Aktualisiert 22/10/2024
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Ursprungsrechtsakt
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Erwägungsgründe

DELEGIERTE VERORDNUNG (EU) 2018/1637 DER KOMMISSION

vom 13. Juli 2018

zur Ergänzung der Verordnung (EU) 2016/1011 des Europäischen Parlaments und des Rates durch technische Regulierungsstandards für die Verfahren und Merkmale der Aufsichtsfunktion

(Text von Bedeutung für den EWR)

DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Verordnung (EU) 2016/1011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2016 über Indizes, die bei Finanzinstrumenten und Finanzkontrakten als Referenzwert oder zur Messung der Wertentwicklung eines Investmentfonds verwendet werden, und zur Änderung der Richtlinien 2008/48/EG und 2014/17/EU sowie der Verordnung (EU) Nr. 596/2014 (1), insbesondere auf Artikel 5 Absatz 5,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Artikel 5 der Verordnung (EU) 2016/1011 verpflichtet die Administratoren von Referenzwerten, eine ständige und wirksame Aufsichtsfunktion zu schaffen, die von einem gesonderten Ausschuss wahrgenommen oder durch andere geeignete Regelungen zur Unternehmensführung sichergestellt wird.

(2)

Es liegt im Ermessen der Administratoren, die Aufsichtsfunktion so zu gestalten, dass sie mit Blick auf die von ihnen bereitgestellten Referenzwerte am besten geeignet ist, um die Anforderungen des Artikels 5 der Verordnung (EU) 2016/1011 zu erfüllen. Diese Verordnung enthält eine nicht erschöpfende Liste geeigneter Regelungen für die Unternehmensführung.

(3)

Externe Interessenträger an der Aufsichtsfunktion zu beteiligen, kann wertvolles Fachwissen erschließen und die Wirksamkeit der Aufsichtsfunktion erhöhen. Innerhalb der Aufsichtsfunktion können aufgrund kollidierender Interessen jener Mitglieder oder aufgrund der Beziehungen zwischen den Mitgliedern der Aufsichtsfunktion und ihren Kunden oder anderen Interessenträgern Interessenkonflikte entstehen. Um solche Konflikte zu mindern, sollten an der Überwachung von kritischen Referenzwerten angesichts deren Bedeutung für die Marktintegrität, die Finanzstabilität, die Verbraucher, die Realwirtschaft und die Finanzierung der Haushalte und Unternehmen in den Mitgliedstaaten soweit wie möglich auch unabhängige Mitglieder ohne Interessenkonflikte beteiligt werden. Sind nach dieser Verordnung keine unabhängigen Mitglieder vorgeschrieben, sollten die Administratoren potenziellen Interessenkonflikten durch andere Verfahren begegnen, beispielsweise indem sie Mitglieder von bestimmten Erörterungen ausschließen oder bestimmten Mitgliedern das Stimmrecht entziehen.

(4)

Personen, die unmittelbar an der Bereitstellung des Referenzwerts beteiligt sind, dürfen der Aufsichtsfunktion als nicht stimmberechtigte Mitglieder angehören, da sie nützliche Einblicke in die Arbeit des Administrators geben können. Ihr Status als nicht stimmberechtigte Mitglieder ist angemessen, um sicherzustellen, dass der Administrator die Entscheidungen der Aufsichtsfunktion nicht über Gebühr beeinflussen kann.

(5)

Die Aufsichtsfunktion kann Ausschüsse mit spezifischen, zweckbestimmten Kompetenzen für verschiedene Referenzwerte oder Referenzwert-Familien oder auch mehrere Funktionen, die unterschiedliche Aufgaben wahrnehmen, umfassen, wenn nicht alle Personen mit dem geeigneten Fachwissen ein und demselben Ausschuss angehören können' beispielsweise weil sie in unterschiedlichen geografischen Regionen ansässig sind. In diesen Aufsichtsfunktionen muss es eine natürliche Person oder einen Ausschuss geben, die bzw. der für die Leitung der Aufsichtsfunktion zuständig und für die Interaktion mit dem Leitungsorgan des Administrators und der zuständigen Behörde verantwortlich ist, um eine zentrale Überwachung zu erleichtern.

(6)

Bei einigen weniger häufig verwendeten und weniger anfälligen signifikanten Referenzwerten kann es möglich sein, dass die Aufsichtsfunktion von einer natürlichen Person allein wahrgenommen wird, sofern diese natürliche Person der Überwachung der einschlägigen Referenzwerte angemessene Zeit widmen kann. Handelt es sich bei der Aufsichtsfunktion um eine natürliche Person, ist diese von bestimmten Verfahren, die nur für einen Ausschuss angemessen sind, freigestellt. Wegen des hohen Verwendungsgrades kritischer Referenzwerte und der Risiken, die von diesen in bestimmten Fällen ausgehen könnten, sollten kritische Referenzwerte nicht von einer natürlichen Person überwacht werden.

(7)

Um die Verantwortlichkeiten der Aufsichtsfunktion zu erfüllen, müssen die Mitglieder über Fachwissen sowohl in Bezug auf den Prozess der Bereitstellung von Referenzwerten als auch in Bezug auf den zugrunde liegenden Markt, der mit dem Referenzwert gemessen werden soll, verfügen. Dieses Fachwissen kann von den an den Märkten aktiven Nutzern und Kontributoren oder von Anbietern regulierter Daten bezogen werden. Eine Aufsichtsfunktion kann das Fachwissen von Kontributoren in Anspruch nehmen, solange geeignete Maßnahmen zur Ausschaltung von Interessenkonflikten ergriffen werden, und die Nutzer haben ein Interesse daran, dass die Robustheit des Referenzwerts sichergestellt wird. Daher ist es angemessen, dass Kontributoren und Nutzer bei solchen Referenzwerten als Mitglieder in Betracht gezogen werden.

(8)

Die Aufsichtsfunktion ist ein unverzichtbares Instrument für den Umgang mit Interessenkonflikten auf der Ebene des Administrators, und um die Integrität der Funktion zu gewährleisten, sollte es Personen, gegen die wegen Verstößen gegen die Finanzmarktvorschriften, insbesondere wegen Manipulation oder versuchter Manipulation im Sinne der Verordnung (EU) Nr. 596/2014 (2) Sanktionen verhängt wurden, untersagt sein, Mitglied einer Aufsichtsfunktion zu werden.

(9)

Externe Interessenträger können ein Interesse an dem Referenzwert haben, wenn dieser auf ihren Märken weithin verwendet wird, und sie können zusätzliches Fachwissen beisteuern. Die Administratoren können Verfahren einrichten, die es ermöglichen, sie als Beobachter an der Aufsichtsfunktion zu beteiligen.

(10)

Unabhängige Ausschüsse können von der Organisation des Administrators nicht völlig getrennt sein, da die endgültigen Entscheidungen über die Geschäfte des Administrators beim Leitungsorgan liegen, und ein getrennter Ausschuss Entscheidungen treffen könnte, ohne die potenziell nachteiligen Auswirkungen dieser Entscheidungen auf die Geschäfte des Administrators in vollem Umfang zu ermessen. Eine Aufsichtsfunktion, die in die Organisation des Administrators oder die Muttergesellschaft der Gruppe, zu der dieser gehört, eingebettet ist, ist daher am besten positioniert, um die Entscheidungen des Administrators in Bezug auf den von diesem bereitgestellten Referenzwert infrage zu stellen.

(11)

Damit die Aufsichtsfunktion ihre in der Verordnung (EU) 2016/1011 vorgesehenen Aufgaben erfüllen kann, ist es wichtig, dass sie in der Lage ist, die Entscheidungen des Leitungsorgans des Administrators umfassend zu beurteilen und in Frage zu stellen, und dass im Falle einer Meinungsverschiedenheit die diesbezüglichen Beratungen der Aufsichtsfunktion protokolliert werden.

(12)

Damit die Aufsichtsfunktion ungehindert funktionieren kann, müssen die Kriterien für die Auswahl von Mitgliedern und Beobachtern, der Umgang mit Interessenkonflikten und, falls es sich bei der Aufsichtsfunktion um einen Ausschuss handelt, die Beilegung von Streitigkeiten durch entsprechende Verfahren geregelt sein. Für bestimmte Arten von Referenzwerten oder Administratoren mögen andere Verfahren für die Aufsichtsfunktion angemessen sein, die in dieser Verordnung nicht festgelegt, aber dennoch für die ordnungsgemäße Steuerung ihrer Referenzwerte notwendig und angemessen sind. Die Administratoren dürfen daher alternative Verfahren einführen, sofern mit diesen Verfahren ein angemessenes Aufsichtsniveau erreicht wird.

(13)

Diese Verordnung beruht auf dem Entwurf technischer Regulierungsstandards, der der Kommission von der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) vorgelegt wurde.

(14)

Die ESMA hat zu diesem Entwurf öffentliche Konsultationen durchgeführt, die damit verbundenen potenziellen Kosten- und Nutzeneffekte analysiert und die Stellungnahme der nach Artikel 37 der Verordnung (EU) Nr. 1095/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates (3) eingesetzten Interessengruppe Wertpapiere und Wertpapiermärkte eingeholt.

(15)

Den Administratoren sollte ausreichend Zeit eingeräumt werden, um die Einhaltung der Vorschriften dieser Verordnung zu gewährleisten. Der Geltungsbeginn dieser Verordnung sollte daher zwei Monate nach ihrem Inkrafttreten liegen —

HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:


(1)  ABl. L 171 vom 29.6.2016, S. 1.

(2)  Verordnung (EU) Nr. 596/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014 über Marktmissbrauch (Marktmissbrauchsverordnung) und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/6/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und der Richtlinien 2003/124/EG, 2003/125/EG und 2004/72/EG der Kommission (ABl. L 173 vom 12.6.2014, S. 1).

(3)  Verordnung (EU) Nr. 1095/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 zur Errichtung einer Europäischen Aufsichtsbehörde (Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde), zur Änderung des Beschlusses Nr. 716/2009/EG und zur Aufhebung des Beschlusses 2009/77/EG der Kommission (ABl. L 331 vom 15.12.2010, S. 84).