Aktualisiert 22/10/2024
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Erwägungsgründe

DURCHFÜHRUNGSBESCHLUSS (EU) 2019/1274 DER KOMMISSION

vom 29. Juli 2019

über die Gleichwertigkeit des australischen Rechts- und Aufsichtsrahmens für Referenzwerte gemäß der Verordnung (EU) 2016/1011 des Europäischen Parlaments und des Rates

(Text von Bedeutung für den EWR)

DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Verordnung (EU) 2016/1011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2016 über Indizes, die bei Finanzinstrumenten und Finanzkontrakten als Referenzwert oder zur Messung der Wertentwicklung eines Investmentfonds verwendet werden, und zur Änderung der Richtlinien 2008/48/EG und 2014/17/EU sowie der Verordnung (EU) Nr. 596/2014 (1), insbesondere auf Artikel 30,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Mit der Verordnung (EU) 2016/1011 wird ein gemeinsamer Rahmen zur Sicherstellung der Genauigkeit und Integrität von Indizes eingeführt, die als Referenzwerte bei Finanzinstrumenten und Finanzkontrakten oder zur Messung der Wertentwicklung von Investmentfonds in der Union verwendet werden.

(2)

Diese Verordnung gilt seit dem 1. Januar 2018; Administratoren außerhalb der Union wird ein Übergangszeitraum zugestanden, in dem Referenzwerte aus Drittstaaten in der Union verwendet werden dürfen. Nach Ablauf dieses Übergangszeitraums darf ein Referenzwert, der von einem in einem Drittstaat angesiedelten Administrator bereitgestellt wird, oder eine Kombination aus solchen Referenzwerten in der Union nur dann verwendet werden, wenn der Referenzwert und der Administrator nach Erlass eines Gleichwertigkeitsbeschlusses der Kommission oder nach Anerkennung oder Übernahme durch zuständige Behörden in das von der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde („ESMA“) geführte Register eingetragen sind.

(3)

Die Kommission ist befugt, Durchführungsbeschlüsse zu fassen, in denen festgestellt wird, dass der Rechts- und Aufsichtsrahmen eines Drittstaats in Bezug auf bestimmte Administratoren oder bestimmte Referenzwerte oder Referenzwert-Familien den Anforderungen der Verordnung (EU) 2016/1011 gleichwertig ist. Bei der Beurteilung der Gleichwertigkeit berücksichtigt die Kommission, ob der Rechtsrahmen und die Aufsichtspraxis eines Drittstaats die Einhaltung der IOSCO-Grundsätze für finanzielle Referenzwerte bzw. der IOSCO-Grundsätze für Ölpreismeldestellen gewährleisten und ob diese bestimmten Administratoren oder bestimmten Referenzwerte oder Referenzwert-Familien in dem betreffenden Drittstaat laufend und wirksam beaufsichtigt bzw. durchgesetzt werden.

(4)

Referenzwerte wie die australische Bank Bill Swap Rate und der Index S&P ASX 200 werden in Australien verwaltet und in der Union von einer Reihe beaufsichtigter Unternehmen verwendet. Die Kommission hat die australischen Regelungen für Referenzwerte deshalb einer Beurteilung unterzogen.

(5)

Der Rechtsrahmen für die Festlegung, Beaufsichtigung und Verwaltung von Referenzwerten in Australien beinhaltet ein Lizenzierungssystem und überträgt der australischen Börsenaufsicht (Australian Securities and Investments Commission, „ASIC“) Befugnisse. Zudem ist darin festgelegt, dass Administratoren signifikanter Referenzwerte bei der ASIC eine Lizenz für Referenzwert-Administratoren einholen müssen. Bei Referenzwerten, die von der ASIC nicht als signifikant erklärt wurden, können Administratoren sich dem australischen Rechtsrahmen zufolge für den nationalen Regulierungsrahmen entscheiden und zu diesem Zweck bei der ASIC gemäß Abschnitt 908BD des Corporations Act eine Lizenz betragen, womit sie den ASIC-Vorschriften für Administratoren und Kontributoren unterliegen.

(6)

ASIC-Lizenznehmer unterliegen den Lizenzbedingungen sowie einer Reihe gesetzlicher Anforderungen. Rechtsverbindliche Anforderungen für Administratoren sind im Corporations Act von 2001 („Corporations Act“), in den Administrativen Vorschriften der ASIC für finanzielle Referenzwerte 2018 (ASIC Financial Benchmark (Administration) Rules 2018) sowie den Verbindlichen Vorschriften der ASIC für finanzielle Referenzwerte 2018 (ASIC Financial Benchmark (Compelled) Rules 2018) festgelegt. Der ASIC-Leitfaden 268 (ASIC Regulatory Guide 268, „RG 268“) mit dem Titel 'Lizenzierungsregelung für Administratoren finanzieller Referenzwerte' (Licensing regime for financial benchmark administrators) bietet Referenzwert-Administratoren weitere Orientierungshilfe. Teil 7.5B des Corporations Act (in der durch das Treasury Laws Amendment (2017 Measures No 5) Act 2018 geänderten Fassung) setzt den Rechtsrahmen für die Regulierung finanzieller Referenzwerte um.

(7)

Nach Abschnitt 908AC des Corporations Act kann die ASIC einen finanziellen Referenzwert per Rechtsakt zu einem signifikanten Referenzwert erklären. Nur Referenzwerte, die die in dem Gesetz festgelegten Kriterien erfüllen, können als signifikante Referenzwerte eingestuft werden. Die ASIC überzeugt sich davon, dass i) der Referenzwert für das australische Finanzsystem systemrelevant ist oder ii) eine Störung der Verfügbarkeit oder Integrität des Referenzwerts für das australische Finanzsystem mit einem erheblichen Ansteckungs- oder Stabilitätsrisiko verbunden wäre oder iii) eine Störung der Verfügbarkeit oder Integrität des Referenzwerts erhebliche Auswirkungen auf Klein- oder Großanleger hätte.

(8)

Mit dem Corporations (Significant Financial Benchmarks) Instrument 2018/420 hat die ASIC eine Reihe finanzieller Referenzwerte zu signifikanten Referenzwerten erklärt. Der vorliegende Beschluss betrifft lediglich die Administratoren der in der letzten gültigen Fassung des ASIC Corporations (Significant Financial Benchmarks) Instrument 2018/420 aufgeführten Referenzwerte. Administratoren finanzieller Referenzwerte, die nach Artikel 2 Absatz 2 der Verordnung (EU) 2016/1011 vom Anwendungsbereich jener Verordnung ausgenommen sind, fallen nicht unter den vorliegenden Beschluss.

(9)

Die ASIC kann einem Referenzwert-Administrator für einen oder mehrere finanzielle Referenzwerte eine Lizenz erteilen. Bei der Entscheidung, ob eine Lizenz erteilt wird, ob für eine Lizenz Auflagen verhängt, geändert oder aufgehoben werden oder ob eine Lizenz geändert, ausgesetzt oder entzogen wird, hat sie die in Abschnitt 908BO(2) des Corporations Act genannten Faktoren zu berücksichtigen. Verwaltet eine Person einen signifikanten Referenzwert (oder gibt vor, einen signifikanten Referenzwert zu verwalten), ohne für diesen eine Lizenz als Referenzwert-Administrator zu besitzen, so wird dies als Straftat angesehen.

(10)

Die ASIC hat ihre Administrativen Vorschriften für finanzielle Referenzwerte 2018 („Administrative Vorschriften“) gemäß Abschnitt 908CA des Corporations Act und ihre Verbindlichen Vorschriften für finanzielle Referenzwerte 2018 („Verbindliche Vorschriften“) gemäß Abschnitt 908CD des Corporations Act erlassen. Die Administrativen Vorschriften legen die Anforderungen für lizensierte Referenzwert-Administratoren und für Kontributoren fest, darunter die Anforderungen bezüglich Governance und Aufsicht, bezüglich Auslagerungen, des Schutzes vor Interessenkonflikten und der Konzeption von Referenzwerten, zu methodischen Anforderungen sowie zu Anforderungen bezüglich Eingabedaten. Die Verbindlichen Vorschriften regeln die vorgeschriebene Generierung oder Verwaltung eines signifikanten Referenzwerts oder die vorgeschriebenen Eingaben im Zusammenhang mit einem signifikanten finanziellen Referenzwert.

(11)

Bei der Ausarbeitung der Administrativen Vorschriften hat die ASIC den Vorgaben in Abschnitt 908CK des Corporations Act entsprechend die „Grundsätze für finanzielle Referenzwerte“ („Principles for Financial Benchmarks“) der IOSCO berücksichtigt. Zudem hat sie den Rechts- und Aufsichtsrahmen für Referenzwerte von Drittstaaten, darunter der Verordnung (EU) 2016/1011, sowie weiteren australischen Lizenzierungsregelungen im Finanzbereich Rechnung getragen.

(12)

In der Begründung der Administrativen Vorschriften wird dargelegt, wie sich die IOSCO-Grundsätze in den Administrativen Vorschriften und in den Verbindlichen Vorschriften widerspiegeln. Insbesondere wird in den Administrativen Vorschriften darauf hingewiesen, dass Vorschrift 2.1.2 den IOSCO-Grundsätzen zu Governance-Regelungen für finanzielle Referenzwerte entspricht. Vorschrift 2.1.3 entspricht demnach den IOSCO-Grundsätzen zur Aufsicht über Dritte, die an der Generierung oder Verwaltung aller in der Lizenz des Referenzwert-Administrators aufgeführten finanziellen Referenzwerte beteiligt sind. Vorschrift 2.1.4 entspricht den IOSCO-Grundsätzen zu Interessenkonflikten bei Administratoren finanzieller Referenzwerte. Vorschrift 2.2.1 entspricht den IOSCO-Grundsätzen zur Konzeption von Referenzwerten. Vorschrift 2.2.2 entspricht den IOSCO-Grundsätzen zur Hinlänglichkeit von Daten und internen Kontrollen bei der Datenerhebung. Vorschrift 2.2.3 entspricht den IOSCO-Grundsätzen zu der zur Bestimmung finanzieller Referenzwerte verwendeten Methodik. Vorschrift 2.2.4(1) entspricht den IOSCO-Grundsätzen zu Änderungen an der Methodik zur Bestimmung finanzieller Referenzwerte. Vorschrift 2.3.1 entspricht den IOSCO-Grundsätzen zum Kontrollrahmen für Administratoren, soweit dieser sich auf das Risikomanagement bezieht, sowie zentralen Anforderungen anderer australischer Lizenzierungsregelungen. Vorschrift 2.4.1 entspricht den IOSCO-Grundsätzen zur Planung der Umstellung oder Einstellung eines lizenzierten Referenzwerts. Vorschrift 2.5.1 entspricht den IOSCO-Grundsätzen zu einem „Verhaltenskodex für Submittenten“. Vorschrift 2.6.1 schließlich entspricht den IOSCO-Grundsätzen zur Transparenz der Referenzwert-Bestimmung.

(13)

Zudem gibt die ASIC Unternehmen, die den Administrativen Vorschriften und den Verbindlichen Vorschriften unterliegen, einen Leitfaden (RG 268) an die Hand. Darin wird die Rechtsauslegung der ASIC dargelegt und praktische Orientierungshilfe dazu gegeben, wie Unternehmen ihren gesetzlichen Verpflichtungen nachkommen können.

(14)

Die Kommission kommt daher zu dem Schluss, dass die verbindlichen Anforderungen an die Administratoren der signifikanten Referenzwerte entsprechend der Einstufung im ASIC Corporations (Significant Financial Benchmarks) Instrument 2018/420 den entsprechenden Anforderungen der Verordnung (EU) 2016/1011 gleichwertig sind.

(15)

In Artikel 30 der Verordnung (EU) 2016/1011 ist zudem festgelegt, dass die Anforderungen in dem Drittstaat laufend und wirksam beaufsichtigt und durchgesetzt werden müssen.

(16)

Auch in Australien lizenzierte Referenzwert-Administratoren unterliegen der laufenden Beaufsichtigung durch die ASIC. Nach Abschnitt 908AF des Corporations Act ist für die Beaufsichtigung lizenzierter finanzieller Referenzwerte die ASIC zuständig. Zudem hat sie dafür zu sorgen, dass die Referenzwert-Administratoren ihren Verpflichtungen aus dem Corporations Act, den Administrativen Vorschriften und den Verbindlichen Vorschriften nachkommen; in diesem Zusammenhang beurteilt sie regelmäßig, ob die Referenzwert-Administratoren ihre Lizenzverpflichtungen einhalten.

(17)

In Abschnitt 908BQ des Corporations Act und Vorschrift 2.8.1 der Administrativen Vorschriften ist festgelegt, dass Referenzwert-Administratoren die ASIC über bestimmte Vorfälle unterrichten, etwa wenn der Lizenznehmer seine gesetzlichen Verpflichtungen nicht eingehalten hat oder nicht länger einhalten kann. Nach den Abschnitten 908BR und 908BS des Corporations Act und den Vorschriften 2.8.2 und 2.8.3 der Administrativen Vorschriften ist die ASIC in der Lage, die Einhaltung des Corporations Act und der Administrativen Vorschriften durch die Lizenznehmer zu beurteilen. Nach Abschnitt 908BV des Corporations Act kann die ASIC zudem einen Bericht zu bestimmten Angelegenheiten anfordern und für diesen Bericht des Lizenznehmers einen Bestätigungsvermerk verlangen. Nach Abschnitt 908BW des Corporations Act ist die ASIC befugt, Bewertungsberichte zu erstellen, diese Berichte, soweit erforderlich, bestimmten staatlichen Stellen in Australien zur Verfügung zu stellen und sie zu veröffentlichen.

(18)

Sollte ein Referenzwert-Administrator seine gesetzlichen Verpflichtungen nicht einhalten, kann die ASIC diesen gemäß Abschnitt 908BT des Corporations Act schriftlich anweisen, bestimmte Maßnahmen zu ergreifen, die aus ihrer Sicht die Einhaltung dieser Verpflichtungen gewährleisten. Kommt der Lizenznehmer dieser schriftlichen Weisung nicht nach, kann die ASIC ein Gericht anrufen, das anordnen kann, dass der Lizenznehmer den Anweisungen der ASIC Folge leistet. Nach den Abschnitten 908CH und 908CI des Corporations Act kann die ASIC Meldungen über Verstöße veröffentlichen oder Zusagen von Administratoren akzeptieren, die ihren gesetzlichen Verpflichtungen nicht nachgekommen sind. Abschnitt 908CG des Corporations Act sieht einen Rahmen vor, wonach ein Administrator, der mutmaßlich die Administrativen Vorschriften nicht eingehalten hat, alternativ zu einem Zivilverfahren eine Geldstrafe zahlen, Abhilfemaßnahmen (einschließlich Erziehungsprogramme) einleiten oder etablieren oder andere Sanktionen als eine Geldstrafe akzeptieren kann. Unter bestimmten Umständen kann die ASIC gemäß den Abschnitten 908BI und 908BJ des Corporations Act zudem eine Lizenz aussetzen oder entziehen.

(19)

Nach den Verbindlichen Vorschriften kann die ASIC — wenn dies aus ihrer Sicht im öffentlichen Interesse ist — einen Lizenznehmer dazu verpflichten, einen signifikanten Referenzwert weiter zu generieren oder zu verwalten bzw. diesen auf eine bestimmte Weise zu generieren oder zu verwalten, etwa durch Änderung der zur Generierung oder Verwaltung des entsprechenden Referenzwerts verwendeten Methodik. Außerdem kann die ASIC einen Kontributor den Verbindlichen Vorschriften zufolge dazu verpflichten, einem Lizenznehmer für die Generierung oder Verwaltung eines signifikanten Referenzwerts oder der ASIC für mit der Generierung oder Verwaltung eines signifikanten Referenzwerts verbundene Zwecke Daten oder Informationen beizutragen.

(20)

Die Kommission kommt daher zu dem Schluss, dass die verbindlichen Anforderungen an die Administratoren von Referenzwerten, die im ASIC Corporations (Significant Financial Benchmarks) Instrument 2018/420 zu signifikanten finanziellen Referenzwerten erklärt wurden, laufend und wirksam beaufsichtigt und durchgesetzt werden.

(21)

In der EU angesiedelte Referenzwert-Administratoren müssen keine Lizenz einholen, damit ihre Referenzwerte in Australien verwendet werden können, es sei denn, ein Referenzwert wird von der ASIC als signifikanter Referenzwert eingestuft oder ein Referenzwert-Administrator ersucht freiwillig um die Lizenzierung in Australien. Die ASIC hat der Kommission mitgeteilt, dass sie nicht beabsichtigt, EU-Referenzwerte als signifikant einzustufen.

(22)

Der vorliegende Beschluss wird durch Kooperationsvereinbarungen ergänzt, die einen wirkungsvollen Informationsaustausch und eine wirkungsvolle Koordinierung der Aufsichtstätigkeiten zwischen ESMA und ASIC gewährleisten.

(23)

Dieser Beschluss stützt sich auf die Bewertung der rechtsverbindlichen Anforderungen, die zum Zeitpunkt der Annahme dieses Beschlusses für Referenzwerte in Australien gelten. Die Kommission wird die Marktentwicklungen, die Entwicklung des Rechts- und Aufsichtsrahmens für Referenzwerte und die Wirksamkeit der aufsichtlichen Zusammenarbeit im Hinblick auf die Überwachung und Durchsetzung dieser Anforderungen weiterhin regelmäßig überwachen, um sicherzustellen, dass die Anforderungen, auf deren Grundlage dieser Beschluss gefasst wurde, laufend erfüllt sind.

(24)

Dieser Beschluss gilt unbeschadet der Befugnis der Kommission, jederzeit eine spezifische Überprüfung durchzuführen, wenn maßgebliche Entwicklungen eine Neubewertung dieses Beschlusses seitens der Kommission erfordern.

(25)

Die in diesem Beschluss vorgesehenen Maßnahmen entsprechen der Stellungnahme des Europäischen Wertpapierausschusses —

HAT FOLGENDEN BESCHLUSS ERLASSEN:


(1)  ABl. L 171 vom 29.6.2016, S. 1.