DELEGIERTE VERORDNUNG (EU) 2018/344 DER KOMMISSION
vom 14. November 2017
zur Ergänzung der Richtlinie 2014/59/EU des Europäischen Parlaments und des Rates im Hinblick auf technische Regulierungsstandards zur Festlegung der Kriterien für die Methoden zur Bewertung einer unterschiedlichen Behandlung bei der Abwicklung
(Text von Bedeutung für den EWR)
DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —
gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,
gestützt auf die Richtlinie 2014/59/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 zur Festlegung eines Rahmens für die Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen (1), insbesondere auf Artikel 74 Absatz 4,
in Erwägung nachstehender Gründe:
(1) |
Es ist angebracht, Vorschriften zu erlassen, durch die eine Methode zur Durchführung von Bewertungen festgesetzt wird, mit denen festgestellt werden soll, ob ein Unterschied zwischen der tatsächlichen Behandlung von Anteilseignern oder Gläubigern, die Gegenstand einer Abwicklungsmaßnahme beziehungsweise von Abwicklungsmaßnahmen sind, und dem Betrag besteht, den diese Anteilseigner oder Gläubiger erhalten hätten, wenn gegen das Institut oder Unternehmen im Sinne des Artikels 1 Absatz 1 Buchstaben b, c oder d der Richtlinie 2014/59/EU („Unternehmen“) ein reguläres Insolvenzverfahren zu dem Zeitpunkt eingeleitet worden wäre, an dem die Entscheidung zur Abwicklung dieses Unternehmens gemäß Artikel 82 der Richtlinie 2014/59/EU getroffen wurde. |
(2) |
Jede unterschiedliche Behandlung, durch die für bestimmte Anteilseigner oder Gläubiger größere Verluste bei der Abwicklung entstehen, sollte diese Anteilseigner oder Gläubiger zu Entschädigungszahlungen aus dem Abwicklungsfinanzierungsmechanismus gemäß Artikel 101 Absatz 1 Buchstabe e der Richtlinie 2014/59/EU berechtigen. |
(3) |
Die Ex-post-Bewertung ist vorschriftsgemäß von der unabhängigen Person vorzunehmen, die die Bedingungen erfüllt, die in Artikel 38 der Delegierten Verordnung (EU) 2016/1075 der Kommission (2) („Bewerter“) festgelegt sind, und erfolgt möglichst zeitnah nach der Abwicklungsmaßnahme beziehungsweise den Abwicklungsmaßnahmen, wobei ihre vollständige Durchführung durchaus einige Zeit in Anspruch nehmen könnte. Die Bewertung sollte auf den verfügbaren Informationen beruhen, die für den Zeitpunkt von Relevanz sind, an dem die Entscheidung zur Abwicklung eines Unternehmens getroffen wird, um besonderen Umständen, wie zum Zeitpunkt der Abwicklungsentscheidung herrschenden angespannten Marktbedingungen, angemessen Rechnung zu tragen. Nach dem Zeitpunkt der Entscheidung über die Abwicklung beschaffte Informationen sollten nur dann herangezogen werden, wenn nach vernünftigem Ermessen davon auszugehen ist, dass sie zu diesem Zeitpunkt bekannt waren. |
(4) |
Der Bewerter sollte im Interesse einer umfassenden und glaubwürdigen Bewertung Zugang zu jeglichen sachdienlichen rechtlichen Unterlagen erhalten, unter anderem zu einer Liste aller gegen das Unternehmen bestehender Forderungen und Eventualforderungen, die nach ihrer Priorität in regulären Insolvenzverfahren gereiht werden. Dem Bewerter sollte gestattet sein, Vorkehrungen zu treffen, um sich nach Maßgabe der Umstände von Spezialisten beraten zu lassen oder auf deren Fachwissen zurückzugreifen. |
(5) |
Der Bewerter sollte zwecks Feststellung der Behandlung, die Anteilseigner und Gläubiger erhalten hätten, wenn das Unternehmen Gegenstand eines regulären Insolvenzverfahren gewesen wäre, die voraussichtliche zeitliche Planung und Höhe der Nettozahlungsströme, die in einem Insolvenzverfahren an jeden Anteilseigner und Gläubiger geflossen wären, ohne Zugrundelegung einer staatlichen Beihilfe abgezinst zu dem oder den relevanten Abzinsungssätzen festlegen. Der Bewerter könnte bei der Ermittlung eines derartigen Schätzwerts auf Erfahrungswerte zurückgreifen, die über Insolvenzen ähnlicher Kreditinstitute in jüngster Vergangenheit vorliegen, sofern diese verfügbar sind und dies angebracht ist. |
(6) |
Bei der Feststellung der tatsächlichen Behandlung von Anteilseignern oder Gläubigern im Abwicklungsfall sollte berücksichtigt werden, ob die Anteilseigner und Gläubiger jeweils eine Entschädigung in Form von Eigenkapital, Schulden oder Barmitteln infolge der beschlossenen Abwicklungsmaßnahme erhielten. |
(7) |
Diese Verordnung stützt sich auf den Entwurf technischer Regulierungsstandards, der der Kommission von der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde (EBA) vorgelegt wurde. |
(8) |
Die EBA hat zu diesem Entwurf, auf dem die vorliegende Verordnung basiert, breite öffentliche Konsultationen durchgeführt, die damit verbundenen potenziellen Kosten- und Nutzeneffekte analysiert und die Stellungnahme der nach Artikel 37 der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates (3) eingesetzten Interessengruppe Bankensektor eingeholt — |
HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:
(1) ABl. L 173 vom 12.6.2014, S. 190.
(2) Delegierte Verordnung (EU) 2016/1075 der Kommission vom 23. März 2016 zur Ergänzung der Richtlinie 2014/59/EU des Europäischen Parlaments und des Rates durch technische Regulierungsstandards, in denen der Inhalt von Sanierungsplänen, Abwicklungsplänen und Gruppenabwicklungsplänen, die Mindestkriterien, anhand deren die zuständige Behörde Sanierungs- und Gruppensanierungspläne zu bewerten hat, die Voraussetzungen für gruppeninterne finanzielle Unterstützung, die Anforderungen an die Unabhängigkeit der Bewerter, die vertragliche Anerkennung von Herabschreibungs- und Umwandlungsbefugnissen, die Verfahren und Inhalte von Mitteilungen und Aussetzungsbekanntmachungen und die konkrete Arbeitsweise der Abwicklungskollegien festgelegt wird (ABl. L 184 vom 8.7.2016, S. 1).
(3) Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 zur Errichtung einer Europäischen Aufsichtsbehörde (Europäische Bankenaufsichtsbehörde), zur Änderung des Beschlusses Nr. 716/2009/EG und zur Aufhebung des Beschlusses 2009/78/EG der Kommission (ABl. L 331 vom 15.12.2010, S. 12).