Aktualisiert 22/10/2024
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Ursprungsrechtsakt
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Erwägungsgründe

DELEGIERTE VERORDNUNG (EU) 2016/2020 DER KOMMISSION

vom 26. Mai 2016

zur Ergänzung der Verordnung (EU) Nr. 600/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates über Märkte für Finanzinstrumente im Hinblick auf technische Regulierungsstandards für Kriterien zur Entscheidung über die Auferlegung der Handelspflicht für der Clearingpflicht unterliegende Derivate

(Text von Bedeutung für den EWR)

DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Verordnung (EU) Nr. 600/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 über Märkte für Finanzinstrumente und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 (1), insbesondere auf Artikel 32 Absatz 6,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Diese Verordnung spezifiziert die Kriterien für die Ermittlung eines ausreichenden Kauf- und Verkaufsinteresses Dritter in Bezug auf eine Derivatekategorie bzw. eine entsprechende Unterkategorie einer Derivatekategorie. Hat die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) festgestellt, dass eine Derivatekategorie der Clearingpflicht gemäß der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates (2) unterliegen sollte und dass die Derivate zum Handel an einem Handelsplatz zugelassen sind oder dort gehandelt werden, sollte die ESMA anhand der in dieser Verordnung festgelegten Kriterien bestimmen, ob die Derivate bzw. die entsprechende Unterkategorie als ausreichend liquide zu betrachten sind, um ausschließlich an Handelsplätzen gehandelt zu werden.

(2)

Laut der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 werden Derivate als außerbörslich gehandelte Derivate betrachtet, wenn sie nicht auf einem geregelten Markt gehandelt werden oder nicht den Bestimmungen eines geregelten Marktes unterliegen, während in der Richtlinie 2014/65/EU des Europäischen Parlaments und des Rates (3) OTC-Derivate enger definiert werden als Derivate, die nicht über einen geregelten Markt, ein multilaterales Handelssystem (MTF) oder ein organisiertes Handelssystem (OTF) gehandelt werden oder deren Bestimmungen unterliegen. Die ESMA sollte daher prüfen, in welchem Umfang Abschlüsse in einer Derivatekategorie bzw. einer entsprechenden Unterkategorie bereits an Handelsplätzen erfolgen, und dies mit dem Volumen der nicht an einem Handelsplatz erfolgenden Abschlüsse vergleichen. Eine Prävalenz des Handels außerhalb eines Handelsplatzes sollte jedoch nicht automatisch damit gleichgesetzt werden, dass eine Derivatekategorie bzw. eine entsprechende Unterkategorie für die Handelspflicht nicht geeignet ist. Die ESMA sollte auch die voraussichtlichen Auswirkungen der Handelspflicht prüfen und dabei Möglichkeiten zur Förderung der Liquidität und Stärkung der Integrität des Marktes durch mehr Transparenz und eine bessere Verfügbarkeit von Finanzinstrumenten genauso berücksichtigen wie die möglichen negativen Folgen einer solchen Entscheidung.

(3)

Angesichts der Ähnlichkeit zwischen der Definition eines liquiden Markts für Nichteigenkapitalinstrumente nach Artikel 2 Absatz 1 Nummer 17 Buchstabe a der Verordnung (EU) Nr. 600/2014 und den Kriterien für die Einstufung ausreichend liquider Derivatekategorien bzw. entsprechender Unterkategorien gemäß Artikel 32 Absatz 3 der genannten Verordnung sollten im Interesse eines kohärenten Umgangs mit den Instrumenten Bewertungen des eines Aspekts Bewertungen des anderen berücksichtigen. Wenn in Bezug auf eine Derivatekategorie bzw. entsprechende Unterkategorie von einem aus Sicht der Transparenz liquiden Markt ausgegangen wird, sollte dies jedoch nicht automatisch mit ausreichender Liquidität für die Handelspflicht gleichgesetzt werden. Die quantitativen Schwellen und qualitativen Gewichtungen können angesichts der unterschiedlichen Bewertungsziele voneinander abweichen.

(4)

Angesichts der breiten Palette von Instrumenten, die von der Handelspflicht für Derivate potenziell betroffen sind, ihrer besonderen Merkmale, der ständigen Weiterentwicklung der Finanzmärkte und der Vielfalt der betroffenen nationalen Märkte ist es nicht möglich, für jede einzelne Art von Derivaten eine erschöpfende Liste der für eine Bewertung des Kauf- und Verkaufsinteresses Dritter bzw. die Gewichtung einzelner Elemente relevanten Aspekte zu erstellen.

(5)

Allerdings sollte im Hinblick auf die Ermittlung ausreichend liquider Derivatekategorien bzw. entsprechender Unterkategorien für ein bestimmtes Maß an Klarheit gesorgt werden, indem u. a. Kriterien in Bezug auf die Durchschnittsfrequenz der Abschlüsse, das Durchschnittsvolumen der Abschlüsse, Zahl und Art der aktiven Marktteilnehmer und die durchschnittlichen Spreads spezifiziert werden, die gemeinsam betrachtet den Umfang des Kauf- und Verkaufsinteresses Dritter angeben.

(6)

Der Beobachtungszeitraum für die Ermittlung von Derivatekategorien bzw. entsprechenden Unterkategorien, die ausreichend liquide sind, um ausschließlich an Handelsplätzen gehandelt zu werden, sollte sich nach der jeweiligen Derivatekategorie bzw. entsprechenden Unterkategorie richten. Der Zeitraum sollte ausreichend lang sein, um zu gewährleisten, dass die erfassten Daten nicht durch Ereignisse, die zu anormalen Handelsströmen führen können, verzerrt werden. Der Beobachtungszeitraum sollte in jedem Fall mindestens drei Monate betragen.

(7)

Die in dieser Verordnung beschriebenen Kriterien sollten so konzipiert sein, dass bei der Bewertung eines Derivats bzw. einer Derivatekategorie Vergleiche mit anderen Derivaten bzw. Derivatekategorien mit ähnlichen Merkmalen gezogen werden können. Derivatekategorien mit ähnlichen Merkmalen können anhand mehrerer Faktoren ermittelt werden, wie z. B. der Währung, in der sie gehandelt werden, der Fälligkeit, des vertraglichen Laufzeitbeginns, der Nutzung einer Standardvereinbarung und der Tatsache, ob es sich um kürzlich geschlossene Verträge („on-the-run“) handelt.

(8)

Die ESMA sollte historische Daten heranziehen, die Veränderungen der Liquidität anzeigen, um zu beurteilen, ob die Derivatekategorie bzw. entsprechende Unterkategorie ausreichend liquide ist, um ausschließlich an Handelsplätzen gehandelt zu werden, und ob sie nur bei Geschäften unterhalb eines gewissen Umfangs ausreichend liquide ist. Bei dieser Beurteilung können je nach Derivatekategorie bzw. entsprechender Unterkategorie und variierendem nominellem Kontraktwert unterschiedliche Schwellen angelegt werden. Bei der Bewertung der Spreads sollte die ESMA sowohl den durchschnittlichen Spread als auch die Verfügbarkeit von Spreads prüfen und dabei berücksichtigen, dass ein fehlender Spread oder zu große Spreads auf unzureichende Liquidität schließen lassen und Spreads sich im Zuge der Einführung der Handelspflicht und der damit verbundenen Verbesserung der Transparenz und der Verfügbarkeit von Finanzinstrumenten verringern können.

(9)

Die ESMA sollte bei den Berechnungen, die sie im Rahmen ihrer Bewertung vornimmt, keine Abschlüsse berücksichtigen, die eindeutig der Verringerung von Nachhandelsrisiken dienen und eine Verminderung der Nichtmarktrisiken für Derivatportfolios bewirken. Die Einbeziehung solcher Geschäfte in die Bewertung für die Handelspflicht könnte ansonsten zu einem fehlerhaften Eindruck eines größeren Kauf- und Verkaufsinteresses Dritter führen.

(10)

Die ESMA sollte bei ihrer Bewertung auch der Notwendigkeit von Koppelungsgeschäften Rechnung tragen oder diese anderweitig berücksichtigen. Wertpapierfirmen führen häufig auf eigene Rechnung oder im Namen von Kunden Geschäfte mit Derivaten und anderen Finanzinstrumenten aus, die mehrere miteinander verknüpfte, bedingte Abschlüsse umfassen. Da Koppelungsgeschäfte Wertpapierfirmen und ihren Kunden eine Risikosteuerung ermöglichen und die Widerstandsfähigkeit der Finanzmärkte verbessern, sollte gegebenenfalls weiterhin gestattet werden, dass bestimmte Koppelungsgeschäfte, die eines oder mehrere der Handelspflicht unterliegende Derivate umfassen, auf bilateraler Basis außerhalb eines Handelsplatzes ausgeführt werden.

(11)

Ferner sollten Kriterien festgelegt werden, die es der ESMA ermöglichen, festzustellen, ob eine bestehende Handelspflicht in Bezug auf eine Derivatekategorie bzw. eine entsprechende Unterkategorie geändert, ausgesetzt oder aufgehoben werden sollte, es sei denn, die Derivatekategorie bzw. entsprechende Unterkategorie wird nicht mehr an zumindest einem Handelsplatz gehandelt.

(12)

Aus Gründen der Kohärenz und der Rechtssicherheit ist es erforderlich, dass die Bestimmungen dieser Verordnung ab dem gleichen Datum gelten wie die Bestimmungen der Richtlinie 2014/65/EU und der Verordnung (EU) Nr. 600/2014.

(13)

Diese Verordnung basiert auf dem Entwurf technischer Regulierungsstandards, den die ESMA der Kommission vorgelegt hat.

(14)

Die ESMA hat zu dem Entwurf technischer Regulierungsstandards, der dieser Verordnung zugrunde liegt, offene öffentliche Konsultationen durchgeführt, die damit verbundenen potenziellen Kosten- und Nutzeneffekte analysiert und die Stellungnahme der nach Artikel 37 der Verordnung (EU) Nr. 1095/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates (4) eingesetzten Interessengruppe Wertpapiere und Wertpapiermärkte eingeholt —

HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:


(1)  ABl. L 173 vom 12.6.2014, S. 84.

(2)  Verordnung (EU) Nr. 648/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 über OTC-Derivate, zentrale Gegenparteien und Transaktionsregister (ABl. L 201 vom 27.7.2012, S. 1).

(3)  Richtlinie 2014/65/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 über Märkte für Finanzinstrumente sowie zur Änderung der Richtlinien 2002/92/EG und 2011/61/EU (ABl. L 173 vom 12.6.2014, S. 349).

(4)  Verordnung (EU) Nr. 1095/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 zur Errichtung einer Europäischen Aufsichtsbehörde (Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde), zur Änderung des Beschlusses Nr. 716/2009/EG und zur Aufhebung des Beschlusses Nr. 2009/77/EG der Kommission (ABl. L 331 vom 15.12.2010, S. 84)