Aktualisiert 18/09/2024
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Ursprungsrechtsakt
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Erwägungsgründe

DELEGIERTE VERORDNUNG (EU) 2023/1668 DER KOMMISSION

vom 25. Mai 2023

zur Ergänzung der Richtlinie (EU) 2019/2034 des Europäischen Parlaments und des Rates durch technische Regulierungsstandards zur Präzisierung der Messung von Risiken oder Risikokomponenten, die durch die in den Teilen 3 und 4 der Verordnung (EU) 2019/2033 des Europäischen Parlaments und des Rates festgelegten Eigenmittelanforderungen nicht oder nicht ausreichend abgedeckt sind, und der qualitativen Richtwerte für die Höhe der zusätzlichen Eigenmittel

(Text von Bedeutung für den EWR)

DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Richtlinie (EU) 2019/2034 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. November 2019 über die Beaufsichtigung von Wertpapierfirmen und zur Änderung der Richtlinien 2002/87/EG, 2009/65/EG, 2011/61/EU, 2013/36/EU, 2014/59/EU und 2014/65/EU (1), insbesondere auf Artikel 40 Absatz 6 Unterabsatz 4,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Um eine unionsweit harmonisierte Anwendung der zusätzlichen Eigenmittelanforderungen zu gewährleisten, sollte für die Messung der Risiken und Risikokomponenten eine einheitliche Vorgehensweise festgelegt werden, um die Höhe des Kapitals zu bestimmen, das angemessen wäre, um alle wesentlichen Risiken, denen Wertpapierfirmen ausgesetzt sein könnten, abzudecken. Die zuständigen Behörden sollten daher sicherstellen, dass Wertpapierfirmen über angemessene zusätzliche Eigenmittel verfügen, um jede Risikokategorie (Kundenrisiko, Firmenrisiko und Marktrisiko) sowie alle sonstigen wesentlichen Risiken abzudecken.

(2)

Damit die zuständigen Behörden das Risikoprofil von Wertpapierfirmen angemessen überwachen und wesentliche Risiken ermitteln, bewerten und quantifizieren können, sollte eine detaillierte und umfassende Methodik festgelegt werden, die der Art, dem Umfang und der Komplexität der Tätigkeiten der Wertpapierfirma angemessen ist und alle verfügbaren Informationsquellen, einschließlich der für die Zwecke des Artikels 36 der Richtlinie (EU) 2019/2034 gesammelten Informationen einbezieht.

(3)

Eine zusätzliche Eigenmittelanforderung ist dann als ausreichend anzusehen, wenn sie die Wahrscheinlichkeit eines Ausfalls der Wertpapierfirma verringert und das Risiko einer ungeordneten Abwicklung begrenzt, die für die Kunden der Wertpapierfirma und den Markt als Ganzes, auch für andere Finanzinstitute, Marktinfrastrukturen oder den Markt insgesamt eine Bedrohung darstellen würden. Aufgrund der doppelten Zielsetzung dieser zusätzlichen Eigenmittelanforderung und entsprechend der in den Teilen 3 und 4 der Verordnung (EU) 2019/2033 des Europäischen Parlaments und des Rates (2) festgelegten Struktur der Eigenmittelanforderungen sollten die zuständigen Behörden die mit den laufenden Tätigkeiten von Wertpapierfirmen verbundenen Risiken und das Risiko einer ungeordneten Abwicklung separat betrachten.

(4)

Um sicherzustellen, dass alle Risiken oder Risikokomponenten, denen eine Wertpapierfirma ausgesetzt ist oder die sie für andere mit sich bringt, gebührend abgedeckt sind, und um zu gewährleisten, dass sie im Falle einer geordneten Abwicklung die dabei anfallenden zusätzlichen betrieblichen Ausgaben schultern kann, sollte die Wertpapierfirma über ausreichende Eigenmittel verfügen, die dem Geschäftsmodell, dem Umfang und der Komplexität ihrer Tätigkeiten Rechnung tragen. Um die Angemessenheit solcher Eigenmittel auch unter besonderen wirtschaftlichen Umständen zu gewährleisten, sollten die zuständigen Behörden bei dem nach Artikel 36 der Richtlinie (EU) 2019/2034 durchgeführten aufsichtlichen Überprüfungs- und Bewertungsverfahren verschiedene plausible wirtschaftliche Szenarien zugrunde legen. So dürfen während des Abwicklungsprozesses insbesondere die Betriebskontinuität, der Anlegerschutz und die Marktintegrität nicht gefährdet werden. Zu diesem Zweck sollte die Wertpapierfirma auch während dieses Verfahrens Kosten und Verluste, denen keine ausreichenden Gewinne gegenüberstehen, absorbieren können. Bei der Festlegung der zusätzlichen Eigenmittelanforderung sollten die zuständigen Behörden berücksichtigen, dass die Dauer des Abwicklungsprozesses je nach Umständen im Einzelfall sehr unterschiedlich sein könnte. Auch wegen der möglichen unterschiedlichen Rechtsformen von Wertpapierfirmen sollten die zuständigen Behörden dem geltenden nationalen Insolvenz-, Gesellschafts- und Handelsrecht, das sich auf die Länge der Abwicklungsprozesse auswirken könnte, sowie den zugehörigen Kosten und Risiken Rechnung tragen.

(5)

Um bei der Festlegung der zusätzlichen Eigenmittelanforderung Verhältnismäßigkeit zu gewährleisten, sollten Risiken und Risikokomponenten, die durch die in Artikel 15 der Verordnung (EU) 2019/2033 genannte K-Faktor-Anforderung nicht oder nicht ausreichend abgedeckt sind, nur für Wertpapierfirmen gemessen werden, die der in diesem Artikel genannten K-Faktor-Anforderung unterliegen, nicht aber für kleine und nicht verflochtene Firmen, die die in Artikel 12 Absatz 1 der genannten Verordnung festgelegten Bedingungen erfüllen. Für Wertpapierfirmen bestehen darüber hinaus noch andere Risiken, die durch die in den Teilen 3 und 4 der Verordnung (EU) 2019/2033 festgelegten Eigenmittelanforderungen in keiner Weise abgedeckt sind, wozu auch die von diesen Eigenmittelanforderungen ausdrücklich ausgenommenen Risiken zählen. Aus diesem Grund sollte präzisiert werden, dass die zuständigen Behörden diese Risiken nach Maßgabe der Größe und des Geschäftsmodells der Wertpapierfirma sowie des Umfangs, der Art und der Komplexität ihrer Tätigkeiten bewerten und messen.

(6)

Um eine korrekte Messung und Abdeckung aller Risiken sicherzustellen, die in den Teilen 3 und 4 der Verordnung (EU) 2019/2033 genannt, aber durch diese Anforderungen nicht vollständig oder nicht angemessen abgedeckt sind, sollten solche Risiken für jede Risikokategorie (Kundenrisiko, Marktrisiko und Firmenrisiko) einzeln gemessen werden. Aus demselben Grund sollten die in den Teilen 3 und 4 der genannten Verordnung nicht abgedeckten Risiken, einschließlich der von diesen Anforderungen ausdrücklich ausgenommenen Risiken, auf Einzelrisikobasis gemessen werden. In Fällen, in denen die Messung pro Risikokategorie oder auf Einzelrisikobasis für Wertpapierfirmen, deren Anfangskapitalanforderung unter der in Artikel 9 Absatz 1 der Richtlinie (EU) 2019/2034 festgelegten Anforderung liegt, allerdings zu aufwendig oder nicht möglich ist, sollte das Risiko unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit auf aggregierter Ebene gemessen werden.

(7)

Um ein ausgewogenes Verhältnis zwischen aufsichtlichen Erwägungen und einer verhältnismäßigen Anwendung zu gewährleisten, sollte bei Wertpapierfirmen, die der in Artikel 9 Absatz 1 der Richtlinie (EU) 2019/2034 festgelegten Anfangskapitalanforderung unterliegen, von einer Risikomessung auf aggregierter Ebene abgesehen werden. Bei Wertpapierfirmen mit höheren Anfangskapitalanforderungen sollte das Risiko pro Risikokategorie und auf Einzelrisikobasis gemessen werden.

(8)

Um eine kohärente Messung der wesentlichen Risiken zu gewährleisten, die Wertpapierfirmen für andere darstellen oder denen sie selbst ausgesetzt sein könnten, sollten sich die zuständigen Behörden auf einen harmonisierten Satz qualitativer Mindestrichtwerte stützen. Da Risiken sich über den Geschäftszyklus einer Firma hinweg weiterentwickeln, sollten die zuständigen Behörden nicht nur eine statische Bewertung vornehmen, sondern diese Richtwerte auch einer historischen Trendanalyse unterziehen. Um alle relevanten Risiken angemessen abzudecken, sollten für Wertpapierfirmen mit unterschiedlichen Geschäftsmodellen und Tätigkeiten unterschiedliche Richtwerte verwendet werden. Um unter Berücksichtigung des jeweiligen Geschäftsmodells oder der jeweiligen Tätigkeit, der Rechtsform oder der Verfügbarkeit verlässlicher Daten alle relevanten Risiken der Wertpapierfirma angemessen abzudecken, sollten die zuständigen Behörden die Richtwerte unter bestimmten Bedingungen, die insbesondere auf die Besonderheiten des Geschäftsmodells oder der Datenqualität einer Wertpapierfirma zurückzuführen sind, anpassen und diese angepassten Richtwerte verwenden oder, falls dies nicht möglich ist, alternative Richtwerte nutzen, die der Größe, der Komplexität, dem Geschäftsmodell und dem Betriebsmodell der Wertpapierfirma angemessen sind und eine angemessene Risikobewertung gewährleisten würden.

(9)

Die vorliegende Verordnung beruht auf dem Entwurf technischer Regulierungsstandards, der der Kommission von der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde übermittelt wurde.

(10)

Die Europäische Bankenaufsichtsbehörde hat zu diesem Entwurf öffentliche Konsultationen durchgeführt, die damit verbundenen potenziellen Kosten- und Nutzeneffekte analysiert und die Stellungnahme der nach Artikel 10 der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates (3) eingesetzten Interessengruppe Bankensektor eingeholt —

HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:


(1)  ABl. L 314 vom 5.12.2019, S. 64.

(2)  Verordnung (EU) 2019/2033 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. November 2019 über Aufsichtsanforderungen an Wertpapierfirmen und zur Änderung der Verordnungen (EU) Nr. 1093/2010, (EU) Nr. 575/2013, (EU) Nr. 600/2014 und (EU) Nr. 806/2014 (ABl. L 314 vom 5.12.2019, S. 1).

(3)  Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 zur Errichtung einer Europäischen Aufsichtsbehörde (Europäische Bankenaufsichtsbehörde), zur Änderung des Beschlusses Nr. 716/2009/EG und zur Aufhebung des Beschlusses 2009/78/EG der Kommission (ABl. L 331 vom 15.12.2010, S. 12).