Aktualisiert 21/12/2024
In Kraft

Fassung vom: 09/04/2021
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Artikel 6 - Risikoselbstbehalt

Artikel 6

Risikoselbstbehalt

(1)  
Der Originator, Sponsor oder ursprüngliche Kreditgeber einer Verbriefung behält kontinuierlich einen materiellen Nettoanteil von mindestens 5 % an dieser Verbriefung. Dieser Anteil wird bei der Originierung gemessen und für außerbilanzielle Posten durch den Nominalwert bestimmt. Wenn Originator, Sponsor oder ursprünglicher Kreditgeber sich untereinander nicht darüber geeinigt haben, wer den materiellen Nettoanteil halten wird, so hält der Originator den materiellen Nettoanteil. Die Vorschriften über den Selbstbehalt dürfen bei einer Verbriefung nicht mehrfach zur Anwendung gebracht werden. Der materielle Nettoanteil darf nicht auf Träger unterschiedlicher Art aufgeteilt werden und nicht Gegenstand von Maßnahmen der Kreditrisikominderung oder -absicherung sein.

Für die Zwecke dieses Artikels wird ein Unternehmen nicht als Originator betrachtet, wenn es für den alleinigen Zweck der Verbriefung von Risikopositionen gegründet wurde oder ausschließlich zu diesem Zweck tätig ist.

Bei der Berechnung des materiellen Nettoanteils muss der Träger alle Gebühren, die in der Praxis verwendet werden können, um den tatsächlichen materiellen Nettoanteil zu verringern, berücksichtigen.

Bei traditionellen NPE-Verbriefungen kann die in diesem Absatz genannte Anforderung auch vom Forderungsverwalter erfüllt werden, sofern der Forderungsverwalter nachweisen kann, dass er über Erfahrung mit der Verwaltung von Risikopositionen, die den verbrieften Risikopositionen ähneln, und über gut dokumentierte und angemessene Strategien, Verfahren und Kontrollen des Risikomanagements für die Verwaltung von Risikopositionen verfügt.

(2)  
Originatoren dürfen die Vermögenswerte, die auf eine Verbriefungszweckgesellschaft übertragen werden sollen, nicht mit dem Ziel auswählen, dass die Verluste bei den auf die Verbriefungszweckgesellschaft übertragenen Vermögenswerten, gemessen während der Laufzeit der Transaktion oder während eines Zeitraums von höchstens vier Jahren, wenn die Laufzeit der Transaktion mehr als vier Jahre beträgt, höher sind als die im gleichen Zeitraum anfallenden Verluste bei vergleichbaren Vermögenswerten, die in der Bilanz des Originators ausgewiesen werden. Sollte die zuständige Behörde Nachweise für einen möglichen Verstoß gegen dieses Verbot finden, so untersucht sie die Wertentwicklung der Vermögenswerte, die auf die Verbriefungszweckgesellschaft übertragen wurden, und jene der vergleichbaren Vermögenswerte, die in der Bilanz des Originators ausgewiesen werden. Sollte die Wertentwicklung der übertragenen Vermögenswerte deutlich niedriger sein als jene der vergleichbaren Vermögenswerte, die in der Bilanz des Originators ausgewiesen werden, und dies auf den Vorsatz des Originators zurückzuführen sein, verhängt die zuständige Behörde eine Sanktion gemäß den Artikeln 32 und 33.
(3)  

Lediglich folgende Fälle gelten als Halten eines materiellen Nettoanteils von mindestens 5 % im Sinne des Absatzes 1:

a) 

das Halten eines Anteils von mindestens 5 % des Nominalwerts jeder der an Anleger veräußerten oder übertragenen Tranchen;

b) 

bei revolvierenden Verbriefungen oder Verbriefungen revolvierender Risikopositionen das Halten eines Originator-Anteils von mindestens 5 % des Nominalwerts jeder verbrieften Risikoposition;

c) 

das Halten eines Anteils von nach dem Zufallsprinzip ausgewählten Risikopositionen, der mindestens 5 % des Nominalwerts der verbrieften Risikopositionen entspricht, wenn diese nicht verbrieften Risikopositionen ansonsten im Rahmen der Verbriefung verbrieft worden wären, sofern die Zahl der potenziell verbrieften Risikopositionen bei der Originierung mindestens 100 beträgt;

d) 

das Halten der Erstverlust-Tranche und — wenn dadurch nicht 5 % des Nominalwerts der verbrieften Risikopositionen gehalten werden — erforderlichenfalls weiterer Tranchen, die das gleiche oder ein höheres Risikoprofil aufweisen und nicht früher fällig werden als die auf die Anleger übertragenen oder an sie veräußerten Tranchen, sodass der insgesamt gehaltene Anteil mindestens 5 % des Nominalwerts der verbrieften Risikopositionen entspricht; oder

e) 

das Halten einer Erstverlust-Position von mindestens 5 % jeder verbrieften Risikoposition in der Verbriefung.

(3a)  
Abweichend von Absatz 3 muss der gehaltene materielle Nettoanteil für die Zwecke dieses Absatzes bei NPE-Verbriefungen, bei denen ein nicht erstattungsfähiger Kaufpreisabschlag vereinbart wurde, mindestens 5 % der Summe des Nettowerts der verbrieften Risikopositionen betragen, die als notleidende Risikopositionen gelten, und gegebenenfalls des Nominalwerts etwaiger nicht notleidender verbriefter Risikopositionen betragen.

Der Nettowert einer notleidenden Risikoposition wird aus dem Abzug des zum Zeitpunkt der Originierung auf der Ebene der einzelnen verbrieften Risikoposition vereinbarten nicht erstattungsfähigen Kaufpreisabschlags oder gegebenenfalls eines entsprechenden Anteils des auf der Ebene des Pools zugrunde liegender Risikopositionen vereinbarten nicht erstattungsfähigen Kaufpreisabschlags vom Nominalwert der Risikoposition oder gegebenenfalls von ihrem ausstehenden Wert zum Zeitpunkt der Originierung berechnet. Darüber hinaus kann für die Zwecke der Bestimmung des Nettowerts der verbrieften notleidenden Risikopositionen der nicht erstattungsfähige Kaufpreisabschlag die Differenz zwischen dem Nominalbetrag der vom Originator für einen späteren Verkauf übernommenen Tranchen der NPE-Verbriefung und dem Preis umfassen, zu dem diese Tranchen erstmals unbeteiligten Dritten verkauft werden.

(4)  
Verbrieft eine gemischte Finanzholdinggesellschaft mit Sitz in der Union im Sinne der Richtlinie 2002/87/EG des Europäischen Parlaments und des Rates ( 4 ), ein Mutterinstitut oder eine Finanzholdinggesellschaft mit Sitz in der Union oder eines ihrer Tochterunternehmen im Sinne der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 als Originator oder Sponsor Risikopositionen von einem oder mehreren Kreditinstituten, Wertpapierfirmen oder anderen Finanzinstituten, die in die Beaufsichtigung auf konsolidierter Basis einbezogen sind, so können die Anforderungen nach Absatz 1 auf der Grundlage der konsolidierten Lage des betreffenden Mutterinstituts, der betreffenden Finanzholdinggesellschaft oder der gemischten Finanzholdinggesellschaft mit Sitz in der Union erfüllt werden.

Unterabsatz 1 findet nur dann Anwendung, wenn die Kreditinstitute, Wertpapierfirmen oder Finanzinstitute, die die verbrieften Risikopositionen begründet haben, die Anforderungen nach Artikel 79 der Richtlinie 2013/36/EU des Europäischen Parlaments und des Rates ( 5 ) erfüllen und dem Originator oder Sponsor und dem Mutterinstitut der Union, der Finanzholdinggesellschaft oder der gemischten Finanzholdinggesellschaft mit Sitz in der Union rechtzeitig die zur Erfüllung der Anforderungen nach Artikel 5 dieser Verordnung erforderlichen Informationen übermitteln.

(5)  

Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn es sich bei den verbrieften Risikopositionen um Risikopositionen handelt, die gegenüber folgenden Einrichtungen bestehen oder von diesen vollständig, bedingungslos und unwiderruflich garantiert werden:

a) 

Zentralstaaten oder Zentralbanken,

b) 

regionalen und lokalen Gebietskörperschaften und öffentlichen Stellen der Mitgliedstaaten im Sinne des Artikels 4 Absatz 1 Nummer 8 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013,

c) 

Instituten, denen nach Teil 3 Titel II Kapitel 2 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 ein Risikogewicht von höchstens 50 % zugewiesen wird,

d) 

nationalen Förderbanken oder -instituten im Sinne des Artikels 2 Nummer 3 der Verordnung (EU) 2015/1017 des Europäischen Parlaments und des Rates ( 6 );

e) 

den in Artikel 117 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 genannten multilateralen Entwicklungsbanken.

(6)  
Absatz 1 gilt nicht für Transaktionen, die auf einem klaren, transparenten und zugänglichen Index basieren, wobei die zugrunde liegenden Referenzeinheiten mit denen identisch sind, die einen stark gehandelten Index von Einheiten bilden, oder andere handelbare Wertpapiere darstellen, bei denen es sich nicht um Verbriefungspositionen handelt.
(7)  

Die EBA arbeitet in enger Zusammenarbeit mit der ESMA und der Europäischen Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung (EIOPA), die durch die Verordnung (EU) Nr. 1094/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates ( 7 ) errichtet wurde, Entwürfe technischer Regulierungsstandards zur näheren Präzisierung der Anforderung in Bezug auf den Risikoselbstbehalt aus, insbesondere im Hinblick auf:

a) 

die Modalitäten für das Halten von Risiken nach Absatz 3, einschließlich der Einhaltung der Auflagen durch eine synthetische oder Eventual-Halteform,

b) 

die Messung der in Absatz 1 genannten Höhe des Selbstbehalts,

c) 

das Verbot der Absicherung oder Veräußerung des gehaltenen Anteils,

d) 

die Voraussetzungen für den Selbstbehalt auf konsolidierter Basis nach Absatz 4,

e) 

die Voraussetzungen für die Ausnahme von Transaktionen, die auf einem klaren, transparenten und zugänglichen Index nach Absatz 6 basieren.

f) 

die Modalitäten für das Behalten von Risiken gemäß den Absätzen 3 und 3a im Falle von NPE-Verbriefungen;

g) 

die Auswirkungen der an den Träger gezahlten Gebühren auf den tatsächlichen materiellen Nettoanteil im Sinne von Absatz 1.

EBA übermittelt der Kommission diese Entwürfe für technische Regulierungsstandards bis zum 10. Oktober 2021.

Der Kommission wird die Befugnis übertragen, diese Verordnung durch Erlass der in diesem Absatz genannten technischen Regulierungsstandards gemäß den Artikeln 10 bis 14 der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 zu ergänzen.


( 4 ) Richtlinie 2002/87/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2002 über die zusätzliche Beaufsichtigung der Kreditinstitute, Versicherungsunternehmen und Wertpapierfirmen eines Finanzkonglomerats und zur Änderung der Richtlinien 73/239/EWG, 79/267/EWG, 92/49/EWG, 92/96/EWG, 93/6/EWG und 93/22/EWG des Rates und der Richtlinien 98/78/EG und 2000/12/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L 35 vom 11.2.2003, S. 1).

( 5 ) Richtlinie 2013/36/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über den Zugang zur Tätigkeit von Kreditinstituten und die Beaufsichtigung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen, zur Änderung der Richtlinie 2002/87/EG und zur Aufhebung der Richtlinien 2006/48/EG und 2006/49/EG (ABl. L 176 vom 27.6.2013, S. 338).

( 6 ) Verordnung (EU) 2015/1017 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Juni 2015 über den Europäischen Fonds für strategische Investitionen, die europäische Plattform für Investitionsberatung und das europäische Investitionsvorhabenportal sowie zur Änderung der Verordnungen (EU) Nr. 1291/2013 und (EU) Nr. 1316/2013 — der Europäische Fonds für strategische Investitionen (ABl. L 169 vom 1.7.2015, S. 1).

( 7 ) Verordnung (EU) Nr. 1094/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 zur Errichtung einer Europäischen Aufsichtsbehörde (Europäische Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung), zur Änderung des Beschlusses Nr. 716/2009/EG und zur Aufhebung des Beschlusses 2009/79/EG der Kommission (ABl. L 331 vom 15.12.2010, S. 48).