DURCHFÜHRUNGSBESCHLUSS DER KOMMISSION
vom 28. April 2014
zur Anerkennung der Gleichwertigkeit des Regelungs- und Kontrollrahmens Hongkongs mit den Anforderungen der Verordnung (EG) Nr. 1060/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates über Ratingagenturen
(Text von Bedeutung für den EWR)
DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —
gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,
gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1060/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. September 2009 über Ratingagenturen (1), insbesondere auf Artikel 5 Absatz 6,
in Erwägung nachstehender Gründe:
(1) |
Am 22. Oktober 2012 beauftragte die Kommission die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA), sie bei der Bewertung des Regelungs- und Kontrollrahmens Hongkongs für Ratingagenturen fachlich zu beraten. |
(2) |
In ihrer technischen Stellungnahme vom 31. Mai 2013 gelangte die ESMA zu dem Ergebnis, dass der Regelungs- und Kontrollrahmen Hongkongs für Ratingagenturen mit dem in der Verordnung (EG) Nr. 1060/2009 festgelegten Rahmen vergleichbar sei. |
(3) |
Damit der Regelungs- und Kontrollrahmen eines Drittlandes als gleichwertig mit den Anforderungen der Verordnung (EG) Nr. 1060/2009 betrachtet werden kann, müssen gemäß Artikel 5 Absatz 6 Unterabsatz 2 der genannten Verordnung drei Bedingungen erfüllt sein. |
(4) |
Gemäß der ersten Bedingung müssen Ratingagenturen in dem Drittland zugelassen oder registriert werden und laufender wirksamer Kontrolle und Durchsetzung unterliegen. Der Rechts- und Regulierungsrahmen Hongkongs für Ratingagenturen besteht aus der „Securities and Futures Ordinance“ (SFO) und dem „Code of Conduct for Persons Providing Credit Rating Services“ (COC), deren einschlägige Novellierungen am 1. Juni 2011 in Kraft getreten sind. Ratingagenturen und ihre Analysten, die Rating-Dienstleistungen in Hongkong anbieten, müssen für die Erbringung von Rating-Dienstleistungen zugelassen sein und unterliegen der Aufsicht durch die „Securities and Futures Commission“ (SFC) von Hongkong. Der Regelungs- und Kontrollrahmen Hongkongs stattet die SFC mit umfangreichen Befugnissen aus, die dieser die Durchführung von Untersuchungen ermöglichen, um nachzuprüfen, ob die Ratingagenturen ihren gesetzlichen Verpflichtungen nachkommen. Die SFC kann sowohl von nichtregulierten als auch von regulierten Personen die Herausgabe untersuchungsrelevanter Informationen und Unterlagen verlangen, einschließlich Aufzeichnungen über Handels- und Bankgeschäfte, Aufzeichnungen über Telefon- und Internetverbindungen sowie Angaben zum wirtschaftlich Berechtigten. Diese Befugnis gilt sowohl für Personen, die Gegenstand einer Untersuchung sind, als auch für Personen, bei denen die SFC begründeten Anlass zu der Vermutung hat, dass sie im Besitz untersuchungsrelevanter Informationen sind. Besteht die Gefahr der Vernichtung oder Beseitigung von Beweismitteln, Fluchtgefahr oder eine Gefahr anderer Art, so ist die SFC darüber hinaus befugt, sich nach Erlass eines richterlichen Durchsuchungsbeschlusses Zugang zu den Privaträumen sowohl nichtregulierter als auch regulierter Personen zu verschaffen. Außerdem verfügt die SFC über das gesamte Spektrum straf-, zivil-, verwaltungs- und sonstiger rechtlicher Handlungsbefugnisse. Dazu gehört unter anderem die verwaltungsrechtliche Befugnis, gegen Personen, die von der SFC zugelassen wurden oder bei dieser registriert sind, Disziplinarmaßnahmen zu verhängen oder ihnen Beschränkungen in Bezug auf ihre Geschäftstätigkeit aufzuerlegen, die Zulassung einer zugelassenen oder registrierten Person zurückzuziehen oder auszusetzen und einer zugelassenen oder registrierten Person einen Verweis zu erteilen, Auflagen zu machen oder eine Geldbuße von maximal 10 Mio. Hongkong-Dollar oder des dreifachen erzielten Gewinns oder vermiedenen Verlusts aufzuerlegen. Die SFC ist auch befugt, beim zuständigen Gericht einstweilige Verfügungen oder Abhilfeanordnungen zu erwirken. Zusätzlich zu den Prüfungen vor Ort führt die SFC eine Fernbeaufsichtigung durch, indem sie sich durch Interaktion mit den zugelassenen Ratingagenturen Kenntnis von deren Geschäftsmodellen und -plänen sowie den damit verbundenen Risiken verschafft, um die aus der Geschäftstätigkeit dieser Ratingagenturen erwachsenden Risiken zu ermitteln und zu bewerten. Informationen über zugelassene Ratingagenturen werden bei der SFC gesammelt und erfasst, auch — aber nicht nur — die geprüften Jahresabschlüsse und jährlichen Kontrollüberprüfungsberichte. Die SFC geht auch Beschwerden und Selbstanzeigen nach. Seit Inkrafttreten des Ratingagentur-Rahmens Hongkongs am 1. Juni 2011 unterliegen alle zugelassenen Ratingagenturen laufend den Kontroll- und Durchsetzungsbefugnissen der SFC. Die Kooperationsvereinbarung zwischen der ESMA und der SFC sieht einen Informationsaustausch hinsichtlich der Durchsetzungs- und Kontrollmaßnahmen in Bezug auf grenzübergreifend tätige Ratingagenturen vor. Aufgrund dessen sollte davon ausgegangen werden, dass Ratingagenturen in Hongkong Zulassungs- oder Registrierungspflichten unterliegen, die jenen der Verordnung (EG) Nr. 1060/2009 gleichwertig sind, und die für Ratingagenturen geltenden Aufsichts- und Durchsetzungsmechanismen Hongkongs wirksam angewandt und durchgesetzt werden. |
(5) |
Gemäß der zweiten Bedingung müssen die Ratingagenturen in dem Drittland rechtsverbindlichen Regelungen unterliegen, die denen der Artikel 6 bis 12 und des Anhangs I der Verordnung (EG) Nr. 1060/2009 mit Ausnahme der Artikel 6a, 6b, 8a, 8b, 8c, und 11a, Anhang I Abschnitt B Nummer 3 Buchstabe ba und Nummern 3a und 3b der genannten Verordnung gleichwertig sind. Bei der Bewertung, ob diese Bedingung erfüllt ist, sollte Artikel 2 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 462/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (2) hinsichtlich des Geltungsbeginns bestimmter Vorschriften der Verordnung (EG) Nr. 1060/2009 gebührend berücksichtigt werden. Der Regelungs- und Kontrollrahmen Hongkongs enthält detaillierte Anforderungen an die Unternehmensführung. Die Hauptverantwortung dafür, dass eine Ratingagentur angemessene Verhaltensstandards wahrt und ordnungsgemäße Verfahren einhält, liegt beim „Board of Directors“ und den für die regulierten Tätigkeiten zuständigen „Officers“. Ratingagenturen müssen über zwei zuständige „Officers“ verfügen, die von der SFC bestätigt werden müssen und von denen mindestens einer gemäß SFO geschäftsführender Direktor sein muss. Für den Umgang mit Interessenkonflikten sind weitreichende Regelungen vorhanden, wonach Ratingagenturen Interessenkonflikte ermitteln und abstellen oder handhaben und so organisiert sein müssen, dass Unabhängigkeit und Genauigkeit ihrer Ratings durch ihre Geschäftsinteressen nicht beeinträchtigt werden; darüber hinaus sind organisatorische Anforderungen unter anderem in Bezug auf Outsourcing, Aufbewahrung von Aufzeichnungen und Vertraulichkeit vorgesehen. Was die organisatorischen Anforderungen betrifft, so enthalten der „General SFC Code“ und der COC Vorgaben, die die Ratingagenturen erfüllen müssen, beispielsweise in Bezug auf Grundsätze und Verfahren zur Sicherstellung der Einhaltung rechtlicher Verpflichtungen und eine ständige und wirksame Compliance-Funktion. Außerdem müssen die Ratingagenturen eine Überprüfungsstelle einrichten, die für die regelmäßige Überprüfung der Ratingmethoden, Modelle sowie wesentlicher Änderungen daran zuständig ist. Der Regelungs- und Kontrollrahmen Hongkongs enthält weitreichende Offenlegungsvorschriften, etwa die Pflicht zur Veröffentlichung der Ratings und zur jährlichen Veröffentlichung von Angaben zu den Rating- und Nebentätigkeiten. Mit dem Regelungs- und Kontrollrahmen Hongkongs dürften daher hinsichtlich der Handhabung von Interessenkonflikten, der organisatorischen Abläufe und Verfahren, über die Ratingagenturen verfügen müssen, der Qualität der Ratings und Ratingmethoden, der Offenlegung von Ratings und der allgemeinen und regelmäßigen Offenlegung der Ratingtätigkeiten dieselben Ergebnisse erzielt werden wie mit der Verordnung (EG) Nr. 1060/2009. Er dürfte somit einen gleichwertigen Schutz der Integrität, Transparenz und guten Unternehmensführung von Ratingagenturen sowie der Verlässlichkeit von Ratingtätigkeiten bieten. |
(6) |
Gemäß der dritten Bedingung muss das Regulierungssystem des Drittlandes eine Einflussnahme der Aufsichtsbehörden und anderer Behörden dieses Drittlandes auf den Inhalt der Ratings und die Methoden verhindern. Die Abschnitte 4 und 5 der SFO, in denen die Regulierungsziele und -aufgaben sowie die Befugnisse der SFC niedergelegt sind, sehen keinerlei Befugnis für die SFC vor, auf das Rating einer Ratingagentur oder auf eine Ratingmethode dieser Ratingagentur Einfluss zu nehmen. Soweit feststellbar, gibt es keine Rechtsvorschrift, die der SFC oder einer anderen Behörde die Befugnis übertrüge, auf den Inhalt der Ratings und Methoden Einfluss zu nehmen. |
(7) |
Angesichts der untersuchten Faktoren ist davon auszugehen, dass der Regelungs- und Kontrollrahmen Honkongs für Ratingagenturen die Bedingungen des Artikels 5 Absatz 6 Unterabsatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1060/2009 erfüllt. Der Regelungs- und Kontrollrahmen Honkongs für Ratingagenturen sollte daher als gleichwertig mit dem durch die Verordnung (EG) Nr. 1060/2009 geschaffenen Regelungs- und Kontrollrahmen angesehen werden. Die Kommission, unterrichtet durch die ESMA, sollte die Entwicklung des Regelungs- und Kontrollrahmens Hongkongs für Ratingagenturen und die Erfüllung der Bedingungen, auf deren Grundlage dieser Beschluss gefasst wurde, weiterhin überwachen. |
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Die in diesem Beschluss vorgesehenen Maßnahmen entsprechen der Stellungnahme des Europäischen Wertpapierausschusses — |
HAT FOLGENDEN BESCHLUSS ERLASSEN:
(1) ABl. L 302 vom 17.11.2009, S. 1.
(2) Verordnung (EU) Nr. 462/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Mai 2013 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1060/2009 über Ratingagenturen (ABl. L 146 vom 31.5.2013, S. 1).