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Ursprungsrechtsakt
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Erwägungsgründe

DELEGIERTE VERORDNUNG (EU) Nr. 152/2013 DER KOMMISSION

vom 19. Dezember 2012

zur Ergänzung der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates im Hinblick auf technische Regulierungsstandards für die Eigenkapitalanforderungen an zentrale Gegenparteien

(Text von Bedeutung für den EWR)

DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

nach Stellungnahme der Europäischen Zentralbank (1),

gestützt auf die Verordnung (EU) Nr. 648/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 über OTC-Derivate, zentrale Gegenparteien und Transaktionsregister (2), insbesondere auf Artikel 16 Absatz 3,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Mit der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 wurden unter anderem aufsichtsrechtliche Anforderungen an zentrale Gegenparteien (CCP) eingeführt, um sicherzustellen, dass diese sicher und solide sind und die Eigenkapitalanforderungen jederzeit erfüllen. Da mit Clearing-Tätigkeiten verbundene Risiken großenteils durch besondere Finanzmittel gedeckt sind, sollte durch diese Eigenkapitalanforderungen gewährleistet werden, dass CCP jederzeit über eine adäquate Kapitaldecke zum Schutz vor nicht durch diese besonderen Finanzmittel gedeckten Kredit-, Gegenpartei- und Marktrisiken sowie Betriebs-, Rechts- und Geschäftsrisiken verfügen und erforderlichenfalls in der Lage sind, ihre Geschäftstätigkeiten geordnet abzuwickeln oder umzustrukturieren.

(2)

Bei der Ausarbeitung technischer Regulierungsstandards sollten insbesondere die Eigenkapitalanforderungen an Kreditinstitute und Wertpapierfirmen berücksichtigt werden, da CCP bei der Ausübung nicht gedeckter Tätigkeiten ähnlichen Risiken ausgesetzt sind wie Kreditinstitute und Wertpapierfirmen. Ebenfalls zu berücksichtigen sind relevante Teile der vom Ausschuss für Zahlungs- und Abrechnungssysteme und der Internationalen Organisation der Wertpapieraufsichtskommissionen veröffentlichten Grundsätze für Finanzmarktinfrastrukturen („CPSS-IOSCO-Grundsätze“). Um sicherzustellen, dass CCP in der Lage sind, ihre Geschäftstätigkeiten geordnet abzuwickeln oder umzustrukturieren, sollten sie über ausreichende finanzielle Mittel verfügen, um die Betriebsausgaben über einen angemessenen Zeitraum bestreiten zu können. Eine CCP sollte während dieses Zeitraums in der Lage sein, Vorkehrungen zur Sanierung kritischer Tätigkeiten zu treffen, einschließlich Rekapitalisierung, Austausch des Managements, Überarbeitung von Geschäftsstrategien, Kosten- oder Gebührenstrukturen, Umstrukturierung der von ihr erbrachten Dienstleistungen, Liquidierung ihres Clearing-Portfolios oder Fusion mit einer anderen CCP bzw. Übertragung ihrer Clearing-Tätigkeiten an eine andere CCP. Eine CCP muss ihre Tätigkeiten auch während der Abwicklung oder Umstrukturierung fortsetzen können. In einer solchen Situation können bestimmte Kosten wie Vertriebskosten sinken, während andere wie Gerichtskosten ansteigen können. Deshalb werden die jährlichen Bruttobetriebsausgaben als geeigneter Annäherungswert für die während der Abwicklung oder Umstrukturierung der Geschäftstätigkeiten einer CCP tatsächlich anfallenden Ausgaben betrachtet. Um der Diversität der Rechnungslegungspraxis von CCP Rechnung zu tragen, sollten die Betriebsausgaben nach internationalen Rechnungslegungsstandards („International Financial Reporting Standards, IFRS“), die gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1606/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. Juli 2002 betreffend die Anwendung internationaler Rechnungslegungsstandards (3) erlassen wurden, oder nach einer begrenzten Anzahl von auf diesem Gebiet gemäß dem Unionsrecht geltenden Regeln behandelt werden.

(3)

Da das Eigenkapital gemäß Artikel 16 Absatz 2 der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 zu jedem Zeitpunkt ausreichen muss, um eine geordnete Abwicklung zu ermöglichen und einen ausreichenden Schutz vor einschlägigen Risiken zu gewährleisten, wird ein Frühwarnsystem benötigt, das es den zuständigen Behörden durch Einführung einer Meldeschwelle, die mit 110 % der Eigenkapitalanforderung erreicht ist, ermöglicht, rechtzeitig im Voraus Kenntnis von Situationen zu erhalten, in denen sich die Eigenkapitalausstattung einer CCP der Eigenkapitalanforderung annähert.

(4)

Unbeschadet der Schwierigkeiten einer Quantifizierung der Gefährdung durch das Betriebsrisiko bleibt die Richtlinie 2006/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2006 über die Aufnahme und Ausübung der Tätigkeit der Kreditinstitute (4) der relevante Vergleichsmaßstab für die Festlegung der Eigenkapitalanforderung an CCP. Im Einklang mit der Richtlinie 2006/48/EG sollte unter das Betriebsrisiko auch das Rechtsrisiko im Hinblick auf technische Standards für Eigenkapitalanforderungen an zentrale Gegenparteien fallen.

(5)

Die Richtlinie 2006/48/EG und die Richtlinie 2006/49/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2006 über die angemessene Eigenkapitalausstattung von Wertpapierfirmen und Kreditinstituten (5) sind der geeignete Vergleichsmaßstab für die Festlegung von Eigenkapitalanforderungen zur Deckung von Kredit-, Gegenpartei- und Marktrisiken, die nicht durch besondere Finanzmittel gedeckt sind, da diese den Risiken ähneln, denen Kreditinstitute und Wertpapierfirmen ausgesetzt sind.

(6)

Sind die Anforderungen der Artikel 52 und 53 der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 erfüllt, brauchen CCP kein Eigenkapital für Handelsrisiken und Ausfallfondsbeiträge vorhalten, die sich aus einer Interoperabilitätsvereinbarung ergeben. Sind diese Anforderungen jedoch nicht erfüllt, könnten die Beziehungen zwischen CCP diese einem zusätzlichen Risiko aussetzen, wenn die bei ihnen hinterlegten Sicherheiten nicht voll geschützt und insolvenzgeschützt sind oder die Beiträge zum Ausfallfonds aufgrund des Ausfalls eines Clearingmitglieds der empfangenden CCP gefährdet sind. Deshalb sollten in solchen Fällen Eigenkapitalanforderungen für Beiträge zu Ausfallfonds und für Handelsrisiken mit anderen CCP gelten. Um Dominoeffekte zu vermeiden, sollten Ausfallfondsbeiträge an andere CCP im Allgemeinen vorsichtigeren Vorschriften unterliegen als Verbindlichkeiten von Kreditinstituten gegenüber CCP. Eigenmittel einer CCP, die als Beitrag zum Ausfallfonds einer anderen CCP verwendet werden, sollten für die Zwecke von Artikel 16 Absatz 2 der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 nicht berücksichtigt werden, da sie nicht gemäß der Anlagepolitik investiert werden. Ferner sollte eine Doppelzählung dieser Mittel bei der Berechnung der risikogewichteten Forderungsbeträge aus diesen Beiträgen vermieden werden.

(7)

Der für eine geordnete Abwicklung benötigte Zeitraum hängt stark davon ab, welche Clearingdienste die betreffende CCP erbringt und in welchem Marktumfeld sie tätig ist, und insbesondere davon, ob eine Übernahme ihrer Dienste durch eine andere CCP möglich ist. Deshalb sollte die Anzahl der für die Abwicklung erforderlichen Monate vorbehaltlich der Genehmigung durch die zuständige Behörde auf der Grundlage eigener Schätzungen der CCP ermittelt werden. Um bei der Festlegung der Höhe der Eigenkapitalanforderungen die Einhaltung des Vorsichtsprinzips sicherzustellen, muss eine Mindestanzahl von sechs Monaten eingeführt werden.

(8)

Das Geschäftsrisiko bezeichnet das Risiko, das eine CCP aufgrund ihrer Effizienz und möglicher Veränderungen der allgemeinen Geschäftsbedingungen trägt, die voraussichtlich zu sinkenden Einkünften oder steigenden Ausgaben und damit zu einer Schwächung ihrer Finanzlage führen und Verluste bewirken, die gegen ihr Eigenkapital aufgerechnet werden müssen. Da der Umfang des Geschäftsrisikos in hohem Maße von der spezifischen Situation der CCP abhängt und dabei unterschiedliche Faktoren wie ineffiziente Verfahren, ungünstige Marktbedingungen, eine unzureichende Anpassung an den technischen Fortschritt oder eine mangelhafte Umsetzung von Geschäftsstrategien zum Tragen kommen können, sollte die Eigenkapitalanforderung vorbehaltlich der Genehmigung durch die zuständige Behörde auf der Grundlage eigener Schätzungen der CCP festgelegt werden. Für die Höhe der Eigenkapitalanforderung muss eine Untergrenze eingeführt werden, um die Einhaltung des Vorsichtsprinzips zu gewährleisten.

(9)

Die Europäische Bankenaufsichtsbehörde (EBA) hat vor Übermittlung der Entwürfe technischer Standards, auf denen diese Verordnung basiert, eng mit dem Europäischen System der Zentralbanken (ESZB) zusammengearbeitet und die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) konsultiert. Sie hat ferner offene öffentliche Konsultationen zu den Entwürfen technischer Regulierungsstandards durchgeführt, die damit verbundenen potenziellen Kosten- und Nutzeneffekte analysiert und die Stellungnahme der nach Artikel 37 der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates (6) eingesetzten Interessengruppe Bankensektor eingeholt.

(10)

Diese Verordnung stützt sich auf die Entwürfe technischer Regulierungsstandards, die der Europäischen Kommission von der Europäischen Aufsichtsbehörde (Europäische Bankenaufsichtsbehörde) vorgelegt wurde —

HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:


(1)  Noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht.

(2)  ABl. L 201 vom 27.7.2012, S. 1.

(3)  ABl. L 243 vom 11.9.2002, S. 1.

(4)  ABl. L 177 vom 30.6.2006, S. 1.

(5)  ABl. L 177 vom 30.6.2006, S. 201.

(6)  ABl. L 331 vom 15.12.2010, S. 12.