Aktualisiert 19/09/2024
In Kraft

Ursprungsrechtsakt
Suche im Rechtsakt

Erwägungsgründe

DURCHFÜHRUNGSBESCHLUSS DER KOMMISSION

vom 30. Oktober 2014

über die Gleichwertigkeit des Regulierungsrahmens Singapurs für zentrale Gegenparteien mit den Anforderungen der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates über OTC-Derivate, zentrale Gegenparteien und Transaktionsregister

(2014/753/EU)

DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Verordnung (EU) Nr. 648/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 über OTC-Derivate, zentrale Gegenparteien und Transaktionsregister (1), insbesondere auf Artikel 25 Absatz 6,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Das in Artikel 25 der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 dargelegte Verfahren für die Anerkennung zentraler Gegenparteien (im Folgenden „CCPs“) aus Drittstaaten, deren Regulierungsstandards den Regulierungsstandards dieser Verordnung gleichwertig sind, soll es den in solchen Drittstaaten ansässigen und zugelassenen CCPs gestatten, für in der Union ansässige Clearingmitglieder oder Handelsplätze Clearingdienste zu erbringen. Dieses Anerkennungsverfahren und der in diesem Rahmen vorgesehene Gleichwertigkeitsbeschluss tragen somit zur Erreichung des übergeordneten Ziels der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 bei, das Systemrisiko dadurch zu verringern, dass auch bei der Abwicklung außerbörslich gehandelter Derivatkontrakte auf sichere und solide CCPs zurückgegriffen wird, einschließlich solcher, die in einem Drittstaat ansässig und zugelassen sind.

(2)

Damit die rechtlichen Bestimmungen eines Drittstaats als gleichwertig mit den EU-Bestimmungen für CCPs betrachtet werden können, sollten die geltenden Rechts- und Aufsichtsmechanismen zu einem gemessen an den verfolgten Regulierungszielen gleichwertigen wesentlichen Ergebnis führen wie die Anforderungen der Union. Diese Gleichwertigkeitsprüfung soll deshalb die Gewissheit verschaffen, dass die Rechts- und Aufsichtsmechanismen Singapurs gewährleisten, dass dort ansässige und zugelassene CCPs für in der Union ansässige Clearingmitglieder und Handelsplätze nicht mit einem höheren Risiko einhergehen als in der Union ansässige CCPs und somit in der Union kein inakzeptabel hohes Systemrisiko darstellen.

(3)

Am 1. September 2013 erhielt die Kommission die fachlichen Empfehlungen der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (im Folgenden „ESMA“) zu den Rechts- und Aufsichtsmechanismen für in Singapur zugelassene CCPs. Darin wurde auf eine Reihe von Unterschieden zwischen den rechtsverbindlichen Anforderungen für CCPs in Singapur und den rechtsverbindlichen Anforderungen für CCPs nach der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 hingewiesen. Der vorliegende Beschluss stützt sich jedoch nicht nur auf eine vergleichende Analyse der rechtsverbindlichen Anforderungen für CCPs, sondern darüber hinaus auch auf eine Bewertung im Hinblick darauf, ob die Anforderungen Singapurs zu gleichwertigen Ergebnissen führen wie die Anforderungen der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 und sie angemessen sind, um die Risiken, denen in der Union ansässige Clearingmitglieder und Handelsplätze ausgesetzt sein können, zu mindern. Besonders berücksichtigt werden sollte dabei, dass Clearingtätigkeiten an kleineren Finanzmärkten als dem der Union mit erheblich geringeren Risiken verbunden sind.

(4)

Nach Artikel 25 Absatz 6 der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 müssen drei Bedingungen erfüllt sein, damit die Rechts- und Aufsichtsmechanismen, die in einem Drittstaat für die dort zugelassenen CCPs gelten, mit den in der Verordnung festgelegten Mechanismen als gleichwertig betrachtet werden können.

(5)

Der ersten Bedingung zufolge müssen die in einem Drittstaat zugelassenen CCPs rechtsverbindliche Anforderungen erfüllen, die den Anforderungen des Titels IV der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 entsprechen.

(6)

Die rechtsverbindlichen Anforderungen, die in Singapur von den dort zugelassenen CCPs erfüllt werden müssen, sind das Kapitel 289 des Securities and Futures Act (im Folgenden „SFA“) und die Securities and Futures (Clearing Facilities) Regulations 2013 (im Folgenden „SFA Regulations“). Der SFA soll zu sicheren und effizienten Clearingsystemen beitragen und das Systemrisiko verringern. Mit den SFA Regulations werden die Anforderungen des SFA weiterentwickelt und umgesetzt. Der SFA führt eine Zulassungsregelung ein, wonach alle systemrelevanten Clearingsysteme, die als CCP fungieren, künftig von der Zentralbank Singapurs (Monetary Authority of Singapore, im Folgenden „MAS“) als Clearinghäuser zugelassen werden müssen (Approved Clearing Houses, im Folgenden „ACHs“). Bei allen anderen Clearingsystemen, auch solchen aus Übersee, erfolgt die Zulassung durch die MAS in Form einer Anerkennung (Recognised Clearing Houses, im Folgenden „RCHs“).

(7)

Im Januar 2013 veröffentlichte die MAS darüber hinaus eine Verlautbarung zur Beaufsichtigung der Finanzmarktinfrastrukturen (Monograph on Supervision of Financial Market Infrastructures, im Folgenden „Monographie“), worin die für CCPs geltenden Standards festgelegt und damit die im April 2012 vom Ausschuss für Zahlungs- und Abrechnungssysteme (Committee on Payment and Settlement Systems, im Folgenden „CPSS“) (2) und von der Internationalen Organisation der Wertpapieraufsichtsbehörden (International Organization of Securities Commission, im Folgenden „IOSCO“) herausgegebenen Grundsätze für Finanzmarktinfrastrukturen (Principles for Financial Market Infrastructures, im Folgenden „PFMI“) umgesetzt werden. In dieser Monographie legt die MAS insbesondere dar, wie die ACHs ihre Pflichten aus dem SFA erfüllen sollten; sie wird von der MAS berücksichtigt, wenn sie bewertet, ob die ACHs ihren Pflichten aus dem SFA nachkommen.

(8)

Für eine Zulassung als ACH müssen Clearinghäuser spezielle, im SFA und in den SFA Regulations festgelegte Anforderungen erfüllen. Die MAS kann für die Zulassung von ACHs Bedingungen oder Beschränkungen festlegen und diese jederzeit ergänzen, ändern oder aufheben. ACHs müssen Clearingsysteme sicher und effizient betreiben und die mit deren Geschäft und Betrieb verbundenen Risiken umsichtig steuern. Sie müssen ferner über ausreichende Finanz-, Personal- und Systemressourcen verfügen.

(9)

Dem SFA zufolge müssen ACHs darüber hinaus eigene interne Vorschriften und Verfahren festlegen, die einen ordnungsgemäßen und effizienten Betrieb des Clearingsystems und eine ordnungsgemäße Regulierung und Beaufsichtigung von dessen Mitgliedern gewährleisten. Die internen Vorschriften und Verfahren der ACHs müssen bestimmte, von der MAS vorgeschriebene Themen abdecken, wozu die Risiken beim Betrieb von Clearingsystemen, der Umgang mit Ausfällen und die von den Mitgliedern des Clearingsystems zu erfüllenden Kriterien und Bedingungen zählen. In diesem Punkt wird die Monographie durch die internen Vorschriften und Verfahren der ACHs umgesetzt. Die internen Vorschriften und Verfahren der ACHs sowie alle etwaigen Änderungen sind vor ihrer Umsetzung der MAS vorzulegen. Die MAS kann die internen Vorschriften und Verfahren und jeden beliebigen Teil einer vorgeschlagenen Änderung ablehnen, abändern oder ergänzen. Zudem schreiben die SFA Regulations ausdrücklich vor, dass jede Änderung am Risikomanagementrahmen der ACHs vorab von der MAS zu genehmigen ist, was u. a. die Art der akzeptierten Sicherheiten, die Methoden zur Bewertung der Sicherheiten und zur Bestimmung der Eigenleistung, die zur Steuerung der Risikoexposition der ACHs gegenüber ihren Teilnehmern erforderlich ist, sowie die Höhe der zur Deckung des Ausfalls eines Mitglieds verfügbaren Finanzressourcen (ohne die beim ACH vorgehaltene Eigenleistung) betrifft. Sollte ein ACH seine internen Vorschriften und Verfahren in einer mit den Anforderungen der MAS nicht zu vereinbarenden Weise ändern, sieht der SFA Strafzahlungen vor. Dem SFA zufolge sind die internen Vorschriften und Verfahren der ACH von diesen verbindlich einzuhalten.

(10)

Damit bestehen die rechtsverbindlichen Anforderungen Singapurs aus zwei Ebenen. Die zentralen Anforderungen für ACHs sind im SFA und den SFA Regulations (im Folgenden „Primärvorschriften“) festgelegt und umfassen die strengen Standards, die ACHs erfüllen müssen, um in Singapur eine Genehmigung zur Erbringung von Clearingdiensten zu erhalten. Diese Primärvorschriften stellen die erste Ebene der rechtsverbindlichen Anforderungen in Singapur dar. Um die Einhaltung der Primärvorschriften nachzuweisen, müssen die ACHs ihre internen Vorschriften und Verfahren vor ihrer Umsetzung der MAS vorlegen, die diese ablehnen, ändern oder ergänzen kann. Diese internen Vorschriften und Verfahren stellen die zweite Ebene der rechtsverbindlichen Anforderungen Singapurs dar und müssen der Monographie zufolge detailliert Auskunft darüber geben, wie das antragstellende ACH diese strengen Standards erfüllt. Darüber hinaus enthalten die internen Vorschriften und Verfahren zusätzliche, die Primärvorschriften ergänzende Bestimmungen.

(11)

Bei der Bewertung der Gleichwertigkeit der für ACHs geltenden Rechts- und Aufsichtsmechanismen sollte ebenfalls berücksichtigt werden, inwieweit diese das Risiko, dem in der Union ansässige Clearingmitglieder und Handelsplätze aufgrund ihrer Teilnahme an ACHs ausgesetzt sind, mindern. Inwieweit das Risiko gemindert wird, hängt sowohl von der Höhe des Risikos ab, das mit den Clearingtätigkeiten der betreffenden CCPs verbunden ist und wiederum durch die Größe des jeweiligen Finanzmarkts bestimmt wird, als auch davon, inwieweit sich die für CCPs geltenden Rechts- und Aufsichtsmechanismen zur Minderung dieses Risikos eignen. Um das gleiche Maß an Risikominderung zu erreichen, müssen an CCPs, die an größeren Finanzmärkten mit höheren Risiken tätig sind, strengere Anforderungen an die Risikominderung gestellt werden als an CCPs, die an kleineren Finanzmärkten mit geringeren Risiken tätig sind.

(12)

ACHs gehen ihrer Clearingtätigkeit an deutlich kleineren Finanzmärkten nach als die in der Union ansässigen CCPs. So lag der Gesamtwert der in Singapur in den vergangenen drei Jahren abgerechneten Transaktionen bei weniger als 1 % des Gesamtwerts der Transaktionen, die im gleichen Zeitraum in den Mitgliedstaaten der Union, die auch G-10-Mitglieder sind, abgerechnet wurden. Daher ist eine Teilnahme an ACHs für in der Union ansässige Clearingmitglieder und Handelsplätze mit erheblich geringeren Risiken verbunden als ihre Teilnahme an in der Union zugelassenen CCPs.

(13)

Die Rechts- und Aufsichtsmechanismen für ACHs können folglich insoweit als gleichwertig betrachtet werden, als sie sich zur Minderung dieses geringeren Risikos eignen. Die Primärvorschriften für ACHs samt der ergänzenden internen Vorschriften und Verfahren, mit denen die PFMIs umgesetzt werden, mindern das geringere Risiko in Singapur und erzielen ein Maß an Risikominderung, das dem mit der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 angestrebten gleichwertig ist.

(14)

Die Kommission gelangt deshalb zu dem Schluss, dass die Rechts- und Aufsichtsmechanismen Singapurs sicherstellen, dass die dort zugelassenen ACHs rechtsverbindliche Anforderungen erfüllen, die den in Titel IV der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 festgelegten Anforderungen gleichwertig sind.

(15)

Der zweiten in Artikel 25 Absatz 6 der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 genannten Bedingung zufolge müssen die Rechts- und Aufsichtsmechanismen, die in Singapur für dort zugelassene CCPs gelten, dauerhaft eine wirksame Beaufsichtigung der betreffenden CCPs und eine effektive Rechtsdurchsetzung gewährleisten.

(16)

Um den sicheren und effizienten Betrieb von ACHs sicherzustellen und insbesondere die Einhaltung der im SFA festgelegten Pflichten und Anforderungen oder der von der MAS festgelegten, in die internen Vorschriften und Verfahren der ACHs aufzunehmenden Anforderungen zu gewährleisten, kann die MAS allgemeine oder spezifische Weisungen erteilen. Der SFA sieht für den Fall, dass ein ACH die Weisungen der MAS nicht befolgt, Strafzahlungen vor. Hinsichtlich der Durchsetzung der internen Vorschriften und Verfahren der ACHs kann die MAS den obersten Gerichtshof anrufen, um von diesem die Anordnung zu bewirken, dass die ACHs ihre internen Vorschriften und Verfahren erfüllen, einhalten oder durchsetzen oder ihnen Wirkung verleihen. Auch kann die MAS einem ACH die Zulassung entziehen, wenn es beispielsweise die von ihr gesetzten Anforderungen, eine an die Zulassung geknüpfte Bedingung oder Einschränkung, eine von ihr im Rahmen des SFA erteilte Weisung oder eine Bestimmung des SFA nicht erfüllt.

(17)

Zusätzlich dazu müssen die ACHs der MAS den SFA Regulations zufolge in einem jährlichen Bericht darlegen, wie sie ihren Pflichten aus dem SFA im Laufe des Geschäftsjahrs nachgekommen sind. Sie müssen der MAS ferner die Langfassung des Bestätigungsvermerks des Abschlussprüfers vorlegen, die alle etwaigen Ergebnisse und Empfehlungen des Abschlussprüfers zu den internen Kontrollen des ACH und über jede etwaige Nichteinhaltung des SFA sowie alle etwaigen Weisungen enthalten muss, die die MAS im Rahmen des SFA erteilt hat.

(18)

Die Kommission gelangt deshalb zu dem Schluss, dass die Rechts- und Aufsichtsmechanismen Singapurs für die dort zugelassenen CCPs auf Dauer eine wirksame Beaufsichtigung und eine effektive Rechtsdurchsetzung gewährleisten.

(19)

Der dritten in Artikel 25 Absatz 6 der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 genannten Bedingung zufolge müssen die Rechts- und Aufsichtsmechanismen Singapurs ein wirksames gleichwertiges System für die Anerkennung von nach dem Recht eines Drittstaats zugelassen CCPs (im Folgenden „Drittstaat-CCPs“) vorsehen.

(20)

Drittstaat-CCPs können eine Zulassung als RCH beantragen, die es ihnen ermöglicht, in Singapur die Dienste zu erbringen, für die sie auch in diesem Drittstaat zugelassen sind.

(21)

Bevor die MAS eine Zulassung als RCH erteilt, prüft sie, ob die Rechtsvorschriften des Drittstaats, in dem die CCP zugelassen ist, mit den Rechts- und Aufsichtsmechanismen für in Singapur ansässige CCPs vergleichbar sind und u. a. die PFMIs angewandt werden. Eine weitere Voraussetzung für eine Zulassung als RCH ist der Abschluss von Kooperationsvereinbarungen zwischen der MAS und den jeweils zuständigen ausländischen Aufsichtsbehörden.

(22)

Auch wenn das in den Rechtsvorschriften Singapurs vorgesehene Verfahren zur Anerkennung von Drittstaat-CCPs anders strukturiert ist als das Verfahren der Verordnung (EU) Nr. 648/2012, sollte dennoch davon ausgegangen werden, dass es ein wirksames gleichwertiges System für die Anerkennung von Drittstaat-CCPs gewährleistet.

(23)

Aus dem gleichen Grund ist davon auszugehen, dass die Rechts- und Aufsichtsmechanismen Singapurs für ACHs die Bedingungen von Artikel 25 Absatz 6 der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 erfüllen, weswegen diese Rechts- und Aufsichtsmechanismen als gleichwertig mit den Anforderungen der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 betrachtet werden sollten. Die Kommission sollte die Entwicklung des Rechts- und Aufsichtsrahmens Singapurs für CCPs, gestützt auf Informationen der ESMA, weiterhin verfolgen und darüber hinaus überwachen, ob die Bedingungen, auf deren Grundlage dieser Beschluss gefasst wurde, weiterhin erfüllt sind.

(24)

Die in diesem Beschluss vorgesehenen Maßnahmen stehen mit der Stellungnahme des Europäischen Wertpapierausschusses in Einklang —

HAT FOLGENDEN BESCHLUSS ERLASSEN:


(1)  ABl. L 201 vom 27.7.2012, S. 1.

(2)  Der Ausschuss für Zahlungs- und Abrechnungssysteme hat seinen Namen geändert und firmiert seit dem 1. September 2014 als Ausschuss für Zahlungsverkehr und Marktinfrastrukturen (Committee on Payment and Market Infrastructures, CPMI).