Aktualisiert 22/10/2024
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Ursprungsrechtsakt
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Erwägungsgründe

DELEGIERTE VERORDNUNG (EU) 2017/581 DER KOMMISSION

vom 24. Juni 2016

zur Ergänzung der Verordnung (EU) Nr. 600/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates durch technische Regulierungsstandards für den Clearing-Zugang im Zusammenhang mit Handelsplätzen und zentralen Gegenparteien

(Text von Bedeutung für den EWR)

DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Verordnung (EU) Nr. 600/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 über Märkte für Finanzinstrumente und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 (1), insbesondere auf Artikel 35 Absatz 6 und Artikel 36 Absatz 6,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Zur Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen sollten zentrale Gegenparteien (CCP) und Handelsplätze einen Antrag auf Zugang zu einer CCP oder einem Handelsplatz nur dann ablehnen können, wenn trotz aller angemessenen Anstrengungen ihrerseits zur Steuerung der aus einem solchen Zugang resultierenden Risiken erhebliche unangemessene Risiken fortbestehen.

(2)

Nach der Verordnung (EU) Nr. 600/2014 müssen CCP oder Handelsplätze, die den Zugang verweigern, eine solche Entscheidung ausführlich begründen, wobei darzulegen ist, inwieweit die mit einer Zugangsgewährung verbundenen Risiken in der betreffenden Situation nicht steuerbar wären, und dass nach wie vor erhebliche unangemessene Risiken bestehen. Eine angemessene Möglichkeit, dieser Anforderung nachzukommen, besteht für die zugangsverweigernde Partei darin, klar darzulegen, welche Änderungen die Gewährung des Zugangs beim Risikomanagement nach sich zöge, wie sie die Risiken, die sich aus den mit der Zugangsgewährung verbundenen Änderungen ergäben, steuern müsste und wie sich dies auf ihre Tätigkeiten auswirken würde.

(3)

In der Verordnung (EU) Nr. 600/2014 wird nicht zwischen den Risiken unterschieden, die einer CCP und einem Handelsplatz bei der Gewährung des Zugangs entstehen, und werden für die Prüfung von Anträgen auf Zugang durch Handelsplätze und CCP dieselben allgemeinen Bedingungen festgelegt. Aufgrund der unterschiedlich gearteten Tätigkeiten von CCP und Handelsplätzen können sich die mit der Zugangsgewährung verbundenen Risiken in der Praxis jedoch unterschiedlich auf CCP und Handelsplätze auswirken und somit einen unterschiedlichen Ansatz erforderlich machen.

(4)

Um zu verhindern, dass eine Zugangsvereinbarung für Dritte mit erheblichen unangemessenen Risiken verbunden ist, sollte eine zuständige Behörde bei der Beurteilung, ob ein Zugang das reibungslose und ordnungsgemäße Funktionieren der Märkte gefährden oder das Systemrisiko erhöhen würde, berücksichtigen, ob die betreffende CCP oder der betreffende Handelsplatz über angemessene Risikomanagementverfahren verfügt, die auch die Steuerung operationeller und rechtlicher Risiken einschließen.

(5)

Damit das Ziel eines diskriminierungsfreien Zugangs nicht unterlaufen wird, sollten die Bedingungen, unter denen Zugang gewährt werden muss, angemessen und diskriminierungsfrei sein. Eine diskriminierende Erhebung von Gebühren mit dem Ziel, potenzielle Interessenten von einem Zugang abzuhalten, sollte unzulässig sein. Liegen jedoch objektiv gerechtfertigte Gründe vor — beispielsweise dann, wenn die Gewährung eines Zugangs mit höheren Kosten verbunden ist — könnten unterschiedlich hohe Gebühren zulässig sein. Bei der Gewährung des Zugangs entstehen CCP und Handelsplätzen sowohl einmalige Kosten, wie für die Prüfung rechtlicher Anforderungen, als auch fortlaufende Kosten. Da der Umfang des beantragten Zugangs und die mit der Umsetzung der Zugangsvereinbarung verbundenen Kosten von Fall zu Fall unterschiedlich sein dürften, sollte die Allokation der Kosten zwischen CCP und Handelsplatz nicht in dieser Verordnung geregelt werden. Da die Allokation der Kosten jedoch einen wesentlichen Bestandteil jeder Zugangsvereinbarung darstellt, sollten beide Parteien die Deckung der Kosten in dieser Vereinbarung regeln.

(6)

Nach der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates (2) sollte eine CCP, die ihre Geschäfte auf weitere, nicht durch die Erstzulassung abgedeckte Dienstleistungen oder Tätigkeiten ausweiten will, einen Antrag auf Erweiterung der Zulassung stellen. Eine solche Erweiterung ist dann erforderlich, wenn eine CCP Clearing-Dienste bei Finanzinstrumenten anbieten will, die ein unterschiedliches Risikoprofil aufweisen oder sich wesentlich von der sonstigen Produktpalette der CCP unterscheiden. Fällt ein Kontrakt, der an einem Handelsplatz gehandelt wird, zu dem eine CCP Zugang gewährt hat, in eine Finanzinstrumentenklasse, die durch die bestehende Zulassung der CCP abgedeckt wird und damit ähnliche Risikoeigenschaften aufweist wie die bereits von der CCP geclearten Kontrakte, sollte ein solcher Kontrakt als wirtschaftlich gleichwertig betrachtet werden.

(7)

Um zu gewährleisten, dass eine CCP an wirtschaftlich gleichwertige Kontrakte, die an einem Handelsplatz gehandelt werden, dem Zugang zu dieser CCP gewährt wurde, keine diskriminierenden Anforderungen in Bezug auf Sicherheiten oder Margining stellt, sollten alle etwaigen Änderungen an der Margining-Methode und den operationellen Anforderungen an Margining und Netting, die auf wirtschaftlich gleichwertige, von der CCP bereits geclearte Kontrakte angewandt werden, vom Risikoausschuss der CCP überprüft werden und für die Zwecke des in der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 vorgesehenen Überprüfungsverfahrens als wesentliche Änderung der Modelle und Parameter betrachtet werden. Eine solche Prüfung sollte bestätigen, dass die neuen Modelle und Parameter diskriminierungsfrei sind und auf maßgeblichen Risikoerwägungen basieren.

(8)

Die Verordnung (EU) Nr. 648/2012 verlangt einen diskriminierungsfreien Zugang zu CCP, die Handelsplätzen Clearing-Dienstleistungen für Over-the-Counter-Derivate (OTC-Derivate) anbieten, und beugt so Wettbewerbsverzerrungen vor. Die Verordnung (EU) Nr. 600/2014 wiederum erkennt die Notwendigkeit an, auch für geregelte Märkte ähnliche Anforderungen einzuführen. Da eine CCP außerbörslich wie börslich gehandelte Derivate clearen kann, sollte eine diskriminierungsfreie Behandlung von wirtschaftlich gleichwertigen Kontrakten, die an einem Handelsplatz gehandelt werden, der Zugang zu einer CCP beantragt, allen von dieser CCP geclearten Kontrakten Rechnung tragen, unabhängig davon, an welchem Ort sie gehandelt werden.

(9)

Bei einer Genehmigung von CCP-Übergangsregelungen gemäß Artikel 35 der Verordnung (EU) Nr. 600/2014 sollte die jeweils zuständige Behörde das CCP-Kollegium und die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) unverzüglich über diese Genehmigung unterrichten, damit die anderen zuständigen Behörden sich ein besseres Bild davon machen können, wie sich dies auf die CCP und alle etwaigen, eng mit ihr verbundenen Handelsplätze auswirkt. Diese Mitteilung sollte alle maßgeblichen Informationen enthalten, die das CCP-Kollegium und die ESMA benötigen, um die Entscheidung nachvollziehen und die Transparenz erhöhen zu können.

(10)

Klare Anforderungen im Hinblick darauf, welche Angaben CCP und Handelsplätze übermitteln müssen, wenn sie den zuständigen Behörden und der ESMA mitteilen, dass sie Übergangsregelungen gemäß Artikel 35 und Artikel 36 der Verordnung (EU) Nr. 600/2014 in Anspruch nehmen möchten, sollten zu einer transparenten und einheitlichen Abwicklung des Mitteilungsverfahrens beitragen. Um konsistente und einheitliche Aufsichtspraktiken zu ermöglichen, sollte das Mitteilungsverfahren deshalb einheitliche Formblätter für die Mitteilungen umfassen.

(11)

Es gilt das Risiko auszuschalten, dass größere Handelsplätze Berechnungsmethoden, die ihren jährlichen Nominalbetrag minimieren, mit dem Ziel anwenden, in den Genuss des Opt-Out-Mechanismus zu kommen. Wenn gleichermaßen akzeptable, alternative Ansätze für die Berechnung des Nominalbetrags bestehen, trägt zur Ausschaltung dieses Risikos die Nutzung der Berechnungsmethode bei, die den höheren Wert ergibt. Die zur Berechnung des Nominalbetrags für die Zwecke der Verordnung (EU) Nr. 600/2014 herangezogenen Methoden sollten deutlich kleinere Handelsplätze, die technisch noch nicht mit der Mehrheit der Nichthandelsinfrastrukturen am Markt Schritt halten können, in die Lage versetzen, den Opt-out-Mechanismus zu nutzen. Auch sollten die vorgeschriebenen Methoden einfach und unmissverständlich sein, damit sie zu konsistenten und einheitlichen Aufsichtspraktiken beitragen.

(12)

Für eine faire Anwendung der Zugangsbestimmungen durch die Handelsplätze sollten diese ihren Nominalbetrag für die Zwecke der Verordnung (EU) Nr. 600/2014 auf konsistente Weise berechnen. Besonders relevant ist dies für bestimmte Arten börsengehandelter Derivate, die in Einheiten, wie Barrel oder Tonnen, gehandelt werden.

(13)

Aus Gründen der Konsistenz und zur Gewährleistung reibungslos funktionierender Finanzmärkte ist es erforderlich, dass die Bestimmungen dieser Verordnung und die Bestimmungen der Verordnung (EU) Nr. 600/2014 vom selben Tag an gelten. Damit CCP und Handelsplätze in den Genuss der in Artikel 35 Absatz 5 und Artikel 36 Absatz 5 der Verordnung (EU) Nr. 600/2014 vorgesehenen Übergangsregelungen kommen können, sollten bestimmte Bestimmungen der vorliegenden Verordnung allerdings bereits ab dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der genannten Verordnung gelten.

(14)

Die Bestimmungen dieser Verordnung stehen in engem Zusammenhang zueinander, denn sie regeln die Ablehnung und die Gewährung des Zugangs für CCP und Handelsplätze, einschließlich des Verfahrens, das es CCP und Handelsplätzen ermöglicht, die Zugangsanforderungen nicht einhalten zu müssen. Um Kohärenz zwischen diesen Bestimmungen, die größtenteils zum selben Zeitpunkt in Kraft treten sollten, zu gewährleisten, und den ihnen unterliegenden Personen einen umfassenden Überblick und kompakten Zugang zu erleichtern, sollten die in Artikel 35 Absatz 6 und Artikel 36 Absatz 6 der Verordnung (EU) Nr. 600/2014 verlangten technischen Regulierungsstandards in einer einzigen Verordnung zusammengefasst werden.

(15)

Diese Verordnung basiert auf dem Entwurf technischer Regulierungsstandards, den die ESMA der Kommission übermittelt hat.

(16)

Die ESMA hat zu diesem Entwurf öffentliche Konsultationen durchgeführt, die damit verbundenen potenziellen Kosten- und Nutzeneffekte analysiert und die Stellungnahme der durch Artikel 37 der Verordnung (EU) Nr. 1095/2010 des Europäischen Parlaments und Rates (3) eingesetzten Interessengruppe Wertpapiere und Wertpapiermärkte (Securities and Markets Stakeholder Group, SMSG) eingeholt —

HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:


(1)  ABl. L 173 vom 12.6.2014, S. 84.

(2)  Verordnung (EU) Nr. 648/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 über OTC-Derivate, zentrale Gegenparteien und Transaktionsregister (ABl. L 201 vom 27.7.2012, S. 1).

(3)  Verordnung (EU) Nr. 1095/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 zur Errichtung einer Europäischen Aufsichtsbehörde (Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde), zur Änderung des Beschlusses Nr. 716/2009/EG und zur Aufhebung des Beschlusses 2009/77/EG der Kommission (ABl. L 331 vom 15.12.2010, S. 84).