DELEGIERTE VERORDNUNG (EU) 2016/98 DER KOMMISSION
vom 16. Oktober 2015
zur Ergänzung der Richtlinie 2013/36/EU des Europäischen Parlaments und des Rates durch technische Regulierungsstandards zur Festlegung der allgemeinen Bedingungen für die Arbeitsweise der Aufsichtskollegien
(Text von Bedeutung für den EWR)
DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —
gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,
gestützt auf die Richtlinie 2013/36/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über den Zugang zur Tätigkeit von Kreditinstituten und die Beaufsichtigung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen, zur Änderung der Richtlinie 2002/87/EG und zur Aufhebung der Richtlinien 2006/48/EG und 2006/49/EG (1), insbesondere auf Artikel 51 Absatz 4 und Artikel 116 Absatz 4,
in Erwägung nachstehender Gründe:
(1) |
Die Erstellung der Übersicht über eine Gruppe von Instituten, anhand deren die Unternehmen der Gruppe in der Union oder in einem Drittstaat ermittelt werden können, und die dazu dient, die Art und den Standort der einzelnen Unternehmen der Gruppe, die an ihrer Beaufsichtigung beteiligten Behörden, die anwendbaren aufsichtlichen Ausnahmen, die Bedeutung der Unternehmen für die Gruppe und für das Land, in dem sie zugelassen oder niedergelassen sind, sowie die Kriterien festzustellen, auf deren Grundlage ihre Bedeutung bestimmt wird, wird als wesentliches Element der Ermittlung der Mitglieder und potenziellen Beobachter des Kollegiums erachtet. In diesem Zusammenhang sind Informationen über die Bedeutung einer Zweigstelle für die Gruppe und die Bedeutung dieser Zweigstelle für den Mitgliedstaat, in dem sie niedergelassen ist, unabdingbar, um die Beteiligung der zuständigen Behörden dieses Mitgliedstaats an den Tätigkeiten des Kollegiums festzulegen. Auch Informationen über die Art der Unternehmen der Gruppe, bei denen es sich um Institute, Zweigstellen oder andere Unternehmen der Finanzbranche handeln kann, und darüber, in welchem Land sie zugelassen oder niedergelassen sind und ob es sich dabei um einen Mitgliedstaat oder einen Drittstaat handelt, sind für die Ermittlung von Mitgliedern und potenziellen Beobachtern des Kollegiums wichtig. |
(2) |
Informationen über die Bedeutung eines Unternehmens der Gruppe für die Gruppe und über seine Bedeutung für den Mitgliedstaat, in dem es zugelassen oder niedergelassen ist, sind entscheidend, um feststellen zu können, in welchem Umfang die zuständige Behörde dieses Mitgliedstaats an den Tätigkeiten des Kollegiums mitwirken soll, und um insbesondere das Verfahren der aufsichtlichen Überprüfung und Bewertung durchführen zu können. |
(3) |
Um die Effizienz der Aufsichtskollegien zu stärken, sollten die schriftlichen Koordinierungs- und Kooperationsvereinbarungen gemäß Artikel 115 der Richtlinie 2013/36/EU alle Arbeitsbereiche des Kollegiums abdecken. Die schriftlichen Vereinbarungen sollten außerdem Vereinbarungen zwischen denjenigen Mitgliedern des Kollegiums abdecken, die an spezifischen Tätigkeiten des Kollegiums beteiligt sind, etwa an Tätigkeiten, die durch spezifische nachgeordnete Strukturen des Kollegiums durchgeführt werden. Darüber hinaus sollten die schriftlichen Vereinbarungen operative Aspekte der Arbeit des Kollegiums berücksichtigen, da diese Aspekte wesentlich sind, um die Arbeitsweise des Kollegiums im Normalfall und in Krisensituationen zu erleichtern. Da es unabdingbar ist, mit Blick auf die Erarbeitung und Bereitstellung von Beiträgen für Gruppenabwicklungen die Zusammenarbeit des Kollegiums sicherzustellen, sollten in den schriftlichen Vereinbarungen Verfahren für die Koordinierung der relevanten Beiträge sowie die Zuständigkeiten und die Rolle der konsolidierenden Aufsichtsbehörde bei der Übermittlung dieser Beiträge durch die für die Gruppenabwicklung zuständige Behörde nach Artikel 2 Absatz 1 Ziffer 44 der Richtlinie 2014/59/EU des Europäischen Parlaments und des Rates (2) an das Abwicklungskollegium geregelt werden. Die schriftlichen Vereinbarungen sollten umfassend, kohärent und ausführlich sein und den zuständigen Behörden eine geeignete und angemessene Grundlage bieten, damit diese ihre einschlägigen Pflichten und Aufgaben nicht außerhalb, sondern innerhalb des Kollegiums wahrnehmen. |
(4) |
Die Kollegien sind ein wesentliches Instrument, um Informationen auszutauschen, Krisensituationen vorherzusehen und zu bewältigen, und sie ermöglichen der konsolidierenden Aufsichtsbehörde eine wirksame Beaufsichtigung auf konsolidierter Basis. Um Kohärenz zu gewährleisten und der EBA zu ermöglichen, ihre Aufgaben gemäß der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates (3) und Artikel 116 der Richtlinie 2013/36/EU wahrzunehmen, sollte die EBA an allen Kollegien als Mitglied teilnehmen. |
(5) |
Um sämtliche Tätigkeiten des Kollegiums durchzuführen, sollten die konsolidierende Aufsichtsbehörde und die anderen Mitglieder des Kollegiums einen Überblick über die Tätigkeiten aller Unternehmen der Gruppe haben, einschließlich derjenigen, die Finanzgeschäfte durchführen und nicht als Institute gelten, und derjenigen, die außerhalb der Union tätig sind. Die Zusammenarbeit zwischen der konsolidierenden Aufsichtsbehörde, Mitgliedern des Kollegiums, Aufsichtsbehörden in Drittstaaten, Behörden oder Stellen, die für die Beaufsichtigung eines Unternehmens einer Gruppe zuständig oder an dessen Beaufsichtigung beteiligt sind, einschließlich Behörden, die für die Beaufsichtigung der Unternehmen der Finanzbranche der Gruppe zuständig sind, oder Behörden, die für die Beaufsichtigung von Märkten für Finanzinstrumente, für die Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zweck der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung oder für den Verbraucherschutz zuständig sind, sollte gefördert werden, indem den betreffenden Aufsichtsbehörden in Drittstaaten, Behörden oder Stellen gestattet wird, gegebenenfalls an den Arbeiten des Kollegiums als Beobachter mitzuwirken. |
(6) |
Die Mitglieder des Kollegiums sollten erörtern und festlegen, in welchem Umfang und auf welcher Ebene Beobachter sich gegebenenfalls im Kollegium einbringen dürfen. Der Rahmen, in dem Beobachter am Kollegium teilnehmen dürfen, sollte in den schriftlichen Koordinierungs- und Kooperationsvereinbarungen klar festgelegt sein und den Beobachtern mitgeteilt werden. |
(7) |
Die Mitglieder des Aufsichtskollegiums sollten zusammenarbeiten, ihre Aufsichtsmaßnahmen so weit wie möglich koordinieren und eng kooperieren, um ihren Aufgaben besser nachzukommen und Doppelarbeit zu vermeiden, wie etwa doppelte Informationsanfragen an die beaufsichtigten Unternehmen der Gruppe. In diesem Zusammenhang sollten die Mitglieder des Kollegiums regelmäßig Vereinbarungen über die Übertragung von Aufgaben und Zuständigkeiten in Erwägung ziehen, zumindest dann, wenn Mitglieder des Kollegiums ihr aufsichtliches Prüfungsprogramm ausarbeiten. |
(8) |
Die konsolidierende Aufsichtsbehörde sollte Zugang zu allen Informationen haben, die für die Wahrnehmung ihrer Aufgaben und Zuständigkeiten erforderlich sind, und sie sollte die Sammlung und Weiterleitung von Informationen, die sie von Mitgliedern des Kollegiums oder Beobachtern oder von einem Unternehmen der Gruppe erhält, oder von Beiträgen des Abwicklungskollegiums, insbesondere von der für die Gruppenabwicklung zuständigen Behörde, koordinieren. Auch die Mitglieder des Kollegiums sollten einen entsprechenden Zugang zu Informationen haben. Insbesondere in Fällen, in denen die konsolidierende Aufsichtsbehörde entscheidet, ob bestimmte Informationen für ein anderes Mitglied des Kollegiums, einschließlich der zuständigen Behörde eines Aufnahmemitgliedstaats, in dem eine bedeutende Zweigstelle niedergelassen ist, relevant sind, sollte sie davon absehen, Mitgliedern des Kollegiums ungerechtfertigt Informationen vorzuenthalten. |
(9) |
Mitglieder des Kollegiums, die sich an der Wahrnehmung der Aufgaben nach Artikel 113 der Richtlinie 2013/36/EU beteiligen, sollten dazu angehalten werden, Informationen über die Bewertung der wesentlichen Bestandteile des Verfahrens der aufsichtlichen Überprüfung und Bewertung nach Artikel 97 dieser Richtlinie auszutauschen, wobei gleichzeitig zu beachten ist, dass das Verfahren der aufsichtlichen Überprüfung und Bewertung in den einzelnen Mitgliedstaaten — je nach Umsetzung der einschlägigen Unionsvorschriften in innerstaatliches Recht und unter Berücksichtigung der von der EBA nach Artikel 107 Absatz 3 der Richtlinie 2013/36/EU herausgegebenen Leitlinien — unterschiedlich ablaufen kann. |
(10) |
Um die Zusammenarbeit zwischen den zuständigen Stellen zu erleichtern und etwaige Entscheidungen zu koordinieren, die auf Probleme von Instituten bei der Einhaltung von Anforderungen in Bezug auf Ansätze abstellen, die von den zuständigen Behörden genehmigt werden müssen, bevor sie für die Berechnung der Eigenmittelanforderungen verwendet werden (Verwendung interner Modelle für das Kreditrisiko, Marktrisiko, Gegenparteirisiko und das operative Risiko), sollten Bedingungen für die Zusammenarbeit zwischen der konsolidierenden Aufsichtsbehörde und den jeweils zuständigen Behörden in Bezug auf den Informationsaustausch über die Ergebnisse dieser internen Ansätze sowie die Erörterung und Konsensfindung im Zusammenhang mit Maßnahmen zur Bewältigung festgestellter Ineffizienzen spezifiziert werden. |
(11) |
Zur leichteren Erkennung von Frühwarnsignalen, potenziellen Risiken und Schwachstellen in Bezug auf die Gruppe, ihre Unternehmen und das System, in dem sie tätig sind, sollten die Mitglieder des Kollegiums quantitative Informationen über die Gruppe und ihre Unternehmen auf kohärente und vergleichbare Weise austauschen. Hierbei sollten die wichtigsten Informationen berücksichtigt werden, die von den zuständigen Behörden im Einklang mit der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 680/2014 der Kommission (4) gesammelt werden; im Hinblick auf die aufsichtlichen Meldungen sollten die Informationen die von den Instituten zu verwendenden einheitlichen Formate, die Häufigkeit und den Zeitpunkt der Meldungen, Begriffsbestimmungen sowie die anzuwendenden IT-Lösungen enthalten, und sie sollten ausgetauscht werden, wenn die zuständigen Behörden den Bericht über die Risikobewertung der Gruppe erarbeiten und gemeinsame Entscheidungen über das Kapital und die Liquidität gemäß Artikel 113 der Richtlinie 2013/36/EU treffen. Jedes Kollegium sollte entscheiden, welche Informationen genau für diese Zwecke auszutauschen sind. |
(12) |
Bei der Ausarbeitung des aufsichtlichen Prüfungsprogramms des Kollegiums berücksichtigen die Mitglieder des Kollegiums den Bericht über die Risikobewertung der Gruppe und die Ergebnisse der gemeinsamen Entscheidung über das Kapital und die Liquidität, um die Prioritäten der gemeinsamen Arbeiten besser ermitteln zu können. Daher sollte mit der Ausarbeitung des aufsichtlichen Prüfungsprogramms des Kollegiums begonnen werden, sobald der Bericht über die Risikobewertung der Gruppe und das Verfahren für gemeinsame Entscheidungen abgeschlossen sind; bei der Fertigstellung des Programms sollten die zuständigen Behörden die Aufgaben, zu deren Wahrnehmung auf nationaler Ebene sie sich verpflichtet haben, die für diese Aufgaben zugewiesenen Mittel sowie die entsprechenden Zeitpläne für die Durchführung berücksichtigen. |
(13) |
Die Mitglieder des Kollegiums sollten ihre Tätigkeiten im Vorfeld und im Laufe von Krisensituationen koordinieren, etwa bei nachteiligen Entwicklungen, die das ordnungsgemäße Funktionieren und die Integrität der Finanzmärkte oder die Stabilität des gesamten oder eines Teils des Finanzsystems der Union ernsthaft gefährden könnten, oder in Situationen, die die Finanz- und Wirtschaftslage einer Bankengruppe oder einer ihrer Tochterunternehmen beeinträchtigen oder explizit beeinträchtigen könnten. Daher sollten die Planung und Koordinierung der Tätigkeiten der zuständigen Behörden im Vorfeld und im Laufe von Krisensituationen auch die entsprechenden Tätigkeiten gemäß den einschlägigen Bestimmungen der Richtlinie 2014/59/EU umfassen, aber nicht auf diese beschränkt sein; als Beispiele für Tätigkeiten im Vorfeld und im Laufe von Krisensituationen können insbesondere Tätigkeiten betrachtet werden, die darauf abzielen, die Gruppensanierungsplanung zu koordinieren und den Abwicklungsbehörden bei Bedarf einen koordinierten Beitrag zu liefern. |
(14) |
In einer Krisensituation sollten die Mitglieder des Kollegiums im Rahmen der Koordinierung der konsolidierenden Aufsichtsbehörde bestrebt sein, eine koordinierte aufsichtliche Bewertung der Lage zu erarbeiten, sich auf eine koordinierte aufsichtliche Reaktion zu einigen und deren Umsetzung zu überwachen und sicherzustellen, dass die Krisensituation angemessen bewertet und angegangen wird. Sie sollten außerdem gewährleisten, dass eine etwaige externe Kommunikation auf koordinierte Weise erfolgt und die Elemente umfasst, die vorab zwischen den Mitgliedern des Kollegiums vereinbart worden sind. |
(15) |
Die Bestimmungen dieser Verordnung sind eng miteinander verknüpft, da sie die allgemeinen Bedingungen für die Arbeitsweise der Aufsichtskollegien betreffen. Um die Kohärenz zwischen diesen Bestimmungen, die gleichzeitig in Kraft treten sollten, zu gewährleisten und denjenigen, die den entsprechenden Pflichten unterliegen, einen umfassenden Überblick über diese Bestimmungen und einen kompakten Zugang dazu zu erleichtern, ist es wünschenswert, sämtliche in den Artikeln 51 Absatz 4 und Artikel 116 Absatz 4 der Richtlinie 2013/36/EU geforderten technischen Regulierungsstandards in einer einzigen Verordnung zusammenzufassen. |
(16) |
Da die überwiegende Mehrheit der Aufsichtskollegien in der EU im Einklang mit Artikel 116 der Richtlinie 2013/36/EU eingerichtet wird, erscheint es zweckmäßig, zunächst die Bedingungen für Kollegien gemäß Artikel 116 der Richtlinie 2013/36/EU zu spezifizieren und erst danach jene für Kollegien gemäß Artikel 51 der Richtlinie 2013/36/EU, da Erstere den Regelfall und Letztere einen Sonderfall darzustellen scheinen. |
(17) |
Diese Verordnung beruht auf dem Entwurf technischer Regulierungsstandards, der der Kommission von der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde (EBA) vorgelegt wurde. |
(18) |
Die EBA hat zu dem Entwurf technischer Regulierungsstandards, auf den sich diese Verordnung stützt, offene öffentliche Konsultationen durchgeführt, die damit verbundenen potenziellen Kosten- und Nutzeneffekte analysiert und die Stellungnahme der nach Artikel 37 der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates eingesetzten Interessengruppe Bankensektor eingeholt — |
HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:
(1) ABl. L 176 vom 27.6.2013, S. 338.
(2) Richtlinie 2014/59/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 zur Festlegung eines Rahmens für die Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen und zur Änderung der Richtlinie 82/891/EWG des Rates, der Richtlinien 2001/24/EG, 2002/47/EG, 2004/25/EG, 2005/56/EG, 2007/36/EG, 2011/35/EU, 2012/30/EU und 2013/36/EU sowie der Verordnungen (EU) Nr. 1093/2010 und (EU) Nr. 648/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L 173 vom 12.6.2014, S. 190).
(3) Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 zur Errichtung einer Europäischen Aufsichtsbehörde (Europäische Bankenaufsichtsbehörde), zur Änderung des Beschlusses Nr. 716/2009/EG und zur Aufhebung des Beschlusses 2009/78/EG der Kommission (ABl. L 331 vom 15.12.2010, S. 1).
(4) Durchführungsverordnung (EU) Nr. 680/2014 der Kommission vom 16. April 2014 zur Festlegung technischer Durchführungsstandards für die aufsichtlichen Meldungen der Institute gemäß der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L 191 vom 28.6.2014, S. 1).