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Erwägungsgründe

RICHTLINIE 2004/109/EG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES

vom 15. Dezember 2004

zur Harmonisierung der Transparenzanforderungen in Bezug auf Informationen über Emittenten, deren Wertpapiere zum Handel auf einem geregelten Markt zugelassen sind, und zur Änderung der Richtlinie 2001/34/EG

DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf die Artikel 44 und 95,

auf Vorschlag der Kommission,

nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses (1),

nach Stellungnahme der Europäischen Zentralbank (2),

gemäß dem Verfahren des Artikels 251 des Vertrags (3),

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Effiziente, transparente und integrierte Wertpapiermärkte tragen zu einem echten Binnenmarkt in der Gemeinschaft bei, ermöglichen eine bessere Kapitalallokation und eine Senkung der Kosten und begünstigen so das Wachstum und die Schaffung von Arbeitsplätzen. Die rechtzeitige Bekanntgabe zuverlässiger und umfassender Informationen über Wertpapieremittenten stärkt das Vertrauen der Anleger nachhaltig und ermöglicht eine fundierte Beurteilung ihres Geschäftsergebnisses und ihrer Vermögenslage. Dies erhöht sowohl den Anlegerschutz als auch die Markteffizienz.

(2)

Aus diesem Grund sollten Wertpapieremittenten durch regelmäßige Informationen ein angemessenes Maß an Transparenz für die Anleger gewährleisten. Aus dem gleichen Grund sollten auch Aktionäre sowie natürliche oder juristische Personen, die Stimmrechte oder Finanzinstrumente halten, die ihrem Inhaber das Recht verleihen, bestehende mit Stimmrechten ausgestattete Aktien zu erwerben, die Emittenten über den Erwerb von oder andere Veränderungen in bedeutenden Beteiligungen informieren, damit diese die Öffentlichkeit laufend informieren können.

(3)

In der Kommissionsmitteilung „Umsetzung des Finanzmarktrahmens: Aktionsplan“ vom 11. Mai 1999 werden eine Reihe von Maßnahmen genannt, die zur Vollendung des Binnenmarkts für Finanzdienstleistungen erforderlich sind. Der Europäische Rat vom März 2000 in Lissabon rief dazu auf, diesen Aktionsplan bis 2005 umzusetzen. In dem Aktionsplan wird nachdrücklich auf die Notwendigkeit einer Richtlinie zur Aktualisierung der Transparenzanforderungen hingewiesen. Diese Notwendigkeit wurde vom Europäischen Rat im März 2002 in Barcelona bekräftigt.

(4)

Diese Richtlinie sollte mit den Aufgaben und Pflichten vereinbar sein, die dem Europäischen System der Zentralbanken (ESZB) und den Zentralbanken der Mitgliedstaaten durch den Vertrag und die Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank übertragen wurden; dabei ist besonderes Augenmerk auf die Zentralbanken der Mitgliedstaaten zu richten, deren Aktien derzeit zum Handel an einem geregelten Markt zugelassen sind, um die Verfolgung der vorrangigen Ziele des Gemeinschaftsrechts zu gewährleisten.

(5)

Eine größere Harmonisierung der nationalen Rechtsvorschriften über die Pflichten der Wertpapieremittenten in Bezug auf die regelmäßige und die laufende Information würde gemeinschaftsweit zu einem hohen Niveau beim Anlegerschutz führen. Die bestehenden Gemeinschaftsvorschriften für Anteile, die von Organismen für gemeinsame Anlagen eines anderen als des geschlossenen Typs ausgegeben werden, oder Anteile, die im Rahmen derartiger Organismen erworben oder veräußert werden, bleiben jedoch von dieser Richtlinie unberührt.

(6)

Für die Zwecke dieser Richtlinie sollte die Beaufsichtigung eines Emittenten von Aktien oder von Schuldtiteln mit einer Stückelung von weniger als 1 000 EUR am besten durch den Mitgliedstaat erfolgen, in dem der Emittent seinen Sitz hat. In diesem Punkt ist auf jeden Fall für Kohärenz mit der Richtlinie 2003/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 betreffend den Prospekt, der beim öffentlichen Angebot von Wertpapieren oder bei deren Zulassung zum Handel zu veröffentlichen ist (4), zu sorgen. Auch sollte ein gewisses Maß an Flexibilität eingeräumt und Emittenten aus einem Drittland sowie Unternehmen aus der Gemeinschaft, die nur andere als die oben genannten Wertpapiere begeben, die Wahl des Herkunftsmitgliedstaats überlassen werden.

(7)

Ein gemeinschaftsweit hoher Anlegerschutz würde es ermöglichen, Hindernisse für die Zulassung von Wertpapieren zu geregelten Märkten, die in einem Mitgliedstaat gelegen sind oder dort betrieben werden, zu beseitigen. Andere Mitgliedstaaten als der Herkunftsmitgliedstaat sollten die Zulassung von Wertpapieren zu ihren geregelten Märkten nicht länger dadurch beschränken dürfen, dass sie Emittenten, deren Wertpapiere zum Handel an einem geregelten Markt zugelassen sind, strengeren Anforderungen in Bezug auf die regelmäßige und die laufende Information unterwerfen.

(8)

Die Beseitigung von Hindernissen durch die Anwendung des Herkunftsstaatsprinzips gemäß dieser Richtlinie sollte von dieser Richtlinie nicht erfasste Bereiche, wie das Recht der Aktionäre, in die Geschäftsführung eines Emittenten einzugreifen, nicht berühren. Sie sollte darüber hinaus auch keine Auswirkungen auf das Recht des Herkunftsmitgliedstaats haben, den Emittenten zusätzlich die Veröffentlichung der gesamten vorgeschriebenen Informationen oder von Teilen hiervon in Zeitungen vorzuschreiben.

(9)

Die Verordnung (EG) Nr. 1606/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. Juli 2002 betreffend die Anwendung internationaler Rechnungslegungsstandards (5) hat bereits den Weg für eine gemeinschaftsweite Annäherung der Bilanzierungsgrundsätze für Emittenten geebnet, deren Wertpapiere zum Handel an einem geregelten Markt zugelassen sind und die einen konsolidierten Abschluss erstellen müssen. Damit ist neben dem in den Gesellschaftsrechtsrichtlinien für alle Unternehmen festgelegten allgemeinen System bereits eine spezielle Regelung für Wertpapieremittenten geschaffen. Diese Richtlinie baut — was die Vorlage von Jahres- und Zwischenberichten angeht — auf diesem Konzept auf sowie auf dem Grundsatz, dass diese Berichte ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Emittenten vermitteln müssen. Ein verkürzter Abschluss als Teil eines Halbjahresfinanzberichts ist ebenfalls ausreichend, um ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der ersten sechs Monate des Geschäftsjahres eines Emittenten zu vermitteln.

(10)

Ein Jahresfinanzbericht sollte sicherstellen, dass jedes Jahr Informationen veröffentlicht werden, sobald die Wertpapiere eines Emittenten an einem geregelten Markt zugelassen sind. Die Schaffung einer besseren Vergleichbarkeit von Jahresfinanzberichten ist für die Anleger an Wertpapiermärkten nur dann von Nutzen, wenn sie sicher sein können, dass diese innerhalb eines festgesetzten Zeitraums nach Ablauf des Geschäftsjahres veröffentlicht werden. In Bezug auf Schuldtitel, die vor dem 1. Januar 2005 zum Handel an einem geregelten Markt zugelassen waren und die von einem Emittenten mit Sitz in einem Drittland begeben wurden, kann der Herkunftsmitgliedstaat es dem Emittenten unter bestimmten Bedingungen gestatten, keine Jahresfinanzberichte gemäß den Anforderungen dieser Richtlinie aufzustellen.

(11)

Diese Richtlinie schreibt den Emittenten von zum Handel an einem geregelten Markt zugelassenen Aktien umfassendere Halbjahresfinanzberichte vor. Dadurch sollen die Anleger in die Lage versetzt werden, eine besser fundierte Beurteilung der Lage des Emittenten vorzunehmen.

(12)

Ein Herkunftsmitgliedstaat kann die Emittenten von Schuldtiteln von der Verpflichtung zur Vorlage von Halbjahresberichten befreien,

wenn es sich dabei um Kreditinstitute handelt, die Schuldtitel in geringem Umfang begeben, oder

wenn es sich dabei um Emittenten handelt, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Richtlinie bereits existieren und die ausschließlich Schuldtitel begeben, die vom Herkunftsmitgliedstaat oder einer seiner Gebietskörperschaften unbedingt und unwiderruflich garantiert werden, oder

während eines Übergangszeitraums von zehn Jahren, jedoch nur in Bezug auf Schuldtitel, die vor dem 1. Januar 2005 zum Handel an einem geregelten Markt zugelassen waren und nur von professionellen Anlegern erworben werden können. Erteilt der Herkunftsmitgliedstaat eine solche Befreiung, so kann diese nicht auf Schuldtitel ausgeweitet werden, die zu einem späteren Zeitpunkt zum Handel an einem geregelten Markt zugelassen werden.

(13)

Das Europäische Parlament und der Rat begrüßen es, dass sich die Kommission verpflichtet hat, die Verbesserung der Transparenz im Bereich der Vergütungen, der Gesamthöhe der gezahlten Vergütungen, einschließlich jeder bedingten oder aufgeschobenen Vergütung, und der Sachleistungen an jedes Mitglied der Verwaltungs-, Geschäftsführungs- und Aufsichtsorgane im Rahmen ihres Aktionsplans „Modernisierung des Gesellschaftsrechts und Verbesserung der Corporate Governance in der Europäischen Union“ vom 21. Mai 2003 rasch zu prüfen, sowie ihre Absicht, in naher Zukunft eine Empfehlung zu diesem Thema vorzulegen.

(14)

Der Herkunftsmitgliedstaat sollte Emittenten, deren Aktien zum Handel an einem geregelten Markt zugelassen sind und deren Hauptgeschäftsfeld im Bereich der Gewinnung von Bodenschätzen liegt, ermutigen, in ihren Jahresfinanzberichten Zahlungen an Regierungen offen zu legen. Der Herkunftsmitgliedstaat sollte darüber hinaus innerhalb des Rahmens, der auf verschiedenen internationalen Finanzforen aufgestellt wurde, zu mehr Transparenz bei solchen Zahlungen ermutigen.

(15)

Diese Richtlinie schreibt auch Emittenten, die nur Schuldtitel für geregelte Märkte begeben, die Erstellung von Halbjahresberichten verbindlich vor. Ausnahmen sollten analog zur Richtlinie 2003/71/EG nur für den Großhandel mit Einzelstückelungen von mindestens 50 000 EUR vorgesehen werden. Für Schuldtitel, die in einer anderen Währung begeben werden, sollten Ausnahmen nur möglich sein, wenn die Einzelstückelung in der betreffenden Währung am Ausgabetag mindestens 50 000 EUR beträgt.

(16)

Um pünktlichere und verlässlichere Informationen über das vom Aktienemittenten im Laufe des Geschäftsjahres erzielte Ergebnis zu erhalten, ist auch eine häufigere Zwischenberichterstattung erforderlich. Daher sollte die Verpflichtung eingeführt werden, innerhalb der ersten sechs Monate des Geschäftsjahres eine erste Zwischenmitteilung der Geschäftsführung und innerhalb der zweiten Hälfte des Geschäftsjahres eine zweite Zwischenmitteilung der Geschäftsführung zu veröffentlichen. Aktienemittenten, die bereits Quartalsfinanzberichte veröffentlichen, sollten von der Verpflichtung zur Veröffentlichung von Zwischenmitteilungen der Geschäftsführung ausgenommen werden.

(17)

Für den Emittenten, seine Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgane oder beim Emittenten verantwortliche Personen sollten angemessene Haftungsregeln gelten, die von jedem Mitgliedstaat in seinen Rechts- und Verwaltungsvorschriften festgelegt werden. Die Mitgliedstaaten sollten das Ausmaß der Haftung frei bestimmen können.

(18)

Die Öffentlichkeit sollte über Änderungen bedeutender Beteiligungen an Emittenten unterrichtet werden, deren Aktien an einem in der Gemeinschaft gelegenen oder dort betriebenen geregelten Markt gehandelt werden. Diese Informationen sollten die Anleger in die Lage versetzen, Aktienkäufe oder -verkäufe in voller Kenntnis der geänderten Stimmrechte zu tätigen; dies dürfte auch eine wirksamere Kontrolle der Emittenten von Aktien ermöglichen und insgesamt die Markttransparenz großer Kapitalbewegungen erhöhen. Unter bestimmten Umständen sollten Informationen über Aktien oder Finanzinstrumente im Sinne des Artikels 13, die als Sicherheit hinterlegt sind, erteilt werden.

(19)

Artikel 9 und Artikel 10 Buchstabe c) sollten keine Anwendung auf Aktien finden, die den Mitgliedern des ESZB bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben als Währungsbehörden zur Verfügung gestellt oder von diesen bereitgestellt werden, sofern die Stimmrechte aus den betreffenden Aktien nicht ausgeübt werden; der Begriff „kurzfristig“ in Artikel 11 bezieht sich in diesem Zusammenhang auf Kreditgeschäfte, die im Einklang mit dem Vertrag und den Rechtsakten der Europäischen Zentralbank (EZB), insbesondere den EZB-Leitlinien über geldpolitische Instrumente und Verfahren und dem System TARGET, und auf Kreditgeschäfte, die im Einklang mit nationalen Vorschriften zur Durchführung vergleichbarer Aufgaben vorgenommen werden.

(20)

Damit bestimmte Marktteilnehmer nicht unnötig belastet werden und geklärt wird, wer tatsächlich einen Einfluss auf einen Emittenten ausübt, besteht für Market Maker und Verwahrstellen keine Notwendigkeit einer Mitteilungspflicht für bedeutende Beteiligungen in Form von Aktien oder anderen Finanzinstrumenten im Sinne des Artikels 13, die ihrem Inhaber das Recht verleihen, Aktien zu erwerben, oder für Beteiligungen in Form von Aktien oder Finanzinstrumenten, die ausschließlich zu Abrechnungs- und Abwicklungszwecken im Rahmen von gemeinschaftsweit anzuwendenden Beschränkungen und Garantien erworben wurden. Der Herkunftsmitgliedstaat sollte die Möglichkeit haben, beschränkte Ausnahmen für Aktien, die Kreditinstitute oder Wertpapierfirmen aufgrund ihres Wertpapierhandels halten, zuzulassen.

(21)

Damit deutlich gemacht wird, wer innerhalb der Gemeinschaft tatsächlich eine bedeutende Beteiligung in Form von Aktien oder anderen Finanzinstrumenten an einem bestimmten Emittenten hält, sollte von Mutterunternehmen nicht verlangt werden, ihre eigenen Beteiligungen mit den Beteiligungen zusammenzurechnen, die von Organismen für gemeinsame Anlage in Wertpapieren (OGAW) oder Wertpapierfirmen verwaltet werden, sofern diese Organismen oder Firmen ihre Stimmrechte unabhängig von ihren Mutterunternehmen ausüben und bestimmte andere Bedingungen erfüllen.

(22)

Bei der laufenden Unterrichtung der Inhaber von zum Handel an einem geregelten Markt zugelassenen Wertpapieren sollte auch weiterhin nach dem Grundsatz der Gleichbehandlung verfahren werden. Dieser gilt nur für gleichrangige Aktionäre und greift deshalb nicht der Frage vor, wie viele Stimmrechte an eine bestimmte Aktie geknüpft sein können. Ebenso sollten die Inhaber gleichrangiger Schuldtitel weiterhin in den Genuss der Gleichbehandlung kommen, und zwar auch im Fall von Schuldtiteln staatlicher Emittenten. Die Unterrichtung der Inhaber von Aktien und/oder Schuldtiteln auf Haupt- oder Gläubigerversammlungen sollte erleichtert werden. Insbesondere im Ausland ansässige Inhaber von Aktien und/oder Schuldtiteln sollten aktiver einbezogen werden und zu diesem Zweck die Möglichkeit erhalten, Stimmrechtsbevollmächtigte zu entsenden. Aus den gleichen Gründen sollte auf einer Haupt- oder Gläubigerversammlung der Inhaber von Aktien und/oder Schuldtiteln über den Einsatz moderner Informations- und Kommunikationstechnologien entschieden werden. In diesem Fall sollten Emittenten Vorkehrungen treffen, um die Inhaber ihrer Aktien und/oder Schuldtitel — soweit es möglich ist, diese zu identifizieren — entsprechend zu informieren.

(23)

Zur Beseitigung von Hindernissen und zur wirksamen Durchsetzung der neuen gemeinschaftsweiten Informationspflichten bedarf es auch einer angemessenen Kontrolle durch die zuständige Behörde des Herkunftsmitgliedstaats. Mit dieser Richtlinie sollte wenigstens eine Mindestgarantie für die rechtzeitige Verfügbarkeit dieser Informationen gegeben werden. Aus diesem Grund sollte es in jedem Mitgliedstaat wenigstens ein Hinterlegungs- und Speichersystem geben.

(24)

Jede Verpflichtung eines Emittenten, alle laufenden und regelmäßigen Informationen in alle relevanten Sprachen der Mitgliedstaaten zu übersetzen, in denen seine Wertpapiere zum Handel zugelassen sind, fördert nicht die Integration der Wertpapiermärkte, sondern behindert die grenzüberschreitende Zulassung von Wertpapieren zum Handel an geregelten Märkten. Deshalb sollte es dem Emittenten in bestimmten Fällen gestattet sein, die Informationen in internationalen Finanzkreisen gebräuchlichen Sprache vorzulegen. Da besondere Anstrengungen erforderlich sind, um Anleger aus anderen Mitgliedstaaten und Drittländern anzuziehen, sollten die Mitgliedstaaten es Aktionären, Personen, die Stimmrechte ausüben, oder Inhabern von Finanzinstrumenten nicht länger verwehren, die erforderlichen Mitteilungen an den Emittenten in einer in internationalen Finanzkreisen gebräuchlichen Sprache zu übermitteln.

(25)

Der Zugang der Anleger zu Informationen über die Emittenten sollte auf Gemeinschaftsebene besser organisiert werden, um die Integration der europäischen Kapitalmärkte stärker zu fördern. Anleger aus anderen Staaten als dem Herkunftsmitgliedstaat des Emittenten sollten Anlegern aus dem Herkunftsmitgliedstaat des Emittenten in Bezug auf den Zugang zu solchen Informationen gleichgestellt werden. Dies könnte erreicht werden, wenn der Herkunftsmitgliedstaat die Einhaltung von Mindestqualitätsanforderungen für die Verbreitung von Informationen innerhalb der gesamten Gemeinschaft auf schnelle und nicht diskriminierende Weise und je nach der Art der vorgeschriebenen Information sicherstellt. Darüber hinaus sollten verbreitete Informationen im Herkunftsmitgliedstaat zentral zur Verfügung gestellt werden, so dass ein europäisches Informationsnetz aufgebaut werden kann, das zu angemessenen Preisen für Kleinanleger zugänglich ist, ohne dass gleichzeitig die Hinterlegungspflichten der Emittenten unnötig verdoppelt werden. Emittenten sollten bei der Wahl der Medien oder der Medienbetreiber für die Verbreitung von Informationen gemäß dieser Richtlinie den freien Wettbewerb nutzen können.

(26)

Um für die Anleger den Zugang zu Unternehmensinformationen in allen Mitgliedstaaten weiter zu vereinfachen, sollte es den nationalen Aufsichtsbehörden überlassen bleiben, in enger Abstimmung mit den anderen Beteiligten, insbesondere Wertpapieremittenten, Anlegern, Marktteilnehmern, Betreibern geregelter Märkte und Anbietern von Finanzinformationen, Leitlinien für die Einrichtung elektronischer Verbundnetze zu formulieren.

(27)

Um einen wirksamen Anlegerschutz und einen ordnungsgemäßen Betrieb der geregelten Märkte zu gewährleisten, sollten die Regeln, nach denen Emittenten, deren Wertpapiere zum Handel an einem geregelten Markt zugelassen sind, bei der Veröffentlichung von Informationen verfahren müssen, auch für Emittenten gelten, die keinen Sitz in einem Mitgliedstaat haben und nicht in den Anwendungsbereich von Artikel 48 des Vertrags fallen. Auch sollte sichergestellt werden, dass alle zusätzlichen zweckdienlichen Angaben über Emittenten aus der Gemeinschaft oder einem Drittland, deren Veröffentlichung in einem Drittland, nicht aber in einem Mitgliedstaat vorgeschrieben ist, der Öffentlichkeit in der Gemeinschaft zur Verfügung gestellt werden.

(28)

In jedem Mitgliedstaat sollte eine einzige zuständige Behörde benannt werden, die in letzter Instanz für die Überwachung der Einhaltung der nach dieser Richtlinie erlassenen Bestimmungen sowie für die internationale Zusammenarbeit verantwortlich ist. Um Interessenkonflikte zu vermeiden, sollte es sich dabei um eine Verwaltungsbehörde handeln, deren Unabhängigkeit von Wirtschaftsakteuren sichergestellt ist. Die Mitgliedstaaten können jedoch eine weitere zuständige Behörde benennen, die dafür verantwortlich ist, zu prüfen, ob die Informationen im Sinne dieser Richtlinie den einschlägigen Anforderungen an die Berichterstattung entsprechen, und im Falle aufgedeckter Verstöße die entsprechenden Maßnahmen zu ergreifen; dabei muss es sich nicht um eine Verwaltungsbehörde handeln.

(29)

Zunehmende grenzüberschreitende Tätigkeiten machen eine Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen den nationalen zuständigen Behörden sowie umfassende Bestimmungen über den Informationsaustausch und über Vorsichtsmaßnahmen erforderlich. Die Organisation der Regelungs- und Aufsichtsfunktionen in den einzelnen Mitgliedstaaten sollte einer wirksamen Zusammenarbeit zwischen den zuständigen nationalen Behörden nicht entgegenstehen.

(30)

Am 17. Juli 2000 hat der Rat den Ausschuss der Weisen über die Regulierung der europäischen Wertpapiermärkte eingesetzt. In seinem Schlussbericht regte der Ausschuss die Einführung eines neuen Rechtsetzungsverfahrens an und schlug zu diesem Zweck ein Vierstufenkonzept vor, bestehend aus Rahmenprinzipien, technischen Durchführungsmaßnahmen, Zusammenarbeit zwischen den nationalen Wertpapierregulierungsbehörden und Durchsetzung des Gemeinschaftsrechts. Während in dieser Richtlinie lediglich allgemeine Rahmenprinzipien festgeschrieben werden sollten, sollten von der Kommission unter Mithilfe des durch den Beschluss 2001/528/EG der Kommission (6) eingesetzten Europäischen Wertpapierausschusses zu beschließende Durchführungsmaßnahmen die technischen Details festlegen.

(31)

In der vom Europäischen Rat von Stockholm im März 2001 angenommenen Entschließung wurde der Schlussbericht des Ausschusses der Weisen und das darin vorgeschlagene Vierstufenkonzept, das die gemeinschaftliche Rechtsetzung im Wertpapierbereich effizienter und transparenter machen soll, gebilligt.

(32)

Gemäß dieser Entschließung sollte häufiger auf Durchführungsmaßnahmen zurückgegriffen werden, um sicherzustellen, dass die technischen Bestimmungen der Richtlinie mit Marktentwicklung und Aufsichtspraktiken Schritt halten; ferner sollten für alle Etappen der Durchführungsvorschriften Fristen gesetzt werden.

(33)

Das Europäische Parlament hat in seiner Entschließung vom 5. Februar 2002 zur Umsetzung der Rechtsvorschriften für Finanzdienstleistungen den Bericht des Ausschusses der Weisen auf der Grundlage der vom Präsidenten der Kommission am gleichen Tag vor dem Parlament abgegebenen feierlichen Erklärung und des Schreibens des für den Binnenmarkt zuständigen Mitglieds der Kommission vom 2. Oktober 2001 an die Vorsitzende des Ausschusses des Parlaments für Wirtschaft und Währung bezüglich der Sicherung der Rolle des Europäischen Parlaments in diesem Prozess gebilligt.

(34)

Das Europäische Parlament sollte vom Zeitpunkt der ersten Übermittlung des Entwurfs von Durchführungsmaßnahmen an drei Monate Zeit haben, um diese zu überprüfen und sich dazu zu äußern. In dringenden und angemessen begründeten Fällen kann diese Frist jedoch verkürzt werden. Nimmt das Parlament innerhalb dieser Frist eine Entschließung an, sollte die Kommission die Entwürfe von Maßnahmen einer erneuten Überprüfung unterziehen.

(35)

Um neuen Entwicklungen auf den Wertpapiermärkten Rechnung zu tragen, kann es notwendig sein, technische Durchführungsmaßnahmen für die Vorschriften dieser Richtlinie zu erlassen. Die Kommission sollte deshalb ermächtigt werden, nach Anhörung des Europäischen Wertpapierausschusses Durchführungsmaßnahmen zu erlassen, soweit durch diese Maßnahmen die wesentlichen Bestandteile dieser Richtlinie nicht geändert werden und die Kommission gemäß den Grundsätzen dieser Richtlinie handelt.

(36)

Bei Ausübung ihrer Durchführungsbefugnisse im Rahmen dieser Richtlinie sollte sich die Kommission an folgende Grundsätze halten:

die Notwendigkeit, das Vertrauen der Anleger in die Finanzmärkte durch Förderung eines hohen Maßes an Transparenz auf den Finanzmärkten sicherzustellen;

die Notwendigkeit, den Anlegern ein breites Spektrum an miteinander konkurrierenden Anlagemöglichkeiten und ein Maß an Offenlegung und Schutz anzubieten, das auf ihre Gegebenheiten zugeschnitten ist;

die Notwendigkeit, dafür zu sorgen, dass unabhängige Regulierungsbehörden die Vorschriften konsequent durchsetzen, insbesondere bei der Bekämpfung von Wirtschaftskriminalität;

die Notwendigkeit eines hohen Maßes an Transparenz und einer umfassenden Konsultation aller Marktteilnehmer sowie des Europäischen Parlaments und des Rates;

die Notwendigkeit, Innovationen auf den Finanzmärkten im Interesse ihrer Dynamik und Effizienz zu fördern;

die Notwendigkeit, die Marktintegrität durch eine enge und reaktive Überwachung von Innovationen auf den Finanzmärkten sicherzustellen;

die Bedeutung einer Senkung der Kapitalkosten und eines erleichterten Zugangs zum Kapital;

die Notwendigkeit, bei Durchführungsmaßnahmen das Gleichgewicht zwischen Kosten und Nutzen für die Marktteilnehmer einschließlich kleiner und mittlerer Unternehmen und Kleinanlegern langfristig zu wahren;

die Notwendigkeit, die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Finanzmärkte der Gemeinschaft ohne Beeinträchtigung der so notwendigen Ausweitung der internationalen Zusammenarbeit zu fördern;

die Notwendigkeit, gleiche Bedingungen für alle Marktteilnehmer zu erreichen, indem immer dann, wenn es angemessen ist, gemeinschaftsweite Regelungen getroffen werden;

die Notwendigkeit, Unterschiede zwischen den nationalen Märkten zu respektieren, sofern sie sich nicht in unzulässiger Weise auf die Kohärenz des Binnenmarkts auswirken;

die Notwendigkeit, die Kohärenz in Bezug auf andere Rechtsvorschriften der Gemeinschaft in diesem Bereich zu wahren, weil Informationsasymmetrien und mangelnde Transparenz die Funktionsfähigkeit von Märkten gefährden und vor allem Verbrauchern und Kleinanlegern zu Schaden gereichen können.

(37)

Um die Einhaltung der nach dieser Richtlinie festgelegten Anforderungen oder der zu ihrer Umsetzung getroffenen Maßnahmen zu gewährleisten, sollten Verstöße gegen diese Anforderungen oder Maßnahmen unverzüglich aufgedeckt und falls notwendig durch Sanktionen geahndet werden. Zu diesem Zweck sollten die Maßnahmen und Sanktionen ausreichend abschreckend und verhältnismäßig sein und konsequent vollstreckt werden. Die Mitgliedstaaten sollten dafür sorgen, dass gegen die Entscheidungen der zuständigen nationalen Behörden vor Gericht Rechtsbehelfe eingelegt werden können.

(38)

Mit dieser Richtlinie sollen die derzeitigen Transparenzanforderungen für Wertpapieremittenten und für Anleger, die bedeutende Beteiligungen an Emittenten, deren Aktien zum Handel an einem geregelten Markt zugelassen sind, erwerben oder veräußern, aktualisiert werden. Sie ersetzt einige Anforderungen der Richtlinie 2001/34/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Mai 2001 über die Zulassung von Wert-papieren zur amtlichen Börsennotierung und über die hinsichtlich dieser Wertpapiere zu veröffentlichenden Informationen (7). Um die Transparenzanforderungen in einem einzigen Rechtsakt zusammenfassen zu können, muss die letztere entsprechend geändert werden. Diese Änderung sollte jedoch die weiterhin gültige Bestimmung, nach der die Mitgliedstaaten gemäß den Artikeln 42 bis 63 der Richtlinie 2001/34/EG zusätzliche Anforderungen vorschreiben können, nicht berühren.

(39)

Diese Richtlinie steht im Einklang mit der Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr (8).

(40)

Diese Richtlinie steht im Einklang mit den Grundrechten und Grundsätzen, die insbesondere mit der Charta der Grundrechte der Europäischen Union anerkannt wurden.

(41)

Da die Ziele dieser Richtlinie, nämlich durch gemeinschaftsweit gleich hohe Transparenz das Vertrauen der Anleger zu sichern und so den Binnenmarkt zu vollenden, nach dem geltenden Gemeinschaftsrecht von den Mitgliedstaaten nicht ausreichend erreicht werden können und daher besser auf Gemeinschaftsebene zu erreichen sind, kann die Gemeinschaft im Einklang mit dem in Artikel 5 des Vertrags niedergelegten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Entsprechend dem in demselben Artikel genannten Verhältnismäßigkeitsprinzip geht diese Richtlinie nicht über das für die Erreichung dieser Ziele erforderliche Maß hinaus.

(42)

Die zur Durchführung dieser Richtlinie erforderlichen Maßnahmen sollten gemäß dem Beschluss 1999/468/EG des Rates vom 28. Juni 1999 zur Festlegung der Modalitäten für die Ausübung der der Kommission übertragenen Durchführungsbefugnisse (9) erlassen werden —

HABEN FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN:


(1)  ABl. C 80 vom 30.3.2004, S. 128.

(2)  ABl. C 242 vom 9.10.2003, S. 6.

(3)  Stellungnahme des Europäischen Parlaments vom 30. März 2004 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht) und Beschluss des Rates vom 2. Dezember 2004.

(4)  ABl. L 345 vom 31.12.2003, S. 64.

(5)  ABl. L 243 vom 11.9.2002, S. 1.

(6)  ABl. L 191 vom 13.7.2001, S. 45. Geändert durch den Beschluss 2004/8/EG (ABl. L 3 vom 7.1.2004, S. 33).

(7)  ABl. L 184 vom 6.7.2001, S. 1. Zuletzt geändert durch die Richtlinie 2003/71/EG.

(8)  ABl. L 281 vom 23.11.1995, S. 31. Geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 1882/2003 (ABl. L 284 vom 31.10.2003, S. 1).

(9)  ABl. L 184 vom 17.7.1999, S. 23.