Aktualisiert 22/10/2024
In Kraft

Fassung vom: 28/03/2024
Änderungen (18)
Suche im Rechtsakt

Artikel 9 - Ausnahmen für Schuldverschreibungen, strukturierte Finanzprodukte, Emissionszertifikate, Derivate und Auftragspakete

Artikel 9

Ausnahmen für Schuldverschreibungen, strukturierte Finanzprodukte, Emissionszertifikate, Derivate und Auftragspakete

(1)  

 Die zuständigen Behörden können Marktbetreiber und Wertpapierfirmen, die einen Handelsplatz betreiben, in den folgenden Fällen von der Pflicht zur Veröffentlichung der Angaben gemäß Artikel 8 Absatz 1, Artikel 8a Absätze 1 und 2 und Artikel 8b Absatz 1 ausnehmen:

a) 

bei im Vergleich zum marktüblichen Geschäftsumfang großen Aufträgen und bei Aufträgen, die mittels eines Auftragsverwaltungssystems des Handelsplatzes getätigt werden, solange die Veröffentlichung noch nicht erfolgt ist;

c) 

bei OTC-Derivaten, die nicht der in Artikel 28 festgelegten Pflicht zum Handel unterliegen und für die kein liquider Markt besteht, sowie bei anderen Finanzinstrumenten, für die kein liquider Markt besteht;

d) 

bei Aufträgen zur Ausführung eines Exchange for Physical;

e) 

bei Auftragspaketen, die eine der folgenden Bedingungen erfüllen:

i) 

mindestens einer der Teilaufträge betrifft ein Finanzinstrument, für das kein liquider Markt besteht, es sei denn, es besteht ein liquider Markt für das Auftragspaket als Ganzes;

ii) 

mindestens einer der Teilaufträge hat ein großes Volumen im Vergleich zum marktüblichen Geschäftsumfang, es sei denn, es besteht ein liquider Markt für das Auftragspaket als Ganzes.

(2)  
Vor der Gewährung einer Ausnahme nach Absatz 1 unterrichten die zuständigen Behörden die ESMA sowie andere zuständige Behörden über ihre jeweilige Absicht, eine individuelle Ausnahme zu gewähren, und erläutern die Handhabung der jeweiligen Ausnahme. Die Absicht zur Gewährung einer Ausnahme ist spätestens vier Monate vor deren Inkrafttreten bekannt zu geben. Binnen zwei Monaten nach Erhalt der Meldung gibt die ESMA eine Stellungnahme an die jeweils zuständige Behörde ab, in der die Vereinbarkeit der Ausnahme mit den Anforderungen bewertet wird, die in Absatz 1 festgelegt sind und in den gemäß Absatz 5 zu erlassenden technischen Regulierungsstandards festgelegt werden. Gewährt eine zuständige Behörde eine Ausnahme, und eine zuständige Behörde eines anderen Mitgliedstaats ist damit nicht einverstanden, kann die betreffende zuständige Behörde die ESMA erneut mit der Angelegenheit befassen. Diese kann sodann im Rahmen der ihr durch Artikel 19 der Verordnung (EU) Nr. 1095/2010 übertragenen Befugnisse tätig werden. Die ESMA überwacht die Anwendung der Ausnahmen und legt der Kommission jährlich einen Bericht über ihre Anwendung in der Praxis vor.
(2a)  
Die zuständigen Behörden können die Verpflichtung gemäß Artikel 8b Absatz 1 für jeden einzelnen Teilauftrag eines Auftragspakets aufheben.
(3)  
 Die zuständigen Behörden können entweder von sich aus oder auf Antrag anderer zuständiger Behörden oder der ESMA eine nach Absatz 1 gewährte Ausnahme zurücknehmen, wenn sie feststellen, dass die Ausnahme in einer Weise genutzt wird, die von ihrem ursprünglichen Zweck abweicht, oder wenn sie zu der Auffassung gelangen, dass die Ausnahme genutzt wird, um die in diesem Artikel festgelegten Anforderungen zu umgehen.

Die zuständigen Behörden unterrichten die ESMA und die anderen zuständigen Behörden unverzüglich, und bevor sie Wirkung entfaltet, von der Rücknahme einer Ausnahme und begründen dies ausführlich.

(4)  
 Eine zuständige Behörde, die einen oder mehrere Handelsplätze beaufsichtigt, an dem bzw. denen eine Kategorie von Schuldverschreibungen, strukturierten Finanzprodukten, Emissionszertifikaten oder Derivaten gehandelt wird, kann die Pflichten gemäß Artikel 8 vorübergehend aussetzen, wenn die Liquidität dieser Kategorie von Finanzinstrumenten unter einen vorgegebenen Schwellenwert fällt. Dieser vorgegebene Schwellenwert wird auf der Grundlage objektiver Kriterien, die für den Markt für das betreffende Finanzinstrument typisch sind, festgelegt. Die Bekanntgabe einer solchen vorübergehenden Aussetzung ist auf der Website der jeweils zuständigen Behörde zu veröffentlichen und der ESMA mitzuteilen. Die ESMA veröffentlicht diese vorübergehende Aussetzung auf ihrer Website.

Die vorübergehende Aussetzung gilt zunächst für einen Zeitraum von höchstens drei Monaten ab dem Tag ihrer Bekanntgabe auf der Website der jeweils zuständigen Behörde. Eine solche Aussetzung kann um jeweils höchstens weitere drei Monate verlängert werden, sofern die Gründe für die vorübergehende Aussetzung weiterhin gegeben sind. Wird die vorübergehende Aussetzung nach Ablauf dieser drei Monate nicht verlängert, tritt sie automatisch außer Kraft.

Vor einer Aussetzung oder einer Verlängerung der vorübergehenden Aussetzung der Pflichten gemäß Artikel 8 unterrichtet die jeweils zuständige Behörde die ESMA über ihre Absicht und begründet diese. Die ESMA gibt so bald wie möglich eine Stellungnahme an die zuständige Behörde zu der Frage ab, ob ihrer Meinung nach die Aussetzung oder die Verlängerung der vorübergehenden Aussetzung gemäß den Unterabsätzen 1 und 2 dieses Absatzes gerechtfertigt ist.

(5)  

Die ESMA arbeitet Entwürfe technischer Regulierungsstandards aus, in denen Folgendes festgelegt wird:

a) 

die Parameter und Methoden zur Berechnung der Liquiditätsschwelle nach Absatz 4 in Bezug auf das Finanzinstrument. Die von den Mitgliedstaaten für die Berechnung des Schwellenwerts anzuwendenden Parameter und Methoden sind in einer Weise festzulegen, dass ein Erreichen des Schwellenwerts für das betreffenden Finanzinstrument gestützt auf die Kriterien nach Artikel 2 Absatz 1 Nummer 17 einem erheblichen Rückgang der Liquidität an allen Handelsplätzen der Union entspricht.

b) 

die Bandbreite der Geld- und Briefkurse sowie die Tiefe der Handelspositionen zu diesen Kursen, die für jede Kategorie von Finanzinstrumenten nach Artikel 8 Absatz 1, Artikel 8a Absätze 1 und 2 und Artikel 8b Absatz 1 zu veröffentlichen sind; dabei ist der erforderliche Zuschnitt auf die verschiedenen Arten von Handelssystemen nach Artikel 8 Absatz 2, Artikel 8a Absatz 3 und Artikel 8b Absatz 2 zu berücksichtigen;

c) 

für jede einschlägige Kategorie von Finanzinstrumenten der Umfang der großen Aufträge sowie Art und Mindestgröße der Aufträge, die mittels eines Auftragsverwaltungssystems getätigt werden, solange ihre Veröffentlichung noch nicht erfolgt ist, bei denen gemäß Absatz 1 von der Veröffentlichung von Vorhandelsinformationen abgesehen werden kann;

e) 

die Finanzinstrumente oder die Kategorien von Finanzinstrumenten, für die kein liquider Markt besteht, bei denen gemäß Absatz 1 von einer Veröffentlichung von Vorhandelsinformationen abgesehen werden kann;

f) 

die Merkmale zentraler Limit-Orderbücher und auf periodischen Auktionen basierender Handelssysteme.

Die ESMA übermittelt der Kommission diese Entwürfe technischer Regulierungsstandards bis zum 29. März 2025.

Der Kommission wird die Befugnis übertragen, die vorliegende Verordnung durch Erlass der in Unterabsatz 1 genannten technischen Regulierungsstandards gemäß den Artikeln 10 bis 14 der Verordnung (EU) Nr. 1095/2010 zu ergänzen.

(6)  
Um eine kohärente Anwendung von Absatz 1 Buchstabe e Ziffern i und ii zu gewährleisten, arbeitet die ESMA Entwürfe technischer Regulierungsstandards zur Festlegung einer Methodik aus, mit der festgestellt werden kann, für welche Auftragspakete ein liquider Markt besteht. Bei der Entwicklung einer solchen Methodik zur Feststellung, ob es einen liquiden Markt für ein Paket als Ganzes gibt, prüft die ESMA, ob Pakete standardisiert sind und häufig gehandelt werden.

Die ESMA legt der Kommission diese Entwürfe technischer Regulierungsstandards bis zum 28. Februar 2017 vor.

Der Kommission wird die Befugnis übertragen, die in Unterabsatz 1 genannten technischen Regulierungsstandards gemäß den Artikeln 10 bis 14 der Verordnung (EU) Nr. 1095/2010 zu erlassen.