Aktualisiert 18/09/2024
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Ursprungsrechtsakt
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Erwägungsgründe

DELEGIERTE VERORDNUNG (EU) 2019/979 DER KOMMISSION

vom 14. März 2019

zur Ergänzung der Verordnung (EU) 2017/1129 des Europäischen Parlaments und des Rates durch technische Regulierungsstandards für wesentliche Finanzinformationen in der Zusammenfassung des Prospekts, die Veröffentlichung und Klassifizierung von Prospekten, die Werbung für Wertpapiere, Nachträge zum Prospekt und das Notifizierungsportal und zur Aufhebung der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 382/2014 der Kommission und der Delegierten Verordnung (EU) 2016/301 der Kommission

(Text von Bedeutung für den EWR)

DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Verordnung (EU) 2017/1129 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2017 über den Prospekt, der beim öffentlichen Angebot von Wertpapieren oder bei deren Zulassung zum Handel an einem geregelten Markt zu veröffentlichen ist, und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/71/EG (1), insbesondere auf Artikel 7 Absatz 13, Artikel 21 Absätze 12 und 13, Artikel 22 Absatz 9, Artikel 23 Absatz 7 und Artikel 25 Absatz 7,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Die in der Zusammenfassung des Prospekts enthaltenen wesentlichen Finanzinformationen sollten dem Anleger durch Angabe der wichtigsten Finanzdaten einen kurzen Überblick über Vermögenswerte, Verbindlichkeiten und Rentabilität des Emittenten vermitteln und darüber hinaus alle weiteren wesentlichen Finanzinformationen umfassen, die der Anleger für eine erste Beurteilung der Finanz- und Ertragslage des Emittenten benötigt. Um sicherzustellen, dass diese Informationen knapp gehalten und relevant sind, muss deshalb eine begrenzte Anzahl von Offenlegungen bestimmt und ihr Layout spezifiziert werden; zudem sind die Finanzinformationen auf die verschiedenen Arten von Emittenten und Wertpapieren zu kalibrieren.

(2)

Um eine Irreführung der Anleger zu vermeiden, sollten die Emittenten das Recht haben, spezifische zusätzliche Offenlegungen wie z. B. alternative Leistungsmessgrößen aufzunehmen, wenn die verlangten Offenlegungen ihrer Auffassung nach kein klares Bild ihrer Finanz- und Ertragslage vermitteln. Um jedoch sicherzustellen, dass das Hauptaugenmerk der Anleger auf den Zahlen der Jahresabschlüsse liegt, sollten alternative Leistungsmessgrößen im Prospekt nicht stärker hervorgehoben werden als die historischen Finanzinformationen.

(3)

Um Befolgungskosten und Verwaltungsaufwand der Emittenten zu verringern, sollten die wesentlichen Finanzinformationen in der Zusammenfassung des Prospekts, einschließlich zusätzlicher Posten und alternativer Leistungsmessgrößen, die im Prospekt selbst offengelegten Informationen wiedergeben.

(4)

Die wesentlichen Finanzinformationen in der Zusammenfassung des Prospekts sollten auf die wirtschaftliche Tätigkeit des Emittenten, seine Branche, die wichtigsten Einzelposten seiner Jahresabschlüsse und die Art der ausgegebenen oder angebotenen Wertpapiere abgestimmt sein. Spezifische Muster für jede Art von Emittent können jedoch nicht bereitgestellt werden.

(5)

Um eine Irreführung der Anleger zu vermeiden und die Übereinstimmung mit den im Prospekt enthaltenen Informationen zu gewährleisten, sollten im Falle, dass die im Prospekt enthaltenen historischen Finanzinformationen aufgrund wesentlicher Fehler in den Abschlüssen oder aufgrund von Änderungen der Rechnungslegungsstandards angepasst werden, die wesentlichen Finanzinformationen in der Zusammenfassung des Prospekts diese neu formulierten historischen Finanzinformationen widerspiegeln.

(6)

Hat ein Emittent eine komplexe finanztechnische Vorgeschichte, so sollte er seine Finanzinformationen gegebenenfalls durch Finanzinformationen zu einem oder mehreren anderen Unternehmen ergänzen und diese Angaben in einem eigenen Abschnitt der Zusammenfassung des Prospekts zur Verfügung stellen.

(7)

Für die Anleger muss deutlich sein, welche Informationen Teil des Prospekts sind und an wen ein öffentliches Angebot von Wertpapieren gerichtet ist. Wenn der Prospekt Hyperlinks enthält, sollten die Anleger daher — außer im Falle mittels Verweis aufgenommener Informationen — darauf hingewiesen werden, dass die Informationen auf den betreffenden Websites nicht Teil des Prospekt sind und von der zuständigen Behörde weder geprüft noch gebilligt wurden. Außerdem sollte durch geeignete Maßnahmen verhindert werden, dass für die Veröffentlichung des Prospekts genutzte Websites Gebietsansässige von Mitgliedstaaten oder Drittländern ansprechen, in denen die Wertpapiere nicht dem Publikum angeboten werden, indem beispielsweise eine Erklärung über die Adressaten des Angebots auf die Website gestellt wird.

(8)

Ein elektronisches, maschinenlesbares Format für die Übermittlung und Veröffentlichung von Daten macht die Nutzung und den Austausch dieser Daten effizienter. Daher sollte die Liste der Datenfelder, die der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) für die Klassifizierung von Prospekten zu melden sind, festgelegt und die Verwendung von XML-Formatvorlagen vorgeschrieben werden, um sicherzustellen, dass die Felder maschinenlesbar sind. Die Liste der Daten sollte ausreichend erschöpfend sein, damit die ESMA den in Artikel 47 der Verordnung (EU) 2017/1129 erteilten Auftrag zur jährlichen Veröffentlichung eines Berichts mit Statistiken über die in der Union gebilligten und notifizierten Prospekte und einer Trendanalyse unter Berücksichtigung der verschiedenen Arten von Emittenten und der Arten von Emissionen erfüllen kann.

(9)

Um eine Irreführung von Kleinanlegern beim Vertrieb von Wertpapieren, die für öffentliche Angebote oder die Zulassung zum Handel an einem geregelten Markt vorgeschlagen werden, zu vermeiden, sollte Werbung nicht den Anschein erwecken, die wichtigste Informationsquelle zu sein. Um Verwechslungen mit dem Prospekt zu vermeiden, sollte Werbung daher nicht unangemessen lang sein.

(10)

Werbung für ein öffentliches Angebot von Wertpapieren oder deren Zulassung zum Handel an einem geregelten Markt kann unrichtig oder irreführend werden, wenn ein wichtiger neuer Umstand oder eine wesentliche Unrichtigkeit oder Ungenauigkeit in Bezug auf die im betreffenden Prospekt enthaltenen Angaben auftritt. Deshalb sollten Anforderungen festgelegt werden, die sicherstellen, dass Werbung unverzüglich geändert wird, wenn sie aufgrund eines solchen neuen Umstands oder einer wesentlichen Unrichtigkeit oder Ungenauigkeit unrichtig oder irreführend wird.

(11)

Um Anlegern fundierte Anlageentscheidungen zu ermöglichen, sollten in der Werbung enthaltene Informationen kein unausgewogenes Bild vermitteln, indem sie beispielsweise negative Aspekte weniger deutlich herausstellen als die positiven Aspekte.

(12)

Da alternative Leistungsmessgrößen eine Anlageentscheidung über die Maßen beeinflussen können, sollte untersagt werden, dass außerhalb des Prospekts verbreitete Informationen über ein öffentliches Angebot oder eine Zulassung zum Handel an einem geregelten Markt derartige alternative Leistungsmessgrößen enthalten, es sei denn, diese sind auch im Prospekt selbst enthalten.

(13)

Die zuständigen Behörden in den Aufnahmemitgliedstaaten prüfen die Prospekte nicht. Um sicherzustellen, dass die Anleger in Aufnahmemitgliedstaaten angemessen geschützt sind, sollte die zuständige Behörde des Aufnahmemitgliedstaats deshalb bei einem Ersuchen um Amtshilfe bei der zuständigen Behörde des Herkunftsmitgliedstaats alle Informationen übermitteln, die für die Beurteilung der Frage nach der Übereinstimmung der Werbung mit dem Inhalt des Prospekts durch die zuständige Behörde des Herkunftsmitgliedstaats relevant sind. Diese Übermittlung sollte innerhalb eines angemessenen Zeitrahmens erfolgen, um sicherzustellen, dass die Anleger im Aufnahmemitgliedstaat nicht durch die Tatsache benachteiligt werden, dass die zuständigen Behörden des Aufnahmemitgliedstaats die Prospekte nicht überprüfen, und sie genügend Zeit haben, das betreffende öffentliche Angebot zu analysieren. Die zuständige Behörde im Aufnahmemitgliedstaat sollte alle Informationen erhalten, die sie benötigt, um die Einhaltung der Vorschriften für Werbetätigkeiten in ihrem Zuständigkeitsbereich kontrollieren zu können.

(14)

Um eine einheitliche Anwendung der Verordnung (EU) 2017/1129 zu gewährleisten und technischen Entwicklungen auf den Finanzmärkten Rechnung zu tragen, sollte festgelegt werden, unter welchen Umständen die Veröffentlichung eines Nachtrags zum Prospekt erforderlich ist. Es ist nicht möglich, alle Situationen zu beschreiben, die die Veröffentlichung eines Nachtrags zum Prospekt erforderlich machen, da dies vom Emittenten und von den betreffenden Wertpapieren abhängen kann. Deshalb ist es zweckmäßig, ein Minimum an Situationen festzulegen, in denen ein Nachtrag verlangt wird.

(15)

Geprüfte Jahresabschlüsse spielen für die Anlageentscheidungen der Anleger eine entscheidende Rolle. Um sicherzustellen, dass die Anleger sich bei ihren Anlageentscheidungen auf die aktuellsten Finanzinformationen stützen, muss die Veröffentlichung eines Nachtrags verlangt werden, der neue geprüfte Jahresabschlüsse der Emittenten von Dividendenwerten und im Falle von Zertifikaten der Emittenten der zugrunde liegenden Aktien enthält, die nach der Billigung des Prospekts veröffentlicht wurden.

(16)

Da Gewinnprognosen und -schätzungen die Anlageentscheidung beeinflussen können, muss ein Nachtrag veröffentlicht werden, der jede Änderung impliziter oder expliziter Zahlen von Gewinnprognosen oder -schätzungen bzw. die Rücknahme einer bereits im Prospekt enthaltenen Gewinnprognose oder -schätzung enthält. Aus dem gleichen Grund muss im Falle von Dividendenwerten und Zertifikaten auch dann ein Nachtrag zum Prospekt erstellt werden, wenn vor Ablauf der Angebotsfrist oder vor der Zulassung zum Handel eine neue Gewinnprognose oder -schätzung veröffentlicht wird.

(17)

Angaben zu den Hauptaktionären oder etwaigen beherrschenden Unternehmen des Emittenten sind wesentliche Voraussetzung für eine fundierte Beurteilung des Emittenten. Besonders stark fällt eine Änderung der Kontrollverhältnisse beim Emittenten jedoch dann ins Gewicht, wenn das Angebot sich auf Dividendenwerte bezieht, die auf Änderungen beim Emittenten im Allgemeinen besonders preissensitiv reagieren. Deshalb sollte im Falle einer Änderung der Kontrollverhältnisse bei einem Emittenten von Dividendenwerten oder im Falle von Zertifikaten bei einem Emittenten der zugrunde liegenden Aktien ein entsprechender Nachtrag veröffentlicht werden.

(18)

Potenzielle Anleger, die ein Angebot für Dividendenwerte prüfen, müssen die Bedingungen des betreffenden Angebots mit dem Preis bzw. den Umtauschkonditionen eines während der Angebotsfrist angekündigten öffentlichen Übernahmeangebots vergleichen können. Auch das Ergebnis eines öffentlichen Übernahmeangebots spielt eine wichtige Rolle für die Anlegerentscheidung, da die Anleger wissen müssen, ob das Angebot eine Änderung der Kontrollverhältnisse beim Emittenten bewirkt. Daher muss bei jedem neuen öffentlichen Übernahmeangebot ein Nachtrag veröffentlicht werden.

(19)

Wenn die Erklärung zum Geschäftskapital nicht mehr zutreffend ist, können die Anleger keine Anlageentscheidungen in voller Kenntnis der finanziellen Lage des Emittenten treffen. Die Anleger sollten ihre Anlageentscheidungen unter Berücksichtigung der neuen Informationen über die Fähigkeit des Emittenten, sich zur Bedienung seiner Verbindlichkeiten Barmittel und andere liquide Mittel zu verschaffen, einer Neubewertung unterziehen können. Dazu ist ein Nachtrag erforderlich.

(20)

Emittenten oder Anbieter können nach Billigung des Prospekts beschließen, die Wertpapiere in anderen als den im Prospekt genannten Mitgliedstaaten anzubieten oder in anderen als den im Prospekt genannten Mitgliedstaaten die Zulassung zum Handel von Wertpapieren an geregelten Märkten zu beantragen. Informationen über solche Angebote und Zulassungen sind für den Anleger wichtig, um bestimmte Aspekte der Wertpapiere des Emittenten zu bewerten, sodass in solchen Fällen ein Nachtrag verlangt werden sollte.

(21)

Bedeutende finanzielle Verpflichtungen werden sich wahrscheinlich auf die finanzielle Lage und die Geschäftstätigkeit von Unternehmen auswirken. Deshalb sollten die Anleger in einem Nachtrag zum Prospekt zusätzliche Informationen über die Folgen einer solchen Verpflichtung erhalten.

(22)

Eine Erhöhung des aggregierten Nominalbetrags eines Angebotsprogramms lässt Rückschlüsse auf einen erhöhten Finanzierungsbedarf des Emittenten oder einen Anstieg der Nachfrage nach Wertpapieren des Emittenten zu. In einem solchen Fall sollte ein Nachtrag zum Prospekt veröffentlicht werden.

(23)

Die jeweils zuständigen Behörden sollten den Prospekt und begleitende Daten zeitnah über das Notifizierungsportal zusammen mit einer Bestätigung, dass der Prospekt gemäß der Verordnung (EU) 2017/1129 erstellt wurde, erhalten. Die ESMA sollte sicherstellen, dass das Notifizierungsportal die Sicherheit und Integrität der zwischen den zuständigen Behörden ausgetauschten Informationen wahrt. Die Übermittlung dieser Daten bleibt Aufgabe der zuständigen Behörden. Um ein reibungsloses und zeitnahes Funktionieren des Notifizierungsportals zu ermöglichen, müssen die begleitenden Daten, die in das Notifizierungsportal hochzuladen sind, spezifiziert werden.

(24)

Gemäß Artikel 10 der Verordnung (EU) Nr. 1095/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates (2) hat die ESMA öffentliche Konsultationen zu diesem Entwurf durchgeführt, die damit verbundenen potenziellen Kosten- und Nutzeneffekte analysiert und die Stellungnahme der nach Artikel 37 der genannten Verordnung eingesetzten Interessengruppe Wertpapiere und Wertpapiermärkte eingeholt. Die ESMA hat diese Interessengruppe hingegen nicht zum Entwurf technischer Regulierungsstandards für die technischen Modalitäten für das Notifizierungsportal konsultiert, da diese Modalitäten nur die ESMA und nationale zuständige Behörden betreffen.

(25)

Diese Verordnung beruht auf dem Entwurf technischer Regulierungsstandards, der der Kommission von der ESMA vorgelegt wurde.

(26)

Da diese Verordnung die Delegierte Verordnung (EU) Nr. 382/2014 der Kommission (3) und die Delegierte Verordnung (EU) 2016/301 der Kommission (4) ersetzt, werden diese delegierten Verordnungen hinfällig und sollten daher aufgehoben werden.

(27)

Da diese Verordnung Bestimmungen der Verordnung (EU) 2017/1129 ergänzt, sollte ihr Geltungsbeginn bis zum Geltungsbeginn der Verordnung (EU) 2017/1129 aufgeschoben werden —

HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:


(1)  ABl. L 168 vom 30.6.2017, S. 12.

(2)  Verordnung (EU) Nr. 1095/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 zur Errichtung einer Europäischen Aufsichtsbehörde (Europäische Wertpapier-und Marktaufsichtsbehörde), zur Änderung des Beschlusses Nr. 716/2009/EG und zur Aufhebung des Beschlusses 2009/77/EG der Kommission (ABl. L 331 vom 15.12.2010, S. 84).

(3)  Delegierte Verordnung (EU) Nr. 382/2014 der Kommission vom 7. März 2014 zur Ergänzung der Richtlinie 2003/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates im Hinblick auf technische Regulierungsstandards für die Veröffentlichung eines Prospektnachtrags (ABl. L 111 vom 15.4.2014, S. 36).

(4)  Delegierte Verordnung (EU) 2016/301 der Kommission vom 30. November 2015 zur Ergänzung der Richtlinie 2003/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates durch technische Regulierungsstandards für die Billigung und Veröffentlichung des Prospekts und die Verbreitung von Werbung und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 809/2004 der Kommission (ABl. L 58 vom 4.3.2016, S. 13).