Aktualisiert 19/09/2024
In Kraft

Ursprungsrechtsakt
Suche im Rechtsakt

Erwägungsgründe

DURCHFÜHRUNGSRICHTLINIE (EU) 2015/2392 DER KOMMISSION

vom 17. Dezember 2015

zur Verordnung (EU) Nr. 596/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich der Meldung tatsächlicher oder möglicher Verstöße gegen diese Verordnung

DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Verordnung (EU) Nr. 596/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014 über Marktmissbrauch (Marktmissbrauchsverordnung) und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/6/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und der Richtlinien 2003/124/EG, 2003/125/EG und 2004/72/EG der Kommission (1), insbesondere auf Artikel 32 Absatz 5,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Personen, die den zuständigen Behörden tatsächliche oder mögliche Verstöße gegen die Verordnung (EU) Nr. 596/2014 melden (Informanten), können den zuständigen Behörden neue Informationen zur Kenntnis bringen, die diese bei der Aufdeckung von Marktmissbrauch und der Verhängung von Sanktionen unterstützen. Bei Furcht vor Vergeltung, Diskriminierung oder Offenlegung personenbezogener Daten können Hinweise von Informanten jedoch unterbleiben. Daher sind angemessene Vorkehrungen in Bezug auf Mitteilungen von Informanten erforderlich, um den allgemeinen Schutz und die Einhaltung der Grundrechte des Informanten und der Person, gegen die sich die Vorwürfe richten, sicherzustellen. Personen, die den zuständigen Behörden bewusst falsche oder irreführende Angaben melden, sollten nicht als Informanten gelten und daher nicht in den Genuss der Schutzmechanismen kommen.

(2)

Die zuständigen Behörden sollten auch anonyme Meldungen zulassen, und die Schutzmechanismen dieser Richtlinie sollten auch dann gelten, wenn anonyme Informanten der Behörde zu einem späteren Zeitpunkt ihre Identität preisgeben wollen. Informanten sollten ihre Meldung entweder über interne Verfahren erstatten können, sofern solche Verfahren bestehen, oder direkt an die zuständige Behörde.

(3)

Für die Bearbeitung der Meldungen von Verstößen gegen die Verordnung (EU) Nr. 596/2014, die Kommunikation mit der meldenden Person und die angemessene Nachverfolgung der Meldung brauchen die zuständigen Behörden speziell geschulte Mitarbeiter, die auch mit den geltenden Datenschutzvorschriften vertraut sind.

(4)

Personen, die tatsächliche oder mögliche Verstöße gegen die Verordnung (EU) Nr. 596/2014 melden wollen, sollten eine fundierte Entscheidung darüber treffen können, ob, wann und auf welche Weise sie Meldung erstatten. Daher sollten die zuständigen Behörden in öffentlicher und leicht zugänglicher Weise Informationen zu den verfügbaren Kanälen für die Kommunikation mit den zuständigen Behörden, die anzuwendenden Verfahren und die innerhalb der Behörde für die Meldung von Verstößen zuständigen Mitarbeitern verbreiten. Sämtliche Informationen zur Meldung von Verstößen sollten transparent, leicht verständlich und zuverlässig sein, um die Meldung von Verstößen zu fördern und nicht davon abzuhalten.

(5)

Um eine wirksame Verständigung mit den speziellen Mitarbeitern zu gewährleisten, sollten die zuständigen Behörden verschiedene Kommunikationskanäle einrichten und nutzen, die eine nutzerfreundliche sowohl schriftliche als auch mündliche Kommunikation auf elektronischem und nicht elektronischem Wege erlauben.

(6)

Personen, die im Rahmen eines Arbeitsvertrags tätig sind und die Verstöße gegen die Verordnung (EU) Nr. 596/2014 melden oder denen Verstöße gegen diese Verordnung zur Last gelegt werden, müssen unabhängig vom Charakter ihres Arbeitsverhältnisses oder davon, ob sie bezahlt oder unbezahlt tätig sind, durch Maßnahmen zum Schutz vor Vergeltungsmaßnahmen, Diskriminierung oder anderen Arten ungerechter Behandlung geschützt werden. Ungerechte Behandlung kann unter Umständen sehr unterschiedliche Formen annehmen. Daher müssen die einzelnen Fälle über Streitbeilegungsregeln oder Gerichtsverfahren nach einzelstaatlichem Recht bewertet werden.

(7)

Die Mitgliedstaaten sollten sicherstellen, dass die zuständigen Behörden angemessene Schutzmaßnahmen für die Bearbeitung der Verstoßmeldungen und den Umgang mit den personenbezogenen Daten der gemeldeten Personen eingerichtet haben. Mit diesen Verfahren ist zu gewährleisten, dass die Identität sowohl der meldenden als auch der gemeldeten Person in allen Phasen des Verfahrens geschützt ist. Diese Verpflichtung sollte unbeschadet der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit der Verpflichtung zur Offenlegung von Informationen gelten, sofern dies durch das Unionsrecht oder das nationale Recht gefordert ist; ferner sollte sie geeigneten Absicherungen gemäß derartiger Rechtsvorschriften unterliegen, auch im Zusammenhang mit Ermittlungen oder Gerichtsverfahren oder zum Schutz der Freiheiten anderer, einschließlich der Verteidigungsrechte der gemeldeten Person.

(8)

Es ist überaus wichtig und notwendig, dass die speziellen Mitarbeiter der zuständigen Behörde wie auch andere Mitarbeiter der zuständigen Behörde, die Zugang zu den von einer Person gemeldeten Informationen haben, ihrer beruflichen Schweigepflicht und der Pflicht zur Wahrung der Vertraulichkeit nachkommen, wenn sie die Daten innerhalb oder außerhalb der zuständigen Behörde übermitteln, auch in dem Fall, dass eine zuständige Behörde im Zusammenhang mit der Meldung von Verstößen eine Untersuchung oder ein Ermittlungsverfahren bzw. in der Folge Durchsetzungsmaßnahmen einleitet.

(9)

Die Mitgliedstaaten sollten dafür Sorge tragen, dass alle Verstoßmeldungen in angemessener Weise dokumentiert werden und dass jede Meldung innerhalb der zuständigen Behörde abrufbar ist und Informationen aus Meldungen gegebenenfalls als Beweismittel in Durchsetzungsmaßnahmen verwendbar sind. Die Mitgliedstaaten sollten die Einhaltung der Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (2) sowie der nationalen Rechtsvorschriften zur Umsetzung dieser Richtlinie gewährleisten.

(10)

Der Schutz personenbezogener Daten des Informanten und der gemeldeten Person ist von entscheidender Bedeutung, um eine ungerechte Behandlung oder Rufschädigung aufgrund der Preisgabe personenbezogener Daten zu vermeiden, insbesondere der Preisgabe der Identität der betroffenen Personen. Daher sollten die zuständigen Behörden neben den nationalen Datenschutzvorschriften zur Umsetzung der Richtlinie 95/46/EG angemessene Datenschutzverfahren einrichten, die auf den Schutz der Informanten und der gemeldeten Personen zugeschnitten sind; ein Bestandteil dieser Verfahren sollte ein gesichertes System innerhalb der zuständigen Behörde sein, auf das nur berechtigte Mitarbeiter Zugriff haben.

(11)

Im Zusammenhang mit der Meldung von Verstößen könnte die Übermittlung von personenbezogenen Daten durch die zuständige Behörde erforderlich werden, um eine Meldung von Verstößen zu bewerten und die notwendigen Ermittlungs- und Durchsetzungsmaßnahmen einzuleiten. Die zuständigen Behörden sollten bei der Übermittlung von Daten innerhalb der Behörde oder an Dritte die höchstmögliche Vertraulichkeit gemäß dem nationalen Recht wahren.

(12)

Die Rechte der gemeldeten Person, der ein Verstoß gegen die Verordnung (EU) Nr. 596/2014 zur Last gelegt wird, sollten geschützt werden, um eine Rufschädigung oder andere negative Folgen zu vermeiden. Des Weiteren sollten zu jedem Zeitpunkt nach der Meldung das Recht der gemeldeten Person auf Verteidigung und auf Zugang zu Rechtsbehelfen in vollem Umfang geachtet werden. Die Mitgliedstaaten sollten das Recht auf Verteidigung der gemeldeten Person gemäß der im nationalen Recht festgeschriebenen geltenden Verfahren im Zusammenhang mit Ermittlungen oder darauf folgenden Gerichtsverfahren gewährleisten. Dazu gehören das Recht auf Akteneinsicht, das Recht auf Anhörung und das Recht, Rechtsmittel einzulegen.

(13)

Mithilfe einer regelmäßigen und mindestens alle zwei Jahre stattfindenden Überprüfung der Verfahren der zuständigen Behörden sollte gewährleistet werden, dass die Verfahren angemessen sind, dem aktuellen Stand entsprechen und somit ihren Zweck erfüllen. Dabei kommt es darauf an, dass die zuständigen Behörden ihre eigenen Erfahrungen auswerten und sich mit anderen zuständigen Behörden über Erfahrungswerte und bewährte Verfahrensweisen austauschen.

(14)

Da sich für die Mitgliedstaaten durch detaillierte Vorschriften zum Schutz von Informanten eine kompatible und operativ angemessene Gestaltung ihrer nationalen Systeme schwieriger gestaltet, auch was die administrativen, verfahrensbezogenen und institutionellen Aspekte betrifft, ist für den Durchführungsrechtsakt ein gewisses Maß an Flexibilität gefragt. Eine derartige Flexibilität ließe sich am besten mit einer Richtlinie anstelle einer Verordnung erzielen. Somit scheint eine Richtlinie das angemessene Instrument, um den Mitgliedstaaten die wirksame Einpassung des Systems für Verstoßmeldungen in ihre nationalen Systeme, einschließlich des institutionellen Rahmens, zu ermöglichen.

(15)

Mit Hinweis auf das Inkrafttreten der Verordnung (EU) Nr. 596/2014 am 3. Juli 2016 erscheint es angemessen, dass die Mitgliedstaaten die Bestimmungen im Rahmen dieser Richtlinie vom 3. Juli 2016 an umsetzen und anwenden.

(16)

Die in dieser Richtlinie vorgesehenen Maßnahmen stehen in Einklang mit der Stellungnahme des Europäischen Wertpapierausschusses —

HAT FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN:


(1)  ABl. L 173 vom 12.6.2014, S. 1.

(2)  ABl. L 281 vom 23.11.1995, S. 31.