zu den für Rechnungslegungszwecke erforderlichen Wertberichtigungen der Position vor und gestalten diese so, dass sie die Illiquidität der Position widerspiegeln. Bei diesem Verfahren ziehen die Institute verschiedene Faktoren in Betracht, wenn sie darüber entscheiden, ob eine Bewertungsanpassung für weniger liquide Positionen notwendig ist. Diese Faktoren enthalten

a) 

die zusätzliche Zeit, die notwendig wäre, um die Position oder die Positionsrisiken über die Liquiditätshorizonte hinaus abzusichern, die den Risikofaktoren der Position gemäß Artikel 325bd zugewiesen worden sind,

b) 

die Volatilität und den Durchschnitt von Geld-/Briefspannen,

c) 

die Verfügbarkeit von Marktnotierungen (Anzahl und Identität der Marktpfleger) und die Volatilität und den Durchschnitt der Handelsvolumina, einschließlich in Stressphasen an den Märkten,

d) 

Marktkonzentrationen,

e) 

die Alterung von Positionen,

f) 

das Ausmaß, in dem die Bewertung auf einer Bewertung zu Modellpreisen beruht,

g) 

die Auswirkungen anderer Modellrisiken.

(12)  
Beim Rückgriff auf die Bewertungen Dritter bzw. auf Bewertungen zu Modellpreisen prüfen die Institute die Notwendigkeit einer Bewertungsanpassung. Zudem wägen die Institute ab, ob Anpassungen für weniger liquide Positionen vorzunehmen und überprüfen regelmäßig deren Zweckmäßigkeit. Die Institute prüfen ferner ausdrücklich, ob im Zusammenhang mit der Unsicherheit der in den Modellen verwendeten Parameter Bewertungsanpassungen erforderlich sind.
(13)  
Die Institute prüfen bei komplexen Produkten, einschließlich Verbriefungspositionen und n-ter-Ausfall-Kreditderivaten ausdrücklich, ob Bewertungsanpassungen erforderlich sind, um dem Modellrisiko, das mit der Verwendung einer möglicherweise falschen Bewertungsmethodik verknüpft ist, und dem Modellrisiko, das mit der Verwendung von nicht beobachtbaren (und möglicherweise falschen) Kalibrierungsparametern im Bewertungsmodell verknüpft ist, Rechnung zu tragen.
(14)  
Die EBA arbeitet Entwürfe technischer Regulierungsstandards zur Klärung der Modalitäten für die Anwendung der Anforderungen nach Artikel 105 für die Zwecke von Absatz 1 aus.

Die EBA übermittelt der Kommission diese Entwürfe technischer Regulierungsstandards bis zum 28. Juli 2013.

Der Kommission wird die Befugnis übertragen, die technischen Regulierungsstandards nach Unterabsatz 1 gemäß den Artikeln 10 bis 14 der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 zu erlassen.