Artikel 17
Befugnisse zum Abbau bzw. zur Beseitigung von Hindernissen für die Abwicklungsfähigkeit
(1) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass eine Abwicklungsbehörde, die aufgrund einer nach den Artikeln 15 und 16 durchgeführten Bewertung der Abwicklungsfähigkeit eines Instituts nach Anhörung der zuständigen Behörde zu der Feststellung gelangt, dass wesentliche Hindernisse der Abwicklungsfähigkeit des Instituts entgegenstehen, dem betroffenen Institut, der zuständigen Behörde und den Abwicklungsbehörden der Hoheitsgebiete, in denen sich bedeutende Zweigstellen befinden, ihre Feststellung schriftlich mitteilt.
(2) Die Anforderung an die Abwicklungsbehörden zur Erstellung von Abwicklungsplänen und an die jeweiligen Abwicklungsbehörden, nach Maßgabe von Artikel 10 Absatz 1 bzw. Artikel 13 Absatz 4 eine gemeinsame Entscheidung über die Gruppenabwicklungspläne zu treffen, wird im Anschluss an die Mitteilung gemäß Absatz 1 des vorliegenden Artikels ausgesetzt, bis die Maßnahmen zur Beseitigung der wesentlichen Hindernisse, die der Abwicklungsfähigkeit entgegenstehen, von der Abwicklungsbehörde gemäß Absatz 3 dieses Artikels akzeptiert oder gemäß Absatz 4 dieses Artikels beschlossen worden sind.
(3) Innerhalb von vier Monaten nach Erhalt einer Mitteilung nach Absatz 1 schlägt das Institut der Abwicklungsbehörde mögliche Maßnahmen vor, mit denen die in der Mitteilung genannten wesentlichen Hindernisse abgebaut bzw. beseitigt werden sollen. Die Abwicklungsbehörde bewertet nach Anhörung der zuständigen Behörde, ob diese Maßnahmen geeignet sind, die in Frage stehenden wesentlichen Hindernisse effektiv abzubauen bzw. zu beseitigen.
(4) Gelangt die Abwicklungsbehörde zu der Einschätzung, dass die in Frage stehenden Hindernisse durch die von einem Institut gemäß Absatz 3 vorgeschlagenen Maßnahmen nicht effektiv abgebaut bzw. beseitigt werden, verlangt sie entweder direkt oder indirekt über die zuständige Behörde, dass das Institut alternative Maßnahmen trifft, mit denen sich das Ziel erreichen lässt, und teilt diese Maßnahmen dem Institut schriftlich mit; das Institut legt binnen eines Monats einen Plan zur Durchführung der Maßnahmen vor.
Bei der Ermittlung alternativer Maßnahmen weist die Abwicklungsbehörde nach, dass die von dem Institut vorgeschlagenen Maßnahmen das Abwicklungshindernis nicht beseitigen könnten und inwiefern die vorgeschlagenen alternativen Maßnahmen im Hinblick auf die Beseitigung der Abwicklungshindernisse verhältnismäßig sind. Die Abwicklungsbehörde berücksichtigt die Bedrohung der Finanzstabilität durch diese Hindernisse für die Abwicklungsfähigkeit und die Auswirkungen der Maßnahmen auf die Geschäftstätigkeit des Instituts, seine Stabilität und seine Fähigkeit, einen Beitrag zur Wirtschaft zu leisten.
(5) Für die Zwecke des Absatzes 4 haben die Abwicklungsbehörden die Befugnis, eine der folgenden Maßnahmen zu treffen:
a) |
Sie können von dem Institut verlangen, innerhalb der Gruppe bestehende Finanzierungsvereinbarungen zu ändern oder deren Fehlen zu überdenken oder Dienstleistungsvereinbarungen, innerhalb der Gruppe oder mit Dritten, über die Bereitstellung kritischer Funktionen zu schließen. |
b) |
Sie können von dem Institut verlangen, seine maximalen individuellen und aggregierten Risikopositionen zu begrenzen. |
c) |
Sie können besondere oder regelmäßige zusätzliche für Abwicklungszwecke relevante Informationspflichten vorsehen. |
d) |
Sie können von dem Institut die Veräußerung bestimmter Vermögenswerte verlangen. |
e) |
Sie können von dem Institut verlangen, bestimmte bestehende oder geplante Tätigkeiten einzuschränken oder einzustellen. |
f) |
Sie können die Entwicklung neuer oder bestehender Geschäftsbereiche bzw. die Veräußerung neuer oder bestehender Produkte einschränken oder unterbinden. |
g) |
Sie können Änderungen der rechtlichen oder operativen Strukturen des Instituts oder eines unmittelbar oder mittelbar ihrer Kontrolle unterstehenden Unternehmens der Gruppe verlangen, um die Komplexität zu reduzieren und dadurch sicherzustellen, dass kritische Funktionen durch Anwendung der Abwicklungsinstrumente rechtlich und operativ von anderen Funktionen getrennt werden können. |
h) |
Sie können von einem Institut oder Mutterunternehmen verlangen, eine Mutterfinanzholdinggesellschaft in einem Mitgliedstaat oder eine Unions-Mutterfinanzholdinggesellschaft zu gründen. |
i) |
Sie können von einem Institut oder einem Unternehmen nach Artikel 1 Absatz 1 Buchstabe b, c oder d verlangen, berücksichtigungsfähige Verbindlichkeiten zu begeben, um die Anforderungen des Artikels 45 zu erfüllen. |
j) |
Sie können von einem Institut oder einem Unternehmen nach Artikel 1 Absatz 1 Buchstabe b, c oder d verlangen, andere Schritte zu unternehmen, um die Mindestanforderung an Eigenmittel und berücksichtigungsfähige Verbindlichkeiten gemäß Artikel 45 zu erfüllen, und in diesem Zuge insbesondere eine Neuaushandlung von berücksichtigungsfähigen Verbindlichkeiten, von Instrumenten des zusätzlichen Kernkapitals oder von Instrumenten des Ergänzungskapitals, die es ausgegeben hat, anzustreben, um dafür zu sorgen, dass Entscheidungen der Abwicklungsbehörde, die jeweilige Verbindlichkeit oder das jeweilige Instrument abzuschreiben oder umzuwandeln, nach dem Recht des Rechtsgebiets durchgeführt werden, das für die Verbindlichkeit oder das Instrument maßgeblich ist. |
k) |
Handelt es sich bei einem Institut um ein Tochterunternehmen einer gemischten Holdinggesellschaft, kann verlangt werden, dass die gemischte Holdinggesellschaft zur Kontrolle des Instituts eine getrennte Finanzholdinggesellschaft errichtet, soweit dies erforderlich ist, um die Abwicklung des Instituts zu erleichtern und zu verhindern, dass die Anwendung der in Titel IV genannten Abwicklungsinstrumente und -befugnisse sich negativ auf die nicht im Finanzsektor operierenden Teile der Gruppe auswirken. |
(6) Eine Entscheidung gemäß Absatz 1 oder Absatz 4 muss folgenden Anforderungen genügen:
a) |
Sie muss Gründe für die jeweilige Bewertung bzw. Feststellung enthalten. |
b) |
In ihr muss dargelegt werden, dass die Bewertung bzw. Feststellung dem Gebot der Verhältnismäßigkeit gemäß Absatz 4 genügt. |
c) |
Gegen sie müssen Rechtsmittel eingelegt werden können. |
(7) Bevor sie eine Maßnahme nach Absatz 4 festlegt, prüft die Abwicklungsbehörde nach Anhörung der zuständigen Behörde und gegebenenfalls der benannten nationalen makroprudenziellen Behörde sorgfältig die potenziellen Auswirkungen der Maßnahme auf das jeweilige Institut, auf den Binnenmarkt für Finanzdienstleistungen sowie auf die Finanzstabilität in anderen Mitgliedstaaten und auf die gesamte Union.
(8) Die EBA gibt bis zum 3. Juli 2015 gemäß Artikel 16 der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 Leitlinien heraus, in denen die in Absatz 5 vorgesehenen Maßnahmen und die Umstände, unter denen sie jeweils zur Anwendung gelangen können, näher bestimmt werden.