Aktualisiert 18/09/2024
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Artikel 6 - Qualitative Richtwerte

Artikel 6

Qualitative Richtwerte

(1)   Für die Zwecke von Artikel 1 Absatz 5 Unterabsatz 2 sind die qualitativen Richtwerte Folgende:

a)

die Zahl der vertraglich gebundenen Vermittler im Vergleich zur Mitarbeiterzahl insgesamt,

b)

die durchschnittliche Dauer einer Abwicklung in dem betreffenden Land unter Berücksichtigung der Komplexität der Geschäfte der Wertpapierfirma,

c)

der Anteil der nicht kündbaren Verträge und deren Restlaufzeit,

d)

die Märkte, an denen die Wertpapierfirma der Hauptdienstleister ist,

e)

der Wert und die Liquidität der Sachanlagen, die die Wertpapierfirma bei einer Abwicklung veräußern müsste,

f)

die durchschnittlichen Abfindungen, die im Falle einer Abwicklung unter Berücksichtigung der arbeitsrechtlichen Vorschriften und der Beschäftigungsverträge zu zahlen wären.

(2)   Für die Zwecke des Artikels 2 sind die qualitativen Richtwerte für die Messung des Kundenrisikos (RtC) Folgende:

a)

die Höhe der in den vorangegangenen fünf Jahren gehaltenen Kundengelder,

b)

die Höhe der in den vorangegangenen fünf Jahren verwalteten Vermögenswerte,

c)

die Höhe der in den vorangegangenen fünf Jahren für Kunden verwahrten und verwalteten Vermögenswerte,

d)

die Höhe der Verluste oder Schäden, die der Wertpapierfirma aufgrund von Verletzung ihrer gesetzlichen oder vertraglichen Pflichten im Laufe der mindestens fünf vorangegangenen Jahre entstanden sind, einschließlich Verlusten, die zurückzuführen sind auf:

i)

eine ungeeignete Anlegerberatung und damit verbundene Entschädigungszahlungen an Anleger,

ii)

das Versäumnis, geeignete Verfahren zur Verhinderung von Pflichtverletzungen einzurichten, umzusetzen und beizubehalten,

iii)

Fehler bei Handel oder Bewertung,

iv)

Betriebsunterbrechungen, Systemausfälle, Ausfälle der Transaktionsabwicklung oder des Prozessmanagements,

v)

eine Handlung der vertraglich gebundenen Vermittler oder benannten Vertreter der Wertpapierfirma, für die die Wertpapierfirma haftet;

e)

insbesondere bei Wertpapierfirmen, die Kundengelder halten, jede Unfähigkeit der Wertpapierfirma, Kundengelder auf Verlangen fristgerecht zurückzuzahlen, und die damit verbundenen finanziellen Konsequenzen in den vergangenen fünf Jahren.

(3)   Für die Zwecke des Artikels 2 sind die qualitativen Richtwerte für die Messung des Marktrisikos (RtM) Folgende:

a)

die Veränderlichkeit der Positionswerte, auch aufgrund sich wandelnder Marktbedingungen,

b)

der Anteil komplexer und illiquider Produkte am Handelsbuch der Wertpapierfirma in Bezug auf Volumen und Nettoertrag,

c)

insbesondere bei Wertpapierfirmen, die interne Modelle verwenden, die Verfügbarkeit regelmäßiger Rückvergleiche der für aufsichtsrechtliche Zwecke verwendeten Modelle.

(4)   Für die Zwecke des Artikels 2 sind die qualitativen Richtwerte für die Messung des Firmenrisikos (RtF) Folgende:

a)

der tägliche Handelsstrom und der durchschnittliche tägliche Handelsstrom in den vorangegangenen fünf Jahren,

b)

jedes bedeutende betriebliche Ereignis im Zusammenhang mit dem täglichen Handelsstrom und damit verbundene finanzielle Verluste in den vorangegangenen fünf Jahren, einschließlich Fehlern bei der Verarbeitung,

c)

die Veränderlichkeit der Erträge und Erlöse der Wertpapierfirma in den vorangegangenen fünf Jahren,

d)

alle etwaigen Verluste, die auf Schwankungen bei Positionen in Finanzinstrumenten, Fremdwährungen und Waren zurückzuführen sind, in den vorangegangenen fünf Jahren,

e)

die Ausfallquote von Kunden oder Gegenparteien und die damit verbundenen Verluste in den vorangegangenen fünf Jahren,

f)

alle etwaigen Verluste aufgrund wesentlicher Änderungen beim Buchwert von Vermögenswerten, die auch auf veränderte Marktbedingungen und eine veränderte Kreditwürdigkeit von Gegenparteien zurückzuführen sein können,

g)

die Höhe und Veränderlichkeit von Zahlungen oder Beiträgen im Rahmen eines Altersversorgungssystems mit Leistungszusagen in den vorangegangenen fünf Jahren,

h)

jede Vermögenswertkonzentration bei der Wertpapierfirma, worunter auch eine Kunden- und Gegenparteien-Konzentration sowie eine Konzentration auf bestimmte Sektoren und geografische Gebiete zählt,

i)

der Anteil außerbilanzieller Risikopositionen an den gesamten Vermögenswerten und das damit verbundene Kreditrisiko.

(5)   Für die Zwecke des Artikels 3 sind die qualitativen Richtwerte Folgende:

a)

jeder Hinweis auf bedeutende finanzielle Risiken, die nicht durch die Eigenmittelanforderungen in Artikel 11 der Verordnung (EU) 2019/2033 abgedeckt sind, insbesondere

i)

die auf operationelle Risiken zurückzuführenden durchschnittlichen Gesamtverluste bei den Bruttoerträgen in den vorangegangenen fünf Jahren,

ii)

jedes bedeutende betriebliche Ereignis und die damit verbundenen finanziellen Verluste in den vorangegangenen fünf Jahren,

iii)

der Anteil der Nettoerträge der Wertpapierfirma aus Dienstleistungen oder Tätigkeiten, die nicht in Anhang I Abschnitt A der Richtlinie 2014/65/EU des Europäischen Parlaments und des Rates (5) aufgeführt sind;

b)

jeder Hinweis auf bedeutende Risiken im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT), insbesondere

i)

die allgemeine Komplexität der IKT-Architektur, einschließlich des Anteils der ausgelagerten IKT-Dienste,

ii)

die Anzahl der wesentlichen Änderungen innerhalb der IKT-Umgebung in den vorangegangenen fünf Jahren,

iii)

jeder Verlust aufgrund von Störungen, die durch Zwischenfälle mit Auswirkungen auf kritische IKT-Dienste zurückzuführen sind, in den vorangegangenen fünf Jahren,

iv)

die Zahl der Cyberangriffe und der damit verbundenen Verluste in den vorangegangenen fünf Jahren;

c)

jeder Hinweis auf bedeutende Zinsrisiken bei Geschäften außerhalb des Handelsbuchs, insbesondere

i)

der Umfang der außerhalb des Handelsbuchs der Wertpapierfirma getätigten Geschäfte, die auf Zinssätzen basieren oder in anderer Weise von Zinssätzen abhängen,

ii)

die Richtlinien der Wertpapierfirma für die Absicherung von Geschäften außerhalb des Handelsbuchs und potenzielle Inkongruenzen zwischen Position und Absicherung.

(6)   Die zuständigen Behörden können die in den Absätzen 1 bis 5 enthaltene Liste der qualitativen Richtwerte erweitern, wenn sie dabei sicherstellen, dass die zusätzlichen Richtwerte der Größe, der Komplexität, dem Geschäftsmodell und dem Betriebsmodell der Wertpapierfirma angemessen sind.

(7)   Die zuständigen Behörden passen die in den Absätzen 1 bis 5 genannten Richtwerte an und verwenden diese angepassten Werte, wenn eine der folgenden Bedingungen erfüllt ist:

a)

der Richtwert ist mit Blick auf die spezifische Rechtsform, auf strukturelle Veränderungen und auf das Geschäfts- und Betriebsmodell der Wertpapierfirma nicht angemessen,

b)

die Schätzung des Richtwerts ist angesichts des Umfangs und der Komplexität der Tätigkeiten der Wertpapierfirma mit zu hohem Aufwand verbunden,

c)

der Richtwert lässt sich nicht schätzen, weil verlässliche Daten fehlen (für den Fall, dass diese Daten nicht unter die Artikel 54 und 55 der Verordnung (EU) 2019/2033 oder unter Artikel 39 Absatz 2 Buchstabe j der Richtlinie (EU) 2019/2034 fallen),

d)

der Richtwert lässt sich nicht schätzen, weil verlässliche historische Daten fehlen, wodurch der historische Analysezeitraum irrelevant wird. In solchen Fällen beschränken die zuständigen Behörden die historische Analyse auf den Zeitraum seit dem letzten aufsichtlichen Überprüfungs- und Bewertungsverfahren gemäß Artikel 36 der Richtlinie (EU) 2019/2034.

Ist es den zuständigen Behörden nicht möglich, die in Unterabsatz 1 genannten Richtwerte anzupassen, verwenden sie — soweit angemessen — alternative Richtwerte, wenn sie dabei sicherstellen, dass diese alternativen Richtwerte der Größe, der Komplexität, dem Geschäftsmodell und dem Betriebsmodell der Wertpapierfirma angemessen sind.


(5)  Richtlinie 2014/65/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 über Märkte für Finanzinstrumente sowie zur Änderung der Richtlinien 2002/92/EG und 2011/61/EU (ABl. L 173 vom 12.6.2014, S. 349).