Aktualisiert 19/09/2024
In Kraft

Ursprungsrechtsakt
Suche im Rechtsakt

Erwägungsgründe

DURCHFÜHRUNGSBESCHLUSS (EU) 2022/899 DER KOMMISSION

vom 8. Juni 2022

über die Gleichwertigkeit des Regulierungsrahmens für zentrale Gegenparteien in Indonesien mit den Anforderungen der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates in Bezug auf von der indonesischen Finanzdienstleistungsbehörde (Otoritas Jasa Keuangan) beaufsichtigte zentrale Gegenparteien

(Text von Bedeutung für den EWR)

DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Verordnung (EU) Nr. 648/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 über OTC-Derivate, zentrale Gegenparteien und Transaktionsregister (1), insbesondere auf Artikel 25 Absatz 6,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Das in Artikel 25 der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 festgelegte Verfahren für die Anerkennung von zentralen Gegenparteien (im Folgenden „CCPs“) aus Drittstaaten, deren Regulierungsstandards den Regulierungsstandards der genannten Verordnung gleichwertig sind, soll es den in den betreffenden Drittstaaten niedergelassenen und zugelassenen CCPs ermöglichen, Clearingdienste für in der Union niedergelassene Clearingmitglieder oder Handelsplätze zu erbringen. Dieses Anerkennungsverfahren und der dabei vorgesehene Gleichwertigkeitsbeschluss tragen so zur Erreichung des übergeordneten Ziels der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 bei, das Systemrisiko dadurch zu verringern, dass auch bei der Abwicklung außerbörslich gehandelter (im Folgenden „OTC“-) Derivatekontrakte auf sichere und solide CCPs zurückgegriffen wird, einschließlich solcher, die in einem Drittstaat niedergelassen und zugelassen sind.

(2)

Damit die rechtlichen Bestimmungen eines Drittstaats als gleichwertig mit den EU-Bestimmungen für CCPs betrachtet werden können, sollten die geltenden Rechts- und Aufsichtsmechanismen zu einem gemessen an den verfolgten Regulierungszielen gleichwertigen wesentlichen Ergebnis führen wie die Anforderungen der Union. Im Zuge einer Gleichwertigkeitsprüfung soll deshalb nachgeprüft werden, ob die Rechts- und Aufsichtsmechanismen des betreffenden Drittstaats gewährleisten, dass in diesem Drittstaat niedergelassene und zugelassene CCPs für in der Union niedergelassene Clearingmitglieder und Handelsplätze nicht mit einem höheren Risiko einhergehen als in der Union zugelassene CCPs und somit in der Union kein inakzeptabel hohes Systemrisiko darstellen. Deshalb sollte berücksichtigt werden, dass Clearingtätigkeiten an kleineren Finanzmärkten als dem der Union mit erheblich geringeren Risiken verbunden sind.

(3)

Die Bewertung der Gleichwertigkeit der Rechts- und Aufsichtsmechanismen Indonesiens sollte nicht nur auf einer vergleichenden Analyse der rechtsverbindlichen Anforderungen beruhen, die für die von der indonesischen Finanzmarktbehörde (Otoritas Jasa Keuangan, im Folgenden „OJK“) zugelassenen CCPs in Indonesien gelten, sondern auch auf einer Prüfung der Ergebnisse dieser Anforderungen. Die Kommission sollte auch prüfen, ob diese Anforderungen angemessen sind, um die Risiken, denen in der Union niedergelassene Clearingmitglieder und Handelsplätze ausgesetzt sein könnten, zu mindern, wobei die Größe des Finanzmarkts, auf dem CCPs in Indonesien tätig sind, berücksichtigt werden sollte. Um ein gleichwertiges Maß an Risikominderung zu erreichen, ist es notwendig, bei CCPs, die auf größeren Finanzmärkten mit höheren Risiken tätig sind, strengere Anforderungen an die Risikominderung zu stellen als bei CCPs, die auf kleineren Finanzmärkten mit geringeren Risiken tätig sind.

(4)

Dieser Beschluss betrifft einzig die Gleichwertigkeit der Rechts- und Aufsichtsmechanismen für von der OJK beaufsichtigte CCPs, gilt jedoch weder für die Rechts- und Aufsichtsmechanismen für CCPs, die Clearingdienste am Rohstoffmarkt erbringen und von der dem Handelsministerium der Republik Indonesien (Kementerische Perdagangan Republik Indonesia) unterstellten Regulierungsbehörde für Warentermingeschäfte (Badan Pengawas Perdagangan Berjangka Komoditi, kurz: „Bappebti“) beaufsichtigt werden, noch für die von der Bank Indonesia betriebenen und beaufsichtigten CCPs.

(5)

Nach Artikel 25 Absatz 6 Buchstaben a, b und c der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 müssen drei Bedingungen erfüllt sein, damit die Rechts- und Aufsichtsmechanismen, die in einem Drittstaat für dort zugelassene CCPs gelten, mit den in jener Verordnung festgelegten Mechanismen als gleichwertig betrachtet werden können.

(6)

Nach Artikel 25 Absatz 6 Buchstabe a der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 müssen die in einem Drittstaat zugelassenen CCPs rechtsverbindliche Anforderungen erfüllen, die den Anforderungen des Titels IV jener Verordnung entsprechen.

(7)

Die rechtsverbindlichen Anforderungen für in Indonesien zugelassene und von der OJK beaufsichtigte CCPs sind im Gesetz Nr. 8 der Republik Indonesien über den Kapitalmarkt („Kapitalmarktgesetz“) von 1995 (Undang-Undang Republik Indonesia Nomor 8 Tahun 1995 tentang Pasar Modal) (2), der OJK-Verordnung Nr. 3/POJK.04/2021 über die Organisation der Kapitalmarkttätigkeiten (Peraturan OJK Nomor 3/POJK.04/2021 tentang Penyelenggaraan Kegiatan di Bidang Pasar Modal) (3) und der OJK-Verordnung Nr. 22/POJK.04/2019 über Wertpapiergeschäfte (Peraturan OJK Nomor 22/POJK.04/2019 tentang Transaksi Efek) (4) festgelegt (im Folgenden zusammen als „Primärvorschriften“ bezeichnet). Mit der OJK-Verordnung Nr. 22/POJK.04/2019 werden die internationalen Standards der im April 2012 vom Ausschuss für Zahlungsverkehr und Marktinfrastrukturen (Committee on Payments and Market Infrastructures) und der Internationalen Organisation der Wertpapieraufsichtsbehörden (International Organization of Securities Commission) aufgestellten Grundsätze für Finanzmarktinfrastrukturen (Principles for Financial Market Infrastructures, im Folgenden „PFMIs“) (5) umgesetzt.

(8)

CCPs müssen von der OJK zugelassen sein. Um eine Zulassung für die Erbringung von Clearingdiensten zu erhalten, müssen CCPs die in den Primärvorschriften festgelegten Anforderungen erfüllen. Diese Anforderungen werden durch interne Vorschriften und Verfahren der jeweiligen CCP ergänzt, die die Einhaltung aller einschlägigen Standards der PFMIs gewährleisten.

(9)

Die rechtsverbindlichen Anforderungen für in Indonesien zugelassene und von der OJK beaufsichtigte CCPs weisen also eine zweistufige Struktur auf. Die erste Stufe umfasst die Primärvorschriften mit den Kernauflagen, die CCPs erfüllen müssen, um in Indonesien für die Erbringung von Clearingdiensten zugelassen zu werden. Die zweite Stufe beinhaltet die internen Vorschriften und Verfahren der CCP, die diese als Selbstregulierungsorganisation in Form von Verordnungen selbst erlassen muss.

(10)

Der indonesische Finanzmarkt ist erheblich kleiner als der Finanzmarkt der Union. Folglich ist eine Teilnahme an in Indonesien zugelassenen CCPs für in der Union niedergelassene Clearingmitglieder und Handelsplätze mit erheblich geringeren Risiken verbunden als eine Teilnahme an in der Union zugelassenen CCPs. Durch die Primärvorschriften für in Indonesien zugelassene CCPs samt der internen Vorschriften und Verfahren dieser CCPs, die die Einhaltung der PFMIs vorschreiben, wird das geringere Risiko, dem in der Union niedergelassene Clearingmitglieder und Handelsplätze ausgesetzt sein könnten, angemessen gemindert und damit ein Maß an Risikominderung erreicht, das mit dem im Rahmen der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 angestrebten als gleichwertig betrachtet werden kann.

(11)

Dies führt die Kommission zu dem Schluss, dass die Rechts- und Aufsichtsmechanismen Indonesiens sicherstellen, dass die in Indonesien zugelassenen und von der OJK beaufsichtigten CCPs rechtsverbindliche Anforderungen erfüllen, die den in Titel IV der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 festgelegten Anforderungen gleichwertig sind.

(12)

Nach Artikel 25 Absatz 6 Buchstabe b der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 müssen die Rechts- und Aufsichtsmechanismen für in Drittstaaten zugelassene CCPs dauerhaft eine wirksame Beaufsichtigung der CCPs und eine effektive Rechtsdurchsetzung gewährleisten.

(13)

Die OJK als zuständige Aufsichtsbehörde für CCPs überwacht die CCPs in Indonesien fortlaufend, um die Einhaltung der Primärvorschriften sowie der internen Vorschriften und Verfahren der CCPs sicherzustellen. Gemäß dem Gesetz Nummer 21 der Republik Indonesien von 2011 über die Finanzdienstleistungsbehörde (Undang-Undang Republik Indonesia Nomor 21 Tahun 2011 tentang Otoritas Jasa Keuangan, „OJK-Gesetz“) (6) führt die OJK regelmäßig die tägliche Beaufsichtigung durch, um Risiken zu ermitteln, zu bewerten, zu priorisieren und zu mindern. Die OJK kann bei mutmaßlichen Zuwiderhandlungen im Sinne von Kapitel XI des OJK-Gesetzes Untersuchungen anstellen. Die OJK verfügt über umfassende Befugnisse, um die Einhaltung der Vorschriften sicherzustellen, und hat die Möglichkeit, die Zulassung und die Genehmigung der internen Vorschriften und Verfahren zu widerrufen, Bedingungen zu stellen, Anforderungen oder Anweisungen zu erteilen und Sanktionen gegen CCPs zu verhängen.

(14)

Dies führt die Kommission zu dem Schluss, dass die Rechts- und Aufsichtsmechanismen Indonesiens für dort zugelassene CCPs dauerhaft eine wirksame Beaufsichtigung und eine effektive Rechtsdurchsetzung sicherstellen.

(15)

Nach Artikel 25 Absatz 6 Buchstabe c der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 muss der Rechtsrahmen des betreffenden Drittstaats ein wirksames, gleichwertiges System der Anerkennung von nach dem Recht eines Drittstaats zugelassenen CCPs (im Folgenden „Drittstaaten-CCPs“) vorsehen.

(16)

Drittstaaten-CCPs, die zentrale Clearingdienste in Indonesien anbieten wollen, müssen bei der OJK nach Artikel 13 Absatz 1 des Kapitalmarktgesetzes eine Gewerbelizenz als CCP beantragen. Somit können nicht-indonesische und indonesische CCPs auf dem indonesischen Kapitalmarkt unterschiedslos Clearingdienste erbringen. Nicht-indonesische CCPs müssen dieselben Anforderungen erfüllen wie indonesische CCPs und insbesondere auch die PFMIs einhalten. Der Abschluss von Kooperationsvereinbarungen zwischen der OJK und den für die Beaufsichtigung der nicht-indonesischen CCP zuständigen Drittlandsbehörde ist in den Artikeln 47 und 48 des OJK-Gesetzes vorgesehen.

(17)

Dies führt die Kommission zu dem Schluss, dass der Rechtsrahmen Indonesiens ein wirksames gleichwertiges System der Anerkennung von Drittstaaten-CCPs vorsieht.

(18)

Die Kommission ist daher der Auffassung, dass die Rechts- und Aufsichtsmechanismen für von der OJK beaufsichtigte CCPs die in Artikel 25 Absatz 6 der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 festgelegten Bedingungen erfüllen. Folglich sollten diese Rechts- und Aufsichtsmechanismen als den Anforderungen der genannten Verordnung gleichwertig angesehen werden.

(19)

Dieser Beschluss beruht auf den rechtlich bindenden Anforderungen, die für die von der OJK beaufsichtigten CCPs zum Zeitpunkt des Erlasses dieses Beschlusses gelten. Die Kommission wird unter anderem anhand der Informationen, die sie nach Artikel 25 Absatz 6b der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 von der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde erhält, weiterhin regelmäßig verfolgen, wie sich der Rechts- und Aufsichtsrahmens für CCPs in Indonesien weiterentwickelt und ob die Bedingungen, auf deren Grundlage dieser Beschluss gefasst wurde, noch erfüllt sind.

(20)

Die Kommission kann ausgehend von den Ergebnissen einer regelmäßigen oder besonderen Überprüfung jederzeit beschließen, diesen Beschluss zu ändern oder aufzuheben, insbesondere im Falle von Entwicklungen, die die Bedingungen, auf deren Grundlage dieser Beschluss gefasst wird, verändern.

(21)

Die in diesem Beschluss vorgesehenen Maßnahmen stehen mit der Stellungnahme des Europäischen Wertpapierausschusses in Einklang —

HAT FOLGENDEN BESCHLUSS ERLASSEN:


(1)  ABl. L 201 vom 27.7.2012, S. 1.

(2)  Gesetzesblatt der Republik Indonesien Nummer 64 von 1995, Beilage zum Gesetzesblatt der Republik Indonesien Nummer 3608.

(3)  Gesetzesblatt der Republik Indonesien Nummer 71 von 2021, Beilage zum Gesetzesblatt der Republik Indonesien Nummer 6663.

(4)  Gesetzesblatt der Republik Indonesien Nummer 168 von 2019, Beilage zum Gesetzesblatt der Republik Indonesien Nummer 6387.

(5)  Ausschuss für Zahlungsverkehr und Marktinfrastrukturen, Paper Nr. 101 vom 16. April 2012.

(6)  Gesetzesblatt der Republik Indonesien Nummer 111 von 2011, Beilage zum Gesetzesblatt der Republik Indonesien Nummer 5253.