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Ursprungsrechtsakt
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Erwägungsgründe

DELEGIERTE VERORDNUNG (EU) 2017/2154 DER KOMMISSION

vom 22. September 2017

zur Ergänzung der Verordnung (EU) Nr. 600/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates durch technische Regulierungsstandards für indirekte Clearingvereinbarungen

(Text von Bedeutung für den EWR)

DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Verordnung (EU) Nr. 600/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 über Märkte für Finanzinstrumente und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 (1), insbesondere auf Artikel 30 Absatz 2,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Indirekte Clearingvereinbarungen sollten kein zusätzliches Gegenparteirisiko für CCP, Clearingmitglieder, Kunden und indirekte Kunden gleich welchen Ranges verursachen, und die Vermögenswerte und Positionen indirekter Kunden sollten angemessenen Schutz genießen. Daher ist es unerlässlich, dass jede Art von indirekter Clearingvereinbarung Mindestbedingungen erfüllt, die ihre Sicherheit gewährleisten. Zu diesem Zweck sollten den an indirekten Clearingvereinbarungen beteiligten Parteien besondere Pflichten auferlegt werden, und indirekte Clearingvereinbarungen sollten nur zulässig sein, wenn sie die in der vorliegenden Verordnung festgelegten Bedingungen erfüllen.

(2)

Da die Vermögenswerte und Positionen der Gegenpartei, für die indirekte Clearingdienste erbracht werden, gleichermaßen geschützt sein sollten wie im Falle der Schutzvorkehrungen der Artikel 39 und 48 der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates (2), sind die unterschiedlichen Konzepte indirekter Kunden für die vorliegende Verordnung von entscheidender Bedeutung und sollten daher darin definiert werden.

(3)

Da Clearingmitglieder als Teilnehmer im Sinne der Richtlinie 98/26/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (3) qualifiziert sein sollten und um für indirekte Kunden einen gleichwertigen Schutz zu gewährleisten, wie ihn Kunden im Rahmen der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 genießen, sollte es sich bei Kunden, die indirekte Clearingdienste erbringen, um Kreditinstitute, Wertpapierfirmen oder Unternehmen mit Sitz in einem Drittland, die Kreditinstituten bzw. Wertpapierfirmen gleichwertig sind, handeln.

(4)

Die vermehrten Zwischenstufen zwischen einer zentralen Gegenpartei und den indirekten Kunden unterschiedlicher Ebenen bedingen zusätzliche operative Schritte, zusätzliche Konten und komplexere technische Lösungen und Verfahrensabläufe. Dies führt dazu, dass indirekte Clearingvereinbarungen sehr viel komplexer sind als Clearingvereinbarungen mit Kunden. Diesen vermehrten Zwischenstufen sollte daher Rechnung getragen werden, indem für indirekte Clearingvereinbarungen andere Kontenstrukturen mit einfacheren Abläufen vorgeschrieben werden als für Clearingvereinbarungen mit Kunden.

(5)

Bei Clearingvereinbarungen mit Kunden müssen getrennte Einzelkonten angeboten werden. Für indirekte Clearingvereinbarungen sollten jedoch neben Sammelkonten für indirekte Kunden, die eine Aufrechnung ermöglichen, lediglich Brutto-Sammelkontenstrukturen für indirekte Kunden angeboten werden müssen, die einen Mechanismus zur Übertragung von Einschussforderungen und, falls so vereinbart, von über die Einschussforderung hinausgehenden Überschüssen vom indirekten Kunden bis hinauf zur zentralen Gegenpartei vorsehenund bei denen eine Aufrechnung von Positionen verschiedener indirekter Kunden innerhalb desselben Brutto-Sammelkontos nicht möglich ist. Dieser Mechanismus sollte es wie bei getrennten Einzelkonten ermöglichen, zu ermitteln, welche Sicherheiten und Positionen für Rechnung eines bestimmten indirekten Kunden geführt werden und welche Sicherheiten und Positionen für Rechnung des Kunden oder anderer indirekter Kunden geführt werden.

(6)

Darüber hinaus sollte er angesichts der Tatsache, dass die in einem Brutto-Sammelkonto für indirekte Clearingvereinbarungen gehaltenen Vermögenswerte und Positionen von den Verlusten eines anderen indirekten Kunden betroffen sein können, weil diese Vermögenswerte und Positionen in einem einzigen Konto zusammengefasst sind, durch die Geschwindigkeit, mit der diese Vermögenswerte und Positionen erforderlichenfalls ermittelt werden können, um sie nach einem Ausfall zu liquidieren, dazu beitragen, dass potenzielle Verluste so gering wie möglich gehalten werden.

(7)

Dieser Mechanismus sollte außerdem eine sehr viel einfachere Kontenstruktur ermöglichen, die im Vergleich zu getrennten Einzelkonten kostengünstiger und weniger komplex ist und bei der dennoch die Sicherheiten und Positionen der verschiedenen indirekten Kunden unterschieden werden können, sodass sie ein Schutzniveau gewährleistet, das demjenigen eines getrennten Einzelkontos gleichwertig ist. Die Vorgabe, Brutto-Sammelkonten für indirekte Kunden anzubieten, sollte jedoch nicht die Möglichkeit ausschließen, getrennte Einzelkonten für indirekte Kunden anzubieten, sofern die Clearingvereinbarung aus einer zentralen Gegenpartei, einem Clearingmitglied, einem Kunden und nur einer Ebene indirekter Kunden besteht.

(8)

Um die Clearingdienste zu rationalisieren und die Geschäftsbeziehungen zwischen Clearingmitgliedern, Kunden und indirekten Kunden zu vereinfachen und so den Zugang zu zentralem Clearing zu erleichtern, bieten einige Gruppen Clearingdienste, bei denen zwei Unternehmen der Gruppe zwischengeschaltet sind. Aus ähnlichen Gründen nutzen Kunden zuweilen ein Unternehmen ihrer Gruppe, das direkt für den Umgang mit dem Clearingmitglied zuständig ist, und ein anderes Unternehmen ihrer Gruppe, das direkt für den Umgang mit dem indirekten Kunden zuständig ist, typischerweise dann, wenn dieses zweite Unternehmen im Sitzland des indirekten Kunden angesiedelt ist. In diesen Fällen werden die Clearingdienste über die verschiedenen Geschäftsbereiche der Gruppe hinweg rationalisiert und auch die geschäftlichen Beziehungen zwischen den Clearingmitgliedern, den Kunden und den indirekten Kunden sind einfacher. Wenn diese Arten von Vereinbarungen bestimmte Voraussetzungen erfüllen, die sicherstellen, dass kein zusätzliches Gegenparteirisiko entsteht und das indirekte Clearing angemessen geschützt ist, sollten sie zulässig sein.

(9)

Bei indirekten Clearingketten, die sich aus mehr als einer zentralen Gegenpartei, einem Clearingmitglied, einem Kunden und einer einzigen Ebene indirekter Kunden zusammensetzen, könnte die Verwendung getrennter Einzelkonten zu unerwarteten technischen Schwierigkeiten führen, da der mögliche Ausfall einer oder mehrerer Gegenparteien in dieser Kette mit einer Vielzahl getrennter Einzelkonten bewältigt werden müsste. Werden in solchen längeren Ketten getrennte Einzelkonten angeboten, könnten Gegenparteien, die das mit solchen Konten normalerweise verbundene Schutzniveau anstreben, getäuscht werden, da dieses Schutzniveau in einigen dieser längeren Ketten möglicherweise nicht erreicht wird. Um die mit dieser Fehlannahme verbundenen Risiken zu vermeiden, sollten in solchen längeren indirekten Clearingketten nur getrennte Sammelkonten zulässig sein, vorausgesetzt, die Gegenparteien, die diese Clearingvereinbarung in Anspruch nehmen, sind umfassend über den Trennungsgrad und die mit dieser Kontenart verbundenen Risiken unterrichtet.

(10)

Um sicherzustellen, dass der innerhalb eines Brutto-Sammelkontos für indirekte Kunden geforderte Einschussbetrag ebenso hoch ist, wie derjenige, der bei Verwendung eines getrennten Einzelkontos für das indirekte Clearing gefordert würde, sollte eine zentrale Gegenpartei über die Positionen, die für Rechnung des indirekten Kunden gehalten werden, informiert werden, sodass sie die betreffenden Einschussforderungen für jeden einzelnen indirekten Kunden berechnen kann.

(11)

Um für Kohärenz beim Kundenclearing zu sorgen, sollte ein Clearingmitglied über Verfahren verfügen, die bei Ausfall eines Kunden, der indirekte Clearingdienste erbringt, die Übertragung von Positionen indirekter Kunden auf einen anderen Kunden erleichtern. Aus demselben Grund sollte ein Clearingmitglied auch über Verfahren verfügen, die es ihm ermöglichen, die Positionen und Vermögenswerte indirekter Kunden zu liquidieren und den Liquidationserlös diesen indirekten Kunden, sofern sie bekannt sind, auszuzahlen. Kann der Liquidationserlös aus irgendeinem Grund nicht direkt an die betreffenden indirekten Kunden ausgezahlt werden, so sollte er dem ausfallenden Kunden für Rechnung seiner indirekten Kunden ausgezahlt werden.

(12)

Es sollten Verfahren eingerichtet werden, anhand derer bei Ausfall des Kunden Informationen über die Identität der indirekten Kunden ermittelt werden können und das Clearingmitglied feststellen kann, welche Vermögenswerte und Positionen den einzelnen indirekten Kunden gehören.

(13)

Ein Kunde, der indirekte Clearingdienste erbringt, sollte dem indirekten Kunden eine Auswahl verschiedener Kontenstrukturen anbieten. Es kann jedoch vorkommen, dass ihm sein indirekter Kunde seine Wahl nicht innerhalb einer angemessenen Frist mitgeteilt hat. In diesem Fall sollte der Kunde zur Erbringung indirekter Clearingdienste für diesen indirekten Kunden eine beliebige Kontenstruktur verwenden dürfen, vorausgesetzt, er informiert den indirekten Kunden über die verwendete Kontenstruktur, den Trennungsgrad und die damit verbundenen Risiken, sowie über die Möglichkeit, die Kontenstruktur jederzeit zu ändern.

(14)

Aus indirekten Clearingvereinbarungen können spezifische Risiken erwachsen. Daher ist es erforderlich, dass alle an der indirekten Clearingvereinbarung beteiligten Parteien, einschließlich Clearingmitglieder und zentrale Gegenparteien, sämtliche aus solchen Vereinbarungen erwachsenden wesentlichen Risiken kontinuierlich ermitteln, überwachen und steuern. Zu diesem Zweck ist ein angemessener Informationsaustausch zwischen Kunden und Clearingmitgliedern besonders wichtig. Clearingmitglieder sollten jedoch sicherstellen, dass diese Informationen nur für das Risikomanagement und für Nachschüsse verwendet werden und dass vertrauliche Geschäftsdaten nicht missbraucht werden.

(15)

Aus Konsistenzgründen und um das reibungslose Funktionieren der Finanzmärkte sicherzustellen, müssen die Bestimmungen der vorliegenden Verordnung sowie die betreffenden Bestimmungen der Verordnung (EU) Nr. 600/2014 ab demselben Datum gelten.

(16)

Die vorliegende Verordnung beruht auf dem Entwurf technischer Regulierungsstandards, der der Kommission von der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) vorgelegt wurde.

(17)

Gemäß Artikel 10 der Verordnung (EU) Nr. 1095/2010 des Europäischen Parlaments und Rates (4) hat die ESMA zu dem Entwurf technischer Regulierungsstandards, auf dem diese Verordnung beruht, offene öffentliche Konsultationen durchgeführt, die damit verbundenen potenziellen Kosten- und Nutzeneffekte analysiert und die Stellungnahme der nach Artikel 37 der Verordnung (EU) Nr. 1095/2010 eingesetzten Interessengruppe Wertpapiere und Wertpapiermärkte eingeholt —

HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:


(1)  ABl. L 173 vom 12.6.2014, S. 84.

(2)  Verordnung (EU) Nr. 648/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 über OTC-Derivate, zentrale Gegenparteien und Transaktionsregister (ABl. L 201 vom 27.7.2012, S. 1).

(3)  Richtlinie 98/26/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. Mai 1998 über die Wirksamkeit von Abrechnungen in Zahlungs- sowie Wertpapierliefer- und -abrechnungssystemen (ABl. L 166 vom 11.6.1998, S. 45).

(4)  Verordnung (EU) Nr. 1095/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 zur Errichtung einer Europäischen Aufsichtsbehörde (Europäische Wertpapier-und Marktaufsichtsbehörde), zur Änderung des Beschlusses Nr. 716/2009/EG und zur Aufhebung des Beschlusses 2009/77/EG der Kommission (ABl. L 331 vom 15.12.2010, S. 84).