DURCHFÜHRUNGSBESCHLUSS (EU) 2016/2277 DER KOMMISSION
vom 15. Dezember 2016
über die Gleichwertigkeit des Regulierungsrahmens im Dubai International Financial Centre für zentrale Gegenparteien gemäß der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates
DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —
gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,
gestützt auf die Verordnung (EU) Nr. 648/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 über OTC-Derivate, zentrale Gegenparteien und Transaktionsregister (1), insbesondere auf Artikel 25 Absatz 6,
in Erwägung nachstehender Gründe:
(1) |
Das in Artikel 25 der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 dargelegte Verfahren für die Anerkennung zentraler Gegenparteien (im Folgenden „CCPs“) aus Drittstaaten, deren Regulierungsstandards den Regulierungsstandards dieser Verordnung gleichwertig sind, soll es den in solchen Drittstaaten ansässigen und zugelassenen CCPs gestatten, für in der Union ansässige Clearingmitglieder oder Handelsplätze Clearingdienste zu erbringen. Dieses Anerkennungsverfahren und der in diesem Rahmen vorgesehene Gleichwertigkeitsbeschluss tragen somit zur Erreichung des übergeordneten Ziels der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 bei, das Systemrisiko dadurch zu verringern, dass auch beim Clearing außerbörslich gehandelter (im Folgenden „OTC“-) Derivatekontrakte auf sichere und solide CCPs zurückgegriffen wird, einschließlich solcher, die in einem Drittstaat ansässig und zugelassen sind. |
(2) |
Damit die rechtlichen Bestimmungen eines Drittstaats als gleichwertig mit den EU-Bestimmungen für CCPs betrachtet werden können, sollten die geltenden Rechts- und Aufsichtsmechanismen zu einem gemessen an den verfolgten Regulierungszielen gleichwertigen wesentlichen Ergebnis führen wie die Anforderungen der Union. Diese Gleichwertigkeitsprüfung soll deshalb die Gewissheit verschaffen, dass die Rechts- und Aufsichtsmechanismen des Dubai International Financial Centre (im Folgenden „DIFC“) gewährleisten, dass dort ansässige und zugelassene CCPs für in der Union ansässige Clearingmitglieder und Handelsplätze nicht mit einem höheren Risiko einhergehen als in der Union zugelassene CCPs und somit in der Union kein inakzeptabel hohes Systemrisiko darstellen. Besonders berücksichtigt werden sollte dabei, dass Clearingtätigkeiten an kleineren Finanzmärkten als dem der Union mit erheblich geringeren Risiken verbunden sind. |
(3) |
Nach Artikel 25 Absatz 6 der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 müssen drei Bedingungen erfüllt sein, damit die Rechts- und Aufsichtsmechanismen, die in einem Drittstaat für die dort zugelassenen CCPs gelten, mit den in der Verordnung festgelegten Mechanismen als gleichwertig betrachtet werden können. |
(4) |
Der ersten Bedingung zufolge müssen die in einem Drittstaat zugelassenen CCPs rechtsverbindliche Anforderungen erfüllen, die den Anforderungen des Titels IV der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 entsprechen. |
(5) |
Die rechtsverbindlichen Anforderungen für im DIFC zugelassene CCPs bestehen aus dem Regulatory Law 2004 und dem Markets Law 2012 (im Folgenden „DIFC-Gesetze“). Diese werden ergänzt durch das Regelwerk der Dubai Financial Services Authority (im Folgenden „DFSA“), das ein Modul zu den „Authorised Market Institutions“ (im Folgenden „AMIs“) umfasst. |
(6) |
Im DIFC ansässige CCPs müssen von der DFSA als AMIs zugelassen sein. Der vorliegende Beschluss betrifft nur die Regelung für AMIs, die die genehmigte Finanzdienstleistung des Betriebs eines Clearinghauses im DIFC erbringen. Um eine Clearingzulassung zu erhalten, müssen AMIs bestimmte Anforderungen erfüllen, die durch die DFSA und das DFSA-Regelwerk festgelegt werden. AMIs müssen die Clearingsysteme sicher und effizient betreiben und die mit ihrer Geschäftstätigkeit verbundenen Risiken sorgfältig verwalten. Auch müssen sie über ausreichende finanzielle Mittel, Mitarbeiter und Systemressourcen verfügen. |
(7) |
Die DIFC-Gesetze setzen die internationalen Standards der im April 2012 vom Ausschuss für Zahlungs- und Abrechnungssysteme (2) („Committee on Payment and Settlement Systems“ (CPSS)) und der Internationalen Organisation der Wertpapieraufsichtsbehörden („International Organization of Securities Commissions“ (IOSCO)) aufgestellten Grundsätze für Finanzmarktinfrastrukturen („Principles for Financial Market Infrastructures“, im Folgenden „PFMI“) vollständig um. |
(8) |
Darüber hinaus verlangen die DIFC-Gesetze, dass AMIs interne Vorschriften und Verfahren festlegen, um die Einhaltung sämtlicher für eine ordnungsgemäße Regulierung ihrer Clearing- und Abwicklungssysteme notwendigen Anforderungen zu gewährleisten. AMI Rule 5.6 sieht vor, dass die internen Vorschriften und Verfahren von AMIs bestimmte Bestimmungen, einschließlich Auffangregelungen, enthalten müssen. Diese internen Vorschriften und Verfahren, sowie deren Änderungen, sind der DFSA vor ihrer Einführung zur Genehmigung vorzulegen. Die DFSA ist berechtigt, vorgeschlagene Vorschriften abzulehnen oder deren Abänderung zu verlangen. Nach den DIFC-Gesetzen sind die internen Vorschriften von AMIs rechtsverbindlich und können gegen deren Mitglieder und andere Teilnehmer rechtlich durchgesetzt werden. |
(9) |
Die rechtsverbindlichen Anforderungen für im DIFC zugelassene AMIs weisen also eine zweistufige Struktur auf. Die im DFSA-Regelwerk und in den DIFC-Gesetzen enthaltenen zentralen Grundsätze legen die strengen Standards fest, die eine AMI erfüllen muss, um im DIFC eine Genehmigung zur Erbringung von Clearingdiensten zu erhalten (im Folgenden zusammen „Primärvorschriften“). Diese Primärvorschriften stellen die erste Stufe der rechtsverbindlichen Anforderungen des DIFC dar. Um die Einhaltung der Primärvorschriften nachzuweisen, müssen AMIs gemäß AMI Rule 5.6 über „Regeln im Geschäftsverkehr“ ihre internen Vorschriften und Verfahren vor ihrer Anwendung der DFSA zur Genehmigung vorlegen; die DFSA kann diese verhindern oder untersagen. Diese internen Vorschriften und Verfahren bilden die zweite Stufe der Anforderungen des DIFC. |
(10) |
Bei der Bewertung der Gleichwertigkeit der für AMIs im DIFC geltenden Rechts- und Aufsichtsmechanismen sollte auch berücksichtigt werden, inwieweit diese das Risiko mindern, dem in der Union ansässige Clearingmitglieder und Handelsplätze ausgesetzt sind, wenn sie an diesen Unternehmen teilnehmen. Inwieweit das Risiko gemindert wird, hängt sowohl von der Höhe des Risikos ab, das mit den Clearingtätigkeiten der betreffenden CCP verbunden ist und wiederum durch die Größe des jeweiligen Finanzmarkts bestimmt wird, als auch davon, inwieweit sich die für CCPs geltenden Rechts- und Aufsichtsmechanismen zur Minderung dieses Risikos eignen. Um ein gleichwertiges Maß an Risikominderung zu erreichen, ist es notwendig, bei CCPs, die auf größeren Finanzmärkten mit höheren Risiken tätig sind, strengere Anforderungen an die Risikominderung zu stellen als bei CCPs, die auf kleineren Finanzmärkten mit geringeren Risiken tätig sind. |
(11) |
Im DIFC zugelassene AMIs gehen ihrer Clearingtätigkeit auf einem deutlich kleineren Finanzmarkt nach als in der Union ansässige CCPs. Seit 2011 wurde eine geringe Zahl von Derivaten gehandelt oder gecleart. Folglich ist eine Teilnahme an im DIFC zugelassenen CCPs für in der Union ansässige Clearingmitglieder und Handelsplätze mit erheblich geringeren Risiken verbunden als eine Teilnahme an in der Union zugelassenen CCPs. |
(12) |
Die Rechts- und Aufsichtsmechanismen für im DIFC zugelassene CCPs können folglich insoweit als gleichwertig betrachtet werden, als sie sich zur Minderung dieses geringeren Risikos eignen. Die Primärvorschriften für diese CCPs samt den ergänzenden internen Vorschriften und Verfahren, die zur Einhaltung der PFMI verpflichten, mindern das geringere Risiko im DIFC und erzielen ein Maß an Risikominderung, das dem mit der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 angestrebten gleichwertig ist. |
(13) |
Es sollte daher festgestellt werden, dass die Rechts- und Aufsichtsmechanismen des DIFC sicherstellen, dass die dort zugelassenen AMIs rechtsverbindliche Anforderungen erfüllen, die den in Titel IV der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 festgelegten Anforderungen gleichwertig sind. |
(14) |
Der zweiten in Artikel 25 Absatz 6 der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 genannten Bedingung zufolge müssen die Rechts- und Aufsichtsmechanismen, die im DIFC für dort zugelassene CCPs gelten, dauerhaft eine wirksame Beaufsichtigung der betreffenden CCPs und eine effektive Rechtsdurchsetzung gewährleisten. |
(15) |
Die DFSA ist für die Beaufsichtigung der AMIs im DIFC zuständig und kontrolliert die AMIs auf die Einhaltung der geltenden Vorschriften. Sie verfügt über umfassende Befugnisse in Bezug auf die Zulassung von AMIs und die Ahndung von Verstößen und kann AMIs unter anderem die Zulassung entziehen oder Sanktionen gegen sie verhängen. Die DFSA übt eine tägliche Aufsicht aus. Sie wendet ein Verfahren zur ständigen Risikoverwaltung an, das die Identifizierung, Bewertung, Priorisierung und Minderung von Risiken umfasst. Das Regulatory Law 2004 hat die DFSA mit weitreichenden Befugnissen zur Durchsetzung ihrer Gesetze und Vorschriften ausgestattet. Die DFSA ist ermächtigt, bei mutmaßlichen Verstößen gegen ihre Vorschriften Ermittlungen durchzuführen, und kann Inspektionen durchführen, Geschäftsbücher und -unterlagen beschlagnahmen oder von Personen verlangen, sich unter Eid oder eidesstattlicher Versicherung vernehmen zu lassen. Die DFSA kann unter anderem Bußgelder verhängen, öffentliche Rügen aussprechen und einer Person verbieten, im DIFC tätig zu sein. |
(16) |
Es sollte daher festgestellt werden, dass die im DIFC zugelassenen AMIs dauerhaft einer wirksamen Beaufsichtigung und einer effektiven Rechtsdurchsetzung unterliegen. |
(17) |
Der dritten in Artikel 25 Absatz 6 der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 genannten Bedingung zufolge müssen die Rechts- und Aufsichtsmechanismen des DIFC ein wirksames gleichwertiges System der Anerkennung von nach dem Recht eines Drittstaats zugelassenen CCPs (im Folgenden „Drittstaat-CCPs“) vorsehen. |
(18) |
Drittstaat-CCPs, die im DIFC das Clearing von Derivaten durchführen wollen, müssen bei der DFSA eine Anerkennung beantragen. Die Kriterien und der Prozess dieser Anerkennung sind im Modul „Anerkennung“ geregelt. |
(19) |
Die Anerkennung wird nur gewährt, wenn der Rechtsraum, in dem die CCP ansässig ist, über hinreichend rechtssichere, den Rechts- und Aufsichtsmechanismen des DIFC vergleichbare Vorschriften verfügt. Eine weitere Voraussetzung für die Zulassung einer Drittstaat-CCP ist der Abschluss einer Kooperationsvereinbarung zwischen dem DIFC und den zuständigen Drittlandbehörden. |
(20) |
Es sollte daher festgestellt werden, dass die Rechts- und Aufsichtsmechanismen des DIFC ein wirksames gleichwertiges System der Anerkennung von Drittstaat-CCP gewährleisten. |
(21) |
Der vorliegende Beschluss beruht auf den rechtsverbindlichen Anforderungen, die zum Zeitpunkt seiner Verabschiedung für AMIs im DIFC gelten. Die Kommission sollte in Zusammenarbeit mit der ESMA weiterhin regelmäßig verfolgen, wie sich der Rechts- und Aufsichtsrahmen für AMIs weiterentwickelt und ob die Bedingungen, auf deren Grundlage dieser Beschluss gefasst wurde, noch erfüllt sind. |
(22) |
Die regelmäßige Überprüfung der Rechts- und Aufsichtsmechanismen, die im DIFC für dort zugelassene CCPs gelten, sollte die Kommission nicht daran hindern, zu jedem beliebigen Zeitpunkt eine spezifische Überprüfung außerhalb der allgemeinen Überprüfung durchzuführen, wenn einschlägige Entwicklungen erfordern, dass die Kommission die mit diesem Beschluss erteilte Anerkennung neu bewertet. Eine solche Neubewertung könnte zur Aufhebung dieses Beschlusses führen. |
(23) |
Die in diesem Beschluss vorgesehenen Maßnahmen stehen mit der Stellungnahme des Europäischen Wertpapierausschusses im Einklang — |
HAT FOLGENDEN BESCHLUSS ERLASSEN:
(1) ABl. L 201 vom 27.7.2012, S. 1.
(2) Seit dem 1. September 2014 nennt sich der Ausschuss für Zahlungs- und Abrechnungssysteme („Committee on Payment and Settlement Systems“) Ausschuss für Zahlungsverkehr und Marktinfrastrukturen („Committee on Payment and Market Infrastructures“, im Folgenden „CPMI“).