Aktualisiert 22/12/2024
In Kraft

Fassung vom: 14/11/2024
Änderungen (1)
Es gibt aktuell keinen Level 2 Rechtsakt, der auf Artikel 33a beruht oder ihn konkretisiert.
Suche im Rechtsakt

Artikel 33a - Befugnis zur Aussetzung bestimmter Pflichten

Artikel 33a

Befugnis zur Aussetzung bestimmter Pflichten

(1)  

Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Abwicklungsbehörden nach Anhörung der zuständigen Behörden, die zeitnah antworten, jede Zahlungs- oder Lieferverpflichtung, die sich aus Verträgen ergibt, zu deren Vertragsparteien die in Artikel 1 Absatz 1 Buchstabe b, c oder d genannten Institute oder Unternehmen gehören, aussetzen können, wenn alle folgenden Bedingungen erfüllt sind:

a) 

Es wurde festgestellt, dass das Institut oder Unternehmen gemäß Artikel 32 Absatz 1 Buchstabe a ausfällt oder auszufallen droht;

b) 

es gibt keine sofort verfügbare Maßnahme der Privatwirtschaft im Sinne von Artikel 32 Absatz 1 Buchstabe b, mit denen sich der Ausfall des Instituts oder Unternehmens abwenden ließe;

c) 

die Ausübung der Befugnis zur Aussetzung wird als erforderlich erachtet, um die weitere Verschlechterung der Finanzlage des Instituts oder des Unternehmens zu verhindern; und

d) 

die Ausübung der Befugnis zur Aussetzung ist erforderlich,

i) 

um entweder zu der in Artikel 32 Absatz 1 Buchstabe c vorgesehenen Feststellung zu gelangen oder

ii) 

um zu entscheiden, welche Abwicklungsmaßnahmen geeignet sind, oder um die wirksame Anwendung eines oder mehrerer Abwicklungsinstrumente sicherzustellen.

(2)  

Von der Befugnis gemäß Absatz 1 ausgenommen sind Zahlungs- und Lieferverpflichtungen gegenüber

a) 

Systemen oder Betreibern von Systemen, die gemäß der Richtlinie 98/26/EG benannt wurden,

b) 

zentralen Gegenparteien, die in der Union gemäß Artikel 14 der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 zugelassen sind, und zentralen Gegenparteien aus Drittländern, die von der ESMA gemäß Artikel 25 der genannten Verordnung anerkannt wurden,

c) 

Zentralbanken.

Die Abwicklungsbehörden setzen den Umfang der Befugnis nach Absatz 1 dieses Artikels unter Berücksichtigung der Umstände des einzelnen Falls fest. Insbesondere bewerten die Abwicklungsbehörden sorgfältig, ob die Ausweitung der Aussetzung auf erstattungsfähige Einlagen im Sinne der Begriffsbestimmung in Artikel 2 Absatz 1 Nummer 4 der Richtlinie 2014/49/EU, insbesondere auf gedeckte Einlagen, die von natürlichen Personen, Kleinstunternehmen sowie kleinen und mittleren Unternehmen gehalten werden, angemessen ist.

(3)  
Die Mitgliedstaaten können bestimmen, dass in den Fällen, in denen die Befugnis zur Aussetzung von Zahlungs- oder Lieferverpflichtungen im Hinblick auf erstattungsfähige Einlagen ausgeübt wird, die Abwicklungsbehörden sicherstellen, dass Einleger täglich Zugang zu einem angemessenen Betrag dieser Einlagen haben.
(4)  
Die Dauer der in Absatz 1 genannten Aussetzung muss so kurz wie möglich sein und geht nicht über den Zeitraum hinaus, den die Abwicklungsbehörde für die Zwecke des Absatzes 1 Buchstaben c und d für mindestens erforderlich hält, überschreitet aber keinesfalls den Zeitraum zwischen der öffentlichen Bekanntgabe der Aussetzung nach Absatz 8 und dem Ende (Mitternacht) des auf den Tag der Bekanntgabe folgenden Geschäftstags im Mitgliedstaat der für das Institut oder Unternehmen zuständigen Abwicklungsbehörde.

Nach Ablauf des in Unterabsatz 1 genannten Aussetzungszeitraums entfaltet die Aussetzung keine Wirkung mehr.

(5)  
Die Abwicklungsbehörden berücksichtigen bei der Ausübung einer Befugnis gemäß Absatz 1 des vorliegenden Artikels die möglichen Auswirkungen der Ausübung dieser Befugnis auf das ordnungsgemäße Funktionieren der Finanzmärkte und tragen den geltenden nationalen Rechtsvorschriften sowie aufsichtlichen und justiziellen Befugnissen Rechnung, um die Rechte von Gläubigern und deren Gleichbehandlung in regulären Insolvenzverfahren zu gewährleisten. Abwicklungsbehörden berücksichtigen insbesondere, ob möglicherweise infolge der Feststellung nach Artikel 32 Absatz 1 Buchstabe c nationale Insolvenzverfahren auf das Institut oder Unternehmen angewandt werden, und treffen die Vorkehrungen, die sie für zweckmäßig halten, um eine angemessene Abstimmung mit den nationalen Justiz- und Verwaltungsbehörden sicherzustellen.
(6)  
Werden im Rahmen eines Vertrags bestehende Zahlungs- oder Lieferverpflichtungen gemäß Absatz 1 ausgesetzt, so werden die Zahlungs- oder Lieferverpflichtungen jeder Gegenpartei dieses Vertrags für den gleichen Zeitraum ausgesetzt.
(7)  
Eine Zahlungs- oder Lieferverpflichtung, die während des Aussetzungszeitraums fällig geworden wäre, wird unmittelbar nach Ablauf dieses Zeitraums fällig.
(8)  
Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Abwicklungsbehörden das Institut oder das Unternehmen im Sinne von Artikel 1 Absatz 1 Buchstabe b, c oder d und die Behörden im Sinne von Artikel 83 Absatz 2 Buchstaben a bis h unverzüglich benachrichtigen, wenn sie die Befugnis nach Absatz 1 dieses Artikels ausüben, nachdem die Feststellung nach Artikel 32 Absatz 1 Buchstabe a getroffen wurde, dass das Institut ausfällt oder wahrscheinlich ausfällt, und bevor der Abwicklungsbeschluss getroffen wird.

Die Abwicklungsbehörde veröffentlicht die Anordnung oder das Instrument, durch die/das die Verpflichtungen gemäß diesem Artikel ausgesetzt werden, sowie die Bedingungen und Dauer der Aussetzung auf dem in Artikel 83 Absatz 4 genannten Wege, oder sie veranlasst deren Veröffentlichung.

(9)  
Dieser Artikel gilt unbeschadet der nationalen Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten, mit denen Befugnisse zur Aussetzung von Zahlungs- oder Lieferverpflichtungen der Institute und Unternehmen gemäß Absatz 1 dieses Artikels übertragen werden, bevor eine Feststellung nach Artikel 32 Absatz 1 Buchstabe a getroffen wurde, dass diese Institute oder Unternehmen ausfallen oder wahrscheinlich ausfallen, oder die für Institute oder Unternehmen gelten, die nach dem regulären Insolvenzverfahren liquidiert werden sollen, und die den Umfang und die Dauer gemäß diesem Artikel überschreiten. Solche Befugnisse werden entsprechend dem Umfang, der Dauer und den Voraussetzungen des betreffenden nationalen Rechts ausgeübt. Die in diesem Artikel vorgesehenen Voraussetzungen berühren nicht die Voraussetzungen in Bezug auf solche Befugnisse zur Aussetzung von Zahlungs- oder Lieferverpflichtungen.
(10)  

Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass eine Abwicklungsbehörde, wenn sie gemäß Absatz 1 dieses Artikels die Befugnis zur Aussetzung von Zahlungs- oder Lieferverpflichtungen in Bezug auf ein Institut oder Unternehmen im Sinne von Artikel 1 Absatz 1 Buchstabe b, c oder d ausübt, für die Dauer dieser Aussetzung auch die Befugnis ausüben kann,

a) 

die Rechte abgesicherter Gläubiger des Instituts oder Unternehmens die Durchsetzung von Sicherungsrechten in Bezug auf beliebige Vermögenswerte dieses Instituts oder Unternehmens für denselben Zeitraum zu beschränken, in welchem Fall die Bestimmungen des Artikels 70 Absätze 2, 3 und 4 gelten und

b) 

Kündigungsrechte einer Partei eines Vertrags mit diesem Institut oder Unternehmen für denselben Zeitraum auszusetzen, in welchem Fall die Bestimmungen des Artikels 71 Absätze 2 bis 8 gelten.

(11)  
Falls eine Abwicklungsbehörde die Befugnis zur Aussetzung von Zahlungs- oder Lieferverpflichtungen unter den in Absatz 1 oder 10 dieses Artikels festgelegten Umständen ausgeübt hat, nachdem sie die Feststellung nach Artikel 32 Absatz 1 Buchstabe a getroffen hat, dass ein Institut oder Unternehmen ausfällt oder wahrscheinlich ausfällt, und falls daraufhin eine Abwicklungsmaßnahme in Bezug auf dieses Institut oder Unternehmen getroffen wird, so übt die Abwicklungsbehörde ihre Befugnisse gemäß Artikel 69 Absatz 1, Artikel 70 Absatz 1 oder Artikel 71 Absatz 1 in Bezug auf dieses Institut oder Unternehmen nicht aus.