Aktualisiert 18/09/2024
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Erwägungsgründe

2024/358

22.1.2024

DELEGIERTE VERORDNUNG (EU) 2024/358 DER KOMMISSION

vom 29. September 2023

zur Ergänzung der Verordnung (EU) 2020/1503 des Europäischen Parlaments und des Rates durch technische Regulierungsstandards zur Festlegung von Vorschriften für die Kreditbewertung bei Schwarmfinanzierungsprojekten, die Preisfestsetzung bei Schwarmfinanzierungsangeboten sowie Risikomanagementregelungen und -verfahren

(Text von Bedeutung für den EWR)

DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf Verordnung (EU) 2020/1503 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. Oktober 2020 über Europäische Schwarmfinanzierungsdienstleister für Unternehmen und zur Änderung der Verordnung (EU) 2017/1129 und der Richtlinie (EU) 2019/1937 (1), insbesondere auf Artikel 19 Absatz 7,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Nach Artikel 23 der Verordnung (EU) 2020/1503 müssen Schwarmfinanzierungsdienstleister Anlegern ausreichende Informationen über die Qualität der Schwarmfinanzierungsprojekte und Projektträger zur Verfügung stellen, insbesondere indem sie ein Anlagebasisinformationsblatt (Key Investment Information Sheet — KIIS) bereitstellen, das die für eine fundierte Anlageentscheidung erforderlichen Informationen enthält. Allerdings sollten die Anleger auch angemessen darüber informiert werden, wie Schwarmfinanzierungsdienstleister die Kreditbewertungspunkte für Schwarmfinanzierungsprojekte und Projektträger berechnen, damit sie die Risiken verschiedener Schwarmfinanzierungskredite besser verstehen und vergleichen können.

(2)

Die Techniken zur Bewertung von Kreditrisiken und zur Berechnung der Kreditrisikopunkte, die zusätzlich zu herkömmlicheren statistischen Methoden zum Einsatz kommen, wurden in den letzten Jahren im Rahmen von innovativen Ansätzen, bei denen künstliche Intelligenz und maschinelles Lernen genutzt werden, weiterentwickelt. So können beispielsweise bei kleinen und mittleren Unternehmen ohne lange Kredithistorie innovative Methoden auf Basis von Transaktionsdaten von größerem Nutzen sein als Methoden, die auf traditionelle Bilanzdaten setzen. Wegen der Komplexität dieser Techniken könnte ihre Nutzung die Informationsasymmetrie zwischen Anlegern und Schwarmfinanzierungsdienstleistern verstärken. Deshalb sollte die Beschreibung der Methode, nach der Schwarmfinanzierungsdienstleister die Kreditbewertungspunkte berechnen, nicht nur Angaben dazu enthalten, welches Punktbewertungsmodell hinter einer solchen Berechnung steht, sondern auch ausreichende Informationen über die finanziellen und nichtfinanziellen Faktoren, die in diese Bewertungsmodelle einfließen, und über die Ergebnisse, die von den Punktbewertungsmodellen ausgegeben werden.

(3)

Den Anlegern ist unter Umständen nicht vollumfänglich bewusst, welcher Mechanismus und welche unterschiedlichen Faktoren die Preisbildung bei Schwarmfinanzierungsangeboten bestimmen. Daher sollte die Transparenz erhöht werden, um den Vergleich zwischen verschiedenen Krediten zu erleichtern. Insbesondere wenn Schwarmfinanzierungsdienstleister den Preis eines Schwarmfinanzierungsangebots vorgeben, sollten sie genau beschreiben, nach welcher Methode die Preise berechnet wurden. Diese Beschreibung sollte den relevanten Elementen sowohl zum Zeitpunkt der Kreditausreichung als auch danach Rechnung tragen, insbesondere mit Blick auf die Gebühren, die ein Schwarmfinanzierungsdienstleister von Anlegern und Projektträgern für erbrachte Dienstleistungen verlangen könnte.

(4)

Der Preis von Krediten, die über die Plattform eines Crowdfunding-Dienstleisters zustande kommen, sollte fair und angemessen sein. Deshalb sollte sichergestellt werden, dass der Preis das Risikoprofil und den Nettogegenwartswert des Kredits widerspiegelt und dass der Schwarmfinanzierungsdienstleister die allgemeinen Marktbedingungen berücksichtigt hat.

(5)

Als Mindestschutz für Anleger, die nicht über ausreichende Informationen über die Kreditwürdigkeit von Projektträgern und die Nachhaltigkeit von Schwarmfinanzierungsprojekten verfügen, sollten Schwarmfinanzierungsdienstleister eine verlässliche Kreditrisikobewertung durchführen. Um sicherzustellen, dass Schwarmfinanzierungsdienstleister das Kreditrisiko von Schwarmfinanzierungsprojekten und Projektträgern solide und robust bewerten, sollten sie eine ausreichende Menge an Informationen über die Faktoren berücksichtigen, die die finanzielle Situation und die Geschäftsstrategie von Projektträgern und Schwarmfinanzierungsprojekten beeinflussen. Da bei einer umfassenden Kreditrisikobewertung auch zu berücksichtigen ist, ob dieses Risiko durch die Verfügbarkeit von Besicherungsvereinbarungen ausgeglichen wird, sollten Schwarmfinanzierungsdienstleister Informationen über Sicherheiten und Garantien, die der Minderung des Kreditrisikos dienen, ebenfalls berücksichtigen.

(6)

Schwarmfinanzierungsdienstleister sollten Zugang zu den in der Dokumentation über Kreditrisikobewertungen enthaltenen einschlägigen Informationen erhalten, um eine adäquate Benchmarking-Analyse der Kreditwürdigkeit möglicher Projektträger zu ermöglichen und die Modelle und Instrumente für die Genehmigung von Projekten, die über ihre Plattformen finanziert werden sollen, zu verbessern. In diesen Informationen enthaltene personenbezogene Daten sollten nicht länger als höchstens fünf Jahre gespeichert werden dürfen und in jedem Fall gemäß der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates (2) verarbeitet werden müssen.

(7)

Der Prozess der Preisfestsetzung für ein Schwarmfinanzierungsangebot sollte auch eine genaue Bewertung der Schwarmfinanzierungskredite beinhalten. Schwarmfinanzierungsdienstleister sollten daher sicherstellen, dass eine solche Bewertung während des Lebenszyklus des Kredits auf einer ausreichenden Zahl von Faktoren beruht, die die Ertrags- und Kostenstruktur des Kredits sowie dessen Risikogehalt widerspiegeln.

(8)

Solide Governance-Strukturen verbessern den Anlegerschutz. Schwarmfinanzierungsdienstleister sollten daher über Governance-Regelungen verfügen, die ihrer Komplexität angemessen sind, sowie über Regelungen, in denen die Elemente einer Offenlegung festgelegt sind, die sicherstellen, dass die den Anlegern zur Verfügung gestellten Informationen das Schwarmfinanzierungsprojekt genau und ausreichend detailliert darstellen. Außerdem sollten die Schwarmfinanzierungsprojekte und die Projektträger einer sorgfältigen Prüfung unterzogen werden. Der in Artikel 4 Absatz 4 Buchstabe f der Verordnung (EU) 2020/1503 genannte Rahmen für das Risikomanagement sollte daher die wichtigsten Rollen und Funktionen benennen, die für die Bewertung des Kreditrisikos und die Einstufung von Krediten in die jeweiligen Risikokategorien verantwortlich sind. Ein solcher Rahmen sollte der Komplexität des Geschäftsmodells der Schwarmfinanzierungsdienstleister und der Art der vermittelten Kredite entsprechen und die in der Verordnung (EU) 2020/1503 festgelegten Schutzmaßnahmen zur Steuerung des Risikos von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung widerspiegeln.

(9)

Diese Verordnung stützt sich auf den Entwurf technischer Regulierungsstandards, der von der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde (EBA) in enger Zusammenarbeit mit der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) ausgearbeitet und der Kommission vorgelegt wurde.

(10)

Die EBA hat zu dem Entwurf technischer Regulierungsstandards, auf dem diese Verordnung beruht, öffentliche Konsultationen durchgeführt, die damit verbundenen potenziellen Kosten- und Nutzeneffekte analysiert und die Stellungnahme der nach Artikel 37 der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 des Europäischen Parlament und des Rates (3) eingesetzten Interessengruppe Bankensektor eingeholt.

(11)

Der Europäische Datenschutzbeauftragte wurde gemäß Artikel 42 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2018/1725 des Europäischen Parlaments und des Rates (4) angehört und hat am 10. Januar 2023 eine Stellungnahme abgegeben —

HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:


(1)   ABl. L 347 vom 20.10.2020, S. 1.

(2)  Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) (ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 1).

(3)  Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 zur Errichtung einer Europäischen Aufsichtsbehörde (Europäische Bankenaufsichtsbehörde), zur Änderung des Beschlusses Nr. 716/2009/EG und zur Aufhebung des Beschlusses 2009/78/EG der Kommission (ABl. L 331 vom 15.12.2010, S. 12).

(4)  Verordnung (EU) 2018/1725 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2018 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 45/2001 und des Beschlusses Nr. 1247/2002/EG (ABl. L 295 vom 21.11.2018, S. 39).