DURCHFÜHRUNGSBESCHLUSS (EU) 2016/2272 DER KOMMISSION
vom 15. Dezember 2016
über die Gleichwertigkeit von Finanzmärkten in Australien gemäß der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates
(Text von Bedeutung für den EWR)
DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —
gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,
gestützt auf die Verordnung (EU) Nr. 648/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 über OTC-Derivate, zentrale Gegenparteien und Transaktionsregister (1), insbesondere auf Artikel 2a Absatz 2,
in Erwägung nachstehender Gründe:
(1) |
In der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 werden für außerbörsliche (over-the-counter („OTC“)) Derivatekontrakte Anforderungen an Clearing und bilaterales Risikomanagement sowie Meldepflichten für derartige Kontrakte festgelegt. In Artikel 2 Nummer 7 der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 werden OTC-Derivate definiert als Derivatekontrakte, deren Ausführung nicht an einem geregelten Markt im Sinne von Artikel 4 Absatz 1 Nummer 14 der Richtlinie 2004/39/EG des Europäischen Parlament und des Rates (2) oder an einem Markt eines Drittlands erfolgt, der gemäß Artikel 2a der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 als einem geregelten Markt gleichwertig angesehen wird. Somit werden alle Derivatekontrakte, deren Ausführung auf einem Drittlandsmarkt erfolgt, der nicht als einem geregelten Markt gleichwertig angesehen wird, für die Zwecke der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 als OTC-Derivatekontrakte eingestuft. |
(2) |
Gemäß Artikel 2a der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 wird ein Markt eines Drittlands als einem geregelten Markt gleichwertig angesehen, wenn er rechtsverbindliche Anforderungen erfüllt, die denen des Titels III der Richtlinie 2004/39/EG entsprechen, und wenn er in dem betreffenden Drittland dauerhaft einer wirksamen Beaufsichtigung und einer effektiven Rechtsdurchsetzung unterliegt. |
(3) |
Damit ein Drittlandsmarkt als einem geregelten Markt im Sinne der Richtlinie 2004/39/EG gleichwertig angesehen werden kann, sollten die geltenden rechtsverbindlichen Anforderungen sowie die geltenden Aufsichts- und Durchsetzungsmechanismen zu einem, gemessen an den verfolgten Regulierungszielen, gleichwertigen wesentlichen Ergebnis führen wie die Anforderungen der Union. Diese Gleichwertigkeitsprüfung soll deshalb die Gewissheit verschaffen, dass die rechtsverbindlichen Anforderungen, die für Finanzmärkte in Australien gelten, den in Titel III der Richtlinie 2004/39/EG festgelegten Anforderungen entsprechen und dass diese Märkte dauerhaft einer wirksamen Beaufsichtigung und einer effektiven Rechtsdurchsetzung unterliegen. Märkte, die bei Erlass dieses Beschlusses als Finanzmärkte in Australien zugelassen sind, sollten daher als Märkte gelten, die als einem geregelten Markt im Sinne der Richtlinie 2004/39/EG gleichwertig angesehen werden. |
(4) |
Der im Jahr 2001 erlassene „Corporations Act“ ist die primäre Rechtsvorschrift, mit der im Rahmen des australischen Marktlizenzsystems (Australian market licensing, im Folgenden „AML“) und der Vorschriften zur Gewährleistung der Marktintegrität (Market Integrity Rules, im Folgenden „MIR“) rechtlich durchsetzbare Regelungen für Finanzmärkte festgelegt wurden. Ein Finanzmarkt darf in Australien nur mit einer Lizenz betrieben werden. Im Regulierungssystem, das durch den „Corporations Act“ geschaffen wurde, kann die australische Börsenaufsicht (Australian Securities and Investments Commission, im Folgenden „ASIC“) MIR annehmen, die sowohl für Marktbetreiber, Marktteilnehmer und bestimmte andere Unternehmen als auch auf den Finanzmärkten gehandelte Finanzprodukte gelten. Weitere Anforderungen sind in sekundären oder delegierten Instrumenten im Rahmen des „Corporations Act“ festgelegt, darunter die „Corporations Regulations 2001“ (im Folgenden „Corporations Regulations“). Schließlich veröffentlicht die ASIC regulatorische Leitlinien, in denen detailliert dargelegt wird, wie Lizenznehmer die einschlägigen Bestimmungen des „Corporations Act“ erfüllen können; dies umfasst z. B. bestimmte Pflichten der AML-Inhaber, die angemessene Vorkehrungen für den Betrieb der Märkte treffen und einen fairen, ordnungsgemäß funktionierenden und transparenten Markt gewährleisten müssen, sowie andere Anforderungen, die ebenfalls als Kriterien zu bewerten sind. Werden diese regulatorischen Leitlinien nicht befolgt, ergreift die ASIC entsprechende Durchsetzungsmaßnahmen. |
(5) |
Die in Rechtsvorschriften, MIR und regulatorischen Leitlinien festgelegten rechtsverbindlichen Anforderungen für in Australien zugelassene Finanzmärkte führen in folgenden Punkten zu gleichwertigen Ergebnissen wie die Anforderungen des Titels III der Richtlinie 2004/39/EG: Zulassungsverfahren, Definitionen, Zugang zu anerkannten Börsen, organisatorische Anforderungen, Anforderungen an die Geschäftsleitung, Zulassung von Finanzinstrumenten zum Handel, Aussetzung und Entfernung von Instrumenten aus dem Handel, Überwachung der Einhaltung der Regeln für Finanzmärkte und Zugang zu Clearing- und Abwicklungssystemen. |
(6) |
Nach der Richtlinie 2004/39/EG gelten die Vor- und Nachhandelstransparenzanforderungen nur für Aktien, die zum Handel an geregelten Märkten zugelassen sind. Zwar können Aktien zum Handel an Finanzmärkten in Australien zugelassen werden, doch ist die Bewertung der entsprechenden Anforderungen nach Auffassung der Kommission für die Zwecke dieses Beschlusses nicht relevant, da in diesem Beschluss die Gleichwertigkeit der rechtsverbindlichen Anforderungen an Drittlandsmärkte für Derivatekontrakte, die auf diesen Märkten durchgeführt werden, geprüft werden soll. |
(7) |
In Anbetracht dessen sollte davon ausgegangen werden, dass die rechtsverbindlichen Anforderungen für Finanzmärkte in Australien zu gleichwertigen wesentlichen Ergebnissen führen wie die Anforderungen des Titels III der Richtlinie 2004/39/EG. |
(8) |
Die ASIC wurde mit dem „Australian Securities and Investments Commission Act 2001“ (im Folgenden „ASIC-Gesetz“) als Behörde geschaffen und ist für die Anwendung und Durchsetzung der Rechtsvorschriften für australische Finanzmärkte zuständig. Die Regulierungs- und Durchsetzungsbefugnisse der ASIC umfassen die Untersuchung mutmaßlicher Gesetzesverstöße, die Veröffentlichung von Meldungen über Verstöße, die Beantragung zivilrechtlicher Sanktionen bei Gerichten und die Einleitung von Strafverfolgungsmaßnahmen. Darüber hinaus kann die ASIC Finanzmärkte ohne vorherige Ankündigung inspizieren. Dies schließt das Recht auf Einsichtnahme in Register, Aufzeichnungen und Unterlagen ein. Ferner kann der für Finanzdienstleistungen zuständige Minister den Betreiber eines Finanzmarkts per schriftlicher Anweisung zu spezifischen Maßnahmen auffordern, um die Einhaltung seiner Verpflichtungen als Finanzmarkt-Lizenznehmer sicherzustellen, wenn diese Verpflichtungen nach Ansicht des Ministers nicht erfüllt sind (s. 794a Corporations Act). Erfüllt der Finanzmarkt diese Anweisung nicht, kann die ASIC ein Gericht anrufen und eine Verfügung zur Gewährleistung der Einhaltung der Vorschriften beantragen (s. 794a Corporations Act). Die ASIC ist ferner dazu befugt, einem Unternehmen (einschließlich Marktbetreibern und Teilnehmern lizensierter Märkte) die Anweisung zum Schutz von Personen zu erteilen, die mit einem bestimmten Finanzprodukt oder bestimmten Kategorien von Finanzprodukten handeln, wenn dies ihrer Ansicht nach erforderlich ist oder im öffentlichen Interesse liegt (s. 798J Corporations Act). Die ASIC kann auch Verfügungen und die Einleitung von Verfahren zur Durchsetzung ihrer Regulierungs- und Ermittlungsmaßnahmen veranlassen. Die ASIC kann ein Gericht um eine Verfügung zur Durchsetzung der Einhaltung von Maßnahmen, die sie auf der Grundlage ihrer Regulierungs- und Ermittlungsbefugnisse getroffen hat, ersuchen (s. 70 ASIC-Gesetz). Versäumt es ein Unternehmen, einer gemäß dem „Corporations Act“ erteilten Anweisung nachzukommen, kann die ASIC ein Gericht um eine Verfügung zur Durchsetzung der Einhaltung dieser Anweisung ersuchen. Schließlich hat die ASIC mit jedem relevanten Marktbetreiber Protokolle über die Zusammenarbeit und den Austausch von Informationen abgeschlossen, um die Beaufsichtigung des Marktes und der Teilnehmer im Rahmen der MIR zu vereinfachen. |
(9) |
Daher sollte davon ausgegangen werden, dass Finanzmärkte in Australien dauerhaft einer wirksamen Beaufsichtigung und einer effektiven Rechtsdurchsetzung unterliegen. |
(10) |
Die in Artikel 2a der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 festgelegten Voraussetzungen sollten in Bezug auf in Australien zugelassene Finanzmärkte daher als erfüllt angesehen werden. |
(11) |
Dieser Beschluss basiert auf den zum Zeitpunkt seiner Annahme in Australien geltenden rechtsverbindlichen Anforderungen an Finanzmärkte. Die Kommission sollte weiterhin regelmäßig verfolgen, wie sich der Rechts- und Aufsichtsrahmen für Finanzmärkte weiterentwickelt und ob die Bedingungen, auf deren Grundlage dieser Beschluss gefasst wurde, noch erfüllt sind. Insbesondere sollte die Kommission diesen Beschluss im Lichte des Inkrafttretens der Verordnung (EU) Nr. 600/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates (3) und der Richtlinie 2014/65/EU des Europäischen Parlaments und des Rates (4) überprüfen. |
(12) |
Die regelmäßige Überprüfung der für Finanzmärkte in Australien geltenden Rechts- und Aufsichtsmechanismen berührt nicht die Möglichkeit der Kommission, jederzeit eine besondere Überprüfung durchzuführen, wenn es aufgrund einschlägiger Entwicklungen erforderlich wird, dass die Kommission die mit diesem Beschluss anerkannte Gleichwertigkeit neu bewertet. Eine solche Neubewertung könnte zur Aufhebung dieses Beschlusses führen. |
(13) |
Die in diesem Beschluss vorgesehenen Maßnahmen stehen mit der Stellungnahme des Europäischen Wertpapierausschusses in Einklang — |
HAT FOLGENDEN BESCHLUSS ERLASSEN:
(1) ABl. L 201 vom 27.7.2012, S. 1.
(2) Richtlinie 2004/39/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 über Märkte für Finanzinstrumente, zur Änderung der Richtlinien 85/611/EWG und 93/6/EWG des Rates und der Richtlinie 2000/12/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 93/22/EWG des Rates (ABl. L 145 vom 30.4.2004, S. 1).
(3) Verordnung (EU) Nr. 600/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 über Märkte für Finanzinstrumente und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 (ABl. L 173 vom 12.6.2014, S. 84).
(4) Richtlinie 2014/65/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 über Märkte für Finanzinstrumente sowie zur Änderung der Richtlinien 2002/92/EG und 2011/61/EU (ABl. L 173 vom 12.6.2014, S. 349).