29.1.2024 |
DELEGIERTE VERORDNUNG (EU) 2024/397 DER KOMMISSION
vom 20. Oktober 2023
zur Ergänzung der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates durch technische Regulierungsstandards für die Berechnung des Stressszenario-Risikomaßes
(Text von Bedeutung für den EWR)
DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —
gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,
gestützt auf die Verordnung (EU) Nr. 575/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über Aufsichtsanforderungen an Kreditinstitute und Wertpapierfirmen und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 (1), insbesondere auf Artikel 325bk Absatz 3 Unterabsatz 4,
in Erwägung nachstehender Gründe:
(1) |
Um unter den Instituten in der Union gleiche Wettbewerbsbedingungen zu gewährleisten und Regulierungsarbitrage so gering wie möglich zu halten, sollten die Methoden für die Entwicklung extremer Szenarien künftiger Schocks für nicht modellierbare Risikofaktoren auf den im Januar 2019 vom Basler Ausschuss für Bankenaufsicht (BCBS) vereinbarten internationalen Standards (Baseler Rahmenwerk) beruhen und die Wesentlichkeit der Eigenkapitalanforderungen für nicht modellierbare Risikofaktoren berücksichtigen. Deshalb sollten spezifische und detaillierte Methoden für die Entwicklung extremer Szenarien künftiger Schocks für nicht modellierbare Risikofaktoren festgelegt werden. |
(2) |
Die Datenqualität und die Zahl der Beobachtungen, die für die Bestimmung künftiger Schocks für nicht modellierbare Risikofaktoren zur Verfügung stehen, können von einem modellierbaren Risikofaktor zum anderen sehr unterschiedlich sein. Es sollte deshalb sichergestellt werden, dass extreme Szenarien künftiger Schocks ein breites Spektrum von Fällen abdecken. Aus diesem Grund ist es erforderlich, den Instituten alternative Methoden an die Hand zu geben, die sie je nach Qualität und Zahl der Beobachtungen, die für den einzelnen nicht modellierbaren Risikofaktor verfügbar sind, verwenden können. Die Institute sollten in ihren Berechnungen auch dem Umstand Rechnung tragen, dass Schätzungen oder Werte, die für die Bestimmung extremer Szenarien künftiger Schocks verwendet werden, bei einer geringeren Menge an verfügbaren Daten weniger sicher sind; sie sollten deshalb konservativer sein. |
(3) |
Eine Methode zur Bestimmung des extremen Szenarios künftiger Schocks für nicht modellierbare Risikofaktoren, die sich durch ihre Genauigkeit auszeichnet, besteht in der direkten Berechnung des Expected Shortfalls für die Verluste, die sich ergäben, wenn der Schock mit den in der relevanten Stressphase beobachteten historischen Niveaus auf den nicht modellierbaren Risikofaktor angewandt würde. Eine solche Methode würde jedoch nur dann zuverlässige Ergebnisse liefern, wenn das Institut über eine signifikante Datenmenge für die Stressphase verfügte; außerdem würde sie eine Vielzahl von Verlustberechnungen für die einzelnen Risikofaktoren erfordern und zu einem hohen Rechenaufwand führen. Es sollte deshalb eine alternative Methode vorgesehen werden, die eine erheblich geringere Anzahl an Verlustberechnungen erfordert und einem schrittweisen Ansatz folgt. Nach der alternativen Methode sollten die Institute zuerst den Expected Shortfall für die für den betreffenden nicht modellierbaren Risikofaktor beobachtete Rendite und danach den Verlust, der der mittels des Expected Shortfalls ermittelten Veränderung des Risikofaktors entspricht, berechnen. Ein solches schrittweises Vorgehen sollte auch dem besonderen Fall gerecht werden, dass für einen nicht modellierbaren Risikofaktor nicht genügend Beobachtungen in der Stressphase vorliegen, um zu einer genauen und vorsichtigen Schätzung gelangen zu können. Da zu erwarten ist, dass dies nur eine eingeschränkte Zahl an Fällen betreffen wird, sollte in diesen Fällen auf Methoden zurückgegriffen werden, die die Institute für andere nicht modellierbare Risikofaktoren, für die sie mehr Beobachtungen haben, implementiert haben oder, soweit möglich, auf den alternativen standardisierten Ansatz. |
(4) |
Nach dem Baseler Rahmenwerk sind die marktrisikobezogenen Eigenmittelanforderungen für nicht modellierbare Risikofaktoren in Bezug auf eine Stressphase zu kalibrieren, die für alle nicht modellierbaren Risikofaktoren, die derselben Risikofaktorgruppe angehören, dieselbe ist. Zur Bestimmung extremer Szenarien künftiger Schocks auf Grundlage der in dem festgelegten Zeitraum beobachteten Daten sollten die Institute für die betreffende Stressphase Daten für nicht modellierbare Risikofaktoren sammeln. |
(5) |
Damit gewährleistet ist, dass die Institute in der Union die Stressszenario-Risikomaße auf harmonisierte Weise berechnen, ist es erforderlich, das Verfahren für die Ermittlung der Stressphase vorzugeben. Diese Vorgaben sollten dem Zweck angemessen sein und weder übermäßigen Rechenaufwand noch die Implementierung spezifischer Preisbildungsmethoden erfordern. Für das Finanzsystem war die weltweite Finanzkrise 2007-2008 ein bedeutendes Stressereignis. Die festzulegende Stressphase sollte daher mindestens am 1. Januar 2007 beginnen. Die Institute sollten die Stressphase in regelmäßigen Abständen überprüfen, damit gewährleistet ist, dass die Stressphase für das Handelsbuch des Instituts weiterhin relevant ist. Um den Verwaltungsaufwand für die Institute in Grenzen zu halten, sollte allerdings lediglich verlangt werden, dass die Häufigkeit dieser Überprüfungen demselben vierteljährlichen Abstand folgt wie die entsprechenden aufsichtlichen Meldungen. |
(6) |
Nach dem Baseler Rahmenwerk müssen die Institute für die Bestimmung extremer Szenarien künftiger Schocks die Preisbildungsmethoden ihres Risikomessmodells verwenden, weil diese Methoden im Zusammenhang mit Rückvergleichen und Gewinn- und Verlustzuweisung verwendet werden. Es könnte Szenarien künftiger Schocks geben, für die der entsprechende Verlust bei einigen Finanzinstrumenten oder Warenpositionen nicht nach derartigen Preisbildungsmethoden bestimmt werden kann. Ist dies der Fall, sollten die Institute eine vorsichtige Bewertung vornehmen und nur auf die Instrumente abzielen, die von der fehlerhaften Bepreisung betroffen sind. Die Methoden, die die Institute in Bezug auf derartige Fälle anwenden, müssen die Ergebnisse der in der Delegierten Verordnung (EU) 2022/2059 der Kommission (2) vorgeschriebenen Rückvergleiche und Gewinn- und Verlustzuweisung unberührt lassen. |
(7) |
Nach Artikel 325bk Absatz 3 Unterabsatz 2 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 müssen die Eigenmittelanforderungen für das Marktrisiko für einen nicht modellierbaren Risikofaktor genauso hoch sein wie der in Artikel 325bb der Verordnung genannte Expected Shortfall für diesen Risikofaktor, d. h. der Expected Shortfall der Verluste bei einem Konfidenzniveau von 97,5 % in der Stressphase. Die statistischen Schätzfunktionen und die Parameter für die Bestimmung des Expected Shortfalls sollten deshalb so bestimmt werden, dass das betreffende Konfidenzniveau erreicht wird. |
(8) |
Nach dem Baseler Rahmenwerk sollte das vorgeschriebene extreme Szenario künftiger Schocks dasjenige sein, das bei Veränderung des nicht modellierbaren Risikofaktors zum höchstmöglichen Verlust führt. Deshalb sollte für Fälle, in denen der höchstmögliche Verlust nicht endlich ist, vorgegeben werden, was Institute als höchstmöglichen Verlust ansehen sollten. |
(9) |
Zur Wahrung der Kohärenz mit dem Baseler Rahmenwerk sollten die Institute das Stressszenario-Risikomaß für mehr als einen nicht modellierbaren Risikofaktor bestimmen können, soweit diese nicht modellierbaren Risikofaktoren Teil einer Kurve oder Fläche sind und derselben in der Delegierten Verordnung (EU) 2022/2060 der Kommission (3) genannten nicht modellierbaren Unterklasse angehören, wobei dies unter der Voraussetzung gilt, dass die Institute deren Modellierbarkeit nach dem in der genannten Delegierten Verordnung vorgesehenen standardisierten Bucket-Ansatz bewertet haben. Den Instituten sollte deshalb nur unter diesen Bedingungen gestattet sein, für mehr als einen nicht modellierbaren Risikofaktor ein einziges Stressszenario-Risikomaß zu berechnen. |
(10) |
Zur Sicherstellung der Adäquanz der Eigenmittelanforderungen für nicht modellierbare Risikofaktoren mit den Risikoprofilen der Institute sollten die Institute in der Aggregation der Stressszenario-Risikomaße diejenigen Risiken berücksichtigen, die nicht schon bei der Bestimmung des extremen Szenarios künftiger Schocks erfasst wurden, einschließlich der Liquiditätshorizonte der nicht modellierbaren Risikofaktoren. Zur Gewährleistung gleicher Wettbewerbsbedingungen sollten die Stressszenario-Risikomaße nach der im Baseler Rahmenwerk vereinbarten Aggregationsformel aggregiert werden. |
(11) |
Die vorliegende Verordnung beruht auf dem Entwurf technischer Regulierungsstandards, der der Kommission von der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde übermittelt wurde. |
(12) |
Die Europäische Bankenaufsichtsbehörde hat zu diesem Entwurf öffentliche Konsultationen durchgeführt, die damit verbundenen potenziellen Kosten- und Nutzeneffekte analysiert und die Stellungnahme der nach Artikel 37 der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates (4) eingesetzten Interessengruppe Bankensektor eingeholt — |
HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:
(1) ABl. L 176 vom 27.6.2013, S. 1.
(2) Delegierte Verordnung (EU) 2022/2059 der Kommission vom 14. Juni 2022 zur Ergänzung der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates durch technische Regulierungsstandards zur Spezifizierung der technischen Einzelheiten der Anforderungen an Rückvergleiche und die Gewinn- und Verlustzuweisung gemäß den Artikeln 325bf und 325bg der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 (ABl. L 276 vom 26.10.2022, S. 47).
(3) Delegierte Verordnung (EU) 2022/2060 der Kommission vom 14. Juni 2022 zur Ergänzung der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates durch technische Regulierungsstandards zur Festlegung der Kriterien für die Bewertung der Modellierbarkeit von Risikofaktoren im Rahmen des auf einem internen Modell basierenden Ansatzes (IMA) und zur Festlegung der Häufigkeit dieser Bewertung gemäß Artikel 325be Absatz 3 der Verordnung (ABl. L 276 vom 26.10.2022, S. 60).
(4) Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 zur Errichtung einer Europäischen Aufsichtsbehörde (Europäische Bankenaufsichtsbehörde), zur Änderung des Beschlusses Nr. 716/2009/EG und zur Aufhebung des Beschlusses 2009/78/EG der Kommission (ABl. L 331 vom 15.12.2010, S. 12).