Aktualisiert 18/09/2024
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Ursprungsrechtsakt
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Erwägungsgründe

DELEGIERTE VERORDNUNG (EU) Nr. 918/2012 DER KOMMISSION

vom 5. Juli 2012

zur Ergänzung der Verordnung (EU) Nr. 236/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates über Leerverkäufe und bestimmte Aspekte von Credit Default Swaps im Hinblick auf Begriffsbestimmungen, die Berechnung von Netto-Leerverkaufspositionen, gedeckte Credit Default Swaps auf öffentliche Schuldtitel, Meldeschwellen, Liquiditätsschwellen für die vorübergehende Aufhebung von Beschränkungen, signifikante Wertminderungen bei Finanzinstrumenten und ungünstige Ereignisse

(Text von Bedeutung für den EWR)

DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Verordnung (EU) Nr. 236/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. März 2012 über Leerverkäufe und bestimmte Aspekte von Credit Default Swaps (1), insbesondere auf Artikel 2 Absatz 2, Artikel 3 Absatz 7, Artikel 4 Absatz 2, Artikel 7 Absatz 3, Artikel 13 Absatz 4, Artikel 23 Absatz 7 und Artikel 30,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Die Verordnung (EU) Nr. 236/2012 schreibt in Bezug auf Leerverkäufe und Credit Default Swaps bestimmte Maßnahmen vor. Artikel 42 der Verordnung (EU) Nr. 236/2012 ermächtigt die Kommission gemäß Artikel 290 des Vertrags über die Funktionsweise der Europäischen Union, delegierte Rechtakte zur Ergänzung dieser Verordnung zu erlassen. Dieser delegierte Rechtsakt ergänzt und ändert bestimmte nicht wesentliche Elemente.

(2)

Die Bestimmungen dieser Verordnung sind eng miteinander verknüpft, denn die Melde- und Offenlegungsschwellen und die Bestimmung ungedeckter Credit Default Swaps hängen von den Begriffsbestimmungen und den Methoden zur Berechnung von Short-Positionen ab, während die Bestimmungen zu signifikanten Wertminderungen bei Finanzinstrumenten und zu Liquiditätsverlusten an Märkten für öffentliche Schuldtitel untrennbar mit der Bestimmung ungünstiger Ereignisse verbunden sind. Um zwischen diesen Bestimmungen über Leerverkäufe, die gleichzeitig in Kraft treten sollten, Kohärenz zu gewährleisten, sollten alle in der Verordnung (EU) Nr. 236/2012 verlangten Bestimmungen in einer einzigen Verordnung zusammengefasst werden.

(3)

Die Verordnung (EU) Nr. 236/2012 enthält gewisse Begriffsbestimmungen. Im Interesse größerer Klarheit und Rechtssicherheit sollten die Begriffsbestimmungen des Artikels 2 Absatz 1 durch weitere Bestimmungen ergänzt werden, um insbesondere zu präzisieren, wann eine natürliche oder juristische Person für die Zwecke der Begriffsbestimmung eines Leerverkaufs als Eigentümerin eines Finanzinstruments gilt, und wann eine natürliche oder juristische Person eine Aktie oder ein Schuldinstrument für die Zwecke der Verordnung (EU) Nr. 236/2012 „hält“. Die Präzisierungen sind in einer Weise formuliert, die gewährleistet, dass die Verordnung (EU) Nr. 236/2012 trotz unterschiedlicher Ansätze im Recht der Mitgliedstaaten gleichermaßen die gewünschte Wirkung erzielt. Die Begriffe Eigentum und Halten von Wertpapieren sind derzeit nicht harmonisiert, doch sollen die Bestimmungen der Verordnung (EU) Nr. 236/2012 nur für Leerverkäufe gelten und sollen etwaige künftige Entwicklungen wie die Harmonisierung von Rechtsvorschriften davon unberührt bleiben.

(4)

Die Verordnung (EU) Nr. 236/2012 schreibt für natürliche und juristische Personen, die Netto-Leerverkaufspositionen in Aktien und öffentlichen Schuldtiteln halten oder einen Leerverkauf mit Aktien und öffentlichen Schuldtiteln eingehen, bestimmte Beschränkungen und Pflichten, wie Melde- und Offenlegungspflichten, vor. Long- und Short-Positionen in Aktien und öffentlichen Schuldtiteln können auf unterschiedliche Weise gehalten und bewertet werden. Um ein kohärentes Vorgehen zu gewährleisten und sicherzustellen, dass die in Bezug auf Short-Positionen in Aktien und öffentlichen Schuldtiteln getroffenen Maßnahmen zum gewünschten Ziel führen, sollte präzisiert werden, wie Netto-Leerverkaufspositionen zu berechnen sind. Da Leerverkäufe einzelne Instrumente oder Körbe aus öffentlichen Schuldtiteln betreffen können, sollte festgelegt werden, wie Leerverkäufe, die über Körbe abgewickelt werden, in diese Berechnungen einzubeziehen sind. Um für die Berechnung von Netto-Leerverkaufspositionen ein solides Vorgehen zu gewährleisten, sollte bei der Bestimmung von Long-Positionen in Aktien restriktiver verfahren werden als bei der Bestimmung von Short-Positionen in Aktien. Auch sollte bestimmt werden, wie der Tatsache Rechnung zu tragen ist, dass der Wert einiger Finanzinstrumente von Schwankungen beim Kurs der Basisinstrumente abhängt. Hier soll nach dem allgemein anerkannten deltabereinigten Modell verfahren werden.

(5)

Netto-Leerverkaufspositionen werden anhand der von einer natürlichen oder juristischen Person gehaltenen Long- und Short-Positionen berechnet. Doch können Long- und Short-Positionen von verschiedenen Stellen innerhalb einer Gruppe oder verschiedenen von ein und demselben Fondsmanager verwalteten Fonds gehalten werden. Hohe Netto-Leerverkaufspositionen können durch Streuung auf verschiedene Stellen einer Gruppe oder auf verschiedene Fonds verschleiert werden. Um die Umgehung von Vorschriften zu verringern und sicherzustellen, dass Meldungen und Berichte über Short-Positionen ein präzises und repräsentatives Bild vermitteln, sollten detailliertere Vorschriften darüber festgelegt werden, wie die Netto-Leerverkaufspositionen für die Stellen einer Gruppe und für Fondsmanager berechnet werden sollten. Um diesen Bestimmungen Wirksamkeit zu verleihen, sollte der Begriff Anlagestrategie definiert werden, um zu präzisieren, welche Stellen und Fonds in die Aggregierung von Short-Positionen einbezogen werden sollten. Um zu präzisieren, welche Fonds in die Aggregierung von Short-Positionen einbezogen werden sollten, müssen auch Fondsverwaltungstätigkeiten definiert werden. Um die erforderlichen Meldungen zu gewährleisten, sollte festgelegt werden, welche Stellen innerhalb einer Gruppe oder innerhalb verschiedener Fonds die Berechnungen und Meldungen vornehmen müssen.

(6)

Die Verordnung (EU) Nr. 236/2012 beschränkt ungedeckte Credit Default Swaps auf öffentliche Schuldtitel, gestattet aber gedeckte Credit Default Swaps auf öffentliche Schuldtitel, wenn diese legitimen Absicherungszwecken dienen. Mit Credit Default Swaps auf öffentliche Schuldtitel abgesichert werden können sehr unterschiedliche Vermögenswerte und Verbindlichkeiten, doch könnte sich die Unterscheidung zwischen legitimer Absicherung und Spekulation in vielen Fällen als schwierig erweisen. Aus diesem Grund sollte ergänzend präzisiert werden, in welchen Fällen ein Credit Default Swap auf öffentliche Schuldtitel als gedeckt betrachtet werden kann. In Fällen, in denen eine konsistente quantitative Korrelationsmessgröße bestimmt werden muss, sollte eine einfache, weithin akzeptierte und bekannte Messgröße wie der Pearson’sche Korrelationskoeffizient verwendet werden, der als Kovarianz der beiden Variablen geteilt durch das Produkt ihrer Standard-Abweichungen berechnet wird. Eine perfekte Absicherung mit kongruenten Vermögenswerten und Verbindlichkeiten gestaltet sich in der Praxis aufgrund der unterschiedlichen Charakterisika der einzelnen Vermögenswerte und Verbindlichkeiten sowie der Volatilität ihrer Werte als schwierig. Die Verordnung (EU) Nr. 236/2012 schreibt in Bezug auf Messgrößen einen verhältnismäßigen Ansatz vor, weswegen bei der Bestimmung eines ungedeckten Credit Default Swap festgelegt werden sollte, wie ein verhältnismäßiger Ansatz bei Vermögenswerten und Verbindlichkeiten, die durch einen gedeckten Credit Default Swap besichert sind, aussehen sollte. Zwar schreibt die Verordnung (EU) Nr. 236/2012 für eine gedeckte Position in einem Credit Default Swap auf öffentliche Schuldtitel keinen bestimmten Korrelationsgrad vor, doch sollte präzisiert werden, dass diese Korrelation aussagekräftig sein sollte.

(7)

Nach der Verordnung (EU) Nr. 236/2012 müssen natürliche oder juristische Personen, deren Netto-Leerverkaufspositionen in öffentlichen Schuldtiteln über eine bestimmte Schwelle hinausgehen, der jeweils zuständigen Behörde diese Positionen mitteilen. Diese Schwelle sollte deshalb in angemessener Weise festgelegt werden. Minimalwerte ohne signifikante Auswirkung auf den betreffenden Markt für öffentliche Schuldtitel sollten keiner Meldepflicht unterliegen, und die Schwelle sollte u. a. der Liquidität der einzelnen Anleihemärkte und dem ausstehenden Gesamtbetrag der öffentlichen Schuldtitel sowie den Zielen dieser Maßnahme Rechnung tragen.

(8)

Die Daten, die für die Berechnung von Meldeschwellen für Netto-Leerverkaufspositionen in ausgegebenen öffentlichen Schuldtiteln erforderlich sind, werden bei Inkrafttreten dieser Verordnung nicht vorliegen. Die beiden Kriterien, anhand deren zum Zeitpunkt der Veröffentlichung die Ausgangsmeldeschwellen festgelegt werden, sollten deshalb erstens der ausstehende Gesamtbetrag der öffentlichen Schuldtitel des öffentlichen Emittenten und zweitens das Bestehen eines liquiden Futures-Markts für diesen öffentlichen Schuldtitel sein. Diese Schwellen sollten geändert werden, sobald zu allen Kriterien die maßgeblichen Daten vorliegen.

(9)

Fällt die Liquidität an einem Markt für öffentliche Schuldtitel unter eine bestimmte Schwelle, können die Beschränkungen für Anleger, die öffentliche Schuldtitel ungedeckt leer verkaufen, vorübergehend aufgehoben werden, um diesem Markt Liquidität zuzuführen. Kommt es bei einem Finanzinstrument an einem Handelsplatz zu einer signifikanten Wertminderung, können die zuständigen Behörden Leerverkäufe dieses Instruments untersagen oder beschränken oder Transaktionen mit diesem Instrument anderweitig limitieren. Da es sehr unterschiedliche Instrumente gibt, sollte unter Berücksichtigung der zwischen diesen bestehenden Unterschiede und der unterschiedlichen Volatilitäten ihrer jeweiligen Märkte für jede einzelne Finanzinstrumentekategorie eine Schwelle festgelegt werden.

(10)

Für eine signifikante Wertminderung bei den Anteilen eines börsennotierten OGAW wird mit Ausnahme börsengehandelter Fonds, bei denen es sich um OGAW handelt, in der Verordnung keine Schwelle festgelegt, da zwar der Kurs am Handelsplatz frei schwanken kann, er in der Richtlinie 2009/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betreffend bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW) (2) aber einem Mechanismus unterworfen wird, der ihn in der Nähe des Nettoinventarwerts des OGAW hält. Für eine signifikante Wertminderung bei Derivaten wird über die in dieser Verordnung festgelegten Schwellen hinaus keine weitere Schwelle festgelegt.

(11)

In dieser Verordnung wird präzisiert, über welche Interventionsbefugnisse sowohl die jeweils zuständigen Behörden als auch die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde, die gemäß der Verordnung (EU) Nr. 1095/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates (3) errichtet wurde und nach dieser ihre Befugnisse wahrnimmt, bei ungünstigen Ereignissen oder Entwicklungen verfügen. Um ein kohärentes Vorgehen zu gewährleisten und gleichzeitig für den Fall unvorhergesehener ungünstiger Ereignisse oder Entwicklungen die Einleitung angemessener Maßnahmen sicherzustellen, sollte eine Liste dieser Ereignisse aufgestellt werden.

(12)

Aus Gründen der Rechtssicherheit sollte diese Verordnung am gleichen Tag in Kraft treten wie die Delegierte Verordnung (EU) Nr. 919/2012 (4)

HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:


(1)  ABl. L 86 vom 24.3.2012, S. 1.

(2)  ABl. L 302 vom 17.11.2009, S. 32.

(3)  ABl. L 331 vom 15.12.2010, S. 84.

(4)  Siehe Seite 16 dieses Amtsblatts.