Artikel 7
Zusätzliche Anforderungen an DLT-Marktinfrastrukturen
(1) Betreiber von DLT-Marktinfrastrukturen erstellen klare und detaillierte Geschäftspläne, aus denen hervorgeht, wie sie ihre Dienstleistungen zu erbringen und ihre Tätigkeiten durchzuführen beabsichtigen, einschließlich einer Beschreibung der kritischen Mitarbeiter, der technischen Aspekte und des Einsatzes der Distributed-Ledger-Technologie sowie der gemäß Absatz 3 geforderten Informationen.
Betreiber von DLT-Marktinfrastrukturen machen darüber hinaus machen eine aktuelle, klare und detaillierte schriftliche Dokumentation öffentlich zugänglich, in der die Regeln festgelegt sind, nach denen die DLT-Marktinfrastrukturen betrieben werden und deren Betreiber agieren sollen, einschließlich der damit verbundenen rechtlichen Bedingungen, mit denen die Rechte, Pflichten, Verantwortlichkeiten und Haftung des Betreibers der DLT-Marktinfrastrukturen sowie der Mitglieder, Teilnehmer, Emittenten und Kunden, die ihre betreffenden DLT-Marktinfrastrukturen nutzen, festgelegt werden. In diesen rechtlichen Bedingungen werden das anwendbare Recht, etwaige vorprozessuale Streitbeilegungsverfahren, etwaige Insolvenzschutzmaßnahmen gemäß der Richtlinie 98/26/EG und die Gerichtsstände für den Rechtsweg festgelegt. Betreiber von DLT-Marktinfrastrukturen können ihre schriftliche Dokumentation in elektronischer Form zur Verfügung stellen.
(2) Betreiber von DLT-Marktinfrastrukturen legen Regeln für die Funktionsweise der von ihnen verwendeten Distributed-Ledger-Technologie fest bzw. dokumentieren diese, einschließlich Regeln für den Zugang zu dem Distributed Ledger, für die Beteiligung der validierenden Knotenpunkte, für den Umgang mit potenziellen Interessenkonflikten sowie für das Risikomanagement einschließlich etwaiger Maßnahmen zur Risikominderung, um Anlegerschutz, Marktintegrität und Finanzstabilität zu gewährleisten.
(3) Betreiber von DLT-Marktinfrastrukturen stellen ihren Mitgliedern, Teilnehmern, Emittenten und Kunden auf ihrer Website klare und unmissverständliche Informationen darüber zur Verfügung, wie die Betreiber ihre Funktionen, Dienstleistungen und Tätigkeiten ausüben und inwieweit diese Ausübung von Funktionen, Dienstleistungen und Tätigkeiten von denen abweicht, die von einem multilateralen Handelssystem oder Wertpapierliefer- und -abrechnungssystem ausgeübt werden, das nicht auf der Distributed-Ledger-Technologie beruht. Diese Informationen umfassen auch die Art der verwendeten Distributed-Ledger-Technologie.
(4) Betreiber von DLT-Marktinfrastrukturen stellen sicher, dass die allgemeinen IT- und Cyber-Strukturen im Zusammenhang mit der Nutzung ihrer Distributed-Ledger-Technologie der Art, dem Umfang und der Komplexität ihres Geschäfts angemessen sind. Diese Strukturen gewährleisten die Kontinuität und kontinuierliche Transparenz, Verfügbarkeit, Zuverlässigkeit und Sicherheit ihrer Dienstleistungen und Tätigkeiten, unter anderem auch die Zuverlässigkeit der in der DLT-Marktinfrastruktur verwendeten intelligenten Verträgen. Diese Strukturen gewährleisten zudem die Integrität, Sicherheit und Vertraulichkeit der von diesen Betreibern gespeicherten Daten und gewährleisten, dass diese Daten verfügbar und zugänglich sind.
Betreiber von DLT-Marktinfrastrukturen verfügen über ein spezifisches Verfahren für das Management operationeller Risiken für die Risiken, die durch den Einsatz von Distributed-Ledger-Technologie und von Kryptowerten entstehen, und legen dar, wie diesen Risiken im Falle ihres Eintretens begegnet wird.
Um die Zuverlässigkeit der allgemeinen IT- und Cyber-Strukturen einer DLT-Marktinfrastruktur zu bewerten, kann die zuständige Behörde eine Prüfung dieser Strukturen verlangen. Verlangt die zuständige Behörde eine Prüfung, benennt sie einen unabhängigen Prüfer, der die Prüfung durchführt. Die Kosten der Prüfung werden von der DLT-Marktinfrastruktur getragen.
(5) Übernimmt der Betreiber einer DLT-Marktinfrastruktur die Verwahrung von Geldern, Sicherheiten und DLT-Finanzinstrumenten von Mitgliedern, Teilnehmern, Emittenten oder Kunden und stellt er die Mittel für den Zugang zu diesen Vermögenswerten, einschließlich in Form von kryptografischen Schlüsseln, sicher, so verfügt dieser Betreiber über angemessene Regelungen, um die Verwendung jener Vermögenswerte für eigene Rechnung des Betreibers zu verhindern, ohne dass eine ausdrückliche vorherige, schriftliche Zustimmung des betreffenden Teilnehmers, Mitglieds, Emittenten oder Kunden vorliegt, die auf elektronischem Wege erfolgen kann.
Betreiber einer DLT-Marktinfrastruktur führen sichere, genaue, zuverlässige und abrufbare Aufzeichnungen über die Gelder, Sicherheiten und DLT-Finanzinstrumente, die von ihrer DLT-Marktinfrastruktur für ihre Mitglieder, Teilnehmer, Emittenten oder Kunden gehalten werden, sowie über die Mittel für den Zugang zu diesen Geldern, Sicherheiten und DLT-Finanzinstrumenten.
Betreiber einer DLT-Marktinfrastruktur trennen die Gelder, Sicherheiten und DLT-Finanzinstrumente der Mitglieder, Teilnehmer, Emittenten oder Kunden, die ihre DLT-Marktinfrastruktur nutzen, und die Mittel für den Zugang zu diesen Vermögenswerten, von denen des Betreibers sowie von denjenigen anderer Mitglieder, Teilnehmer, Emittenten und Kunden.
Durch die in Absatz 4 genannten allgemeinen IT- und Cyber-Strukturen wird sichergestellt, dass diese Gelder, Sicherheiten und DLT-Finanzinstrumente, die von einer DLT-Marktinfrastruktur für ihre Mitglieder, Teilnehmer, Emittenten oder Kunden gehalten werden, sowie die Mittel für den Zugang zu diesen vor den Risiken eines unbefugten Zugriffs, eines Hackerangriffs, einer Werteinbuße, eines Verlusts, eines Cyber-Angriffs, eines Diebstahls, eines Betrugs, eines fahrlässigen Verhaltens und sonstiger schwerwiegender operativer Fehlfunktionen geschützt sind.
(6) Im Falle eines Verlusts von Geldern, eines Verlusts von Sicherheiten oder eines Verlusts eines DLT-Finanzinstruments haftet der Betreiber einer DLT-Marktinfrastruktur, der die Gelder, Sicherheiten oder DLT-Finanzinstrumente verloren hat, für den Verlust bis zum Marktwert des verlorenen Vermögenswerts. Der Betreiber der DLT-Marktinfrastruktur haftet nicht für den Verlust, wenn er nachweist, dass der Verlust auf ein externes Ereignis zurückzuführen ist, das sich seiner vernünftigen Kontrolle entzogen hat und dessen Folgen trotz aller zumutbaren Anstrengungen unvermeidbar waren.
Betreiber einer DLT-Marktinfrastruktur treffen transparente und angemessene Vorkehrungen, um den Anlegerschutz zu gewährleisten, und richten Mechanismen für die Behandlung von Kundenbeschwerden sowie Entschädigungs- und Abhilfeverfahren für den Fall von Verlusten für einen Anleger infolge eines der in Unterabsatz 1 dieses Absatzes genannten Umstände oder infolge der Einstellung der Geschäftstätigkeit aufgrund eines der Umstände gemäß Artikel 8 Absatz 13, Artikel 9 Absatz 11 und Artikel 10 Absatz 10 ein.
Um den Anlegerschutz zu gewährleisten, können eine zuständige Behörde im Einzelfall beschließen, vom Betreiber einer DLT-Marktinfrastruktur zusätzliche aufsichtsrechtliche Schutzvorkehrungen in Form von Eigenmitteln oder einer Versicherungspolice zu verlangen, wenn die zuständige Behörde feststellt, dass potenzielle Verbindlichkeiten aufgrund von Schäden, die Kunden des Betreibers der DLT-Marktinfrastruktur durch einen der in Unterabsatz 1 dieses Absatzes genannten Umstände entstanden sind, von den Aufsichtsanforderungen der Verordnung (EU) Nr. 909/2014, der Verordnung (EU) 2019/2033 des Europäischen Parlaments und des Rates (18), der Richtlinie 2014/65/EU oder der Richtlinie (EU) 2019/2034 des Europäischen Parlaments und des Rates (19) nicht angemessen abgedeckt werden.
(7) Ein Betreiber einer DLT-Marktinfrastruktur legt eine klare, detaillierte Strategie für die Einschränkung der Tätigkeit einer bestimmten DLT-Marktinfrastruktur oder für den Ausstieg aus einer bestimmten DLT-Marktinfrastruktur oder die Einstellung ihres Betriebs (im Folgenden „Übergangsstrategie“), einschließlich des Übergangs oder der Rückführung ihres Distributed-Ledger-Technologie-Betriebs zu traditionellen Marktinfrastrukturen, fest und macht diese öffentlich zugänglich für den Fall, dass
a) |
der in Artikel 3 Absatz 3 festgelegte Schwellenwert überschritten wurde; |
b) |
eine gemäß dieser Verordnung erteilte besondere Genehmigung oder Ausnahme entzogen oder auf andere Weise beendet werden soll, auch wenn die besondere Genehmigung oder Ausnahme aufgrund eines der in Artikel 14 Absatz 2 vorgesehenen Ereignisse beendet wird, oder |
c) |
der Betrieb der DLT-Marktinfrastruktur freiwillig oder unfreiwillig eingestellt wird. |
Die Übergangsstrategie muss zeitnah umgesetzt werden können.
In der Übergangsstrategie ist dargelegt, wie Mitglieder, Teilnehmer, Emittenten und Kunden im Falle eines Entzugs oder einer Beendigung einer besonderen Genehmigung oder der Einstellung des Betriebs im Sinne von Unterabsatz 1 dieses Absatzes behandelt werden sollen. In der Übergangsstrategie wird festgelegt, wie Kunden, insbesondere Kleinanleger, vor unverhältnismäßigen Auswirkungen eines Entzugs oder einer Beendigung einer besonderen Genehmigung oder der Einstellung des Betriebs zu schützen sind. Die Übergangsstrategie wird vorbehaltlich der vorherigen Genehmigung durch die zuständige Behörde laufend aktualisiert.
In der Übergangsstrategie wird festgelegt, was zu tun ist, wenn der in Artikel 3 Absatz 3 genannte Schwellenwert überschritten wird.
(8) Wertpapierfirmen oder Marktbetreiber, die nur zum Betrieb eines DLT-MTF gemäß Artikel 8 Absatz 2 der vorliegenden Verordnung zugelassen sind und die in ihren Übergangsstrategien nicht angeben, dass sie beabsichtigen, eine Zulassung für den Betrieb eines multilateralen Handelssystems gemäß der Richtlinie 2014/65/EU zu erhalten, sowie Zentralverwahrer, die ein DLT-TSS betreiben, bemühen sich nach besten Kräften, mit Wertpapierfirmen oder Marktbetreibern, die ein multilaterales Handelssystem gemäß der Richtlinie 2014/65/EU betreiben, Vereinbarungen zur Übernahme ihres Betriebs zu schließen, und beschreiben diese Regelungen in ihren Übergangsstrategien.
(9) Zentralverwahrer, die ein DLT-SS betreiben, die nur zum Betrieb eines DLT-SS gemäß Artikel 9 Absatz 2 der vorliegenden Verordnung zugelassen sind und die in ihren Übergangsstrategien nicht angeben, dass sie beabsichtigen, eine Genehmigung für den Betrieb eines Wertpapierliefer- und -abrechnungssystems gemäß der Verordnung (EU) Nr. 909/2014 zu erhalten, und Wertpapierfirmen oder Marktbetreiber, die ein DLT-TSS betreiben, bemühen sich nach besten Kräften, mit Zentralverwahrern, die ein Wertpapierliefer- und -abrechnungssystem betreiben, Vereinbarungen über die Übernahme ihres Betriebs zu schließen, und beschreiben diese Regelungen in ihren Übergangsstrategien.
Zentralverwahrer, die ein Wertpapierliefer- und -abrechnungssystem betreiben und einen Antrag auf Abschluss der in Unterabsatz 1 dieses Absatzes genannten Vereinbarungen erhalten, antworten innerhalb von drei Monaten nach Eingang des Antrags. Der Zentralverwahrer, der das Wertpapierliefer- und -abrechnungssystem betreibt, schließt die Vereinbarungen in diskriminierungsfreier Weise ab und kann eine angemessene Geschäftsgebühr auf der Grundlage der tatsächlichen Kosten in Rechnung stellen. Er lehnt einen solchen Antrag nur ab, wenn er der Auffassung ist, dass die Vereinbarung das reibungslose und ordnungsgemäße Funktionieren der Finanzmärkte beeinträchtigen oder ein Systemrisiko darstellen würden. Er lehnt einen Antrag nicht aufgrund möglicher Marktanteileinbußen ab. Lehnt er einen Antrag ab, unterrichtet er den Betreiber der DLT-Marktinfrastruktur, der den Antrag gestellt hat, schriftlich über seine Gründe.
(10) Die in den Absätzen 8 und 9 genannten Vereinbarungen müssen spätestens fünf Jahre ab dem Datum der Erteilung der besonderen Genehmigung in Kraft treten, oder zu einem früheren Zeitpunkt, wenn die zuständige Behörde dies verlangt, um einem Risiko einer vorzeitigen Beendigung der besonderen Genehmigung entgegenzuwirken.
(18) Verordnung (EU) 2019/2033 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. November 2019 über Aufsichtsanforderungen an Wertpapierfirmen und zur Änderung der Verordnungen (EU) Nr. 1093/2010, (EU) Nr. 575/2013, (EU) Nr. 600/2014 und (EU) Nr. 806/2014 (ABl. L 314 vom 5.12.2019, S. 1).
(19) Richtlinie (EU) 2019/2034 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. November 2019 über die Beaufsichtigung von Wertpapierfirmen und zur Änderung der Richtlinien 2002/87/EG, 2009/65/EG, 2011/61/EU, 2013/36/EU, 2014/59/EU und 2014/65/EU (ABl. L 314 vom 5.12.2019, S. 64).