Artikel 16
Organisatorische Anforderungen
Eine Wertpapierfirma, die Finanzinstrumente zum Verkauf an Kunden konzipiert, hat ein Verfahren für die Genehmigung jedes einzelnen Finanzinstruments und jeder wesentlichen Anpassung bestehender Finanzinstrumente zu unterhalten, zu betreiben und zu überprüfen, bevor es an Kunden vermarktet oder vertrieben wird.
In dem Produktgenehmigungsverfahren wird ein bestimmter Zielmarkt für Endkunden innerhalb der jeweiligen Kundengattung für jedes Finanzinstrument festgelegt und sichergestellt, dass alle einschlägigen Risiken für diesen bestimmten Zielmarkt bewertet werden und dass die beabsichtigte Vertriebsstrategie dem bestimmten Zielmarkt entspricht.
Eine Wertpapierfirma hat außerdem von ihr angebotene oder vermarktete Finanzinstrumente regelmäßig zu überprüfen und dabei alle Ereignisse zu berücksichtigen, die wesentlichen Einfluss auf das potentielle Risiko für den bestimmten Zielmarkt haben könnten. Außerdem muss sie zumindest beurteilen, ob das Finanzinstrument weiterhin den Bedürfnissen des bestimmten Zielmarkts entspricht und ob die beabsichtigte Vertriebsstrategie immer noch geeignet ist.
Eine Wertpapierfirma, die Finanzinstrumente konzipiert, stellt allen Vertreibern sämtliche sachgerechten Informationen zu dem Finanzinstrument und dem Produktgenehmigungsverfahren, einschließlich des bestimmten Zielmarkts des Finanzinstruments, zur Verfügung.
Wenn eine Wertpapierfirma Finanzinstrumente anbietet oder empfiehlt, die sie nicht konzipiert, muss sie über angemessene Vorkehrungen verfügen, um die in Unterabsatz 5 genannten Informationen zu erhalten und die Merkmale und den bestimmten Zielmarkt jedes Finanzinstruments zu verstehen.
Durch die in diesem Absatz genannten Maßnahmen, Verfahren und Vorkehrungen werden alle anderen Anforderungen nach dieser Richtlinie und der Verordnung (EU) Nr. 600/2014, einschließlich derjenigen, die sich auf Offenlegung, Eignung oder Angemessenheit, Ermittlung von Interessenkonflikten und den Umgang mit ihnen sowie Anreize beziehen, nicht berührt.
Eine Wertpapierfirma muss über eine ordnungsgemäße Verwaltung und Buchhaltung, interne Kontrollmechanismen, effiziente Verfahren zur Risikobewertung sowie wirksame Kontroll- und Sicherheitsmechanismen für Datenverarbeitungssysteme verfügen.
Unbeschadet der Möglichkeit der zuständigen Behörden, Zugang zu Kommunikation im Einklang mit dieser Richtlinie und mit Verordnung (EU) Nr. 600/2014 zu verlangen, muss eine Wertpapierfirma über solide Sicherheitsmechanismen verfügen, durch die die Sicherheit und Authentifizierung der Informationsübermittlungswege gewährleistet werden, das Risiko der Datenverfälschung und des unberechtigten Zugriffs minimiert und ein Durchsickern von Informationen verhindert wird, so dass die Vertraulichkeit der Daten jederzeit gewährleistet ist.
Diese Telefongespräche und elektronische Kommunikation umfassen auch solche, mit denen Geschäfte im Rahmen des Handels für eigene Rechnung oder die Erbringung von Dienstleistungen veranlasst werden sollen, die sich auf die Annahme, Übermittlung und Ausführung von Kundenaufträgen beziehen, auch wenn diese Gespräche und Mitteilungen nicht zum Abschluss solcher Geschäfte oder zur Erbringung solcher Dienstleistungen führen.
Eine Wertpapierfirma ergreift zu diesem Zweck alle angemessenen Maßnahmen, um einschlägige Telefongespräche und elektronische Kommunikation aufzuzeichnen, die mit Geräten erstellt oder von Geräten gesendet oder empfangen wurden, die die Firma einem Angestellten oder freien Mitarbeiter zur Verfügung gestellt hat oder deren Nutzung durch einen Angestellten oder freien Mitarbeiter von der Firma gebilligt oder gestattet wurde.
Eine Wertpapierfirma teilt Neu- und Altkunden mit, dass Telefongespräche oder -kommunikation zwischen der Wertpapierfirma und ihren Kunden, die zu Geschäften führen oder führen können, aufgezeichnet werden.
Es genügt, dies Neu- und Altkunden ein Mal vor Erbringung der Wertpapierdienstleistungen mitzuteilen.
Eine Wertpapierfirma, die ihre Kunden nicht im Voraus über die Aufzeichnung ihrer Telefongespräche oder Kommunikation informiert hat, darf für diese weder telefonische Wertpapierdienstleistungen erbringen noch telefonische Anlagetätigkeiten ausüben, wenn sich diese Wertpapierdienstleistungen und Anlagetätigkeiten auf die Annahme, Übermittlung und Ausführung von Kundenaufträgen beziehen.
Die Kunden dürfen ihre Aufträge über andere Kanäle platzieren, allerdings müssen solche Mitteilungen über einen dauerhaften Datenträger erfolgen, wie z. B. E-Mail, Fax oder während eines Treffens erstellte Aufzeichnungen über Kundenaufträge. Insbesondere der Inhalt der relevanten persönlichen Gespräche darf durch die Anfertigung schriftlicher Protokolle oder Vermerke aufgezeichnet werden. Diese Aufträge gelten als den telefonisch entgegengenommenen Aufträgen gleichwertig.
Eine Wertpapierfirma ergreift alle angemessenen Maßnahmen um zu verhindern, dass ein Angestellter oder freier Mitarbeiter mithilfe privater Geräte Telefongespräche oder elektronische Mitteilungen erstellt, sendet oder empfängt, die die Firma nicht aufzeichnen oder kopieren kann.
Die in Einklang mit diesem Absatz gespeicherten Aufzeichnungen werden den betreffenden Kunden auf Anfrage zur Verfügung gestellt und fünf Jahre aufbewahrt. Wenn dies von der zuständigen Behörde verlangt wird, werden sie bis zu sieben Jahre aufbewahrt.
Die Mitgliedstaaten können den Wertpapierfirmen unter außergewöhnlichen Umständen zusätzlich zu den Bestimmungen in den Absätzen 8, 9 und 10 und den entsprechenden delegierten Rechtsakten nach Absatz 12 Anforderungen betreffend den Schutz der Vermögenswerte der Kunden vorschreiben. Diese Anforderungen müssen sachlich gerechtfertigt und verhältnismäßig sein und der Steuerung spezifischer Risiken für den Anlegerschutz oder die Marktintegrität, die angesichts der Umstände der Marktstruktur dieses Mitgliedstaats besonders bedeutsam sind, dienen, sofern die Wertpapierfirmen den Schutz der Vermögenswerte und Gelder der Kunden gewährleisten.
Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission unverzüglich etwaige Anforderungen mit, die sie gemäß diesem Absatz mindestens zwei Monate vor Inkrafttreten der betreffenden Anforderung vorzuschreiben beabsichtigen. Die Mitteilung enthält eine Begründung für diese Anforderung. Durch solche zusätzlichen Anforderungen werden die Rechte von Wertpapierfirmen nach den Artikeln 34 und 35 nicht eingeschränkt oder in sonstiger Weise berührt.
Die Kommission nimmt innerhalb von zwei Monaten ab der Mitteilung gemäß Unterabsatz 3 zu der Verhältnismäßigkeit und der Begründung der zusätzlichen Anforderungen Stellung.
Die Mitgliedstaaten dürfen zusätzliche Anforderungen beibehalten, sofern sie der Kommission im Einklang mit Artikel 4 der Richtlinie 2006/73/EG vor dem 2. Juli 2014 gemeldet wurden und die in diesem Artikel festgelegten Bedingungen erfüllt sind.
Die Kommission unterrichtet die Mitgliedstaaten über die zusätzlichen Anforderungen, die gemäß diesem Absatz vorgeschrieben werden, und veröffentlicht sie auf ihrer Website.