Aktualisiert 22/12/2024
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Artikel 12 - Spezifische Faktoren im Zusammenhang mit der Schätzung und Abzinsung der erwarteten Zahlungsströme

Artikel 12

Spezifische Faktoren im Zusammenhang mit der Schätzung und Abzinsung der erwarteten Zahlungsströme

(1)   Zur Schätzung der Zahlungsströme bestimmt der Bewerter unter Nutzung von Expertenwissen die wesentlichen Merkmale der zu bemessenden Vermögenswerte oder Verbindlichkeiten. Auch bei der Beurteilung, wie die Fortführung, die potenzielle Erneuerung oder Refinanzierung, der Abbau oder die Veräußerung dieser Vermögenswerte oder Verbindlichkeiten diese Zahlungsströme beeinflussen, nutzt der Bewerter Expertenwissen.

(2)   Ist in der Abwicklungsmaßnahme vorgesehen, dass ein Unternehmen einen Vermögenswert oder eine Verbindlichkeit weiter hält oder einen Geschäftsbereich fortführt, kann der Bewerter Faktoren berücksichtigen, die sich potenziell auf künftige Zahlungsströme auswirken, darunter

a)

Änderungen der zum Bewertungszeitpunkt geltenden Annahmen oder Erwartungen, die mit langfristigen historischen Trends vereinbar sind und sich auf einen angemessenen Zeitraum beziehen, der der geplanten Haltedauer von Vermögenswerten oder dem Zeitraum für die Sanierung des Unternehmens entspricht, oder

b)

zusätzliche oder alternative Bewertungsgrundlagen oder -methoden, die vom Bewerter — und zwar auch im Rahmen der Bewertung des Eigenkapitalwerts der Anteile nach der Umwandlung — als geeignet erachtet werden und im Einklang mit dieser Verordnung stehen.

(3)   Bei Gruppen von Vermögenswerten und Verbindlichkeiten bzw. Geschäftsbereichen, die abgebaut werden sollen, berücksichtigt der Bewerter Kosten und Nutzen des Abbaus.

(4)   Befindet sich ein Unternehmen in einer Lage, in der es einen Vermögenswert nicht halten oder einen Geschäftsbereich nicht fortführen kann, oder erachtet die Abwicklungsbehörde aus anderen Gründen eine Veräußerung für notwendig, um die Abwicklungsziele zu erreichen, beziehen sich die erwarteten Zahlungsströme auf die innerhalb eines bestimmten Veräußerungszeitraums erwarteten Veräußerungswerte.

(5)   Der Veräußerungswert wird vom Bewerter auf der Grundlage der Zahlungsströme — abzüglich der Veräußerungskosten und des erwarteten Wertes etwaiger Sicherheiten — bestimmt, die das Unternehmen unter den derzeit vorherrschenden Marktbedingungen bei einer ordnungsgemäßen Veräußerung oder Übertragung von Vermögenswerten oder Verbindlichkeiten nach vernünftigem Ermessen erwarten kann. Gegebenenfalls kann der Bewerter unter Berücksichtigung der im Rahmen des Abwicklungskonzepts zu ergreifenden Maßnahmen den Veräußerungswert bestimmen, indem er auf den beobachtbaren Marktpreis dieser Veräußerung oder Übertragung einen Abschlag anwendet, um einem möglichen Preisnachlass bei einer beschleunigten Veräußerung Rechnung zu tragen. Zur Bestimmung des Veräußerungswertes von Vermögenswerten, für die es keinen liquiden Markt gibt, zieht der Bewerter beobachtbare Preise an Märkten heran, an denen ähnliche Vermögenswerte gehandelt werden, oder Modellrechnungen mithilfe beobachtbarer Marktparameter, wobei aufgrund der Illiquidität gegebenenfalls Abschläge anzuwenden sind.

(6)   Der Bewerter berücksichtigt Faktoren, die sich auf Veräußerungswerte und -zeiträume auswirken könnten, darunter

a)

die bei ähnlichen Transaktionen beobachteten Veräußerungswerte und -zeiträume, die so angepasst wurden, dass sie den unterschiedlichen Geschäftsmodellen und Finanzstrukturen der Parteien dieser Transaktionen Rechnung tragen;

b)

speziell für die beteiligten Parteien oder eine bestimmten Gruppe von Marktteilnehmern geltende Vor- und Nachteile einer bestimmten Transaktion;

c)

besondere Merkmale eines Vermögenswertes oder eines Geschäftsbereichs, die möglicherweise nur für einen potenziellen Käufer oder einer bestimmte Gruppe von Marktteilnehmern von Bedeutung sind;

d)

die wahrscheinlichen Auswirkungen erwarteter Veräußerungen auf den Franchise-Wert des Unternehmens.

(7)   Wird im Hinblick auf die Verwendung des Instruments der Unternehmensveräußerung oder des Instruments des Brückeninstituts der Unternehmenswert ermittelt, kann der Bewerter angemessene Erwartungen für den Franchise-Wert heranziehen. Zu diesen Erwartungen für den Franchise-Wert gehören auch die Erwartungen, die sich aus einer Erneuerung der Vermögenswerte, einer Refinanzierung eines offenen Portfolios oder aus der Fortsetzung oder Wiederaufnahme der Geschäftstätigkeit im Rahmen der Abwicklungsmaßnahmen ergeben.

(8)   Kommt ein Bewerter zu dem Schluss, dass nach vernünftigem Ermessen keine realistischen Aussichten für die Veräußerung eines Vermögenswertes oder Geschäftsbereichs bestehen, muss er den Veräußerungswert nicht bestimmen, schätzt die entsprechenden Zahlungsströme jedoch auf der Grundlage der jeweiligen Aussichten für die Fortsetzung oder den Abbau. Diese Bestimmung gilt nicht für das Instrument der Ausgliederung von Vermögenswerten oder das Instrument der Unternehmensveräußerung.

(9)   Bei der Bewertung von Teilen einer Gruppe von Vermögenswerten oder eines Geschäftsbereichs, die voraussichtlich im Rahmen eines regulären Insolvenzverfahrens liquidiert werden, kann der Bewerter die Veräußerungswerte und -zeiträume heranziehen, die bei Auktionen von Vermögenswerten ähnlicher Art und Beschaffenheit festgestellt werden. Bei der Ermittlung der erwarteten Zahlungsströme ist der Illiquidität, dem Fehlen zuverlässiger Inputdaten für die Bestimmung der Veräußerungswerte und der sich daraus ergebenden Notwendigkeit Rechnung zu tragen, auf Bewertungsmethoden zurückzugreifen, die auf nicht beobachtbaren Inputdaten beruhen.