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Erwägungsgründe

DURCHFÜHRUNGSBESCHLUSS DER KOMMISSION

vom 30. Oktober 2014

über die Gleichwertigkeit des Regulierungsrahmens Australiens für zentrale Gegenparteien mit den Anforderungen der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates über OTC-Derivate, zentrale Gegenparteien und Transaktionsregister

(2014/755/EU)

DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Verordnung (EU) Nr. 648/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 über OTC-Derivate, zentrale Gegenparteien und Transaktionsregister (1), insbesondere auf Artikel 25 Absatz 6,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Das in Artikel 25 der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 dargelegte Verfahren für die Anerkennung zentraler Gegenparteien (im Folgenden „CCPs“) aus Drittstaaten, deren Regulierungsstandards den Regulierungsstandards dieser Verordnung gleichwertig sind, soll es den in solchen Drittstaaten ansässigen und zugelassenen CCPs gestatten, für in der Union ansässige Clearingmitglieder oder Handelsplätze Clearingdienste zu erbringen. Dieses Anerkennungsverfahren und der in diesem Rahmen vorgesehene Gleichwertigkeitsbeschluss tragen somit zur Erreichung des übergeordneten Ziels der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 bei, das Systemrisiko dadurch zu verringern, dass auch bei der Abwicklung außerbörslich gehandelter Derivatkontrakte auf sichere und solide CCPs zurückgegriffen wird, einschließlich solcher, die in einem Drittstaat ansässig und zugelassen sind.

(2)

Damit die rechtlichen Bestimmungen eines Drittstaats als gleichwertig mit den EU-Bestimmungen für CCPs betrachtet werden können, sollten die geltenden Rechts- und Aufsichtsmechanismen zu einem gemessen an den verfolgten Regulierungszielen gleichwertigen wesentlichen Ergebnis führen wie die Anforderungen der Union. Diese Gleichwertigkeitsprüfung soll deshalb die Gewissheit verschaffen, dass die Rechts- und Aufsichtsmechanismen Australiens gewährleisten, dass dort ansässige und zugelassene CCPs für in der Union ansässige Clearingmitglieder und Handelsplätze nicht mit einem höheren Risiko einhergehen als in der Union ansässige CCPs und somit in der Union kein inakzeptabel hohes Systemrisiko darstellen.

(3)

Am 1. September 2013 erhielt die Kommission die fachlichen Empfehlungen der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (im Folgenden „ESMA“) zu den Rechts- und Aufsichtsmechanismen für in Australien zugelassene CCPs. In diesen fachlichen Empfehlungen gelangt die ESMA zu dem Schluss, dass sämtliche Bestimmungen des Titels IV der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 in Australien ihre Entsprechung in rechtsverbindlichen Anforderungen für die dort zugelassenen CCPs finden.

(4)

Nach Artikel 25 Absatz 6 der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 müssen drei Bedingungen erfüllt sein, damit die Rechts- und Aufsichtsmechanismen, die in einem Drittstaat für die dort zugelassenen CCPs gelten, mit den in der Verordnung festgelegten Mechanismen als gleichwertig betrachtet werden können.

(5)

Der ersten Bedingung zufolge müssen die in einem Drittstaat zugelassenen CCPs rechtsverbindliche Anforderungen erfüllen, die den Anforderungen des Titels IV der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 entsprechen.

(6)

Die rechtsverbindlichen Anforderungen, die in Australien von den dort zugelassenen CCPs erfüllt werden müssen, sind der Corporations Act 2001 (im Folgenden „Corporations Act“), der zusammen mit den Corporations Regulations 2001 (im Folgenden „Corporations Regulations“) den rechtlichen Rahmen für Clearing- und Abwicklungssysteme (im Folgenden „CS-Systeme“) bildet. Teil 7.3 des Corporations Act sieht vor, dass sich der zuständige Minister vor Erteilung einer Zulassung für die Erbringung von Clearing- oder Abwicklungsleistungen unter anderem davon überzeugen muss, dass die betreffende CCP über angemessene, den geltenden Rechts- und Verwaltungsvorschriften entsprechende Betriebsvorschriften und -verfahren verfügt, die — soweit nach vernünftigem Ermessen praktikabel — gewährleisten, dass das Systemrisiko vermindert und die CCP auf faire und effektive Weise betrieben wird. Darüber hinaus muss die CCP über angemessene Vorkehrungen für den Umgang mit Interessenkonflikten und für die Durchsetzung ihrer internen Vorschriften und Verfahren verfügen. Die australische Börsenaufsicht (Australian Securities and Investments Commission, im Folgenden „ASIC“) und die australische Zentralbank (Reserve Bank of Australia, im Folgenden „RBA“) beraten den Minister bei der Erteilung von Zulassungen für CS-Systeme, unterrichten ihn über etwaige Änderungen bei deren internen Vorschriften und Verfahren und müssen bewerten, ob die CCPs ihren Pflichten aus dem Corporations Act nachkommen; der ASIC obliegt es darüber hinaus, für die Einhaltung dieser Pflichten zu sorgen.

(7)

Die ASIC gibt den regulierten Unternehmen Leitlinien für die Anwendung der Rechtsvorschriften an die Hand, in denen sie bestimmte, in den Rechtsvorschriften bereits behandelte Aspekte näher erläutert. So hat sie ihre Leitlinien für die Zulassung und die Überwachung der Zulassungen für CS-Systeme im Dezember 2012 im Rahmen ihres aktualisierten Leitfadens für Clearing- und Abwicklungssysteme australischer und überseeischer Betreiber (Regulatory Guide 211 „Clearing and settlement facilities: Australian and overseas operators“, im Folgenden „RG 211“) überarbeitet. Mit dem RG 211 setzt die ASIC die im April 2012 vom Ausschuss für Zahlungs- und Abrechnungssysteme (Committee on Payment and Settlement Systems, im Folgenden „CPSS“) (2) und von der Internationalen Organisation der Wertpapieraufsichtsbehörden (International Organization of Securities Commission, im Folgenden „IOSCO“) herausgegebenen Grundsätze für Finanzmarktinfrastrukturen (Principles for Financial Market Infrastructures, im Folgenden „PFMI“) um, soweit diese für die aus dem Corporations Act erwachsenden Pflichten relevant sind, und gibt den CCPs Leitlinien an die Hand, wie sie ihren Pflichten aus dem Corporations Act nachzukommen haben. Damit könnte die Nichteinhaltung des Corporations Act und der dazugehörigen Erläuterungen im RG 211 Durchsetzungs- und Sanktionsmaßnahmen nach sich ziehen.

(8)

Die RBA wird durch den Corporations Act zur Festlegung von Standards zur Förderung der Finanzstabilität befugt, die gewährleisten sollen, dass die Funktionsweise der CCPs die Stabilität des australischen Finanzsystems insgesamt gewährleistet oder fördert. So genehmigte der bei der RBA angesiedelte Ausschuss für Zahlungssysteme (Payments System Board) im November 2012 insbesondere die Festlegung neuer Standards (Financial Stability Standards for Central Counterparties, im Folgenden „FSS“), die 21 Einzelstandards für zentrale Gegenparteien sowie dazugehörige Unterstandards und Leitlinien umfassen. Die FSS traten mit Ausnahme einiger Unterstandards, die am 31. März 2014 wirksam wurden, im März 2013 in Kraft. Die FSS sind für alle zugelassenen CCPs verbindlich.

(9)

Die in Teil 7.3 des Corporations Act und der Corporations Regulations niedergelegten Hauptgrundsätze, die im RG 211 des ASIC erläutert werden, und die von der RBA festgelegten FSS (zusammen im Folgenden „Primärvorschriften“) legen die strengen Standards fest, die CCPs erfüllen müssen, um in Australien eine Zulassung für die Erbringung von Clearing-Diensten zu erhalten. Diese Primärvorschriften stellen die erste Ebene der rechtsverbindlichen Anforderungen in Australien dar. Um den Primärvorschriften nachzukommen, legen die CCPs zusätzlich dazu interne Vorschriften und Verfahren fest, die den im Corporations Act und in den Corporations Regulations festgelegten, im RG 211 und in den FSS erläuterten besonderen Anforderungen entsprechen müssen und dem Minister vor einer Zulassung als CS-System vorzulegen sind. Änderungen an den internen Vorschriften und Verfahren sind dem Minister anzuzeigen. Der Minister kann solche Änderungen ablehnen. Die internen Vorschriften und Verfahren der CCPs wirken wie ein Vertrag und sind für CCPs und deren Teilnehmer rechtsverbindlich.

(10)

Die rechtsverbindlichen Anforderungen, die in den für in Australien zugelassene CCPs geltenden Primärvorschriften festgelegt sind, führen zu wesentlichen Ergebnissen, die den Ergebnissen der in Titel IV der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 festgelegten Anforderungen gleichwertig sind.

(11)

Die Kommission gelangt deshalb zu dem Schluss, dass die Rechts- und Aufsichtsmechanismen Australiens sicherstellen, dass die dort zugelassenen CCPs rechtsverbindliche Anforderungen erfüllen, die den in Titel IV der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 festgelegten Anforderungen gleichwertig sind.

(12)

Der zweiten in Artikel 25 Absatz 6 der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 genannten Bedingung zufolge müssen die Rechts- und Aufsichtsmechanismen, die in Australien für dort zugelassene CCPs gelten, dauerhaft eine wirksame Beaufsichtigung der betreffenden CCPs und eine effektive Rechtsdurchsetzung gewährleisten.

(13)

In Australien zugelassene CCPs werden von ASIC und RBA kontinuierlich beaufsichtigt und überwacht. Das ASIC hat dafür zu sorgen, dass die CCPs ihre Pflichten aus dem Corporations Act erfüllen, und bewertet in diesem Zusammenhang regelmäßig, ob die CCPs ihre mit der Zulassung verbundenen Pflichten (außer ihre Pflichten in Bezug auf FSS und Systemrisikominderung), insbesondere ihre Pflicht zu einer fairen und effizienten Funktionsweise in vernünftigem Umfang einhalten, und legt dem Minister einen Bericht vor, der veröffentlicht wird. Die RBA überwacht, ob die CCPs in Bezug auf die Finanzstabilität und Systemrisikominderung ihren Pflichten aus den jeweiligen Zulassungsvereinbarungen nachkommen, bewertet regelmäßig, ob jede einzelne CCP die FSS einhält und legt dem Minister einen Bericht vor, der ebenfalls veröffentlicht wird. In Australien zugelassene CCPs können vom Minister und von der ASIC schriftliche Weisungen erhalten. Kommt eine CCP einer schriftlichen Weisung nicht nach, kann die ASIC ein Gericht anrufen, das die Einhaltung der schriftlichen Weisung durch die CCP anordnen kann.

(14)

Die Kommission gelangt deshalb zu dem Schluss, dass die australischen Rechts- und Aufsichtsmechanismen für die dort zugelassenen CCPs auf Dauer eine wirksame Beaufsichtigung und eine effektive Rechtsdurchsetzung gewährleisten.

(15)

Der dritten in Artikel 25 Absatz 6 der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 genannten Bedingung zufolge müssen die Rechts- und Aufsichtsmechanismen Australiens ein wirksames gleichwertiges System für die Anerkennung von nach dem Recht eines Drittstaats zugelassen CCPs (im Folgenden „Drittstaat-CCPs“) vorsehen.

(16)

Drittstaat-CCPs können eine Zulassung als Clearing- und Abwicklungssystem aus Übersee (im Folgenden „Zulassung als CCP aus Übersee“) beantragen, die es ihnen ermöglicht, in Australien sämtliche oder einen Teil der Clearing-Dienste zu erbringen, für die sie in ihrem Herkunftsland zugelassen sind.

(17)

Die Kriterien für Drittstaat-CCPs, die in Australien eine Zulassung als CCP aus Übersee beantragen, sind mit den Kriterien für Drittstaat-CCPs vergleichbar, die gemäß Artikel 25 der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 eine Anerkennung beantragen. Eine Voraussetzung für die Anerkennung besteht darin, dass die rechtlichen Bestimmungen des Drittstaats, in dem die CCP zugelassen ist, was den Umfang des Schutzes vor Systemrisiken und die durch diese Bestimmungen erreichte Effizienz und Fairness der Dienste anbelangt, als hinreichend gleichwertig mit den australischen Bestimmungen für vergleichbare inländische CCPs betrachtet werden müssen. Die Beurteilung, ob hinreichende Gleichwertigkeit gegeben ist, erfolgt anhand ähnlicher Erwägungen wie Bewertungen im Rahmen der Verordnung (EU) Nr. 648/2012. Eine weitere Voraussetzung für die Erteilung einer Zulassung als CCP aus Übersee ist der Abschluss von Kooperationsvereinbarungen zwischen den australischen Behörden und den jeweils zuständigen ausländischen Aufsichtsbehörden.

(18)

Es ist deshalb davon auszugehen, dass die Rechts- und Aufsichtsmechanismen Australiens ein wirksames gleichwertiges System für die Anerkennung von Drittstaat-CCPs gewährleisten.

(19)

Aus dem gleichen Grund ist davon auszugehen, dass die Rechts- und Aufsichtsmechanismen Australiens für die dort zugelassenen CCPs die Bedingungen von Artikel 25 Absatz 6 der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 erfüllen, weswegen diese Rechts- und Aufsichtsmechanismen als gleichwertig mit den Anforderungen der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 betrachtet werden sollten. Die Kommission sollte die Entwicklung des australischen Rechts- und Aufsichtsrahmens für CCPs gestützt auf Informationen der ESMA weiterhin verfolgen und darüber hinaus überwachen, ob die Bedingungen, auf deren Grundlage dieser Beschluss gefasst wurde, weiterhin erfüllt sind.

(20)

Die in diesem Beschluss vorgesehenen Maßnahmen stehen mit der Stellungnahme des Europäischen Wertpapierausschusses in Einklang —

HAT FOLGENDEN BESCHLUSS ERLASSEN:


(1)  ABl. L 201 vom 27.7.2012, S. 1.

(2)  Der Ausschuss für Zahlungs- und Abrechnungssysteme hat seinen Namen geändert und firmiert seit dem 1. September 2014 als Ausschuss für Zahlungsverkehr und Marktinfrastrukturen (Committee on Payment and Market Infrastructures, CPMI).