Aktualisiert 22/10/2024
In Kraft

Fassung vom: 09/01/2024
Änderungen (2)
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Artikel 46 - Kollegien

Artikel 46

Kollegien

(1)  
Innerhalb von 30 Arbeitstagen nach Aufnahme eines Referenzwerts gemäß Artikel 20 Absatz 1 Buchstaben a und c in die Liste kritischer Referenzwerte — mit Ausnahme von Referenzwerten, bei denen die Mehrheit der Kontributoren nichtbeaufsichtigte Unternehmen sind, — richtet die zuständige Behörde ein Kollegium ein und führt darin den Vorsitz.
(2)  
Das Kollegium umfasst Vertreter der für den Administrator zuständigen Behörde, der ESMA — sofern sie nicht die zuständige Behörde des Administrators ist — und der für die beaufsichtigten Kontributoren zuständigen Behörden.
(3)  
Auch zuständige Behörden anderer Mitgliedstaaten haben ein Anrecht auf Mitgliedschaft in dem Kollegium, wenn für den Fall, dass der betreffende kritische Referenzwert nicht mehr bereitgestellt würde, dies die Marktintegrität, Finanzstabilität oder die Finanzierung der Haushalte und Unternehmen in diesen Mitgliedstaaten erheblich beeinträchtigen würde.

Will eine zuständige Behörde Mitglied eines Kollegiums werden, legt sie der für den Administrator zuständigen Behörde einen entsprechenden Antrag vor und weist darin nach, dass die Anforderungen des Unterabsatzes 1 dieses Absatzes erfüllt sind. Die für den Administrator zuständige Behörde prüft den Antrag und teilt der antragstellenden Behörde innerhalb von 20 Arbeitstagen nach Eingang des Antrags mit, ob sie diese Anforderungen als erfüllt betrachtet. Hält sie diese Anforderungen für nicht erfüllt, kann die antragstellende Behörde gemäß Absatz 9 die ESMA mit der Angelegenheit befassen.

(4)  
Die ESMA trägt gemäß Artikel 21 der Verordnung (EU) Nr. 1095/2010 zur Förderung und Überwachung eines effizienten, wirksamen und kohärenten Funktionierens der in diesem Artikel genannten Kollegien bei. Hierzu beteiligt sie sich in angemessenem Umfang an den Arbeiten und wird zu diesem Zweck als zuständige Behörde betrachtet.

Wenn die ESMA in Bezug auf einen kritischen Referenzwert gemäß Artikel 17 Absatz 6 der Verordnung (EU) Nr. 1095/2010 tätig wird, sorgt sie für einen angemessenen Informationsaustausch und eine angemessene Zusammenarbeit mit den übrigen Mitgliedern des Kollegiums.

(5)  
Die für einen Administrator zuständige Behörde führt bei den Sitzungen des Kollegiums den Vorsitz, koordiniert dessen Arbeiten und stellt einen effizienten Informationsaustausch zwischen den Mitgliedern des Kollegiums sicher.

Stellt ein Administrator mehr als einen kritischen Referenzwert bereit, kann die für ihn zuständige Behörde für alle von ihm bereitgestellten Referenzwerte ein einziges Kollegium einrichten.

(6)  

Die für einen Administrator zuständige Behörde legt im Rahmen des Kollegiums schriftliche Vereinbarungen zu folgenden Punkten fest:

a) 

den zwischen den zuständigen Behörden auszutauschenden Informationen;

b) 

dem Entscheidungsprozess zwischen den zuständigen Behörden und dem Zeitrahmen, in dem jede einzelne Entscheidung zu treffen ist;

c) 

den Fällen, in denen die zuständigen Behörden einander konsultieren müssen;

d) 

der Zusammenarbeit, die gemäß Artikel 23 Absätze 7 und 8 zu erfolgen hat.

(7)  
Die für einen Administrator zuständige Behörde trägt jeder Empfehlung, die die ESMA zu den schriftlichen Vereinbarungen gemäß Absatz 6 abgibt, vor Vereinbarung des endgültigen Textes gebührend Rechnung. Die schriftlichen Vereinbarungen werden in einem Dokument zusammengefasst, in dem jede wesentliche Abweichung von der Empfehlung der ESMA umfassend begründet wird. Die für den Administrator zuständige Behörde leitet die schriftlichen Vereinbarungen an die Mitglieder des Kollegiums und die ESMA weiter.
(8)  
Bevor die für den Administrator zuständige Behörde eine der in Artikel 23 Absätze 6, 7 und 9 sowie in den Artikeln 34, 35 und 42 genannten Maßnahmen ergreift, konsultiert sie die Mitglieder des Kollegiums. Die Mitglieder des Kollegiums unternehmen alles ihnen nach vernünftigem Ermessen Mögliche, um innerhalb des in den schriftlichen Vereinbarungen gemäß Absatz 6 des vorliegenden Artikels festgelegten Zeitrahmens zu einer Einigung zu gelangen.

Jede Entscheidung der für den Administrator zuständigen Behörde zur Ergreifung derartiger Maßnahmen trägt den Auswirkungen auf die anderen betroffenen Mitgliedstaaten, insbesondere den möglichen Auswirkungen auf die Stabilität ihrer Finanzsysteme, Rechnung.

In Bezug auf die Entscheidung, gemäß Artikel 35 einem Administrator die Zulassung oder Registrierung zu entziehen, wenn die Einstellung der Bereitstellung eines Referenzwerts zu einem Ereignis höherer Gewalt, zur Umgehung oder einem anderweitigen Verstoß gegen die Bestimmungen eines Finanzkontrakts oder eines Finanzinstruments oder der Regeln eines Investmentfonds führen würde, bei dem dieser Referenzwert in der Union als Bezugsgrundlage in der von der Kommission durch einen delegierten Rechtsakt gemäß Artikel 51 Absatz 6 festgelegten Bedeutung dient, prüfen die zuständigen Behörden innerhalb des Kollegiums, ob Maßnahmen zu ergreifen sind, um die in diesem Absatz genannten Auswirkungen zu mildern, u. a.:

a) 

Änderung des in Artikel 15 genannten Verhaltenskodexes, der Methodik oder anderer Regeln des Referenzwerts;

b) 

ein Übergangszeitraum, während dem die Verfahren gemäß Artikel 28 Absatz 2 gelten.

(9)  

Können sich die Mitglieder eines Kollegiums nicht einigen, können die zuständigen Behörden die ESMA anrufen, wenn

a) 

eine zuständige Behörde wesentliche Informationen nicht übermittelt hat;

b) 

die für den Administrator zuständige Behörde der antragstellenden Behörde nach einem gemäß Absatz 3 gestellten Antrag mitgeteilt hat, dass die dort festgelegten Anforderungen nicht erfüllt sind, oder nicht in einer vertretbaren Zeitspanne auf einen solchen Antrag reagiert hat;

c) 

die zuständigen Behörden keine Einigung auf die in Absatz 6 genannten Punkte erzielen können;

d) 

es eine Meinungsverschiedenheit in Bezug auf die gemäß den Artikeln 34, 35 und 42 zu treffenden Maßnahme gibt;

e) 

es eine Meinungsverschiedenheit in Bezug auf die gemäß Artikel 23 Absatz 6 zu treffenden Maßnahme gibt;

f) 

es eine Meinungsverschiedenheit in Bezug auf die Absatz 8 Unterabsatz 3 dieses Artikels zu treffenden Maßnahme gibt.

(10)  
Kann die Angelegenheit in den in Absatz 9 Buchstaben a, b, c, d und f genannten Fällen nicht innerhalb von 30 Tagen nach Befassung der ESMA beigelegt werden, trifft die zuständige Behörde des Administrators die endgültige Entscheidung und begründet sie gegenüber den zuständigen Behörden nach jenem Absatz und der ESMA ausführlich schriftlich.

Die in Artikel 34 Absatz 6 Buchstabe a genannte Frist wird ab der Befassung der ESMA so lange ausgesetzt, bis eine Entscheidung gemäß Unterabsatz 1 dieses Absatzes getroffen wird.

Ist die ESMA der Auffassung, dass die zuständige Behörde des Administrators eine Maßnahme gemäß Absatz 8 des vorliegenden Artikels ergriffen hat, die möglicherweise nicht dem Unionsrecht entspricht, wird sie in Einklang mit Artikel 17 der Verordnung (EU) Nr. 1095/2010 tätig.

(11)  
In den in Absatz 9 Buchstabe e des vorliegenden Artikels genannten Fällen und unbeschadet des Artikels 258 AEUV kann die ESMA im Rahmen der ihr durch Artikel 19 der Verordnung (EU) Nr. 1095/2010 übertragenen Befugnisse tätig werden.

Die Befugnis der zuständigen Behörde des Administrators gemäß Artikel 23 Absatz 6 kann bis zu dem Zeitpunkt ausgeübt werden, an dem die ESMA ihre Entscheidung veröffentlicht.