Aktualisiert 15/01/2025
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Ursprungsrechtsakt
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Erwägungsgründe

DELEGIERTE VERORDNUNG (EU) Nr. 604/2014 DER KOMMISSION

vom 4. März 2014

zur Ergänzung der Richtlinie 2013/36/EU des Europäischen Parlaments und des Rates im Hinblick auf technische Regulierungsstandards in Bezug auf qualitative und angemessene quantitative Kriterien zur Ermittlung der Mitarbeiterkategorien, deren berufliche Tätigkeit sich wesentlich auf das Risikoprofil eines Instituts auswirkt

(Text von Bedeutung für den EWR)

DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Richtlinie 2013/36/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über den Zugang zur Tätigkeit von Kreditinstituten und die Beaufsichtigung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen, zur Änderung der Richtlinie 2002/87/EG und zur Aufhebung der Richtlinien 2006/48/EG und 2006/49/EG (1), insbesondere auf Artikel 94 Absatz 2,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Die Richtlinie 2013/36/EU, insbesondere Artikel 74, verlangt, dass Institute über solide Regelungen für die Unternehmensführung und -kontrolle und über wirksame Verfahren zur Ermittlung, Steuerung, Überwachung und Meldung der tatsächlichen und potenziellen künftigen Risiken verfügen. Diese Regelungen und Verfahren müssen der Art, dem Umfang und der Komplexität der dem Geschäftsmodell innewohnenden Risiken und den Geschäften des Instituts angemessen sein und dürfen keinen Aspekt außer Acht lassen. Unter anderem müssen sie den in den Artikeln 79 bis 87 der Richtlinie genannten spezifischen Risiken Rechnung tragen. Die Regelungen und Verfahren werden von den zuständigen Behörden im Rahmen des Prozesses der aufsichtlichen Überprüfung und Bewertung gemäß Artikel 97 der Richtlinie evaluiert. Die ermittelten Risiken werden von den Instituten im Rahmen der Beurteilung der Angemessenheit des internen Kapitals gemäß Artikel 73 der Richtlinie erwogen.

(2)

Der durch die Richtlinie 2013/36/EU geschaffene Aufsichtsrahmen verlangt, dass alle Institute sämtliche Mitarbeiter ermitteln, deren berufliche Tätigkeit sich wesentlich auf das Risikoprofil des jeweiligen Instituts auswirkt. Die Kriterien, anhand deren bewertet wird, inwieweit die berufliche Tätigkeit von Mitarbeitern das Risikoprofil beeinflusst, sollten den potenziellen Auswirkungen der Tätigkeit der betreffenden Personen aufgrund ihrer Befugnisse und ihrer Verantwortung sowie der Risiko- und Leistungsindikatoren des Instituts auf dessen Risikoprofil Rechnung tragen. Bei der Bewertung sollten die interne Organisation des Instituts sowie Art, Umfang und Komplexität seiner Tätigkeiten berücksichtigt werden. Die Kriterien sollten alle tatsächlichen und künftigen potenziellen Risiken des Instituts bzw. der betreffenden Gruppe vollständig erfassen. Dies dürfte es den Instituten auch ermöglichen, im Rahmen ihrer Vergütungspolitik geeignete Anreize für ein umsichtiges Verhalten der Mitarbeiter zu setzen, und dafür sorgen, dass bei der Ermittlung der Mitarbeiter, deren Tätigkeit sich wesentlich auf das Risikoprofil des Instituts auswirkt, dem Risikoniveau unterschiedlicher Tätigkeiten innerhalb des Instituts Rechnung getragen wird.

(3)

Im Jahr 2012 veröffentlichte die Europäische Bankenaufsichtsbehörde (EBA) die Ergebnisse einer Umfrage zur nationalen Umsetzung und praktischen Anwendung der vom Ausschuss der europäischen Bankaufsichtsbehörden herausgegebenen Leitlinien zur Vergütungspolitik und -praxis („CEBS-Leitlinien“), die allgemeine Kriterien für die Bewertung der Maßgeblichkeit des Einflusses von Mitarbeitern auf das Risikoprofil eines Instituts enthielten. Die Umfrage ergab, dass die Umsetzung der in der Richtlinie 2006/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (2) festgelegten Vergütungsvorschriften durch Institute und zuständige Behörden nicht zu einem ausreichenden Harmonisierungsgrad geführt habe. Die Bandbreite der Vergütungspraktiken war nach wie vor zu groß, und insbesondere berücksichtigten die für die Ermittlung der relevanten Mitarbeiter zugrunde gelegten Kriterien nicht immer in ausreichendem Maße die Auswirkungen ihrer beruflichen Tätigkeit auf das Risikoprofil des Instituts. Weiterhin bestanden erhebliche Unterschiede zwischen den von den einzelnen Instituten und Mitgliedstaaten praktizierten Ansätzen zur Ermittlung der entsprechenden Mitarbeiter. Diese technischen Regulierungsstandards sollten daher auf den Erfahrungen aufbauen, die mit der Anwendung der Richtlinie 2006/48/EG und der CEBS-Leitlinien gewonnen wurden, und darauf abstellen, einen höheren Harmonisierungsgrad zu erreichen. Die EBA wird gemäß Artikel 75 Absatz 2 der Richtlinie 2013/36/EU neue Leitlinien für eine solide Vergütungspolitik herausgeben, die den in der Richtlinie festgelegten Grundsätzen entspricht.

(4)

Es sollte eine Liste eindeutiger qualitativer und angemessener quantitativer Kriterien erstellt werden, anhand deren die Hauptkategorien von Mitarbeitern bestimmt werden können, deren berufliche Tätigkeit sich wesentlich auf das Risikoprofil eines Instituts auswirken kann, wobei ein unionsweit harmonisierter Ansatz angestrebt und die relevantesten gemeinsamen Risiken abgedeckt werden sollten. Gemäß Artikel 94 Absatz 2 der Richtlinie 2013/36/EU muss es sich bei allen anhand dieser Kriterien ermittelten Mitarbeiterkategorien um Kategorien von Mitarbeitern handeln, deren berufliche Tätigkeit sich wesentlich auf das Risikoprofil eines Instituts auswirkt. Institute sollten auch die Ergebnisse der im Rahmen ihrer internen Verfahren durchgeführten Risikobewertungen heranziehen. Die zuständigen Behörden sollten eine vollständige Ermittlung sämtlicher Mitarbeiter gewährleisten, deren berufliche Tätigkeit sich wesentlich auf das Risikoprofil eines Instituts auswirkt.

(5)

Die Mitglieder des Leitungsorgans haben letztlich die Verantwortung für das Institut, seine Strategie und seine Tätigkeiten und können somit jederzeit wesentlichen Einfluss auf das Risikoprofil des Instituts nehmen. Dies gilt sowohl für die Entscheidungen treffenden Mitglieder des Leitungsorgans in seiner Managementfunktion als auch für die Mitglieder des Aufsichtsorgans, die die Entscheidungsprozesse überwachen und die Entscheidungen prüfen.

(6)

Die Geschäftsleitung und die für wesentliche Geschäftsbereiche, für das Management spezifischer Kategorien von Risiken — wie Liquiditäts-, Betriebs- und Zinsrisiken — und für die Kontrollfunktionen innerhalb eines Instituts verantwortlichen Führungskräfte sind auch für das Tagesgeschäft sowie die damit verbundenen Risiken und Kontrollen verantwortlich. Dies schließt die Verantwortung für strategische oder andere grundlegende Entscheidungen über Geschäftstätigkeiten und den Kontrollrahmen ein. Die eingegangenen Geschäftsrisiken und die Art und Weise ihrer Steuerung sind die wichtigsten Faktoren, die sich auf das Risikoprofil eines Instituts auswirken.

(7)

Wesentliche operative und sonstige Risiken für ein Institut gehen nicht nur von den für die Erschließung neuer Geschäftsfelder Verantwortlichen aus, sondern auch von den für die Bereitstellung interner Unterstützung zuständigen Funktionen, die für die Geschäftstätigkeit von zentraler Bedeutung sind und über Entscheidungsbefugnisse in den betreffenden Bereichen verfügen. Folglich wirkt sich auch die berufliche Tätigkeit von Mitarbeitern in derartigen Funktionen wesentlich auf das Risikoprofil eines Instituts aus.

(8)

Kredit- und Marktrisiken werden in der Regel eingegangen, um Geschäftsmöglichkeiten zu generieren; somit lassen sich die Auswirkungen der mit derartigen Risiken verbundenen Tätigkeiten auf das Risikoprofil anhand von Kriterien bewerten, die sich auf Befugnisgrenzen stützen, welche mindestens einmal jährlich auf der Grundlage von Kapitalzahlen und der für Regulierungszwecke verfolgten Ansätze berechnet werden. In Bezug auf Kreditrisiken wird ein De-minimis-Schwellenwert zugrunde gelegt, damit eine verhältnismäßige Anwendung der Kriterien in kleinen Instituten sichergestellt wird.

(9)

Die Kriterien, anhand deren diejenigen Mitarbeiter ermittelt werden, deren berufliche Tätigkeit sich wesentlich auf das Risikoprofil des Instituts auswirkt, sollten sowohl dem Umstand Rechnung tragen, dass bestimmte Institute von den Anforderungen bezüglich des Handelsbuchs nach der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (3) befreit werden können, als auch dem Umstand, dass die Obergrenzen für die einzelnen Institute auf unterschiedliche Weise und unter Anwendung unterschiedlicher Methoden zur Berechnung der Eigenkapitalanforderungen festgesetzt werden.

(10)

Da die Ergebnisse von Entscheidungen häufig durch die Mitarbeiter beeinflusst werden, auf die die Entscheidungen zurückgehen, wohingegen die Entscheidungsbefugnis formal bei höhergestellten Mitarbeitern oder Ausschüssen liegt, sollten die Kriterien den wesentlichen Elementen solcher Entscheidungsprozesse Rechnung tragen.

(11)

Mitarbeiter in Managementpositionen sind für die Geschäftstätigkeiten in dem ihnen unterstellten Bereich verantwortlich. Daher sollten geeignete Kriterien festgelegt werden, die gewährleisten, dass Mitarbeiter als Mitarbeiter mit wesentlichem Einfluss auf das Risikoprofil des Instituts eingestuft werden, wenn sie für Gruppen von Mitarbeitern verantwortlich sind, deren Tätigkeiten sich wesentlich auf das Risikoprofil des Instituts auswirken könnten. Dies schließt auch Situationen ein, in denen sich die Tätigkeiten einzelner ihnen unterstellter Mitarbeiter allein betrachtet nicht wesentlich auf das Risikoprofil des Instituts auswirken, die Tätigkeiten der Gruppe insgesamt aber derartige Auswirkungen haben könnten.

(12)

Zusätzlich zu den qualitativen Kriterien sollten angemessene quantitative Kriterien zur Ermittlung der Mitarbeiterkategorien festgelegt werden, deren berufliche Tätigkeit sich wesentlich auf das Risikoprofil eines Instituts auswirkt. Die gewährte Gesamtvergütung hängt in erster Linie davon ab, welchen Beitrag die betreffenden Mitarbeiter zur Verwirklichung der Geschäftsziele des Instituts leisten, und damit von den Verantwortlichkeiten, Pflichten, Fähigkeiten und Qualifikationen der Mitarbeiter sowie der Leistung der Mitarbeiter und des Instituts. Erhält ein Mitarbeiter eine Gesamtvergütung, die einen bestimmten Schwellenwert überschreitet, kann davon ausgegangen werden, dass dies seinen Grund in dem Beitrag des betreffenden Mitarbeiters zu den Geschäftszielen des Instituts sowie in den Auswirkungen seiner beruflichen Tätigkeit auf das Risikoprofil des Instituts hat. Entsprechend ist es angezeigt, bei den quantitativen Kriterien die Gesamtvergütung des jeweiligen Mitarbeiters — in absoluten Zahlen und im Verhältnis zu anderen Mitarbeitern — zugrunde zu legen. Bei der Anwendung der quantitativen Kriterien sollte gegebenenfalls dem Umstand Rechnung getragen werden, dass die Höhe der Vergütung in Abhängigkeit von der jeweiligen Rechtsordnung variiert. Es sollten eindeutige, geeignete Schwellenwerte zur Ermittlung derjenigen Mitarbeiter festgelegt werden, deren berufliche Tätigkeit sich wesentlich auf das Risikoprofil des Instituts auswirkt, wobei die von der EBA und den zuständigen Behörden erfassten Daten berücksichtigt werden sollten. Den quantitativen Kriterien liegt die begründete Annahme zugrunde, dass die Mitarbeiter wesentlichen Einfluss auf das Risikoprofil des Instituts haben. Derartige auf quantitativen Kriterien basierende Annahmen sollten jedoch nicht angewandt werden, wenn Institute auf der Grundlage zusätzlicher objektiver Bedingungen zu der Feststellung gelangen, dass Mitarbeiter unter Berücksichtigung der tatsächlichen und potenziellen künftigen Risiken der Institute de facto keinen wesentlichen Einfluss auf das Risikoprofil des Instituts haben. Eine Ausnahme für die bei Anlegen dieser Kriterien am höchsten vergüteten Mitarbeiter sollte der Genehmigung durch die zuständige Behörde unterliegen, damit eine effektive und kohärente Anwendung der Kriterien gewährleistet ist. Bei Mitarbeitern, denen eine Vergütung von über 1 000 000 EUR gewährt wird (Hochverdiener), sollten die zuständigen Behörden die EBA unterrichten, bevor eine Ausnahme genehmigt wird, um die kohärente Anwendung der Kriterien, insbesondere unter derart außergewöhnlichen Umständen, zu gewährleisten. Das Verfahren zur Ermittlung der betreffenden Mitarbeiter sowie etwaige Ausnahmen sollten jedoch stets einer aufsichtlichen Überprüfung gemäß Artikel 92 Absatz 2 der Richtlinie 2013/36/EU unterliegen.

(13)

Der Umstand, dass ein Mitarbeiter derselben Vergütungskategorie angehört wie die Mitglieder der Geschäftsleitung oder die Risikoträger, kann auch ein Indikator dafür sein, dass sich seine berufliche Tätigkeit wesentlich auf das Risikoprofil des Instituts auswirkt. Bei der Festlegung der Vergütungskategorien sollte die Vergütung von Mitarbeitern in Kontroll- oder Unterstützungsfunktionen und von Mitgliedern des Leitungsorgans in seiner Aufsichtsfunktion unberücksichtigt bleiben. Bei der Anwendung dieses Kriteriums sollte auch dem Umstand Rechnung getragen werden, dass die Vergütungshöhe in Abhängigkeit von der jeweiligen Rechtsordnung variiert. Es sollte Instituten gestattet sein nachzuweisen, dass Mitarbeiter, die zwar in die fragliche Vergütungsgruppe fallen, aber keines der qualitativen oder sonstigen quantitativen Kriterien erfüllen, das Risikoprofil des Instituts nicht wesentlich beeinflussen, wobei sämtliche tatsächlichen und potenziellen künftigen Risiken des Instituts zu berücksichtigen sind. Ausnahmen von der Anwendung dieses Kriteriums auf Mitarbeiter mit einer hohen Gesamtvergütung sollten Gegenstand eines Meldeverfahrens sein, das eine rechtzeitige aufsichtliche Überprüfung und somit eine kohärente Anwendung dieses Kriteriums gewährleistet.

(14)

Die zuständigen Behörden sollten sicherstellen, dass Institute Aufzeichnungen über die vorgenommenen Bewertungen und über die Mitarbeiter führen, deren berufliche Tätigkeit als für das Risikoprofil wesentlich befunden wurden, damit es der zuständigen Behörde und den Prüfern möglich ist, die Bewertung zu überprüfen. Die Dokumentation sollte auch Angaben zu Mitarbeitern enthalten, die zwar aufgrund der vergütungsbezogenen Kriterien ermittelt wurden, deren berufliche Tätigkeit jedoch als das Risikoprofil des Instituts nicht wesentlich beeinflussend bewertet wird.

(15)

Diese Verordnung stützt sich auf den Entwurf technischer Regulierungsstandards, der der Kommission von der EBA vorgelegt wurde.

(16)

Die EBA hat zu dem Entwurf technischer Regulierungsstandards, auf den sich diese Verordnung stützt, offene öffentliche Konsultationen durchgeführt, die entsprechenden potenziellen Kosten- und Nutzeneffekte analysiert und die Stellungnahme der nach Artikel 37 der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates (4) eingesetzten Interessengruppe Bankensektor eingeholt —

HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:


(1)  ABl. L 176 vom 27.6.2013, S. 338.

(2)  Richtlinie 2006/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2006 über die Aufnahme und Ausübung der Tätigkeit der Kreditinstitute (ABl. L 177 vom 30.6.2006, S. 1).

(3)  Verordnung (EU) Nr. 575/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über Aufsichtsanforderungen an Kreditinstitute und Wertpapierfirmen und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 (ABl. L 176 vom 27.6.2013, S. 1).

(4)  Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 zur Errichtung einer Europäischen Aufsichtsbehörde (Europäische Bankenaufsichtsbehörde), zur Änderung des Beschlusses Nr. 716/2009/EG und zur Aufhebung des Beschlusses 2009/78/EG der Kommission (ABl. L 331 vom 15.12.2010, S. 12).