Aktualisiert 18/09/2024
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Ursprungsrechtsakt
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Erwägungsgründe

DELEGIERTE VERORDNUNG (EU) 2022/1302 DER KOMMISSION

vom 20. April 2022

zur Ergänzung der Richtlinie 2014/65/EU des Europäischen Parlaments und des Rates durch technische Regulierungsstandards für die Anwendung von Positionslimits für Warenderivate und für Verfahren für Anträge auf Ausnahmen von Positionslimits

(Text von Bedeutung für den EWR)

DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Richtlinie 2014/65/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 über Märkte für Finanzinstrumente sowie zur Änderung der Richtlinien 2002/92/EG und 2011/61/EU (1), insbesondere auf Artikel 57 Absatz 1 Unterabsatz 6, Artikel 57 Absatz 3 Unterabsatz 5 und Artikel 57 Absatz 12 Unterabsatz 3,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Die Richtlinie (EU) 2021/338 des Europäischen Parlaments und des Rates (2) sieht Änderungen an Artikel 57 der Richtlinie 2014/65/EU vor, unter anderem in Bezug auf Positionslimits, die auch neue damit verbundene Befugnisse umfassen.

(2)

Zur Verbesserung der Stabilität und Integrität der Finanzmärkte in der Union sollte eine Methodik für die einheitliche Berechnung von Positionslimits für Warenderivate festgelegt werden. Diese Methodik sollte der Aufsichtsarbitrage vorbeugen und Einheitlichkeit fördern, zugleich aber den zuständigen Behörden genügend Spielraum lassen, um den Unterschieden gerecht zu werden, die zwischen verschiedenen Märkten für Warenderivate und den ihnen zugrunde liegenden Warenmärkten bestehen. Die Methodik zur Berechnung der Limits sollte den zuständigen Behörden ermöglichen, die folgenden zwei Zielsetzungen in ein ausgewogenes Verhältnis zu bringen: zum einen die Limits so niedrig anzusetzen, dass Inhaber von Positionen in Warenderivaten den Markt nicht missbrauchen oder verzerren können, und zum anderen geordnete Preisbildungs- und Abwicklungsbedingungen zu unterstützen, die Entwicklung neuer Warenderivate zu fördern und dafür zu sorgen, dass Warenderivate auch weiterhin zum reibungslosen Ablauf von Geschäftstätigkeiten auf dem zugrunde liegenden Warenmarkt beitragen.

(3)

Eine Reihe von Begriffen, die aus der Richtlinie 2014/65/EU stammen, sowie technische Begriffe, die in dieser Verordnung verwendet werden, sollten definiert werden, um ein einheitliches Verständnis zu gewährleisten.

(4)

Die Kauf- und Verkaufspositionen, die Marktteilnehmer in einem Warenderivat halten, sollten saldiert werden, um die tatsächliche Größe der Position festzustellen, über die ein Marktteilnehmer zu einem gegebenen Zeitpunkt verfügt. Die Größe einer Position, die über einen Optionskontrakt oder ein am selben Handelsplatz gehandeltes Warenderivat gehalten wird, das ein Teil des Hauptkontrakts ist, sollte auf der Grundlage des Deltaäquivalents berechnet werden. Um einen umfassenden, zentralen und repräsentativen Überblick über die Tätigkeit einer Person zu ermöglichen und um zu verhindern, dass das Ziel des für den Hauptkontrakt festgelegten Positionslimits umgangen wird, sollte die aggregierte Position, die eine Person an einem Warenderivat hält, das an einem Handelsplatz gehandelt wird, auch die Position umfassen, die sich aus der Disaggregierung der Komponenten eines zum Handel als ein einziges handelbares Instrument am selben Handelsplatz zugelassenen Spread-Kontrakts und der am selben Handelsplatz gehandelten Positionen in Warenderivaten ergibt, die Teil des Hauptkontrakts im Hinblick auf ihre Größe („Mini“-Kontrakte) oder den Preisbildungszeitraum bis zur Fälligkeit („Balmo“-Kontrakte) sind.

(5)

In der Richtlinie 2014/65/EU ist vorgeschrieben, dass von Dritten für eine Person gehaltene Positionen in die Berechnung des Positionslimits dieser Person einfließen und dass die Positionslimits sowohl auf Unternehmens- als auch auf Gruppenebene gelten. Folglich müssen Positionen auf Gruppenebene aggregiert werden. Es ist zweckmäßig, eine Aggregierung auf Gruppenebene nur dann vorzunehmen, wenn das Mutterunternehmen über die Verwendung der Positionen entscheiden kann. Entsprechend sollten nicht nur die Tochterunternehmen ihre eigenen Positionen aggregieren, sondern auch die Mutterunternehmen die von ihren Tochterunternehmen und von ihnen selbst direkt gehaltenen Positionen. Infolge dieser Aggregierung können sich auf der Ebene des Mutterunternehmens größere oder, infolge der Saldierung von Kauf- und Verkaufspositionen verschiedener Tochterunternehmen, kleinere Positionen ergeben als auf der Ebene der einzelnen Tochterunternehmen. Von Organismen für gemeinsame Anlagen gehaltene Positionen sollten nicht auf der Ebene des Mutterunternehmens aggregiert werden, wenn sie nicht in dessen Namen, sondern im Namen der Anleger gehalten werden, und das Mutterunternehmen nicht im eigenen Interesse über ihre Verwendung bestimmen kann.

(6)

Die in der Richtlinie (EU) 2021/338 festgelegten Änderungen sehen vor, dass Positionslimits für kritische oder signifikante Warenderivate, die an Handelsplätzen gehandelt werden, und für deren wirtschaftlich gleichwertige OTC-Kontrakte („EEOTC-Kontrakte“) gelten. Kritische oder signifikante Derivate sind Warenderivate mit offenen Positionen von durchschnittlich mindestens 300 000 handelbaren Einheiten in einem Einjahreszeitraum. Aufgrund der entscheidenden Bedeutung landwirtschaftlicher Erzeugnisse für die Bürgerinnen und Bürger gilt für Derivate auf landwirtschaftliche Erzeugnisse und ihre EEOTC-Kontrakte weiterhin die Regelung für das Positionslimit von unter 300 000 handelbaren Einheiten. Die Liquiditätsschwelle, ab der Positionslimits für Derivate auf landwirtschaftliche Erzeugnisse anwendbar sind, ist in der vorliegenden Verordnung festzulegen, und der Handel mit Derivaten auf landwirtschaftliche Erzeugnisse sollte nur dann als Handel in erheblichen Volumina an einem Handelsplatz betrachtet werden, wenn die Liquiditätsschwelle während eines hinreichend langen Zeitraums überschritten wird.

(7)

Wenn ein Kontrakt für ein außerbörslich gehandeltes Derivat („OTC-Kontrakt“) anhand einer zugrunde liegenden Ware bewertet wird, die am selben Ort zu den gleichen Vertragsbedingungen gehandelt wird, und wenn sein wirtschaftliches Ergebnis in engem Zusammenhang mit einem an einem Handelsplatz gehandelten Kontrakt steht, dann sollte er auch dann als wirtschaftlich gleichwertig gelten, wenn die vertraglichen Bestimmungen leichte Unterschiede im Hinblick auf die Größe der handelbaren Einheiten und den Liefertermin aufweisen. Unterschiedliche Vorkehrungen zur Steuerung der Nachhandelsrisiken, beispielsweise bei den Clearingverfahren, sollten kein Hindernis darstellen, solche Kontrakte für wirtschaftlich gleichwertig zu erklären. Um zu verhindern, dass an einem Handelsplatz gehandelte Positionen mithilfe bilateraler Vereinbarungen in OTC-Kontrakten zwecks Erlangung einer marktbeherrschenden Stellung in unangemessener Weise saldiert werden, und um den Regelungen über Positionslimits in der Praxis wirksam Geltung zu verschaffen, dürfen OTC-Kontrakte über den Handel mit Warenderivaten nur unter eng begrenzten Voraussetzungen als wirtschaftlich gleichwertig mit an Handelsplätzen gehandelten Kontrakten betrachtet werden. Um der Umgehung von Positionslimits vorzubeugen und die Integrität der Regelungen über das Positionslimit zu stärken, muss durch eine enge Begriffsbestimmung des „wirtschaftlich gleichwertigen“ OTC-Kontrakts ausgeschlossen werden, dass eine Person eine OTC-Position gegen mehrere andere Positionen saldiert. Darüber hinaus sollte der Ermessensspielraum bei der kohärenten Auswahl der Positionen, gegen die eine OTC-Position saldiert wird, auf die besonderen Umstände beschränkt werden, unter denen ein solcher OTC-Kontrakt mehr als einem an einem Handelsplatz in der Union gehandelten Warenderivat wirtschaftlich gleichwertig ist.

(8)

Um festzustellen, welche Positionen in Warenderivaten objektiv messbar zur Verringerung der direkt mit der Geschäftstätigkeit verbundenen Risiken beitragen, sollten bestimmte Kriterien vorgegeben werden, beispielsweise die in der Rechnungslegung verwendete Definition eines Sicherungsgeschäfts nach den Internationalen Rechnungslegungsstandards (IFRS). Diese Definition sollte von nichtfinanziellen Stellen auch dann herangezogen werden können, wenn sie die IFRS-Vorschriften auf Unternehmensebene nicht anwenden.

(9)

Darüber hinaus sollten nichtfinanzielle Stellen in der Lage sein, die Gesamtrisiken, die beispielsweise infolge unterschiedlicher geografischer Märkte, Produkte, Zeithorizonte oder Unternehmen mit ihrer Geschäftstätigkeit oder derjenigen ihrer Unternehmensgruppe in Zusammenhang stehen, durch Risikosteuerungsmechanismen zu verringern (Makro- oder Portfolio-Hedging). Ebenso sollten finanzielle Stellen in überwiegend kommerziellen Unternehmensgruppen in der Lage sein, die Gesamtrisiken, die mit der wirtschaftlichen Tätigkeit der nichtfinanziellen Stellen der Unternehmensgruppe in Zusammenhang stehen, durch Risikosteuerungsmechanismen zu verringern. Wenn eine nichtfinanzielle Stelle oder eine finanzielle Stelle Makro- oder Portfolio-Hedging betreibt, ist es ihr nicht immer möglich, eine bestimmte Position in einem Warenderivat direkt einem bestimmten mit ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit verbundenen Risiko zuzuordnen, das durch dieses Warenderivat abgesichert werden soll. Eine nichtfinanzielle Stelle oder eine finanzielle Stelle kann zur Absicherung eines bestimmten mit der wirtschaftlichen Tätigkeit der nichtfinanziellen Stelle verbundenen Risikos auch ein nicht gleichwertiges Warenderivat verwenden, wenn kein identisches Warenderivat angeboten wird oder ein Warenderivat mit größerer Ähnlichkeit keine hinreichende Liquidität aufweist (Proxy-Hedging). In solchen Fällen sollten die Strategien und Systeme des Risikomanagements verhindern, dass nicht der Absicherung dienende Geschäfte als Absicherungsgeschäfte klassifiziert werden, und sie sollten eine hinreichende Aufschlüsselung des Hedging-Portfolios ermöglichen, damit spekulativen Zwecken dienende Bestandteile identifiziert und in die Berechnung der Positionslimits einbezogen werden können. Die Zugehörigkeit einer Position zu einem insgesamt der Risikoverringerung dienenden Portfolio allein begründet nicht die Annahme, dass sie mit der Geschäftstätigkeit verbundene Risiken verringert.

(10)

Ein Risiko kann sich mit der Zeit verändern, und um dieser Veränderung Rechnung zu tragen, müssen womöglich Warenderivate, die ursprünglich der Verringerung des mit der Geschäftstätigkeit verbundenen Risikos dienten, nun aber keinen Zusammenhang mehr dazu aufweisen, durch zusätzliche Warenderivatkontrakte glattgestellt werden. Des Weiteren sollte die Weiterentwicklung eines Risikos, das durch das Eingehen einer Position in einem Warenderivat verringert werden sollte, nicht dazu führen, dass diese Position in der Folge nicht mehr als ursprünglich risikomindernd anerkannt wird.

(11)

Finanzielle und nichtfinanzielle Stellen sollten die Ausnahme für eine Position, die der Absicherung ihrer Geschäftstätigkeiten dienen soll, bereits beantragen können, bevor sie diese Position eingehen. Der Antrag sollte den zuständigen Behörden einen klaren und knappen Überblick über die wirtschaftlichen Tätigkeiten der nichtfinanziellen Stellen in Bezug auf die zugrunde liegende Ware, die abgesichert werden soll, die damit verbundenen Risiken und die Verringerung dieser Risiken durch die Warenderivate vermitteln. Positionslimits gelten zu jeder Zeit für Derivate auf landwirtschaftliche Erzeugnisse und für kritische oder signifikante Warenderivate, und falls die zuständige Behörde die Ausnahme am Ende nicht bewilligt, sollte die finanzielle Stelle oder gegebenenfalls die nichtfinanzielle Stelle alle ein Limit überschreitenden Positionen entsprechend verringern; bei Überschreiten eines Limits drohen ihr aufsichtsrechtliche Konsequenzen. Finanzielle und nichtfinanzielle Stellen sollten ihre Geschäftstätigkeiten regelmäßig überprüfen, um sicherzustellen, dass die Ausnahme weiterhin gerechtfertigt ist.

(12)

Finanzielle und nichtfinanzielle Stellen sollten die Ausnahme von Positionslimits für Positionen, die der Verpflichtung zur Bereitstellung von Liquidität an Handelsplätzen dienen, bereits beantragen können, bevor diese Geschäfte getätigt werden. Der Antrag sollte den zuständigen Behörden einen klaren und knappen Überblick über den Rahmen, gemäß dem diese Personen die Verpflichtung zur Bereitstellung von Liquidität erfüllen, die Tätigkeiten der Person in Bezug auf den Handel mit Warenderivaten entsprechend der mit dem Handelsplatz geschlossenen schriftlichen Vereinbarung und die daraus resultierenden offenen Positionen geben. Positionslimits gelten zu jeder Zeit für Derivate auf landwirtschaftliche Erzeugnisse und für kritische oder signifikante Warenderivate, und falls die zuständige Behörde die Ausnahme am Ende nicht bewilligt, sollte die nichtfinanzielle Stelle oder die finanzielle Stelle alle ein Limit überschreitenden Positionen entsprechend verringern; bei Überschreiten eines Limits drohen ihr aufsichtsrechtliche Konsequenzen. Nichtfinanzielle und finanzielle Stellen sollten ihre Geschäftstätigkeiten regelmäßig überprüfen, um sicherzustellen, dass die Ausnahme weiterhin gerechtfertigt ist.

(13)

Der Spot-Monat, d. h. der Zeitraum, der der Lieferung zum Fälligkeitstermin unmittelbar vorausgeht, ist für jedes Warenderivat spezifisch und muss nicht unbedingt einem Kalendermonat entsprechen. Ein Kontrakt im Spot-Monat ist folglich der Kontrakt in dem betreffenden Warenderivat, der als Nächstes ausläuft. Wenn in dem Zeitraum, in dem die Lieferung der physischen Waren erfolgen muss, die Anzahl der Positionen, die eine Person halten darf, beschränkt wird, dann wird zugleich der Umfang der lieferbaren Menge beschränkt, die diese Person ausführen oder entgegennehmen darf, sodass verhindert wird, dass Einzelne eine marktbeherrschende Stellung gewinnen und auf dieser Grundlage andere Marktteilnehmer verdrängen könnten, indem sie die Ware verknappen. Der Standardrichtwert für das Positionslimit im Spot-Monat sollte daher sowohl für effektiv gelieferte als auch für in bar abgerechnete Warenderivate als Prozentsatz der geschätzten lieferbaren Menge berechnet werden. Die zuständigen Behörden sollten ein zeitlich gestaffeltes System einführen, mit dem die Positionslimits von dem Zeitpunkt an, zu dem ein Kontrakt zu einem Kontrakt im Spot-Monat wird, bis zum Ende der Laufzeit sukzessive gesenkt werden, um auf diese Weise gezielter zu gewährleisten, dass für den gesamten Spot-Monat angemessene Positionslimits gesetzt werden und dass eine ordnungsgemäße Abrechnung erfolgen kann.

(14)

Wenn der Handel mit den Derivaten im Vergleich zur lieferbaren Menge relativ gering ist, bleiben die offenen Positionen hinter der lieferbaren Menge zurück. Unter diesen Umständen ist es den zuständigen Behörden möglicherweise auch unter Zugrundelegung des in der Methodik enthaltenen niedrigsten Prozentsatzes der lieferbaren Menge nicht möglich, ein Limit im Spot-Monat festzulegen, das im Einklang mit dem Ziel steht, geordnete Preisbildungs- und Abwicklungsbedingungen zu gewährleisten und einen Marktmissbrauch zu verhindern. Um sicherzustellen, dass diese Ziele unter allen Umständen erreicht werden, sollten die zuständigen Behörden dann, wenn die lieferbare Menge für ein Warenderivat die Gesamtheit der offenen Positionen erheblich übersteigt — mit der Folge, dass das auf der lieferbaren Menge basierende Limit im Spot-Monat die vorgeschriebene Anwendung von Positionslimits durch die zuständigen Behörden völlig wirkungslos machen würde —, als Fallback-Methode den Richtwert für das Limit im Spot-Monat für dieses Warenderivat als Prozentsatz der Gesamtheit der offenen Positionen für dieses Warenderivat bestimmen und anschließend die entsprechenden Anpassungsfaktoren anwenden.

(15)

Die Ernten landwirtschaftlicher Erzeugnisse können aufgrund von Witterungsbedingungen starken Schwankungen unterliegen. Daher ist es angemessen, dass der Bezugszeitraum für die Bestimmung der für Derivate auf landwirtschaftliche Erzeugnisse lieferbaren Menge über den Bezugszeitraum hinausgeht, der für die Bestimmung der für andere Warenderivate lieferbaren Menge zugrunde gelegt wird.

(16)

Für alle Kontrakte, die nicht im Spot-Monat auslaufen, gilt das Positionslimit für andere Monate. Der Standardrichtwert für die Positionslimits in anderen Monaten sollte daher sowohl für effektiv gelieferte als auch für in bar abgerechnete Warenderivate als Prozentsatz der gesamten offenen Kontraktpositionen berechnet werden. Die Verteilung der Positionen über die anderen Monate eines Warenkontrakts konzentriert sich oftmals auf die Monate, die dem Ende seiner Laufzeit am nächsten sind. Aus diesem Grund bildet die Gesamtheit der offenen Kontraktpositionen eine geeignetere Grundlage für die Festlegung von Positionslimits als ein über alle Laufzeiten hinweg gebildeter Durchschnittswert. Da es bei den offenen Positionen innerhalb kurzer Zeit zu erheblichen Änderungen kommen kann, sollten die offenen Kontraktpositionen von den zuständigen Behörden über einen Zeitraum berechnet werden, der die Besonderheiten des Handels mit Warenderivaten angemessen widerspiegelt. Dieser Bezugszeitraum sollte insbesondere der Saisonabhängigkeit des Handels mit einem Kontrakt Rechnung tragen.

(17)

Um sicherzustellen, dass die von den zuständigen Behörden festgelegten Positionslimits auf einer umfassenden Darstellung der insgesamt in einem Warenderivat gehaltenen offenen Positionen beruhen, sollten die von der zuständigen Behörde berechneten offenen Kontraktpositionen sowohl die offenen Positionen an dem Handelsplatz, an dem das Warenderivat gehandelt wird, als auch die der zuständigen Behörde gemeldeten offenen Positionen in wirtschaftlich gleichwertigen OTC-Kontrakten umfassen.

(18)

Der Standardrichtwert von 25 % der lieferbaren Menge und der offenen Kontraktpositionen wurde auf Grundlage der Erfahrungen anderer Märkte und Hoheitsgebiete festgelegt. Der Richtwert sollte von den zuständigen Behörden so angepasst werden, dass er auf 5 % der lieferbaren Menge und der offenen Kontraktpositionen oder auf 2,5 % für einige Derivate auf landwirtschaftliche Erzeugnisse herabgesetzt und auf 35 % der lieferbaren Menge und der offenen Kontraktpositionen angehoben werden kann, sofern dies aufgrund der Merkmale des Markts geboten erscheint, um zur geordneten Abwicklung und zum Funktionieren des Kontrakts und des ihm zugrunde liegenden Markts beizutragen. Da eine Anpassung des Richtwerts nur zur Anwendung kommt, falls und solange objektive Merkmale des Marktes dies erfordern, sollten vorübergehende Anpassungen des Richtwerts möglich sein. Die zuständigen Behörden sollten gewährleisten, dass der Richtwert stets herabgesetzt wird, wenn dies zur Verhütung marktbeherrschender Stellungen und zur Förderung einer geordneten Preisbildung für das Warenderivat und die ihm zugrunde liegende Ware erforderlich ist. Bei Derivaten, denen keine physische Ware als Basiswert zugrunde liegt, kann zur Festlegung des Positionslimits keine lieferbare Menge herangezogen werden. Aus diesem Grund sollten die zuständigen Behörden in der Lage sein, die Methodiken zur Festlegung von Positionslimits für diese Warenderivate anhand anderer Parameter zu ergänzen oder anzupassen, beispielsweise anhand der Anzahl offener Kontraktpositionen auch im Spot-Monat.

(19)

Es kann vorkommen, dass ein neu zum Handel an einem Handelsplatz zugelassenes Warenderivat zuvor an einem oder mehreren Handelsplätzen in der Union oder in Drittländern gehandelt wurde. Um eine reibungslose Übertragung des Warenderivats zu ermöglichen, sollte die zuständige Behörde bei der Festlegung der anfänglichen Positionslimits für das neu zum Handel zugelassene Warenderivat die offenen Kontraktpositionen in dem zuvor an einem anderen Handelsplatz bzw. anderen Handelsplätzen gehandelten Warenderivat berücksichtigen. Andere Umstände können eintreten, beispielsweise der Fall, dass zwei Warenderivate an demselben Handelsplatz gehandelt werden und wegen geringfügiger Unterschiede in ihren Eigenschaften (z. B. einer Änderung des zugrunde liegenden Indexes oder der Gebotszone) zu erwarten ist, dass die offenen Positionen in älteren Kontrakten rasch in den neueren Kontrakt bewegt werden. Bei der Festlegung der Positionslimits für den neueren Kontrakt sollte die zuständige Behörde die für den älteren Kontrakt offenen Positionen berücksichtigen, um eine reibungslose Entwicklung des neueren Kontrakts zu ermöglichen.

(20)

Bei bestimmten Warenderivaten, insbesondere im Energie- und Gasbereich, ist vorgesehen, dass die zugrunde liegende Ware über einen festgelegten Zeitraum, beispielsweise einen Tag, einen Monat oder ein Jahr, kontinuierlich geliefert wird. Ferner werden bestimmte Kontrakte mit längeren Lieferzeiträumen, beispielsweise einem Jahr oder einem Quartal, bisweilen automatisch durch verbundene Kontrakte mit kürzeren Lieferzeiträumen, beispielsweise einem Quartal oder einem Monat, ersetzt (sogenannte kaskadierende Kontrakte). In diesen Fällen wäre es nicht angemessen, für den Kontrakt, der vor der Lieferung abgelöst wird, ein Positionslimit im Spot-Monat festzulegen, denn ein solches Limit würde den Zeitpunkt des Auslaufens und der effektiven Lieferung oder der Abrechnung des Kontrakts in bar nicht erfassen. Bei Überschneidungen der Lieferzeiträume von Kontrakten, denen die gleiche physische Ware zugrunde liegt, sollte für alle verbundenen Kontrakte dasselbe Positionslimit gelten, damit kontraktübergreifend alle Positionen, die möglicherweise zur Lieferung kommen, davon erfasst werden. Um dies zu ermöglichen, sollten diese verbundenen Kontrakte in Einheiten der zugrunde liegenden physischen Ware gemessen und entsprechend aggregiert und saldiert werden.

(21)

Bei bestimmten Derivaten auf landwirtschaftliche Erzeugnisse, die sich wesentlich auf die Lebensmittelpreise für Verbraucher auswirken, sollte die Methodik die Festlegung eines Richtwerts und Positionslimits unterhalb des durch die allgemeine Spanne vorgesehenen Mindestwerts gestatten, wenn der zuständigen Behörde Hinweise auf Spekulationstätigkeiten vorliegen, die sich erheblich auf die Preise auswirken.

(22)

Die zuständige Behörde sollte prüfen, ob die in Artikel 57 Absatz 3 der Richtlinie 2014/65/EU aufgeführten Faktoren bei der Festlegung des endgültigen Positionslimits eine Anpassung des Richtwerts erforderlich machen. Dabei sollten die Faktoren berücksichtigt werden, die für das fragliche Warenderivat relevant sind. Die Methodiken sollten eine Orientierung für die Festlegung des Limits bieten, doch die endgültige Entscheidung über ein angemessenes Positionslimit für ein Warenderivat, das der Verhütung von Marktmissbrauch dient, verbleibt in den Händen der zuständigen Behörde. Die Faktoren sollten den zuständigen Behörden und der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde wichtige Hinweise geben, um die Meinungsbildung zu erleichtern und eine angemessene Angleichung der Positionslimits in der gesamten Union zu gewährleisten.

(23)

Die Positionslimits sollten keine Hindernisse für die Entwicklung neuer Derivate auf landwirtschaftliche Erzeugnisse schaffen und das reibungslose Funktionieren weniger liquider Teile der Märkte für Derivate auf landwirtschaftliche Erzeugnisse nicht behindern. Bei der Anwendung der Methodik sollte berücksichtigt werden, dass es eine gewisse Zeit erfordert, neue und bestehende Warenderivate zu entwickeln und Liquidität dafür anzuziehen; dies gilt insbesondere für Derivate auf landwirtschaftliche Erzeugnisse, die auf besondere Zielgruppen ausgerichteten oder unreifen Märkten zur Risikosteuerung beitragen sollen oder neuen Absicherungsmethoden in neuen Waren dienen. Ebenso gibt es Derivatkontrakte auf landwirtschaftliche Erzeugnisse, die womöglich niemals genügend Marktteilnehmer oder Liquidität anziehen, um eine wirkungsvolle Anwendung der Positionslimits zu ermöglichen, ohne zugleich Gefahr zu laufen, dass die Marktteilnehmer regelmäßig ungewollt gegen ihr Limit verstoßen und damit die Preisbildung und Abrechnung der betreffenden Warenderivate stören. Um diesen Gefährdungen für das effektive Funktionieren der Märkte zu begegnen, sollte das Positionslimit für den Spot-Monat und für andere Monate auf einen festen Wert von 10 000 handelbaren Einheiten festgelegt werden, bis bei den offenen Positionen im Derivat auf landwirtschaftliche Erzeugnisse ein Schwellenwert von 20 000 handelbaren Einheiten erreicht ist.

(24)

Anzahl, Zusammensetzung und Rolle der an einem Warenderivat beteiligten Marktteilnehmer können Art und Umfang der Positionen, die bestimmte Marktteilnehmer auf diesem Markt halten, beeinflussen. Für manche Warenderivate halten bestimmte Marktteilnehmer bisweilen große Positionen, die aus der Rolle herrühren, die sie beim Kauf, beim Verkauf und bei der Lieferung der jeweiligen Ware spielen, sobald sie auf der anderen Seite des Markts tätig sind als die Mehrheit der übrigen Marktteilnehmer, die für den zugrunde liegenden Warenmarkt Dienstleistungen im Bereich Liquidität oder Risikosteuerung anbieten.

(25)

Der zugrunde liegende Markt zeichnet sich dadurch aus, dass auf ihm die zugrunde liegende Ware angeboten, verwendet, zugänglich gemacht und zur Verfügung gestellt wird. Durch eine genauere Aufgliederung dieser Merkmale, beispielsweise die Betrachtung der Verderblichkeit der Ware oder der Transportmethode, sollte die zuständige Behörde in der Lage sein, Rückschlüsse auf die Flexibilität des Markts zu ziehen und auf dieser Grundlage die Positionslimits angemessen anzupassen.

(26)

Bei manchen Warenderivaten besteht womöglich eine große Diskrepanz zwischen den offenen Positionen und der lieferbaren Menge. Dieser Fall kann eintreten, wenn der Handel mit den Derivaten im Vergleich zur lieferbaren Menge relativ gering ist und somit die offenen Positionen hinter der lieferbaren Menge zurückbleiben oder wenn beispielsweise ein bestimmtes Warenderivat in breitem Umfang zur Absicherung vieler verschiedener Risiken herangezogen wird und dadurch die lieferbare Menge hinter den offenen Positionen zurückbleibt. Derartige erhebliche Diskrepanzen zwischen offenen Positionen und lieferbarer Menge rechtfertigen nach oben oder unten gerichtete Anpassungen des Richtwerts in anderen Monaten, um zu verhindern, dass es bei Herannahen des Spot-Monats zu Marktstörungen kommt. Insbesondere in Fällen, in denen die Gesamtheit der offenen Positionen bedeutend größer ist als die lieferbare Menge, sollte das Limit in anderen Monaten herabgesetzt werden, um einen Klippeneffekt zu vermeiden, der durch das auf der lieferbaren Menge basierende Limit im Spot-Monat ausgelöst werden kann. Eine Anhebung des Limits im Spot-Monat wäre unter solchen Umständen angesichts der Gefahr der Entstehung marktverzerrender Positionen nicht angebracht. Wenn die lieferbare Menge bedeutend größer als die Gesamtheit der offenen Positionen ist, sollte das Limit in anderen Monaten angehoben werden, um das Risiko einer unangemessenen Einschränkung des Handels zu vermeiden. Da die lieferbare Menge bedeutend größer als die Gesamtheit der offenen Positionen ist, dürfte das Limit im Spot-Monat, das auf der aus dem Richtwert hervorgehenden lieferbaren Menge beruht, über den von den Marktteilnehmern im Spot-Monat gehaltenen offenen Positionen liegen. Um sicherzustellen, dass durch das Limit im Spot-Monat der Aufbau einer marktbeherrschenden Stellung von Marktteilnehmern verhindert wird und die Ziele der Verhinderung von Marktmissbrauch und der Gewährleistung einer geordneten Preisbildung gemäß Artikel 57 Absatz 1 der Richtlinie 2014/65/EU wirksam erreicht werden, sollte das Limit im Spot-Monat vielmehr herabgesetzt werden, wenn es auf der lieferbaren Menge basiert.

(27)

Im Interesse desselben Ziels, nämlich der Eindämmung von Marktstörungen bei Herannahen des Spot-Monats infolge großer Diskrepanzen zwischen den berechneten lieferbaren Mengen und offenen Positionen, sollte der Begriff der lieferbaren Menge so bestimmt werden, dass auch Waren anderer Qualitätsstufen oder Arten darunter fallen, die gemäß den Kontraktbedingungen bei der Abwicklung des Derivatkontrakts geliefert werden können.

(28)

Der Kommission wird durch Artikel 57 Absätze 1, 3 und 12 der Richtlinie 2014/65/EU die Befugnis übertragen, die Methodik für die Berechnung und Anwendung von Positionslimits zu erlassen, um die Positionslimits für alle an Handelsplätzen gehandelten Warenderivate und für EEOTC-Kontrakte einheitlich zu regeln. Artikel 57 Absatz 1 schreibt eine Methodik für die Berechnung vor, die von den zuständigen Behörden bei der Festlegung von Positionslimits für Warenderivate anzuwenden ist. Artikel 57 Absatz 1 schreibt auch vor, dass ein Verfahren für Anträge auf Ausnahmen von Positionslimits für Positionen zur Erfüllung der Verpflichtung, Liquidität bereitzustellen, und für Positionen zur Risikoverringerung für finanzielle Stellen festgelegt wird, die Teil einer überwiegend kommerziellen Unternehmensgruppe sind. Nach Artikel 57 Absatz 3 muss spezifiziert werden, in welcher Weise die zuständigen Behörden Faktoren bei der Festlegung von Positionslimits in Spot-Monaten und anderen Monaten für effektiv gelieferte oder bar abgerechnete Warenderivate einbeziehen sollten. Nach Artikel 57 Absatz 12 muss festgelegt werden, wie die Methodik zur Berechnung der Positionslimits angewendet werden sollte, etwa bei der Aggregierung von Positionen auf Gruppenebene, bei der Bestimmung, ob eine Position als Position gelten kann, die Risiken verringert, oder ob eine Firma eine Ausnahme wegen Risikoverringerung geltend machen kann. Die Vorschriften sind inhaltlich miteinander verbunden, da sie in engem Zusammenhang mit der Methodik zur Festlegung von Positionslimits stehen. Aus Gründen der Einfachheit und Transparenz, aber auch um die Anwendung der Vorschriften zu vereinfachen und Überschneidungen zu vermeiden, sollten diese in einem einzigen Rechtsakt und nicht in mehreren Rechtsakten mit zahlreichen Querverweisen festgelegt werden.

(29)

Diese Verordnung beruht auf dem Entwurf technischer Regulierungsstandards, der der Kommission von der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde vorgelegt wurde.

(30)

Die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde hat zu diesem Entwurf öffentliche Konsultationen durchgeführt, die damit verbundenen potenziellen Kosten- und Nutzeneffekte analysiert und die Stellungnahme der nach Artikel 37 der Verordnung (EU) Nr. 1095/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates (3) eingesetzten Interessengruppe Wertpapiere und Wertpapiermärkte eingeholt.

(31)

Die Delegierte Verordnung (EU) 2017/591 der Kommission (4) ergänzt die Richtlinie 2014/65/EU des Europäischen Parlaments und des Rates durch technische Regulierungsstandards für die Anwendung von Positionslimits für Warenderivate Die vorliegende Verordnung ersetzt die genannten delegierte Verordnung unter Berücksichtigung der Änderungen der Richtlinie 2014/65/EU durch die Richtlinie (EU) 2021/338, mit denen neue Bestimmungen über Ausnahmeregelungen für Absicherungsgeschäfte zur Bereitstellung von Liquidität und für finanzielle Stellen, die Teil einer überwiegend nichtfinanziellen Unternehmensgruppe sind, eingeführt werden, und der Kommission die Befugnis übertragen wird, einen delegierten Rechtsakt zu erlassen, in dem die Kriterien für die Ausnahme zur Erfüllung der Verpflichtung zur Bereitstellung von Liquidität und die Ausnahme zur Risikoverringerung für finanzielle Stellen festgelegt werden. Darüber hinaus wurde der Begriff „derselbe Warenkontrakt“ gestrichen, und verbriefte Derivate fallen nicht mehr in den Anwendungsbereich. Schließlich wurde die Berechnung der offenen Positionen präzisiert und die Methodik für neue und weniger liquide Derivatkontrakte auf landwirtschaftliche Erzeugnisse vereinfacht. Daher sollte die Delegierte Verordnung (EU) 2017/591 aufgehoben und durch die vorliegende Richtlinie ersetzt werden —

HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:


(1)  ABl. L 173 vom 12.6.2014, S. 349.

(2)  Richtlinie (EU) 2021/338 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 2021 zur Änderung der Richtlinie 2014/65/EU im Hinblick auf die Informationspflichten, die Produktüberwachung und die Positionslimits sowie der Richtlinien 2013/36/EU und (EU) 2019/878 im Hinblick auf ihre Anwendung auf Wertpapierfirmen, zur Förderung der wirtschaftlichen Erholung von der COVID-19-Krise (ABl. L 68 vom 26.2.2021, S. 14).

(3)  Verordnung (EU) Nr. 1095/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 zur Errichtung einer Europäischen Aufsichtsbehörde (Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde), zur Änderung des Beschlusses Nr. 716/2009/EG und zur Aufhebung des Beschlusses 2009/77/EG der Kommission (ABl. L 331 vom 15.12.2010, S. 84).

(4)  Delegierte Verordnung (EU) 2017/591 der Kommission vom 1. Dezember 2016 zur Ergänzung der Richtlinie 2014/65/EU des Europäischen Parlaments und des Rates durch technische Regulierungsstandards für die Anwendung von Positionslimits für Warenderivate (ABl. L 87 vom 31.3.2017, S. 479).