Aktualisiert 22/12/2024
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Artikel 4 - Feststellung der Behandlung von Anteilseignern und Gläubigern in einem regulären Insolvenzverfahren

Artikel 4

Feststellung der Behandlung von Anteilseignern und Gläubigern in einem regulären Insolvenzverfahren

1.   Die Methode für die Durchführung der Bewertung nach Artikel 3 Buchstabe a ist auf die Feststellung des abgezinsten Betrags der erwarteten Zahlungsströme in einem regulären Insolvenzverfahren beschränkt.

2.   Die erwarteten Zahlungsströme werden zu dem Satz oder den Sätzen abgezinst, durch den oder die im jeweiligen Fall der zeitlichen Planung im Zusammenhang mit den erwarteten Zahlungsströmen, den ab dem Zeitpunkt der Abwicklungsentscheidung vorherrschenden Umständen, den risikofreien Zinssätzen, den Risikoprämien für ähnliche Finanzinstrumente, welche von ähnlichen Unternehmen begeben werden, den Marktbedingungen oder den von potenziellen Käufern angewandten Abzinsungssätzen und sonstigen maßgeblichen Merkmalen des bewerteten Elements oder der bewerteten Elemente Rechnung getragen wird („maßgeblicher Abzinsungssatz“). Der maßgebliche Abzinsungssatz wird nicht angewendet, wenn besondere Sätze — soweit sie für die Zwecke der Bewertung relevant sind — im geltenden Insolvenzrecht oder in der einschlägigen Praxis festgelegt sind.

3.   Der Bewerter berücksichtigt bei der Feststellung des abgezinsten Betrags der erwarteten Zahlungsströme in einem regulären Insolvenzverfahren Folgendes:

a)

das geltende Insolvenzrecht und die einschlägige Praxis im relevanten Gebiet, die Faktoren wie die voraussichtlichen Veräußerungszeiträume oder Erlösquoten beeinflussen können;

b)

die nach vernünftigem Ermessen vorhersehbaren Verwaltungs-, Transaktions-, Erhaltungs-, Veräußerungs- und sonstigen Kosten, die von einem Administrator oder Insolvenzverwalter zu übernehmen wären, sowie die Finanzierungskosten;

c)

die Informationen über in jüngster Vergangenheit eingetretene Insolvenzen ähnlicher Unternehmen, sofern diese verfügbar und relevant sind.

4.   Im Fall der auf aktiven Märkten gehandelten Vermögenswerte zieht der Bewerter den festgestellten Preis heran, es sei denn, die Marktfähigkeit von Vermögenswerten des Unternehmens wird durch besondere Umstände wie Marktkonzentration, -sättigung und -tiefe beeinträchtigt.

5.   Im Fall der auf aktiven Märkten nicht gehandelten Vermögenswerte berücksichtigt der Bewerter unter anderem folgende Faktoren bei der Feststellung der Höhe der erwarteten Zahlungsströme und der diesbezüglichen zeitlichen Planung:

a)

die Preise, die auf aktiven Märkten, auf denen ähnliche Vermögenswerte gehandelt werden, festgestellt werden;

b)

die Preise, die bei regulären Insolvenzverfahren oder sonstigen problematischen Transaktionen mit Vermögenswerten, die ähnlicher Natur sind und ähnlichen Bedingungen unterliegen, festgestellt werden;

c)

die Preise, die bei Transaktionen zur Unternehmensveräußerung oder zur Übertragung auf ein Brückeninstitut oder auf eine für die Vermögensverwaltung gegründete Zweckgesellschaft bei einer im Zusammenhang mit ähnlichen Unternehmen erfolgenden Abwicklung festgestellt werden;

d)

die Wahrscheinlichkeit, dass ein Vermögenswert bei einem regulären Insolvenzverfahren Nettozahlungsströme erzeugt;

e)

die innerhalb eines bestimmten Veräußerungszeitraums erwarteten Marktbedingungen einschließlich der Markttiefe und der Fähigkeit des Marktes zum Tausch des relevanten Volumens an Vermögenswerten innerhalb dieses Zeitraums und

f)

dass die Länge eines bestimmten Veräußerungszeitraums den Auswirkungen des geltenden Insolvenzrechts, einschließlich der erwarteten Dauer des Liquidationsverfahrens, bzw. den Merkmalen der relevanten Vermögenswerte Rechnung zu tragen hat.

6.   Der Bewerter berücksichtigt, ob die Finanzlage des Unternehmens die erwarteten Zahlungsströme, unter anderem durch Beschränkungen des Spielraums des Administrators bei Verhandlungen mit potenziellen Käufern, beeinträchtigt haben könnte.

7.   Sofern dies möglich ist, tragen die Zahlungsströme nach Maßgabe der Bestimmungen des relevanten Insolvenzsystems den vertraglichen, satzungsmäßigen oder sonstigen rechtlichen Ansprüchen der Gläubiger beziehungsweise der regulären Insolvenzpraxis Rechnung.

8.   Die sich aus der Bewertung ergebenden hypothetischen Erlöse werden auf Anteilseigner und Gläubiger nach ihrer jeweiligen Priorität gemäß dem geltenden Insolvenzrecht aufgeteilt, so wie dies in Artikel 3 festgelegt ist.

9.   Zwecks Feststellung eines unbesicherten Betrags an insolventen Derivateforderungen wendet der Bewerter die in der Delegierten Verordnung (EU) 2016/1401 der Kommission (4) dargelegten Methoden in einem Ausmaß an, das mit Insolvenzrecht und -praxis vereinbar ist.


(4)  Delegierte Verordnung (EU) 2016/1401 der Kommission vom 23. Mai 2016 zur Ergänzung der Richtlinie 2014/59/EU des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung eines Rahmens für die Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen im Hinblick auf technische Regulierungsstandards für Methoden und Grundsätze der Bewertung von aus Derivaten entstehenden Verbindlichkeiten (ABl. L 228 vom 23.8.2016, S. 7).