Artikel 94
Anerkennung und Durchsetzung der Abwicklungsverfahren von Drittländern
Wenn ein europäisches Abwicklungskollegium gemäß Artikel 89 eingerichtet wurde, trifft es — außer in den in Artikel 95 genannten Fällen — eine gemeinsame Entscheidung über die Anerkennung der Abwicklungsverfahren von Drittländern in Bezug auf Drittlandsinstitute oder Mutterunternehmen, die
in zwei oder mehr Mitgliedstaaten niedergelassene Unionstochterunternehmen oder in zwei oder mehr Mitgliedstaaten gelegene Unions-Zweigstellen unterhalten, die von zwei oder mehr Mitgliedstaaten als bedeutend erachtet werden, oder
über Vermögenswerte, Rechte oder Verbindlichkeiten verfügen, die in zwei oder mehr Mitgliedstaaten belegen sind oder dem Recht dieser Mitgliedstaaten unterliegen.
Sofern gemeinsam entschieden wurde, dass die Drittlandsabwicklungsverfahren anerkannt werden, bemühen sich die betreffenden nationalen Abwicklungsbehörden um die Durchsetzung der anerkannten Drittlandsabwicklungsverfahren nach ihrem nationalen Recht.
Bei der Entscheidung wird den Interessen der einzelnen Mitgliedstaaten, in denen ein Drittlandsinstitut oder Mutterunternehmen unterhalten wird, und vor allem den potenziellen Folgen der Anerkennung und Durchsetzung von Drittlandsabwicklungsverfahren für die anderen Unternehmen der Gruppe und die Finanzstabilität in den betreffenden Mitgliedstaaten angemessen Rechnung getragen.
Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Abwicklungsbehörden zumindest zu Folgendem berechtigt sind:
Ausübung der Abwicklungsbefugnisse in Bezug auf
Vermögenswerte eines Drittlandsinstituts oder -mutterunternehmens, die sich in ihrem Mitgliedstaat befinden oder dem Recht ihres Mitgliedstaats unterliegen;
Rechte oder Verbindlichkeiten eines Drittlandsinstituts, die von der Unionszweigstelle in ihrem Mitgliedstaat gebucht werden oder dem Recht ihres Mitgliedstaats unterliegen oder die in ihrem Mitgliedstaat durchsetzbare Forderungen begründen;
Vollzug bzw. Anordnung des Vollzugs einer Übertragung von Anteilen oder Eigentumstiteln an einem im betreffenden Mitgliedstaat niedergelassenen Unionstochterunternehmen;
Ausübung der Befugnisse gemäß den Artikeln 69, 70 oder 71 in Bezug auf die Rechte der Parteien eines Vertrags mit einem in Absatz 2 des vorliegenden Artikels genannten Unternehmen, wenn diese Befugnisse für die Durchsetzung der Drittlandsabwicklungsverfahren erforderlich sind, und
Aufhebung der Durchsetzbarkeit vertraglicher Rechte zur Kündigung, Auflösung oder Beschleunigung von Verträgen oder Beeinträchtigung der vertraglichen Rechte von in Absatz 2 genannten Unternehmen und anderen Unternehmen der Gruppe, wenn diese Rechte sich aus einer Abwicklungsmaßnahme ergeben, die in Bezug auf das Drittlandsinstitut, das Dtrittlandsmutterunternehmen solcher Unternehmen oder andere Unternehmen der Gruppe — durch die Drittlandsabwicklungsbehörde selbst oder anderweitig gemäß den für Abwicklungsregelungen in dem betreffenden Land geltenden Regulierungs- und Aufsichtsanforderungen — getroffen wird, vorausgesetzt, dass die wesentlichen Verpflichtungen nach dem Vertrag, einschließlich Zahlungs- und Leistungsverpflichtungen, und die Stellung von Sicherheiten weiterhin erfüllt werden.