Aktualisiert 14/11/2024
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Erwägungsgründe

DURCHFÜHRUNGSBESCHLUSS (EU) 2022/1683 DER KOMMISSION

vom 28. September 2022

über die Gleichwertigkeit des Regulierungsrahmens Kolumbiens für zentrale Gegenparteien mit den Anforderungen der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates

(Text von Bedeutung für den EWR)

DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Verordnung (EU) Nr. 648/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 über OTC-Derivate, zentrale Gegenparteien und Transaktionsregister (1), insbesondere auf Artikel 25 Absatz 6,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Das in Artikel 25 der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 festgelegte Verfahren für die Anerkennung von zentralen Gegenparteien (im Folgenden „CCPs“) aus Drittstaaten, deren Regulierungsstandards den Regulierungsstandards der genannten Verordnung gleichwertig sind, soll es den in den betreffenden Drittstaaten niedergelassenen und zugelassenen CCPs ermöglichen, Clearingdienste für in der Union niedergelassene Clearingmitglieder oder Handelsplätze zu erbringen. Dieses Anerkennungsverfahren und der dabei vorgesehene Gleichwertigkeitsbeschluss tragen so zur Erreichung des übergeordneten Ziels der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 bei, das Systemrisiko dadurch zu verringern, dass auch bei der Abwicklung außerbörslich gehandelter (im Folgenden „OTC“-) Derivatekontrakte auf sichere und solide CCPs zurückgegriffen wird, einschließlich solcher, die in einem Drittstaat niedergelassen und zugelassen sind.

(2)

Damit die rechtlichen Bestimmungen eines Drittstaats als gleichwertig mit den EU-Bestimmungen für CCPs betrachtet werden können, sollten die geltenden Rechts- und Aufsichtsmechanismen zu einem gemessen an den verfolgten Regulierungszielen gleichwertigen wesentlichen Ergebnis führen wie die Anforderungen der Union. Im Zuge einer Gleichwertigkeitsprüfung soll deshalb nachgeprüft werden, dass die Rechts- und Aufsichtsmechanismen des betreffenden Drittstaats gewährleisten, dass in diesem Drittstaat niedergelassene und zugelassene CCPs für in der Union niedergelassene Clearingmitglieder und Handelsplätze nicht mit einem höheren Risiko einhergehen als in der Union zugelassene CCPs und somit in der Union kein inakzeptabel hohes Systemrisiko darstellen. Deshalb sollte berücksichtigt werden, dass Clearingtätigkeiten an kleineren Finanzmärkten als dem der Union mit erheblich geringeren Risiken verbunden sind.

(3)

Die Bewertung der Gleichwertigkeit der Rechts- und Aufsichtsmechanismen Kolumbiens sollte nicht nur auf einer vergleichenden Analyse der für CCPs in Kolumbien geltenden rechtsverbindlichen Anforderungen beruhen, sondern auch auf einer Prüfung der Ergebnisse dieser Anforderungen. Die Kommission sollte auch prüfen, ob diese Anforderungen angemessen sind, um die Risiken, denen in der Union niedergelassene Clearingmitglieder und Handelsplätze ausgesetzt sein könnten, zu mindern, wobei die Größe des Finanzmarkts, auf dem in Kolumbien zugelassene CCPs tätig sind, berücksichtigt werden sollte. Bei CCPs, die auf größeren Finanzmärkten mit höheren Risiken tätig sind, sind strengere Anforderungen an die Risikominderung notwendig als bei CCPs, die auf kleineren Finanzmärkten mit geringeren Risiken tätig sind.

(4)

Nach Artikel 25 Absatz 6 Buchstaben a, b und c der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 müssen drei Bedingungen erfüllt sein, damit die Rechts- und Aufsichtsmechanismen, die in einem Drittstaat für dort zugelassene CCPs gelten, mit den in jener Verordnung festgelegten Mechanismen als gleichwertig betrachtet werden können.

(5)

Nach Artikel 25 Absatz 6 Buchstabe a der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 müssen die in einem Drittstaat zugelassenen CCPs rechtsverbindliche Anforderungen erfüllen, die den Anforderungen des Titels IV jener Verordnung entsprechen.

(6)

Die rechtsverbindlichen Anforderungen, die für in Kolumbien zugelassene CCPs gelten, sind im Gesetz Nr. 964 von 2005 über das Clearing und die Abwicklung von Finanzinstrumenten (im Folgenden: „Primärvorschriften“) und in den allgemeinen Vorschriften nach Dekret 2555 von 2010 in Buch 13 Teil 2 sowie in Rundschreiben der kolumbianischen Finanzoberaufsicht (Superintendencia Financiera, kurz: „SFC“) (im Folgenden: „Sekundärvorschriften“) festgelegt. Zusammengenommen legen diese Vorschriften die Standards und Anforderungen fest, die in Kolumbien zugelassene CCPs dauerhaft erfüllen müssen.

(7)

Die Primärvorschriften enthalten unter anderem Regelungen zur Unternehmensführung, zu Anteilseignern und Gesellschaftern mit qualifizierter Beteiligung, zu Ausfallfonds und Abwicklung sowie Mindestanforderungen an die Betriebsvorschriften von CCPs. Darüber hinaus müssen zugelassene CCPs gemäß dem Circular Básica Jurídica — CE 29 von 2014 die einschlägigen internationalen Standards für Clearing- und Abwicklungssysteme, insbesondere die vom Ausschuss für Zahlungs- und Abrechnungssysteme (Committee on Payment and Settlement Systems) und der Internationalen Organisation der Wertpapieraufsichtsbehörden (International Organization of Securities Commissions) aufgestellten Grundsätze für Finanzmarktinfrastrukturen (im Folgenden „PFMIs“) (2), anwenden und umsetzen.

(8)

Um in Kolumbien zugelassen zu werden, muss eine CCP der SFC ihre Betriebsvorschriften sowie eine Studie über die Angemessenheit jedes einzelnen von ihr verwalteten Systems vorlegen. Die Betriebsvorschriften einer CCP müssen ausführlich beschreiben, wie die CCP die in den Primärvorschriften sowie in den PFMIs festgelegten hohen Standards und Anforderungen zu erfüllen hat. Die Betriebsvorschriften müssen Bestimmungen über die Teilnahmeanforderungen, die Kommunikationssysteme, die Art der Finanzinstrumente, die gecleart werden dürfen, die Risikomanagementverfahren, die Verfahren für eine fristgerechte Abwicklung, die von den Teilnehmern zu stellenden Sicherheiten, die bei Pflichtverletzungen der Teilnehmer zu ergreifenden Maßnahmen, die Organisation und Arbeitsweise der Prüfungs- und Risikoausschüsse sowie über die Betriebskontinuität enthalten. Sobald die SFC die Betriebsvorschriften gebilligt hat, prüft sie, ob die CCP mit ihrer Ausstattung und ihren professionellen und technischen Ressourcen, Verfahren und Kontrollen in der Lage ist, ihre Tätigkeit aufzunehmen. Sobald die CCP zugelassen ist, werden ihre Betriebsvorschriften für sie rechtsverbindlich. Änderungen an den Betriebsvorschriften müssen von der SCF genehmigt werden.

(9)

Die rechtsverbindlichen Anforderungen für in Kolumbien zugelassene CCPs weisen also eine zweistufige Struktur auf. Die erste Stufe umfasst das Gesetz Nr. 964 von 2005 sowie die allgemeinen Vorschriften und die Rundschreiben der SCF, die zusammen die hohen Standards und Anforderungen, einschließlich der PFMIs, festschreiben, die zugelassene CCPs erfüllen müssen, und die ausführlich regeln, wie die CCP diese hohen Standards und Anforderungen zu erfüllen hat. Die zweite Stufe beinhaltet die Betriebsvorschriften der CCPs.

(10)

Der kolumbianische Finanzmarkt ist erheblich kleiner als der Finanzmarkt, auf dem in der Union niedergelassene CCPs tätig sind. So machte der Gesamtwert der in den vergangenen drei Jahren in Kolumbien geclearten OTC-Derivatetransaktionen weniger als 1 % des Gesamtwerts der in der Union geclearten OTC-Derivatetransaktionen aus. Folglich ist eine Teilnahme an in Kolumbien zugelassenen CCPs für in der Union niedergelassene Clearingmitglieder und Handelsplätze mit erheblich geringeren Risiken verbunden als eine Teilnahme an in der Union zugelassenen CCPs. Durch die Primär- und die Sekundärvorschriften für in Kolumbien zugelassene CCPs, die durch die verbindlichen Betriebsvorschriften ergänzt werden und mit deren Gesamtheit die PFMIs umgesetzt werden, wird das geringere Risiko, dem in der Union niedergelassene Clearingmitglieder und Handelsplätze ausgesetzt sein könnten, angemessen gemindert und damit ein Maß an Risikominderung erreicht, das mit dem im Rahmen der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 angestrebten daher als gleichwertig betrachtet werden kann.

(11)

Dies führt die Kommission zu dem Schluss, dass die Rechts- und Aufsichtsmechanismen Kolumbiens sicherstellen, dass die in Kolumbien zugelassenen CCPs rechtsverbindliche Anforderungen erfüllen, die den in Titel IV der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 festgelegten Anforderungen gleichwertig sind.

(12)

Nach Artikel 25 Absatz 6 Buchstabe b der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 müssen die Rechts- und Aufsichtsmechanismen für in Drittstaaten zugelassene CCPs dauerhaft eine wirksame Beaufsichtigung der CCPs und eine effektive Rechtsdurchsetzung gewährleisten.

(13)

Nach Artikel 6 des Gesetzes Nr. 964 von 2005 ist die SFC befugt, die Tätigkeiten von CCPs in Kolumbien zu beaufsichtigen und diese CCPs zu überwachen, um die kontinuierliche Einhaltung der Primärvorschriften und der internen Vorschriften und Verfahren der CCPs sicherzustellen. Die SFC verfügt über umfassende Befugnisse, um eine zugelassene CCP kontrollieren und sanktionieren zu können; so kann sie unter anderem Informationen und Daten einholen, Vor-Ort- und andere Prüfungen durchführen und von einer zugelassenen CCP Korrekturen verlangen, sowie Anordnungen und Anweisungen erteilen. Im Einklang mit Artikel 53 des Gesetzes Nr. 964 von 2005 kann die SFC Verwarnungen aussprechen, Geldbußen verhängen und bestellte Verwalter einer zugelassenen CCP ausschließen oder von ihrer Tätigkeit zu entbinden. Sie kann zudem die Geschäftstätigkeit einer CCP aussetzen oder einer CCP die Zulassung entziehen, wenn gegen eine verbindliche gesetzliche Anforderung verstoßen wird. Darüber hinaus müssen CCPs mindestens alle drei Jahre eine Selbstbewertung der Einhaltung der PFMIs vornehmen und einen Bericht darüber vorlegen, der von der SFC im Einklang mit ihrem Aufsichtsplan veröffentlicht und regelmäßig überprüft wird.

(14)

Dies führt die Kommission zu dem Schluss, dass die Rechts- und Aufsichtsmechanismen Kolumbiens für dort zugelassene CCPs dauerhaft eine wirksame Beaufsichtigung und eine effektive Rechtsdurchsetzung sicherstellen.

(15)

Nach Artikel 25 Absatz 6 Buchstabe c der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 muss der Rechtsrahmen des betreffenden Drittstaats ein wirksames, gleichwertiges System der Anerkennung von nach dem Recht eines Drittstaats zugelassenen CCPs (im Folgenden „Drittstaaten-CCPs“) vorsehen.

(16)

In Kolumbien gilt eine CCP nach dem externen Rundschreiben Nr. 019 von 2022 als „gleichwertige Drittstaaten-CCP“, wenn die CCP in einem Rechtsraum tätig ist, in dem die SFC eine wesentliche Einhaltung der PFMIs feststellt, wenn die CCP einer wirksamen Aufsicht unterliegt und wenn eine Kooperationsvereinbarung zwischen der Aufsichtsbehörde des betreffenden Drittstaats und der SFC geschlossen wurde. Von der SFC als gleichwertig anerkannte Drittstaaten-CCPs werden in einem öffentlichen Register aufgeführt, das daraufhin überprüft wird, ob die PFMIs eingehalten werden. Nach dem externen Rundschreiben Nr. 019 von 2022 gilt für Risikopositionen kolumbianischer Banken gegenüber gleichwertigen Drittstaaten-CCPs eine günstigere Eigenkapitalbehandlung, während Risikopositionen gegenüber Drittstaaten-CCPs, die nicht als gleichwertig betrachtet werden, mit einem hohen Risikogewicht belegt werden. In der Praxis läuft ein derart hohes Risikogewicht für nicht gleichwertige Drittstaaten-CCPs auf ein Verbot heraus, und es ist davon auszugehen, dass allenfalls nur sehr wenige kolumbianische Banken Clearingtätigkeiten über nicht gleichwertige Drittstaaten-CCPs durchführen. Sollten sich kolumbianische Banken dennoch zum Clearing über eine nicht gleichwertige Drittstaaten-CCP entschließen, würden die mit ihren Risikopositionen verbundenen Risiken darüber hinaus durch das hohe Risikogewicht gemindert. Angesichts der im externen Rundschreiben Nr. 019 von 2022 vorgesehenen Eigenkapitalregelung für Risikopositionen gegenüber nicht gleichwertigen CCPs kann das kolumbianische System als wirksames gleichwertiges System der Anerkennung von Drittstaaten-CCPs angesehen werden.

(17)

Dies führt die Kommission zu dem Schluss, dass der Rechtsrahmen Kolumbiens ein wirksames gleichwertiges System der Anerkennung von Drittstaaten-CCPs vorsieht.

(18)

Die Kommission ist daher der Auffassung, dass die Rechts- und Aufsichtsmechanismen Kolumbiens für CCPs die in Artikel 25 Absatz 6 der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 festgelegten Bedingungen erfüllen. Folglich sollten diese Rechts- und Aufsichtsmechanismen als den Anforderungen der genannten Verordnung gleichwertig angesehen werden.

(19)

Dieser Beschluss beruht auf den rechtlich bindenden Anforderungen, die für CCPs in Kolumbien zum Zeitpunkt des Erlasses dieses Beschlusses gelten. Die Kommission wird unter anderem anhand der Informationen, die sie nach Artikel 25 Absatz 6b der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 von der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) erhält, weiterhin regelmäßig verfolgen, wie sich der Rechts- und Aufsichtsrahmen für CCPs in Kolumbien weiterentwickelt und ob die Bedingungen, auf deren Grundlage dieser Beschluss angenommen wird, noch erfüllt sind.

(20)

Die Kommission kann ausgehend von den Ergebnissen einer regelmäßigen oder besonderen Überprüfung jederzeit beschließen, diesen Beschluss zu ändern oder aufzuheben, insbesondere im Falle von Entwicklungen, die die Bedingungen, auf deren Grundlage dieser Beschluss gefasst wird, verändern.

(21)

Damit die ESMA das Anerkennungsverfahren für in Kolumbien zugelassene CCPs unverzüglich einleiten kann, sollte dieser Beschluss möglichst bald in Kraft treten.

(22)

Die in diesem Beschluss vorgesehenen Maßnahmen stehen mit der Stellungnahme des Europäischen Wertpapierausschusses in Einklang —

HAT FOLGENDEN BESCHLUSS ERLASSEN:


(1)  ABl. L 201 vom 27.7.2012, S. 1.

(2)  Ausschuss für Zahlungsverkehr und Marktinfrastrukturen, Paper Nr. 101 vom 16. April 2012.