Aktualisiert 04/12/2024
In Kraft

Ursprungsrechtsakt
Suche im Rechtsakt

Erwägungsgründe

DELEGIERTE VERORDNUNG (EU) 2018/171 DER KOMMISSION

vom 19. Oktober 2017

zur Ergänzung der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates durch technische Regulierungsstandards bezüglich der Erheblichkeitsschwelle für überfällige Verbindlichkeiten

(Text von Bedeutung für den EWR)

DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Verordnung (EU) Nr. 575/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über Aufsichtsanforderungen an Kreditinstitute und Wertpapierfirmen und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 (1), insbesondere auf Artikel 178 Absatz 6 Unterabsatz 3,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Da innerhalb eines Landes annähernd gleiche Marktbedingungen und wirtschaftliche Bedingungen herrschen, sollten die zuständigen Behörden für die Beurteilung der Erheblichkeit einer Verbindlichkeit gemäß Artikel 178 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 in ihrem Land für alle Institute eine einheitliche Schwelle festlegen. Eine solche Erheblichkeitsschwelle, die im Zeitverlauf stets kohärent sein sollte, bringt zudem den Vorteil, dass sie die Vergleichbarkeit der für die Institute eines Landes geltenden Eigenkapitalanforderungen erhöht.

(2)

Der als erheblich anzusehende Betrag hängt zum einen von der Höhe der Verbindlichkeit insgesamt ab. Zum anderen werden alle Beträge unterhalb einer gewissen Schwelle unabhängig von ihrer Relation zu der Verbindlichkeit insgesamt von den Instituten normalerweise als unerheblich betrachtet. Aus diesem Grund sollte die Erheblichkeitsschwelle aus zwei Komponenten bestehen: einer absoluten und einer relativen Komponente (d. h. einem absoluten Betrag und einem Prozentwert, der den Anteil des überfälligen Betrags an der Verbindlichkeit insgesamt widerspiegelt). Infolgedessen sollte die überfällige Verbindlichkeit als erheblich betrachtet werden, wenn sowohl die absolute als auch die prozentuale Obergrenze überschritten sind.

(3)

Durchschnittliches Einkommen und durchschnittliche Höhe der Verbindlichkeiten sind von Schuldner zu Schuldner sehr unterschiedlich. Diesen Unterschieden sollten die Erheblichkeitsschwellen Rechnung tragen, wobei die absolute Komponente für Risikopositionen aus dem Mengengeschäft und andere Risikopositionen getrennt bestimmt werden sollte.

(4)

Die Erheblichkeitsschwelle sollte den lokalen Gegebenheiten jedes Landes angepasst werden. Die von Land zu Land unterschiedlichen wirtschaftlichen Bedingungen, einschließlich des unterschiedlichen Preisniveaus rechtfertigen, dass die absolute Komponente der Erheblichkeitsschwelle von Land zu Land unterschiedlich sein kann. Bei der relativen Komponente ist eine solche Differenzierung allerdings selten gerechtfertigt. Infolgedessen sollte die relative Komponente im Prinzip in allen Ländern gleich sein, während bei der absoluten Komponente ein gewisses Maß an Flexibilität möglich sein sollte. Dies wird die zuständigen Behörden in die Lage versetzen, die Erheblichkeitsschwelle unter Einhaltung einer vorgegebenen Obergrenze in angemessener Höhe festzulegen und dabei den speziellen Gegebenheiten in ihrem jeweiligen Land Rechnung zu tragen.

(5)

Auch wenn die Kriterien für die Festlegung der Erheblichkeitsschwelle EU-weit harmonisiert werden sollten, sollten gewisse Unterschiede, die dadurch bedingt sind, dass die jeweils zuständigen Behörden unterschiedlich hohe Risiken als vertretbar ansehen, fortbestehen dürfen. Daher wird im Rahmen der verschiedenen Aufsichtskollegien möglicherweise diskutiert werden müssen, welche Höhe für die Erheblichkeitsschwelle als angemessen zu betrachten ist.

(6)

Die Erheblichkeitsschwelle kann die Berechnung der Eigenkapitalanforderungen und erwarteten Verluste bei allen Instituten in dem betreffenden Land erheblich beeinflussen, unabhängig davon, nach welcher Methode diese Berechnung erfolgt. Bei der Festlegung der Erheblichkeitsschwelle sollten die zuständigen Behörden deshalb eine Reihe von Faktoren berücksichtigen, darunter auch die spezifischen Risikomerkmale von Risikopositionen aus dem Mengengeschäft. Diese sollten getrennt von den spezifischen Risikomerkmalen aller anderen Risikopositionen betrachtet werden.

(7)

Die von der zuständigen Behörde eines bestimmten Landes festgelegte Erheblichkeitsschwelle muss möglicherweise auch von grenzübergreifend tätigen Instituten angewandt werden. Wenn eine zuständige Behörde beurteilt, ob das durch einen bestimmten Schwellenwert zum Ausdruck gebrachte Risiko als vertretbar anzusehen ist, könnte die Höhe einer von der zuständigen Behörde eines anderen Landes festgelegten Schwelle somit ein wichtiger Faktor sein. Aus diesem Grund sollten die von den zuständigen Behörden festgelegten Erheblichkeitsschwellen transparent sein und der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde (EBA) mitgeteilt werden, damit sie öffentlich gemacht werden können.

(8)

Die zuständigen Behörden sollten die Erheblichkeitsschwelle so festsetzen, dass sie in ihrer Höhe dem von ihnen als vertretbar angesehenen Risiko entspricht. Da die Höhe dieses Risikos davon abhängt, wie die Erheblichkeitsschwelle bei der Feststellung eines Ausfalls angewandt wird, müssen die zuständigen Behörden bei der Festlegung dieser Schwelle gewisse Annahmen im Hinblick darauf treffen, wie die Beträge und Prozentsätze, die mit der absoluten und der relativen Komponente der Erheblichkeitsschwelle verglichen werden, berechnet werden und auf welcher Stufe der Ausfallfeststellung die Erheblichkeitsschwelle angewandt wird. Vor diesem Hintergrund sollte die Schwelle so festgesetzt werden, dass die Institute diejenigen Schuldner, die aufgrund eines partiellen oder unregelmäßigen, aber systematischen Zahlungsverzugs ein erheblich höheres Risiko darstellen, sowie wesentliche überfällige Verbindlichkeiten rechtzeitig ermitteln können.

(9)

Die Erheblichkeit überfälliger Verbindlichkeiten ist Teil der Ausfalldefinition in Artikel 178 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung (EU) Nr. 575/2013. Bei Instituten, die nach dem auf internen Einstufungen basierenden Ansatz („IRB-Ansatz“) verfahren, zieht jede Änderung dieser Definition wesentliche Änderungen an den Ratingsystemen nach sich, die bei der Berechnung der Eigenmittelanforderungen für das Kreditrisiko herangezogen werden. Eine zuständige Behörde sollte die Erheblichkeitsschwelle deshalb nur dann ändern, wenn diese aufgrund geänderter Marktbedingungen oder wirtschaftlicher Bedingungen, die die Ausfallfeststellung erheblich verzerren, nicht länger angemessen ist.

(10)

Bei Instituten, die wesentliche Änderungen an ihren IRB-Modellen vornehmen müssen, und bei Instituten, für die die Umsetzung solcher Schwellen mit großem Aufwand verbunden ist, weil sich ihr bisheriges Verfahren zur Bestimmung der Erheblichkeit überfälliger Verbindlichkeiten erheblich von diesen Schwellen unterscheidet, sollten die zuständigen Behörden den Geltungsbeginn der Erheblichkeitsschwelle verschieben dürfen. Auch sollte bei Instituten, die den IRB-Ansatz anwenden, bei einem Teil ihrer Risikopositionen gestützt auf Artikel 148 oder 150 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 aber nach dem Standardansatz verfahren, der Geltungsbeginn der neuen Erheblichkeitsschwellen bei allen Risikopositionen der gleiche sein. Um übermäßige Verzögerungen bei der unionsweiten Anwendung der Schwellen zu vermeiden, sollten diese Verlängerungen allerdings begrenzt sein.

(11)

Den zuständigen Behörden sollte für die umfassende Analyse, die erforderlich ist, um die Erheblichkeitsschwelle in angemessener Höhe festzulegen, ausreichend Zeit eingeräumt werden.

(12)

Diese Verordnung beruht auf dem Entwurf technischer Regulierungsstandards, den die EBA der Kommission vorgelegt hat.

(13)

Die EBA hat zu diesem Entwurf offene öffentliche Konsultationen durchgeführt, dessen potenzielle Kosten und potenziellen Nutzen analysiert und die Stellungnahme der nach Artikel 37 der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates (2) eingesetzten Interessengruppe Bankensektor eingeholt —

HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:


(1)  ABl. L 176 vom 27.6.2013, S. 1.

(2)  Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 zur Errichtung einer Europäischen Aufsichtsbehörde (Europäische Bankenaufsichtsbehörde), zur Änderung des Beschlusses Nr. 716/2009/EG und zur Aufhebung des Beschlusses 2009/78/EG der Kommission (ABl. L 331 vom 15.12.2010, S. 12).