Aktualisiert 05/02/2025
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Ursprungsrechtsakt
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Erwägungsgründe

DELEGIERTE VERORDNUNG (EU) 2024/450 DER KOMMISSION

vom 26. Oktober 2023

zur Ergänzung der Verordnung (EU) 2021/23 des Europäischen Parlaments und des Rates durch technische Regulierungsstandards zur Festlegung der Mindestbestandteile eines Reorganisationsplans und der Kriterien, die für die Genehmigung durch die Abwicklungsbehörde zu erfüllen sind

(Text von Bedeutung für den EWR)

DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Verordnung (EU) 2021/23 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2020 über einen Rahmen für die Sanierung und Abwicklung zentraler Gegenparteien und zur Änderung der Verordnungen (EU) Nr. 1095/2010, (EU) Nr. 648/2012, (EU) Nr. 600/2014, (EU) Nr. 806/2014 und (EU) 2015/2365 und der Richtlinien 2002/47/EG, 2004/25/EG, 2007/36/EG, 2014/59/EU und (EU) 2017/1132 (1), insbesondere auf Artikel 37 Absatz 4 Unterabsatz 2 und Artikel 38 Absatz 4 Unterabsatz 2,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Die Wiederherstellung der langfristigen Existenzfähigkeit der zentralen Gegenpartei (Central Counterparty, CCP) nach Anwendung der einschlägigen Abwicklungsinstrumente gilt als erreicht, wenn die CCP spätestens am Ende des Geschäftsreorganisationszeitraums in der Lage ist, alle einschlägigen aufsichtsrechtlichen und sonstigen regulatorischen Anforderungen zukunftsorientiert zu erfüllen, und über ein tragfähiges und auch langfristig nachhaltiges Geschäftsmodell verfügt.

(2)

Ein Reorganisationsplan sollte dem Ereignis Rechnung tragen, das zur Einleitung einer Abwicklungsmaßnahme durch die Abwicklungsbehörde gemäß Artikel 22 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2021/23 geführt hat („Auslöseereignis“). Der Reorganisationsplan muss eine detaillierte Analyse der Faktoren und Umstände enthalten, die zu diesem Ereignis geführt haben und die wichtige Variablen für die Erstellung des Reorganisationsplans und die Ermittlung geeigneter Geschäftsreorganisationsmaßnahmen sind.

(3)

In einem Reorganisationsplan sind die zur Wiederherstellung der langfristigen Existenzfähigkeit der CCP geplanten Maßnahmen darzulegen. Um ihre Chancen auf die Erreichung ihrer Ziele zu maximieren, sollten sie für die Clearingdienste der CCP geeignet sein, den wirtschaftlichen Bedingungen und den Finanzmarktbedingungen, unter denen die CCP tätig wird, Rechnung tragen, etwaige Auswirkungen auf die einschlägigen Interessenträger der CCP berücksichtigen und sowohl die Kontinuität der kritischen Funktionen der CCP als auch die Einhaltung der rechtlichen Anforderungen sicherstellen. Damit ein Reorganisationsplan von der Abwicklungsbehörde und der zuständigen Behörde als glaubwürdig angesehen werden kann, sollte er die langfristige Existenzfähigkeit der CCP auf der Grundlage realistischer Annahmen wiederherstellen und die Gründe erläutern, warum einige alternative Maßnahmen aus dem Reorganisationsplan verworfen wurden.

(4)

Wie die Unternehmensumstrukturierung zielt auch die Sanierungsplanung darauf ab, die Leistungsfähigkeit eines Unternehmens mit wirtschaftlichen Schwierigkeiten zu verbessern, indem die Ursachen dieser Schwierigkeiten ermittelt und angegangen werden. Um die Synergien zwischen beiden Planungsarten angemessen zu nutzen, sollte der Reorganisationsplan daher bei der Prüfung der Wiederherstellung der Existenzfähigkeit und Kontinuität der Clearingdienste der CCP die im Sanierungsplan enthaltenen Informationen verwenden, soweit diese Informationen für die Wiederherstellung der langfristigen Existenzfähigkeit der CCP relevant sind.

(5)

Ein Reorganisationsplan kann gegebenenfalls Maßnahmen zur Reorganisation und Umstrukturierung der Tätigkeiten der CCP, Änderungen des operativen Systems und der Infrastruktur der CCP oder Änderungen am Risikomanagement der CCP enthalten. Um die Relevanz der einzelnen Maßnahmen zu gewährleisten, sollte der Reorganisationsplan eine detaillierte Darstellung enthalten, in der die Auswirkungen der vorgeschlagenen Maßnahmen auf die Tätigkeiten der CCP, auf Clearingmitglieder und Drittanbieter berücksichtigt werden, und es sollte dargelegt werden, wie durch die betreffende Maßnahme die langfristige Existenzfähigkeit der CCP wiederhergestellt wird. Um insbesondere nachzuweisen, dass die CCP weiterhin die in Titel IV der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates (2) festgelegten organisatorischen und aufsichtsrechtlichen Anforderungen erfüllt, sollte jede Änderung am Risikomanagement der CCP im Einzelnen dargelegt und im Reorganisationsplan bewertet werden.

(6)

Ein Reorganisationsplan kann Maßnahmen zur Veräußerung oder zur Abwicklung einiger Vermögenswerte oder Geschäftsbereiche der CCP umfassen. Um ihre Effizienz zu gewährleisten, sollten diese Maßnahmen durch eine detaillierte Beschreibung der für die Veräußerung in Betracht gezogenen Geschäftsbereiche oder Vermögenswerte, der Art und Weise, wie die Veräußerung die langfristige Existenzfähigkeit der CCP wiederherstellen würde, und etwaiger Auswirkungen auf die Kontinuität des Geschäftsbetriebs der CCP untermauert werden.

(7)

Um eine glaubwürdige Umsetzung des Reorganisationsplans zu gewährleisten, sollte er einen vorläufigen Zeitplan für die Durchführung aller geplanten Maßnahmen enthalten. Der Zeitplan sollte dazu beitragen, die wichtigsten Meilensteine des Plans, einschließlich der Kommunikationsschritte mit externen Interessenträgern, zu ermitteln.

(8)

Bei der Prüfung der Frage, ob durch den Reorganisationsplan die langfristige Existenzfähigkeit der CCP wiederhergestellt würde, sollten die zuständige Behörde und die Abwicklungsbehörde sowohl die Leistungskriterien für die Existenzfähigkeit als auch die Kriterien für die finanzielle Leistungsfähigkeit berücksichtigen, die einander ergänzen. Die Leistungskriterien für die Existenzfähigkeit sollten bei der Prüfung der Frage helfen, ob der Reorganisationsplan mit den internen Regeln und Vorschriften der CCP im Einklang steht und ob er es der CCP ermöglichen wird, weiterhin tätig zu sein, ohne dass dadurch signifikante Risiken für das Finanzsystem entstehen, während gleichzeitig alle geltenden aufsichtsrechtlichen und organisatorischen Anforderungen eingehalten werden. Anhand der Kriterien für die finanzielle Leistungsfähigkeit sollte überprüft werden, ob durch den Reorganisationsplan die langfristige finanzielle Existenzfähigkeit der CCP sowohl aus operativer als auch aus wirtschaftlicher Sicht nach der Reorganisation gewährleistet wird.

(9)

Schwankungen sind integraler Bestandteil des Konjunkturzyklus. Jeder Reorganisationsplan sollte Analysen alternativer Szenarien umfassen, wobei die wichtigsten zugrunde liegenden Annahmen entsprechend geändert werden sollten, um Annahmen für den besten sowie den schlechtesten Fall zu berücksichtigen. Um die Glaubwürdigkeit des Reorganisationsplans zu gewährleisten, sollten die zuständige Behörde und die Abwicklungsbehörde bei der Bewertung des Plans überprüfen, ob er auf eine Reihe umfassender und realistischer Szenarien gestützt ist, die das Marktumfeld der CCP und ihre operativen und rechtlichen Beschränkungen genau widerspiegeln.

(10)

Um eine glaubwürdige Umsetzung des Reorganisationsplans zu gewährleisten, sollten die zuständige Behörde und die Abwicklungsbehörde bei der Bewertung dieses Plans sicherstellen, dass sowohl die Geschäftsleitung als auch die wichtigsten Interessenträger über ausreichende Kenntnis des Reorganisationsplans verfügen. Da die wichtigsten Interessenträger bei der Erbringung von Clearingdiensten für die CCP von wesentlicher oder entscheidender Bedeutung sind, sollten sie Clearingmitglieder und Anbieter kritischer Dienstleistungen, einschließlich Abrechnungsanbieter, und Plattformanbieter umfassen.

(11)

Um die Angemessenheit des Reorganisationsplans zu gewährleisten, sollten die zuständige Behörde und die Abwicklungsbehörde bei der Bewertung des Plans überprüfen, ob er die kritischen Funktionen der CCP bewahrt und den besonderen Merkmalen der CCP, einschließlich der Art ihrer Clearingtätigkeiten, der Struktur des Clearingmarkts und der Interdependenzen mit anderen Interessenträgern, einschließlich Clearingmitgliedern, Handelsplätzen oder Anbietern kritischer Dienstleistungen, Rechnung trägt. Die Abwicklungsbehörde stellt sicher, dass alle erforderlichen Einzelheiten enthalten sind, sollte aber auch prüfen, ob der Reorganisationsplan so knapp und klar ist, dass er rasch umgesetzt werden kann.

(12)

Um die Kohärenz des Reorganisationsplans zu gewährleisten, sollten die zuständige Behörde und die Abwicklungsbehörde bei der Bewertung des Plans den Reorganisationsplan mit den früheren Geschäftsplänen der CCP vergleichen, die entweder auf der Grundlage ihrer eigenen „Business as usual“-Annahmen oder nach Maßgabe regulatorischer oder rechtlicher Verpflichtungen erstellt wurden.

(13)

Die Bestimmungen dieser Verordnung sind eng miteinander verknüpft, da sie sich auf den Reorganisationsplan beziehen, den in Abwicklung befindliche CCP nach Anwendung des Instruments der Herabschreibung und Umwandlung vorlegen müssen. Um die Kohärenz zwischen diesen Regelwerken, die gleichzeitig in Kraft treten sollten, zu gewährleisten, müssen CCP und Abwicklungsbehörden einen umfassenden Überblick und einen kompakten Zugang zu ihren Pflichten und Rechten im Zusammenhang mit solchen Reorganisationsplänen haben. Daher sollten die nach Artikel 37 Absatz 4 und Artikel 38 Absatz 4 der Verordnung (EU) 2021/23 erforderlichen einschlägigen technischen Regulierungsstandards in einer einzigen Verordnung zusammengefasst werden.

(14)

Diese Verordnung beruht auf dem Entwurf technischer Regulierungsstandards, der der Kommission von der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde vorgelegt wurde.

(15)

Die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde hat zu diesem Entwurf technischer Regulierungsstandards offene öffentliche Konsultationen durchgeführt, auf denen diese Verordnung beruht, hat die damit verbundenen potenziellen Kosten- und Nutzeneffekte analysiert und die Stellungnahme der nach Artikel 37 der Verordnung (EU) Nr. 1095/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates (3) eingesetzten Interessengruppe Wertpapiere und Wertpapiermärkte eingeholt —

HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:


(1)   ABl. L 22 vom 22.1.2021, S. 1.

(2)  Verordnung (EU) Nr. 648/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 über OTC-Derivate, zentrale Gegenparteien und Transaktionsregister (ABl. L 201 vom 27.7.2012, S. 1).

(3)  Verordnung (EU) Nr. 1095/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 zur Errichtung einer Europäischen Aufsichtsbehörde (Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde), zur Änderung des Beschlusses Nr. 716/2009/EG und zur Aufhebung des Beschlusses Nr. 2009/77/EG der Kommission (ABl. L 331 vom 15.12.2010, S. 84).